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82 Über technologische Möglichkeiten zur Vereinfachung und Beschleunigung der Nassarbeiten bei der Herstellung von Kalboberleder und Vachetteleder aus dem Jahre 1969
Von H. Herfeld, St. Moll und W.Harr
Technological possibilities for the simplification and acceleration of the beam-house work in the manufacture of calf upper leather and side leather.
Further to previous research dealing with beam-house work in the manufacture of hide upper leather, the present publication is a report on analogous work in the manufacture of calf Uppers and side leather. This research has the general aim of adapting the process of the beam-house work to the requirements of automatic and semi-automatic plant. Outlines of technologies for the above-mentioned leathers are given and factors are discussed which must be taken into account during their execution in various phases. No special processes are recommended, it is only shown which problems and difficulties are likely to arise in the rationalisation of tannages of the above-mentioned leathers and in the adaptation to the requirements of automatic and semi-automatic plant. Some ways to solve these problems are indicated.
Unsere Untersuchungen über die Rationalisierung, Halb- und Vollautomatisierung der Nassarbeiten bei der Lederherstellung haben sich nach zwei Richtungen erstreckt, die apparative und die technologische Seite des Problems. Unsere Entwicklungsarbeiten zur apparativen Seite konnten wir inzwischen abschließen, und nachdem eine Reihe von Firmen die Lieferung solcher Einrichtungen übernommen hat, werden weitere Entwicklungen im Rahmen ihres Konkurrenzkampfes zu erwarten sein. Die technologischen Untersuchungen zur Frage der Rationalisierung der Herstellungsverfahren, die das allgemeine Ziel haben, den Ablauf der Nassarbeiten in Fass und Haspel den halb- oder vollautomatisch arbeitenden Anlagen sinngemäß anzupassen, hatten sich bisher ausschließlich auf die Herstellung von Rindchromoberleder bezogen, und die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden in einer späteren Veröffentlichung von Faber und Kästner voll bestätigt. Wir haben dabei eine Rahmentechnologie entwickelt, die von der Vorstellung ausging, von der Weiche bis zum Ende der Chromgerbung einheitlich zu arbeiten und die verschiedenen Variationen hinsichtlich weicherer und festerer Leder, Anilinleder wie Leder mit korrigiertem Narben in ihrer ganzen Breite erst nach dem Sortieren, Spalten und Falzen bei der Nasszurichtung durch unterschiedliches Neutralisieren, Fetten und Trocknen und insbesondere durch die Nachgerbung zu erreichen. Inzwischen haben wir weitere Untersuchungen in der gleichen Richtung durchgeführt, die die Herstellung von Kalboberleder und Vachetten zum Gegenstand hatten. Über die Ergebnisse dieser Untersuchungen soll nachstehend berichtet werden.
1. Erarbeitete Zeit-und Arbeitsrahmenpläne für die Herstellung von Kalboberleder und Vachetteleder
Zur Besprechung der Ergebnisse unserer Untersuchungen wollen wir die erarbeiteten Zeit- und Arbeitspläne für die Herstellung von Kalboberleder und Vachetteleder an den Anfang stellen und in den folgenden Abschnitten die Gründe darlegen, die uns zur Aufstellung gerade dieser Technologien geführt haben. Als Grundprinzip hatte bei diesen Entwicklungen in Übereinstimmung mit unseren früheren Mitteilungen wieder zu gelten,
1. dass die Arbeiten von der Weiche bis zum Ende der Chromgerbung so zu vereinfachen sind, dass sie mit einem Minimum an Zeit- und Arbeitsaufwand möglichst im gleichen Fass durchzuführen sind. Die Wirtschaftlichkeit halb- oder vollautomatischer Anlagen ist um so günstiger und die Amortisation erfolgt um so schneller, je kürzer gearbeitet wird, je weniger also die Aggregate pro Partie blockiert werden. Daher musste die Zeitfrage im Vordergrund der Entwicklung stehen;
2. dass es möglich ist, diesen Produktionsablauf durch Einschaltung automatischer Kontrollen bzw. automatischer Dosierungen so zuverlässig wie möglich zu gestalten. Damit wird dem Techniker ein Mittel an die Hand gegeben, die Produktion gut in der Hand zu behalten und von Partie zu Partie einheitlich durchzuführen, auch wenn ihm in Zukunft im wesentlichen nur angelernte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen;
3. dass die manuelle Tätigkeit so weit wie möglich ausgeschaltet wird, insbesondere die Handarbeiten der Wasserwerkstatt, die besonders schwer, schmutzig und übelriechend und daher auch besonders lohnintensiv sind;
4. dass die Lederqualität unter all diesen Maßnahmen nicht leiden darf, sondern voll aufrecht zu erhalten und nach Möglichkeit zu verbessern ist.
Nachdem wir in einer früheren Veröffentlichung eine entsprechende Rahmentechnologie für Rindoberleder, die unter diesen Gesichtspunkten entwickelt worden war, ausführlich diskutiert hatten, sollen nachstehend entsprechende Angaben für Kalboberleder und für Vachetteleder mitgeteilt werden. Tabelle 1 gibt eine solche Rahmentechnologie für Chromkalbleder, Tabelle 2 für weiche Chromvachetten und Tabelle 3 für mehr standige, pflanzlich gegerbte Vachetten wieder. Wir sprechen dabei bewusst von Rahmentechnologien, weil sie nur den Rahmen für solche Arbeitsverfahren andeuten können und sollen, der je nach der verarbeiteten Rohware und den betrieblichen Bedingungen mehr oder weniger ausgearbeitet und variiert werden muss. Es hat sich bei diesen Entwicklungsarbeiten auch nicht so sehr darum gehandelt, neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen, sondern um den Versuch, vorhandene wissenschaftliche und technologische Unterlagen sachgemäß auszuwerten und vorhandene Hilfsstoffe richtig einzusetzen, um die gestellten verfahrenstechnischen Probleme zu lösen.
Für die Herstellung von Chromkalbleder wurde ein Verfahren entwickelt, das von der Hauptweiche bis zum Ende der Chromgerbung 23 Stunden benötigt, so dass vollautomatisch gesteuerte Fässer im 24-Stunden-Rhythmus gefüllt werden können, was für die Investitionskosten von besonderer Bedeutung ist. Dabei wurde in der Regel mit süddeutschen Kalbfellen von 4,5-7,5 kg gearbeitet. Das bei dieser Lederart zu bearbeitende Problem bestand in erster Linie darin, die heute noch vorwiegend verwendete arbeitsaufwendige Handschwöde mit anschließendem maschinellen Enthaarungsprozess auszuschalten und im übrigen das Arbeitsverfahren für Rindchromoberleder in einer Reihe von Punkten dem besonders empfindlichen Hautmaterial sachgemäß anzupassen. Bei den Vachetteledern war zunächst die Vielzahl von Ledertypen, die unter diesem Namen zusammengefasst ist, entsprechend zu berücksichtigen. Unter dem Begriff „Vachetteleder„ wird sowohl tuchweiches Polsterleder wie Leder für die Lederwarenindustrie mit einem mehr oder weniger ausgeprägten Stand verstanden. Zu Polsterleder werden hauptsächlich schwere Bullenhäute von 40 kg aufwärts verwendet, für Portefeuille-, Mappen- und Koffervachetten auch Bullen- und Kuhhäute mittleren Gewichts. Wir sind bei unseren Untersuchungen einheitlich von Bullenhäuten der Gewichtsklasse 40-49,5 kg ausgegangen und haben die beiden Extreme einer ganz weichen Chromvachette und einer ständigen pflanzlich-synthetisch gegerbten Vachette bearbeitet, während über das Zwischengebiet der kombiniert gegerbten Vachetten nur einige Angaben auf Grund vorgenommener Tastversuche gemacht werden sollen. Bei der Herstellung von Vachetteleder aus kräftigem Hautmaterial musste ein Spalten in der Wasserwerkstatt eingeschaltet werden. Der Herstellungsgang von der Hauptweiche bis zum Ende der Chromgerbung benötigt bei der Herstellung weicher Chromvachetten (Tabelle 2) 29 Stunden, bei der Herstellung pflanzlich gegerbter Vachetten (Tabelle 3) für die gleiche Arbeitsspanne 45 Stunden, was in letzterem Falle einen 48-Stunden-Rhythmus der Fassfüllung bedeutet, während im 1. Falle mit einem 30-36-Stunden-Rhythmus gearbeitet werden kann, wenn man sich in diesen Stadien der Herstellung zu einer Mehrschicht-Arbeit entschließt.
Tabelle 1,2 und 3
Da durch eine vollautomatische Prozesssteuerung auch das Wochenende wieder zum Arbeitstag wird, können im ersteren Falle 4 Partien, im zweiten Falle 3 Partien pro Fass wöchentlich gearbeitet werden.
Ob eine so weitgehende Reduzierung der Produktionszeiten pro Partie im Hinblick auf die Investitionskosten moderner Gerbanlagen und ihre Amortisation für nötig erachtet wird, kann man sicher von Fall zu Fall unterschiedlich beurteilen; wir wollten in erster Linie prüfen, ob sie bei gleichzeitig einwandfreier Lederqualität technologisch überhaupt realisierbar war. Nach wie vor ist dabei auch zu überlegen, ob es zweckmäßig ist, den gesamten Produktionsvorgang automatisch zu steuern oder gewisse Vorgänge, bei denen es eigentlich nichts zu steuern gibt - wie den Äscher und evtl. auch die Hauptweiche - auszuklammern, um dadurch die Mess-, Registrier- und Dosieranlage bei geschickter Produktionsanordnung wechselweise für jeweils 2 Fässer verwenden zu können. Hier sei auf die diesbezüglich für Chromrindleder veröffentlichten Beispiele verwiesen, die sinngemäß natürlich auch für jede andere Lederart übertragen werden können.
Zur Ausarbeitung der mitgeteilten Rahmentechnologien wurde für jede Lederart eine Vielzahl von Variationen berücksichtigt, wobei jede Variation nach dem System der Gegenhälften mit einer Normalarbeitsweise verglichen wurde. Wir konnten bei unseren Technologien natürlich viele Erfahrungen übernehmen, die wir bei der Erarbeitung der Rahmentechnologie für Rindchromoberleder gesammelt hatten, so dass teilweise auf die dort gemachten Mitteilungen verwiesen werden kann. Die erhaltenen Leder wurden jeweils hinsichtlich äußerer Beschaffenheit (Griff, Narbenbeschaffenheit, Fülle, Beschaffenheit der Flanken, Weichheit usw.), chemischer Zusammensetzung und physikalischer Eigenschaften geprüft. Für die in den Tabellen 1-3 zusammengestellten Rahmentechnologien sind die erhaltenen Werte für die chemischen und physikalischen Untersuchungen in Tabelle 4 zusammengestellt. Schließlich wurden alle Rahmentechnologien, nachdem die verschiedensten Variationen entsprechend erprobt waren, an Großpartien bis zu 500 kg überprüft. Dabei sei aber nochmals betont, dass es sich bei den mitgeteilten Rahmentechnologien nur um die Darlegung eines unter vielen Möglichkeiten uns zweckmäßig erscheinenden optimalen Arbeitsablaufs handeln kann, der nur als Beispiel dafür zu bewerten ist, dass bei sachgemäßer Organisation des Arbeitsablaufs eine Durchführung der gesamten Nassarbeiten in relativ kurzer Zeit möglich ist. In den folgenden Abschnitten soll über die bei der Durchführung unserer Versuche in den einzelnen Stadien gemachten Erfahrungen und Beobachtungen ausführlich berichtet werden.
Tabelle 4
2. Weichen, Entfleischen, Äschern, Spalten
Bei den Versuchen dieser Arbeit haben wir die Möglichkeit, das Hautmaterial schon am Schlachthof zu entfleischen, von vornherein ausgeschaltet. In unseren früheren Veröffentlichungen haben wir wiederholt ausführlich auf die Vorteile hingewiesen, die ein Entfleischen (und evtl. auch Enthaaren) am Schlachthof hinsichtlich der Rationalisierung der Arbeitsprozesse in der Gerberei mit sich bringen würde. Solange dieses Ziel aber nicht erreicht ist, muss ein Entfleischen und damit einmaliges Entleeren und Wiederfüllen der Fässer eingeschaltet werden. Nach wie vor stand aber auch hier die Frage zur Diskussion, ob das Entfleischen zweckmäßig nach der Weiche oder nach dem Äscher durchgeführt wird. Wir haben sowohl bei Kalbfellen als auch bei Bullenhäuten beide Verfahren erprobt und dabei erneut unsere frühere Feststellung bestätigt gefunden, dass dem Entfleischen nach der Weiche ein grundsätzlicher Vorzug einzuräumen ist, da durch das anhaftende Leimfleisch das Eindringen aller Chemikalien während Weiche und Äscher stark beeinträchtigt wird, und dann diese beiden so wichtigen Prozesse hinsichtlich der schichtmäßigen Verteilung der Chemikalien in der Haut so unterschiedlich verlaufen, dass dadurch die Lederqualität mit Sicherheit verschlechtert wird. Außerdem sind die Häute in geweichtem Zustand leichter zu handhaben als die geäscherten Blößen, das in diesem Zustand anfallende Leimleder kann besser für Tierfutter verarbeitet werden, und vor allem wird die Fleischseite für die Äscherchemikalien besser geöffnet, so dass ein erheblicher Teil davon durch die Rückseite in die Haut eindringen kann. Beim Äschern eines Hautmaterials, dem das gesamte Leimleder auf der Fleischseite anhängt, werden die Äscherchemikalien zu sehr auf den Narben gezwungen und dadurch ein zu starker Äscheraufschluss der von Natur aus schon strukturell geschwächten Papillarschicht und damit das Auftreten von Losnarbigkeit, losen Flamen und Narbenzug gefördert. Auch van Wimmeren und Koopman konnten bei ihren umfangreichen vergleichenden Versuchen bestätigen, dass durch ein. Entfleischen vor dem Äschern Griff, Narbenelastizität, Flämenbeschaffenheit und Egalität der Lederfarbe erheblich verbessert werden. Dabei erscheint es uns aber - um gleichzeitig ein genügend sauberes Entfleischen zu gewährleisten - zweckmäßig, diesen Prozeß schon nach der Vorweiche vorzunehmen, weil dann zwar die Außenschichten schon eine genügende Geschmeidigkeit besitzen, die Innenzone aber infolge der erst geringen Wasseraufnahme noch einen genügend festen Untergrund für den Entfleischvorgang liefert. Leider fehlen trotz wiederholter Hinweise auf dem europäischen Maschinenmarkt immer noch Entfleischmaschinen mit einer Vorrichtung zum gleichzeitigen Entmisten, wenn man von der amerikanischen Stehling-Maschine absieht. Solche Maschinen sind aber erforderlich, wenn man ein Entfleischen nach der Vorweiche auch bei stärker mit Mist behangenem Hautmaterial durchführen will. Außerdem würde durch eine höhere Tourenzahl der Messerwalze ohne Zweifel auch eine Verbesserung der Schnittverhältnisse und damit gleichzeitig eine Steigerung der Entfleischwirkung am vorentfleischten Hautmaterial zu erreichen sein.
Für die nachfolgende Hauptweiche hatte die Grundforderung zu gelten, den Prozess weitestmöglich abzukürzen, andererseits aber eine gute Durchweichung zu erreichen, weil davon die sachgemäße Durchführung aller nachfolgenden Prozesse entscheidend abhängt. Zahlreiche Vergleichsversuche bei Kalbfellen und bei Bullenhäuten haben unsere frühere Feststellung bestätigt, dass eine entscheidende Verkürzung der Weichdauer bei guter Durchweichung in erster Linie mit Weichpräparaten auf enzymatischer Grundlage (z. B. Pellvit, Röhm & Haas) erreicht werden kann. Solche Produkte dürften gleichzeitig die zwischen den Fasern sitzenden löslichen Eiweißstoffe (Albumine, Globuline, Mucine) abbauen, damit die Faserverklebung rascher aufheben und den Wassereintritt in das kollagene Fasergefüge erleichtern, gleichzeitig aber auch schon eine Voraussetzung dafür liefern, dass der nachfolgende Äscher eine gewisse Tiefenwirkung besitzt, eine bessere Zerstörung der Haarwurzel erreicht wird und gleichzeitig auch Grund und Gneis schon im Äscher so gut gelöst werden, dass später auf einen mechanischen Streich-prozeß verzichtet werden kann (siehe unten). Daher haben wir bei allen 3 Rahmentechnologien eine enzymatische Hauptweiche vorgesehen, wobei bei Kalbfellen nach 2Vs Stunden, bei Bullenhäuten auch in der Gewichtsklasse von 40-49,5 kg nach 4 Stunden ein gut durchgeweichtes Hautmaterial erhalten wird, wenn nicht der Extremfall einer stark ausgetrockneten Rohware vorlag.
Von Hausam wurden Bedenken geäußert, diese Hauptweiche der Häute im Fass bei 30° C, wenn auch nur über wenige Stunden, durchzuführen, weil dadurch die latente Periode des Bakterienwachstums überschritten würde und eine stärkere Bakterieneinwirkung auf das Hautmaterial zu befürchten sei. Er verweist dabei auf frühere Untersuchungen von McLaughlin und Rockwell, nach denen diese latente Periode bei 30° C nur 2 Stunden betrage und teilte dann die Ergebnisse von Weichversuchen mit, bei denen auch unter unseren Bedingungen gearbeitet, allerdings nicht Pellvit, sondern ein Weichhilfsmittel verwendet wurde, von dem Hausam anführt, dass es ohne Einwirkung auf die Bakterienentwicklung sei. Dabei wurden in Schmutz- und Hauptweiche unter diesen Bedingungen viele Millionen von Keimen festgestellt. Wir haben diese Untersuchungen wiederholt, ohne dabei jemals auf die außerordentlich hohen Zahlen von Hausam zu kommen, vielmehr lagen unsere Keimzahlen um mehrere Potenzen niedriger, stets unter 100 000/ml. Außerdem haben wir bei den vielen Versuchen, die wir mit solchen Weichen durchgeführt haben, in keinem Falle, auch nicht bei dem empfindlichen Kalbfellmaterial, Spuren eines enzymatischen Angriffs auf den Narben festgestellt. Es ist nicht der Zweck unserer Untersuchungen, die Unterschiede zwischen unseren Feststellungen und den Befürchtungen von Hausam näher zu untersuchen, doch weisen wir darauf hin, dass wir eben unsere Versuche mit Pellvit durchgeführt haben, Hausam dagegen nicht.
Das Pellvit enthält unseres Wissens kein besonderes Konservierungsmittel, aber schon Hausam hat in seiner Veröffentlichung darauf hingewiesen, dass sich tryptische Enzyme günstig auf die Bemühungen, den Keimgehalt möglichst niedrig zu halten, auswirken können, da sie die semipermeable Membran der Bakterien durchdringen und durch Verdauung des Bakterieneiweißes im Zellinnern einen Zerfall der Bakterienzellen erwirken. Die sehr sorgfältigen Beobachtungen, die wir nach Erscheinen der Veröffentlichung von Hausam durchgeführt haben, konnten uns nicht veranlassen, in unseren Rahmentechnologien einen besonderen Zusatz von Desinfektionsmitteln vorzusehen, doch bestehen keine Bedenken, einen solchen Zusatz vorzunehmen und damit auch unter besonders ungünstigen Bedingungen die Möglichkeit einer bakteriellen Schädigung des Hautmaterials auszuschließen.
Nachdem bei der von uns beschriebenen Arbeitsweise für alle nach der Vorweiche vorgenommenen Prozesse das Entfleischgewicht zugrundegelegt werden muss, hatten wir bereits früher darauf hingewiesen, dass dieses Gewicht je nach der Intensität der Vorweiche um mindestens 10% niedriger als das sonst übliche Blößengewicht liegt. Wir haben aber nicht den Chemikalienzusatz um diese Menge erhöht, was zunächst einfacher erscheint, sonderen einen variablen Zuschlag von 10 bis 20% auf das Entfleischgewicht vorgesehen und halten solche variablen Zuschläge für zweckmäßiger, um damit die unterschiedliche Beschaffenheit und Provenienz verschiedener Rohhäute (mehr oder weniger stark ausgetrocknet, Länge der Haare) differenziert berücksichtigen zu können.
Bei dem nachfolgenden Äscherprozess handelt es sich in erster Linie darum, bei nicht zu langer Äscherdauer doch einerseits einen genügenden Aufschluss des Hautmaterials und andererseits eine ausreichende Narbenfestigkeit zu gewährleisten. Dabei waren die Probleme bei den verschiedenen Hautmaterialien dieser Arbeit unterschiedlich. Bei den Kalbfellen war in erster Linie zu klären, ob die in der Praxis übliche Handschwöde durch eine Fassschwöde zu ersetzen ist, wobei eine genügende Narbenglätte bei sachgemäßer Narbenfestigkeit und guter Flämenbeschaffenheit zu gewährleisten war, während andererseits bei der geringen Felldicke die Durchäscherung keine Schwierigkeiten bereitet. Bei den Bullenhäuten stand andererseits die Frage im Vordergrund, wie man bei einer relativ kurzen Einwirkungsdauer des Äschers doch eine genügende Durchäscherung des dicken Hautmaterials in der gesamten Stärke erreichen kann. In allen Fällen hat sich bei entsprechender Variation die Anwendung einer Fassschwöde als zweckmäßig erwiesen. Es erübrigt sich, hier auf die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten für den Äscherprozess und auf die Gesichtspunkte, die zur Entwicklung der Fassschwöde Veranlassung gaben, näher einzugehen, das wurde an anderer Stelle ausführlich behandelt.
Grundsätzlich ist zu ihrer Durchführung erforderlich, mit einem möglichst geringen Wassergehalt zu arbeiten. Bei unseren drei Technologien, bei denen nach der Hauptweiche sofort die Fassschwöde angeschlossen wird, war es von Wichtigkeit, die Weichflotte zunächst so weit abzulassen, dass der Restwassergehalt mit Sicherheit unter 25% liegt, und dann die Äscherchemikalien ohne Wasserzusatz ungelöst unter den mitgeteilten Mengen- und Zeitbedingungen zuzugeben. Nur wenn das Entfleischen nach der Hauptweiche durchgeführt werden soll und damit vor dem Äschern ein Abwelken des Hautmaterials erfolgt, muss zusätzlich ein Wasserzusatz von 20-25% auf Abwelkgewicht erfolgen. Als Kriterium dafür, dass die Wassermenge richtig eingestellt ist, hat zu gelten, dass sich die zugesetzten Äscherchemikalien innerhalb von 30 Minuten gleichmäßig auf dem Hautmaterial verteilen, dabei ein Brei von gerade noch flüssiger Konsistenz entsteht, und in dieser Zeit eine vollkommene Zerstörung der Haare eintritt, während bis zu dem Zeitpunkt der Zugabe weiteren Wassers keine eigentliche Flotte im Fass entstanden sein darf. Die Mitverwendung eines netzenden Äscherhilfsmittels hat sich zur Förderung einer raschen Verteilung der Chemikalien und ihres Eindringens in das Innere der Haut und gleichzeitig zu einer weiteren Senkung der benötigten Mindestwassermenge als zweckmäßig erwiesen.
Der Vorteil dieser Arbeitsweise liegt darin, dass die Äscherchemikalien infolge der geringen Quellung in den ersten Stadien des Äschervorganges rasch und tief in die Haut eindringen und daher ihre Wirkung nicht ausschließlich oder vorwiegend in den Außenschichten, sondern auch im Innern der Haut ausüben. Wird dann im späteren Stadium die Wassermenge gesteigert, so tritt der Äscheraufschluß nicht nur in den Außenschichten, sondern mehr im Inneren der Haut auf, der Narben wird geschont und damit gute Narbenfestigkeit und Flämenbeschaffenheit gefördert und doch andererseits infolge der gesteigerten Tiefenwirkung des Aufschlusses ein weicheres und flexibleres Leder erhalten. Außerdem wird durch die größere Tiefenwirkung eine bessere Zerstörung der Haarwurzeln erreicht, so dass die Zahl der in der Haut verbleibenden Haarreste bei der Haarschwöde nach unseren Untersuchungen wesentlich geringer ist als bei entsprechender Äscherung nach klassischer Methode. Ebenso wird durch die tiefgreifende Wirkung ein besseres Lösen des Grundes und Gneistes gefördert und damit der Verzicht auf ein mechanisches Streichen erleichtert, und schließlich werden durch die bessere Tiefenwirkung die nachfolgenden Prozesse des Entkälkens, Beizens und Pickelns und der Chromgerbung erheblich beschleunigt und damit entscheidend die Tendenz dieser Arbeit gefördert.
Die Zeit bis zum völligen Durchdringen der Äscherchemikalien hängt einmal von der Dicke des Hautmaterials ab, wird aber auch von der Zusammensetzung des Äschers beeinflusst.
Daher konnte die Zeitspanne bei den Kalbfellen vom Beginn der ersten Chemikalienzugabe bis zum Beginn des Wasserzusatzes auf 1 ½ Stunden beschränkt werden, bei den Bullenhäuten betrug sie 2 ½ Stunden. Auf die dann folgende Wasserzugabe kann nicht verzichtet werden. Bei Versuchen mit Kalbfellen, bei denen wir auf eine Wasserzugabe vollständig verzichteten, war der Narbenwurf der Leder vielleicht etwas besser, aber infolge des unzureichenden Äscheraufschlusses waren die Leder insgesamt flacher, fester und im Griff ungünstiger und zeigten einen stärkeren Narbenzug, die Mastfalten traten etwas stärker hervor, und im gefärbten Zustand machten die Leder einen trüberen und unsaubereren Eindruck. Wir sehen damit unsere Auffassung bestätigt, dass man bei Kalk-Schwefelnatrium-Äschern auf eine gewisse Separierung der Fasern und Fibrillen durch Einschaltung eines Schwellprozesses zu irgendeinem Zeitpunkt des Haarlockerungsvorganges nicht verzichten kann. Zur Erreichung dieser Quellung würde es genügen, noch 60-70% Wasser zuzugeben; wenn wir insgesamt 250% Wasser in unsere Technologie aufgenommen haben, so um das kalkhaltige Hautmaterial vor der Einwirkung der Kohlensäure der Luft besser zu schützen und um die auflockernde Walkwirkung bei der periodisch wiederkehrenden Fassbewegung durch ein gut schwimmendes System auf ein Minimum zu beschränken.
Gegenüber unseren früheren Mitteilungen hat sich allerdings als zweckmäßig erwiesen, diese Wassermenge nicht auf einmal zuzusetzen, weil damit die Einstellung der Schwellwirkung zu momentan ausgelöst wird, und in Zusammenhang damit ein gewisser Narbenzug häufig nicht vermeidbar ist. Setzt man dagegen die Wassermenge in einzelnen Portionen langsam zu, so dass sich der Schwellvorgang auf eine längere Zeitperiode erstreckt, so kann das Auftreten von Narbenzug weitgehend vermieden werden. Eine Bestätigung dieser Erfahrungen finden wir in der Mitteilung von Toth, dass ein Narbenzug immer aufträte, wenn die einzelnen Hautschichten ungleichmäßig geschwellt werden, wobei die Fleischseite der Haut im Äscher stärker schrumpfe als die Narben- und Mittelschicht und dann diese zur Runzelbildung zwinge. Diese Runzelbildung sei um so stärker, je schneller und je kräftiger sich die Quellung vollziehe. Daher ist verständlich, dass sie nur gering sein muss, wenn die Quellung erst nach der Diffusion der Äscherchemikalien in die Haut einsetzt, und wenn sie auch dann langsam angeregt wird, was durch eine stufenweise Wasserzugabe in vorzüglicher Weise erreicht wird.
Die Zusammensetzung des Äschers haben wir bei den verschiedenen Lederarten unterschiedlich gewählt. Bei den Kalbfellen haben wir die gleiche Zusammensetzung, wie früher bei der Herstellung von Rindchromoberleder vorgeschlagen, angewandt. In dem Maße, wie die angewandte Schwefelnatriummenge durch Natriumsulfathydrat ersetzt wurde, verlängerte sich die Zeitdauer bis zum völligen Durchdrungen des Hautmaterials durch die Äscherchemikalien. Die Blößen waren am nächsten Tag etwas heller, nicht so prall und ließen auch die Mastriefen weniger stark hervortreten, aber die Leder waren eindeutig flacher und auch in den Flamen loser als bei Einsatz größerer Mengen an Schwefelnatrium, so dass wir zu der ursprünglichen Zusammensetzung zurückkehrten. Bei der Herstellung der Vachetten haben wir lange Zeit gezögert, welche Zusammensetzung des Äschers wir unter den verschiedenen Möglichkeiten bevorzugen sollten. Es wird bei dieser Lederart im allgemeinen nicht möglich sein, für jede Type ein besonderes Äscherverfahren durchzuführen, man wird vielmehr aus Gründen der Rationalisierung mit einem Äscher mittlerer Wirksamkeit durchzukommen versuchen und die Weichheit bzw. Standigkeit durch Variationen der Gerbung (siehe unten) oder der Nasszurichtung, namentlich unterschiedlicher Nachgerbung, zu erreichen versuchen. Auch hier ergab sich bei den verschiedenen geprüften Variationen mit zunehmendem Ersatz von Natriumsulfid durch Natriumsulfhydrat, dass sich die Eindringgeschwindigkeit verzögerte, dass mit zunehmendem Sulfidanteil der Narben deutlich glatter wurde und die Leder eine etwas größere Fülle, aber auch einen festeren Griff besaßen, während mit Steigerung des Sulfhydratgehaltes die Leder weicher wurden, und die Mastriefen weniger stark hervortraten. Entsprechend haben wir für die weichen Chromvachetten in unserer Rahmentechnologie als Beispiel einen reinen Sulfhydratäscher vorgesehen, für die mehr standigen, pflanzlich gegerbten Vachetten dagegen den gleichen Äscher in Anwendung gebracht wie für Rindbox und Boxkalbleder. Selbstverständlich kann aber auch jede andere Variation zwischen diesen beiden Extremen angewandt werden, und es wird je nach der Art des verwandten Rohhautmaterials von Fall zu Fall zu erproben sein, mit welchem Äscher man am besten unter Berücksichtigung der oben angeführten Gesichtspunkte für die möglichen Variationen bei Gerbung und Nachgerbung den zweckmäßigsten Äscheraufschluß erreicht. Durch genügend hohe Äschertemperatur wird ebenfalls eine Beschleunigung des Äschervorganges erreicht, der Narben wird glatter, die Gefahr der Halsriefen geringer und eine zu starke Prallheit vermieden.
Hier seien schließlich noch einige Bemerkungen zu der Frage gemacht, ob das Spalten nach der Wasserwerkstatt oder erst nach beendeter Chromgerbung vorgenommen wird. Während wir für die Herstellung von Chromrindoberleder mit einem Hautmaterial bis maximal 25-30 kg einem Spalten nach beendeter Chromgerbung das Wort geredet haben und diese Auffassung auch heute vertreten, wenn man das Arbeitsverfahren sachgemäß darauf einstellt, halten wir es bei schweren Häuten, wie sie vorwiegend für Vachetten gearbeitet werden, für zweckmäßiger, das Spalten nach dem Äscher durchzuführen. Wird erst nach der Chromgerbung gespalten, dann benötigen die nachfolgenden Prozess des Pickelns und der Chromgerbung eine wesentlich längere Zeitspanne, selbst nach 3 Stunden konnte eine Durchpickelung noch nicht erreicht werden, und die Chromgerbung war erst nach 7 Stunden durchgebissen, so dass man die Häute auf alle Fälle noch über Nacht im Chrombad belassen musste. Vor allem aber waren die so erhaltenen Leder in der äußeren Beschaffenheit ungünstiger, weniger glatt, etwas losnarbiger, was sich namentlich in den Flamen sehr ungünstig auswirkte, und die Mastriefen traten stärker hervor. Daher glauben wir, dass man bei einem so kräftigen Hautmaterial das Spalten nach dem Äscher bevorzugen sollte, wie wir es auch bei beiden Standardrezepturen für Vachetteleder vorgesehen haben. Dabei erhebt sich dann allerdings die Frage, ob bei dieser Handhabe auch das Entfleischen nach dem Äscher durchgeführt wird. Aus Kostengründen wird man meist vorziehen, „Weiche und Äscher hintereinander durchzuführen und dann das Entfleischen, Beschneiden und Spalten in einem Arbeitsgang vornehmen, um nur einmal die Aufwendungen des Entleerens und Wiederfüllens der Fässer zu haben. Vom Qualitätsstandpunkt aus würden wir allerdings nach wie vor ein Entfleischen nach der Vorweiche vorziehen, weil sich die Vorteile, die sich daraus für eine gleichmäßigere Durchäscherung ergeben, in der Qualität des Leders ganz eindeutig auswirken. Es ist also eine Kalkulationsfrage, ob man den einen oder anderen Weg wählt, und wir haben daher in unseren beiden Rahmentechnologien beide Wege wahlweise angeführt.
3. Spülen, Entkalken und Beizen
Im Rahmen unseres Berichtes über die Nassarbeiten bei der Herstellung von Rindchromoberleder hatten wir bereits ausführlich über die Ausgestaltung dieser Prozesse im Rahmen einer rationalisierten Technologie berichtet, und die neuerlichen Untersuchungen haben keine grundsätzlich andersartigen Gesichtspunkte ergeben, so dass im wesentlichen auf die damals gemachten Ausführungen verwiesen werden kann. Zur Entfernung der Hauptmenge der anhaftenden Äscherchemikalien und der versulzten Haare ist wieder nach dem Äschern (bzw. nach den mechanischen Wasserwerkstattarbeiten bei den Vachetteledern) ein diskontinuierliches Spülen mit einmaligem Wasserwechsel vorgesehen, wobei zugleich durch genügend hohe Wassertemperatur das Verfallen der Haut und die Entfernung des Grundes erleichtert wird. Dabei wurden jeweils 300% Wasser auf Entfleisch- bzw. Spaltgewicht verwendet. Es ist möglich, dass man unter Umständen mit geringeren Wassermengen auskommen kann, wir halten aber ein gründliches Spülen in diesem Stadium für besonders wichtig, wenn man auf ein mechanisches Streichen grundsätzlich verzichten will.
Für das nachfolgende Entkalken und Beizen ist nur eine Zeitspanne von 1 Std. vorgesehen, und es ist kein Problem, in dieser Zeit eine gute Durchentkälkung zu erzielen, nachdem dieses Ziel auch bei ungespaltenen Häuten bis zu 30 kg in der gleichen Zeitspanne weitgehend erreicht werden konnte. Wie die Angaben der Tabellen 1-3 zeigen, arbeiten wir wieder mit kurzer Flotte, die am Ende des Entkälkungs- und Beizprozesses einschließlich des durch die Entquellung des Hautmaterials freiwerdenden Wassers bei etwa 50% lag. Die Chemikalienmenge konnte dagegen bei diesem dünnen Material im Vergleich zu den Rezepturen für Rindbox weitgehend vermindert werden. Während bei ungespaltenen Rindhäuten z. B. 4% Decaltal R erforderlich waren, wenn in 1 Stunde weitgehend durchentkälkt werden sollte, konnte hier die angewandte Menge Decaltal R auf 2% gesenkt werden. Selbstverständlich kann auch jedes andere in unserer vorhergehenden Veröffentlichung angeführte Entkälkungsmittel eingesetzt werden, wobei wir es aber nach wie vor für zweckmäßig halten, beim Arbeiten in kurzer Flotte nur solche Entkälkungsmittel zu verwenden, die leicht lösliche Kalksalze liefern. Es sei erneut darauf hingewiesen, dass die Erfahrungen beim Arbeiten mit langen Flotten nicht ohne weiteres auf das Arbeiten mit kurzen Flotten übertragen werden können, da im ersteren Falle die Menge des sich abscheidenden unlöslichen Kalksalzes (meist Calciumsulfat) infolge der höheren Verdünnung wesentlich geringer ist, und zum anderen sich diese Mengen bei langen Flotten hauptsächlich in der Flotte abscheiden, bei kurzen Flotten dagegen ein wesentlich größerer Anteil innerhalb der Haut zur Abscheidung gelangt und dadurch Narbenbeschaffenheit und Griff ungünstig beeinflusst. Wir verweisen diesbezüglich auf Untersuchungen, die wir kürzlich über die Bewertung von Entkälkungsmitteln veröffentlichten, wobei neben Entkälkungswert, Säurestärke und Pufferungsvermögen insbesondere die Kalklöslichkeitszahl, deren Bestimmung dort ausführlich behandelt wurde, unbedingt berücksichtigt werden sollte. Ebenso halten wir es beim Einsatz saurer Entkälkungsmittel für zweckmäßig, durch ihren Zusatz unter pH-Dosierung zu gewährleisten, dass der pH-Wert auch nicht kurzfristig unter 5 absinkt, da bei den meisten Entkälkungsmitteln nach unseren Feststellungen bei pH-Wert unter 5 der noch in der Haut befindliche Grund und die verseiften Hautfette ausgefällt werden, sich im Narben festsetzen und dann nur noch schwer, jedenfalls nur noch durch ein Streichen zu entfernen sind, auf das man ja bei rationalisierten Arbeitsverfahren, insbesondere auch beim Durcharbeiten im gleichen Fass (Boxkalbtechnologie) unbedingt verzichten will. Daher sollten halb-und vollautomatisch gesteuerte Fässer außer mit einer Einrichtung für die pH-Messung und -Registrierung unbedingt auch mit einer pH-Dosieranlage ausgestattet sein.
Wir glauben, dass man auch bei Anilinleder ohne Bedenken auf ein Streichen verzichten kann, wenn in den vorhergehenden Arbeitsprozessen und beim Entkalken die notwendigen Voraussetzungen für eine gute Entfernung des Grundes geschaffen werden. Zu diesen Voraussetzungen zählen wir in unseren Technologien insbesondere die Anwendung einer enzymatischen Weiche, die Verwendung der Fassschwöde mit seiner wesentlich größeren Tiefenwirkung und damit in Zusammenhang stehend auch dem wesentlich intensiveren Angriff auf die Haarwurzel-Proteine, die Mitverwendung netzender Äscherhilfsmittel bei der Fassschwöde, die Beachtung der pH-Begrenzung mit etwa 5 beim Entkalken, die Verwendung von Ent-kälkungsmitteln mit guter Kalklöslichkeit und schließlich die Mitverwendung von Hydrophan AS, das nach unseren Beobachtungen die Durchentkälkung wesentlich beschleunigt und eine zusätzlich reinigende Wirkung auf Grund und Hautfett ausübt.
In diesem Zusammenhang sei auch nochmals erwähnt, dass die oft gegenüber der Kurzentkälkung zum Ausdruck gebrachten Befürchtungen, das Hautmaterial würde zu stark mechanisch beansprucht, ohne Zweifel nicht zutreffend sind. Narben und Flamen werden im Gegenteil erstaunlich fest, und wir glauben, dass die Gefahr leerer Flamen und losen Narbens beim Arbeiten in langen Flotten viel größer ist, wie sich überhaupt die Bedenken, die man früher rein gefühlsmäßig gegenüber dem Arbeiten mit kurzen Flotten in bezug auf den Einfluss auf das Hautmaterial hatte, bei systematischen Untersuchungen nicht bestätigt haben. Dabei sollte man allerdings die Fassgeschwindigkeit in diesem Stadium nicht über 5 U/Min. steigern, was auch vollkommen ausreicht, um beim Arbeiten in kurzer Flotte innerhalb 1 Stunde eine vollkommene Durchentkälkung und genügende Beizwirkung zu erreichen. Über den Einfluss, den Fassgeschwindigkeit und Flottenlänge auf die verschiedenen Arbeitsprozesse und die Aufnahme der Chemikalien ausüben, werden wir in einer späteren Veröffentlichung ausführlich berichten, doch sei schon jetzt vorweg genommen, dass ein Arbeiten mit kurzer Flotte und geringer Umdrehungsgeschwindigkeit sich sowohl auf die Aufnahme der Chemikalien als auch auf die Beschaffenheit des Leders grundsätzlich günstiger auswirkt als ein Arbeiten mit langer Flotte über eine entsprechend längere Zeitdauer.
Auf ein kurzes Spülen nach der Beize von 15 Minuten haben wir auch bei den neuen Technologien nicht verzichtet. Zwar wurde wiederholt vorgeschlagen, unter Umständen auf diesen Spülprozess zu verzichten und Pickel und Chromgerbung unmittelbar ins gleiche Bad zu geben, doch haben auch unsere neueren Versuche nach dieser Richtung stets unbefriedigende Ergebnisse erbracht, da man dann mit einer sehr hohen Belastung an Mineralstoffen aus Äscher, Entkälkung und Beize in den Pickel und die nachfolgende Gerbung geht und damit gröberer Narben, schlechter Narbenwurf, teilweise sogar Nar-
benverhärtungen durch solche Einlagerungen in den Außenschichten des Leders unvermeidlich sind. Zu langes Spülen ist ohne Zweifel in diesem Stadium auch nicht erwünscht, weil dadurch nach dem Beizen eine gewisse Losnarbigkeit gefördert werden kann, doch ist ein kurzfristiges Spülen, für das wir wieder eine diskontinuierliche Durchführung vorgesehen haben, unbedingt zu empfehlen.
4. Pickel und Chromgerbung
Die nachstehenden Ausführungen über diese beiden Prozesse beziehen sich auf die Rahmentechnologien für Chromkalbleder und weiche Chromvachetten. Auch hier kann im wesentlichen auf die ausführlichen Darlegungen über die Nassarbeiten bei der Herstellung von Rindchromoberleder verwiesen werden, doch haben sich bei unseren neuerlichen Untersuchungen einige Gesichtspunkte ergeben, die unbedingt Beachtung finden sollten. Was zunächst den Pickelprozess anbetrifft, so haben wir bei beiden Lederarten zum Erhalt fein- und festnarbiger Leder mit flachem Narben auf eine gute Durchpickelung vor Beginn der Chromgerbung besonderen Wert gelegt. Wir haben daher in unseren Rahmentechnologien wieder einen Schnellpickel mit kurzer Flotte vorgesehen, der eine gute Durchpickelung in verhältnismäßig kurzer Zeit zu erreichen gestattet und außerdem den Vorteil hat, dass auch bei Verwendung schwellender Säuren die absolute Salzmenge zur Vermeidung einer Quellwirkung auf ein Minimum beschränkt werden kann, von dem dann kein nachteiliger Einfluss auf die Gerbung selbst zu befürchten ist. Nach den vorgesehenen Technologien beträgt die Endflotte nach dem Pickeln 40%, und zwar 15% Restflotte vom Spülen, 15% Wasser vom Salzzusatz und 10% vom Säurezusatz. Wir haben wieder den bei uns seit langem praktizierten Ameisensäurepickel ausgewählt, bei dem der pH-Wert auch nach Zugabe der Säure nicht unter etwa 2,8 absinkt und während des Pickelns allmählich wieder auf 3,6-3,8 ansteigt, also größere pH-Sprünge, die für die Narbenbeschaffenheit von Nachteil sind, vermieden werden. Bei der Temperatureinstellung legen wir Wert darauf, dass die Temperatur bis zum Ende des Pickelns 25° C nicht übersteigt, da höhere Temperaturen zwar das Durchpickeln fördern, die Gefahr des Entstehens losnarbiger und adriger Leder aber verstärken. Bei dem dünneren Hautmaterial konnte im Gegensatz zu der Herstellung von Rindchromoberleder mit ungespaltenen Häuten die Ameisensäuremenge von 2,3% auf 1,5% vermindert werden, und ebenso wurde der gleichzeitige Zusatz von Formalin von 1% auf 0,5% herabgesetzt. Diese Formalinmenge wäre lediglich im Hinblick auf die Förderung einer Durchpickelung nicht erforderlich, da das dünne bzw. gespaltene Hautmaterial auch ohne diese Unterstützung verhältnismäßig rasch mit Ameisensäure durchgepickelt wird, doch hat die Mitverwendung von Formaldehyd den Vorteil, dass die Blößen im Pickel etwas flacher bleiben, und insbesondere das Hervortreten von Mastfalten ganz deutlich vermindert wird, was die Lederqualität wesentlich verbessert. Die Pickeldauer beträgt bei beiden Technologien nach Säurezusatz bis zum Beginn der Chromsalzzugabe 1 Stunde, und in dieser Zeit wird unter den angegebenen Bedingungen eine ausreichende Durchpickelung erreicht. Wir führen in diesem Zusammenhang auch die Feststellungen von van Vlimmeren und Koopmans an, nach deren Untersuchungen Kurzpickel im Vergleich zum Gleichgewichtspickel zu höheren Chromoxydgehalten, besserer Chromverteilung im Leder und besserer Narbenelastizität führen, was sich auch bei dem empfindlichen Kalbfellmaterial eindeutig bestätigt hat.
Selbstverständlich kann an Stelle des Ameisensäurepickels sinngemäß auch Natriumformiat und Schwefelsäure verwendet werden, während wir bei Kurzpickeln die Verwendung von Calciumformiat wegen der Entstehung des unlöslichen Calcium-sulfates ungünstiger beurteilen. Pickel, bei denen Natriumformiat und Schwefelsäure in stöchiometrischem Verhältnis angewandt werden (z. B. 1,5% Schwefelsäure und 2,0°/o Natriumformiat) haben gegenüber der Verwendung von Ameisensäure noch den Vorteil, dass ein gepuffertes Pickelsystem entsteht, bei dem bei milder Entwässerung der Blößen die Durchpickelung noch rascher und gleichmäßiger erfolgt, und außerdem die Chromauszehrung bei der nachfolgenden Chromgerbung gefördert und die schichtmäßige Chromverteilung im Leder verbessert wird. In diesem Falle kann bei kurzer Flotte auch auf die Mitwirkung von Kochsalz weitgehend verzichtet werden, da das Natriumformiat bzw. das sich bildende Natriumsulfat gleichzeitig die quellungsverhindernde Wirkung ausüben. In dem Maße wie von dem stöchiometrischen Verhältnis zwischen Natriumformiat und Schwefelsäure abgewichen und ein Überschuss an Schwefelsäure verwendet wird, verlangsamt sich die Durchpickelung, und die vorgesehene Zeitspanne von 1 Std. reichte nicht aus, um eine genügende Durchpickelung zu erreichen. Bezüglich des Einsatzes anderer Pickelprodukte sei auf die Ausführungen unserer früheren Veröffentlichung hingewiesen die sinngemäß übertragen werden können, wobei auch hier ;_e Verhältnisse bei dem dünnen Hautmaterial wesentlich einfacher als bei ungespaltenen Rindhäuten sind. Erwähnt sei, dass wir bei den Kalbfellversuchen im Pickel mit einem Zusatz von l°/o Coriagen CR II (Benckiser) zusammen mit der Salzlösung vor der Säurezugabe gute Ergebnisse erhalten haben, da die Chromauszehrung gegenüber der Normalausführung besser, und die Leder deutlich voller waren und eine bessere Narbenbeschaffenheit aufwiesen.
Bei der Chromgerbung wurde wieder das Ungelöstverfahren unmittelbar in der Pickelflotte angewandt, da dieses Verfahren nach allen bisherigen Untersuchungen eine rasche Durchführung, sichere Handhabung, gute Chromausnutzung und gleichmäßige Chromverteilung innerhalb der Haut gewährleistet. Bei dem dünnen bzw. gespaltenen Hautmaterial wird für die Gesamtgerbung vom Beginn der Chromsalzzugabe bis zum Ende der Gerbung bei sachgemäßer Temperaturführung und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Endvolumen 50°/o nicht übersteigt, nur eine Zeitdauer von 3 Stunden benötigt. Das Hautmaterial war schon nach 45 Minuten vom Chromgerbstoff völlig durchdrungen, nach 2% Stunden war einwandfreie Kochgare erreicht, und in der Restflotte befanden sich dann noch 8-9 g Cr2O3/Liter, was unter Berücksichtigung der niedrigen Endflotte als günstige Auszehrung angesprochen werden kann. In beiden Rezepturen werden 2,5% Cr2O3 angeboten, da wir im vorliegenden Falle rein chromgare Leder anstrebten, ohne durch eine intensivere Nachgerbung den Charakter des Leders noch in stärkerem Maße verändern zu wollen. Sieht man dagegen eine intensivere Beeinflussung und Variation der Ledereigenschaften durch die Nachgerbung vor, ist es ohne Zweifel zweckmäßig, mit der Chrommenge nicht über höchstens 2,0% Cr2O3 hinauszugehen, da die Variationsmöglichkeiten bei der Nachgerbung nach einer mageren Hauptgerbung wesentlich vielfältiger sind, als wenn man schon die Hauptgerbung zu satt durchführt. So haben wir bei unseren Versuchen über Chromvachetteleder auch 7,5% Chromosal BM verwendet, wobei auch nach 3 Stunden eine einwandfreie Kochgare bei einem Restgehalt an Cr2O3 von 5-6 g/Liter erreicht werden konnte. Die Leder waren auch weich und geschmeidig und besaßen eine gute Narbenfestigkeit und Flämenbeschaffenheit, zeigten aber erwartungsgemäß eine etwas geringere Fülle, die dann durch eine entsprechende Nachgerbung ausgeglichen sein muss, wobei für den Teil der Leder, die rein chromgar gewünscht werden, noch eine Chromnachgerbung zu geben ist.
In allen Fällen sollte die Fassgeschwindigkeit bei der Chromgerbung 9 U/Min. nicht überschreiten. Wenn in der Praxis teilweise wesentlich höhere Umdrehungszahlen des Fasses verwendet werden, so nur, um durch Reibung eine höhere Temperatur in der Fassflotte zu erreichen. Wir betonen aber nochmals, dass wir diese Tendenz für falsch halten, da einmal der Weg, Wärme aus elektrischer Energie durch Reibung zu erzeugen, völlig unwirtschaftlich ist, und zum anderen höhere Umdrehungsgeschwindigkeiten die Narbenfestigkeit und Beschaffenheit der Flamen ungünstig beeinflussen, was sich insbesondere bei den Kalbfellversuchen, aber auch bei den Untersuchungen über Vachetteleder deutlich bemerkbar machte. Werden Fässer verwendet, die eine gesteuerte Aufheizung gestatten, und wird die Temperaturführung richtig eingestellt, indem man in den Anfangsstadien der Gerbung nicht über 25° C hinausgeht, um einen zu raschen Zerfall der Sulfatochromkomplexe zu vermeiden, dann aber durch ein. Aufheizen auf 40° C in der 2. Hälfte der Chromgerbung die Chromauszehrung unterstützt, so wird - wie die obigen Zahlen gezeigt haben - eine einwandfreie Chromauszehrung erhalten, gleichzeitig aber eine Verbesserung der Flämenbeschaffenheit und der Narbenfeinheit erreicht.
In diesem Zusammenhang seien auch einige Ausführungen über die zweckmäßige Sodazugabe zum Abstumpfen während der Chromgerbung gemacht. Die bekannte Tatsache, dass man mit dem Sodazusatz spätestens ½ Stunde nach Zusatz des Chromsalzes beginnen sollte, hat sich auch bei den neuerlichen Versuchen wieder bestätigt. Dabei sind wir aber gerade bei den Kalbfellversuchen in unserer Auffassung bestärkt worden, dass man nicht eine konstante Sodamenge in verhältnismäßig kurzer Zeit zusetzen sollte, da sich dann zwangsläufig über eine gewisse Zeit pH-Spitzen in der Höhe von pH 4,5-5 ergeben, die sich auf die Narbenbeschaffenheit ungünstig auswirken, selbst wenn nach einiger Zeit der pH-Wert wieder auf etwa 3,8 absinkt. Solche vorübergehenden pH-Erhöhungen, die sich natürlich in erster Linie auf die Narbenbeschaffenheit auswirken, sollten unbedingt vermieden werden. Das gilt sowohl für das Abstumpfen mit Soda wie auch für das spätere Neutralisieren mit Bicarbonat, worauf wir in einer späteren Mitteilung noch zurückkommen werden. Wir haben daher grundsätzlich so gearbeitet, dass wir unsere automatische pH-Steuerung beispielsweise auf pH 3,8 einstellten und dann ohne besonderes Abmessen der Sodalösung so viel zufließen ließen, dass sich der pH-Wert während der ganzen Chromgerbung konstant auf dieser Höhe hielt. Dadurch werden pH-Schwankungen im Narben vermieden und damit eine wesentlich bessere Gleichmäßigkeit der Lederqualität und ein deutlich feinerer Narben gewährleistet. Die Narbenglätte wird also durch den pH-Wert in der Flotte entscheidend beeinflusst, und ein auch nur zeitweises Höhersteigen über 4 wird die Narbenfeinheit ungünstig beeinflussen. In manchen Betrieben wird dieses Ziel auch dadurch angestrebt, dass zum Abstumpfen an Stelle von Soda Natriumbikarbonat verwendet wird, aber dieser Weg ist nicht so sicher und vor allem auf die Dauer erheblich teurer als eine pH-Steuerung. Wir sind erstaunt, dass man bei Beschaffung halbautomatischer Anlagen in der Praxis vielfach zwar eine kontinuierliche pH-Messung und -Registrierung vorsieht, dagegen keine Vorrichtung für die pH-Dosierung, obwohl gerade diese Vorrichtung für die Narbenqualität von entscheidendem Einfluss ist. Außerdem werden dann auch die unvermeidlichen pH-Schwankungen beim Entkalken und Pickeln (etwa als Folge schwankenden Kalkgehaltes der Blößen), die sich sonst auch im End-pH-Wert der Gerbung auswirken, automatisch ausgeglichen. Dabei soll der angegebene End-pH-Wert von 3,8 nicht als feststehendes Kriterium angesehen werden. Er hat sich bei Rindhautversuchen im allgemeinen als zweckmäßig erwiesen, um genügende Narbenfeinheit mit guter Auszehrung des Chrombades zu vereinen. Bei Kalbfellen erscheint es dagegen unter Umständen zweckmäßig, den End-pH-Wert auf 3,4-3,6 zu senken, um eine noch feinere Narbenbeschaffenheit und hellere Lederfarbe zu erreichen. Das geht natürlich auf Kosten der Chromauszehrung, was aber insbesondere bei Betrieben, die über eine Chromrückgewinnungsanlage verfügen, im Hinblick auf die bessere Lederqualität bei Kalbledern in Kauf genommen werden sollte.
Selbstverständlich haben wir im Rahmen der Chromgerbeversuche auch wieder Untersuchungen mit selbstabstumpfenden Chromsalzen durchgeführt. Dabei hat sich das Baychrom D im Trockenverfahren bei den Kalbfellen nicht voll bewährt, da uns der Narbenwurf etwas gröber gegenüber der sonst üblichen Arbeitsweise erschien. Bei Einsatz des maskierten Baychrom O war eine schnelle Chromaufnahme und im Vergleich zum normalen Chromosal-Ungelöstverfahren eine Verbesserung im Narbenwurf festzustellen, nicht dagegen, wenn man entsprechend dem oben diskutierten Vorschlag die Sodazugabe mit pH-Messung auf pH 3,6-3,7 steuert. Günstigere Ergebnisse im Vergleich zur alleinigen Verwendung von Baychrom D haben wir auch erhalten, wenn wir mit einer Mischung von 3,5% Chromosal B und 6,5% Baychrom D arbeiteten, wobei zunächst die Chromosalmenge zugegeben und dann ohne zusätzliches Abstumpfen die Baychrommenge nach ½ Stunde nachgesetzt wurde. Auch hier war der Narben feiner, da die mittlere theoretische Basizität bei dieser Kombination geringer war, und der pH-Wert auch nicht zwischenzeitlich über etwa 4 anstieg. In diesem Zusammenhang sei auch die Kombination von 8% Chromosal BM und 2% Lutan B erwähnt, einem hochbasischen Aluminiumchlorid (BASF), durch dessen Mitverwendung bei gemeinsamer Zugabe die Chromauszehrung noch rascher und intensiver als bei ausschließlicher Verwendung von Chromsalzen erfolgt, und außerdem ein günstiger Einfluss auf die Lederfarbe, Narbenfeinheit, Narbenfestigkeit und Dichtigkeit der Lederstruktur ausgeübt wird. Schließlich seien noch Versuche mit 7,5% Chromitan MS (BASF) erwähnt, bei dessen Einsatz auch ein Abstumpfen der Flotte nicht erforderlich ist, wobei der Narben gegenüber der normalen Arbeitsweise etwas glatter war und ein feineres Korn besaß, und außerdem eine hellere Lederfarbe auftrat, das Leder selbst vielleicht etwas flacher und weicher gegenüber der Normalrezeptur erschien. Über die Mitverwendung von polymeren Phosphaten im Pickel und ihren Einfluss auf die Chromgerbung hatten wir schon oben berichtet. Schließlich sei noch erwähnt, dass bei den Chromvachetten durch eine Zugabe von 2% eines kationischen Lickers (z. B. Lipaminlicker O) zum Pickelbad 10 Minuten vor der Chromsalzzugabe eine wesentliche Verbesserung der Weichheit erreicht werden kann.
5. Gerbung mit pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffen
In einer weiteren Technologie (Tabelle 3) haben wir das Ergebnis von Versuchen zusammengefasst, standigere Vachetten unter Einsatz von pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffen in der Hauptgerbung in relativ kurzer Zeit herzustellen. Würde man diese Gerbstoffe im Anschluss an die vorbereitenden Arbeiten der Wasserwerkstatt nach dem Entkalken, Beizen und Spülen in Pulverform oder in konzentrierten, nicht abgearbeiteten Lösungen zugeben, so würde mit Sicherheit eine Übergerbung des Narbens und damit Narbensprödigkeit und evtl. Totgerbung die Folge sein. Man muss daher zunächst eine milde Vorgerbung vorschalten. Das gleiche Problem hatten wir schon früher bei der Entwicklung von Schnellgerbmethoden für Schwerleder bearbeitet. Die Vorgerbung vor der pflanzlichsynthetischen Hauptgerbung hat die Aufgabe, einen bestimmten Quellungszustand des Fasergefüges zumindest zeitweise zu fixieren, durch anionische Aufladung der Außenschichten die Diffusion und richtige Gerbstoffablagerung der nachfolgenden Hauptgerbung auch bei rascher Steigerung der Brühenkonzentration bzw. Verwendung nicht abgearbeiteter Gerbbrühen zu fördern, Narbenzug, Losnarbigkeit und Übergerbung der Außenschichten und evtl. Totgerbung zu verhinderen und möglichst auch die Lederbeschaffenheit zu verbessern. Kationische Gerbstoffe (Chrom, Zirkon) hatten sich hierfür nicht bewährt, da sie bekanntlich das Bindungsvermögen für pflanzliche und synthetische Gerbstoffe erhöhen und daher die Gefahr einer vorzeitigen und damit falschen Ablagerung der Gerbstoffe mit den angeführten Nachteilen noch erhöhen. Anionische Vorgerbungen verzögern im Gegensatz dazu die Bindung und fördern damit zugleich eine raschere Durchdringung des Fasergefüges und eine gleichmäßigere Gerbstoffverteilung bis in den Feinbau der Fasern und Fibrillen. Damit wird auch eine hellere Lederfarbe und ein besseres Verhalten gegen Wasser bewirkt.
Unter der Vielzahl der hier angegebenen Möglichkeiten haben wir in der Rahmentechnologie der Tabelle 3 die Vorgerbung mit einer höhermolekularen Type aus der Serie der handelsüblichen Polyphosphate (z. B. Coriagen V, Benckiser, oder Tannophos L 421, Schill & Seilacher) vorgesehen, die bekanntlich auch den Vorteil haben, Kalk- und Eisenionen in der Blöße komplex zu binden und damit das Auftreten von Kalk- und Eisenflecken mit pflanzlichen Gerbstoffen zu vermeiden und eine gleichmäßige Lederfarbe zu fördern. Auch diese Vorgerbung erfolgte in geringer Flotte von 45% (15% Restflotte und 30% Wasserzugabe), wobei die Temperatur konstant auf 25° C eingestellt wird. 15 Minuten nach Zugabe des Polyphosphates wird die zur Bindung erforderliche Säuremenge in 2 Raten zugesetzt und soll so bemessen sein, dass der pH-Wert der Flotte am Ende der Vorgerbung bei etwa 3,6-3,7 liegt. Diese Vorgerbung ist bei dem gespaltenen Hautmaterial in 4 Stunden abgeschlossen, und im Anschluss daran wird nach Ablassen dieses Bades in frischem Bad mit 45% Flotte (15% Restflotte und 30°/o Wasser) die Hauptgerbung durchgeführt. Um diese möglichst noch milder zu gestalten, haben wir in unserer Technologie zunächst durch Behandlung mit Natriumsulfit über eine Zeitdauer von 20 Minuten den pH-Wert namentlich in den Außenschichten gesteigert (die Flotte der Sulfitlösung konstant auf 4,0) und im Anschluss daran 2% eines anionischen Lickerproduktes zugegeben, wobei beide Maßnahmen wie die Vorgerbung dazu dienen, eine Übergerbung der Außenschichten zu vermeiden und damit die Diffusion der pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffe in das Innere zu beschleunigen.
Dem so vorbehandelten Hautmaterial werden dann 20% Reingerbstoff an pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffen in Pulverzugabe angeboten, wobei wir eine Mischung von 16% Reingerbstoff Mimosaextrakt und 4% eines hell- und mildgerbenden Austauschgerbstoffes verwandten. Der Mimosaextrakt zeichnet sich bekanntlich gegenüber den anderen in Frage kommenden pflanzlichen Gerbstoffen durch rasche Diffusion und mildes Gerbvermögen aus, in der großen Palette der synthetischen Gerbstoffe sind so viele geeignete Produkte vorhanden, dass wir nicht auf bestimmte Typen hinzuweisen brauchen. Selbstverständlich kann auch jedes andere Verhältnis von pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffen angewandt werden. Das Spalten schon in der Blöße hat sich gerade bei der pflanzlichen Hauptgerbung als vorteilhaft erwiesen, da unter den angegebenen Bedingungen das Hautmaterial in 2-2Vs Stunden in seiner ganzen Dicke durchdrungen war und in etwa 16 Stunden eine satte Ausgerbung erreicht werden konnte, während bei ungespaltenen Häuten unter den gleichen Bedingungen selbst nach 16 Stunden noch keine Durchdringung in der ganzen Dicke erreicht war, und die Leder außerdem nicht so hell und ungleichmäßiger in der Farbe waren. Ebenso hat sich das Arbeiten in kurzer Flotte bewährt, während sich bei Verlängerung der Flotte (100%) die Durchdringung des Hautmaterials erheblich verlangsamte und außerdem Narbenzug und Walknarben stärker in Erscheinung traten.
Selbstverständlich ist es möglich, an Stelle der Phosphatvorgerbung auch andere Vorgerbungen zu wählen, wobei grundsätzlich aus den dargelegten Gründen anionischen Vorgerbungen der Vorzug einzuräumen ist. Über die hierfür geeigneten Produkte verweisen wir einmal auf eine frühere Veröffentlichung, die sich mit dem Einfluss der verschiedenen Vorgerbmittel auf die Gerbbeschleunigung bei der pflanzlichen Gerbung befasste, und in der eine Reihe geeigneter Vorgerbungen beschrieben ist. Auch im Rahmen der vorliegenden Untersuchungen haben wir einige Vorgerbungen eingeschaltet, deren Durchführung nachstehend kurz behandelt sei. In allen Fällen erfolgte die Vorgerbung nach dem Entkalken, Beizen und anschließendem Spülen des Hautmaterials, und nach Beendigung der Vorgerbung wurde die Hauptgerbung einschließlich Sulfitbehandlung und Vorschaltung eines sulfonierten Öles jeweils in gleicher Weise wie in Tabelle 3 beschrieben durchgeführt.
Vorgerbung mit Formaldehyd. Um ein zu rasches Anfallen des Formaldehyds in den Außenschichten der Haut zu verhindern, wurde zunächst ein Pickel mit 100% Wasser von 25° C, 6% Kochsalz und so viel Schwefelsäure gegeben, dass der pH-Wert der Lösung mit pH-Dosierung nicht unter 4,5 absank. Nach 1 Stunde wurde 1% Formalin 40°/oig 1 : 5 verdünnt innerhalb von 15 Minuten zugesetzt und nach einer weiteren Stunde wurde unter pH-Steuerung mit Soda (1 : 20) auf pH 6,5 abgestumpft. Nach 2 Stunden erfolgte die übliche Hauptgerbung im frischen Bad.
Vorgerbung mit Glutaraldehyd. Das Hautmaterial erhielt zunächst einen Pickel mit 100% Wasser von 30° C, 6% Kochsalz und so viel Schwefelsäure (1 : 20), dass der pH-Wert der Lösung mit pH-Dosierung automatisch auf 3 eingestellt wurde. Nach 1 Stunde wurden 5% Glutaraldehyd 25%ig zugesetzt, nach 1 weiteren Stunde mit Natriumbikarbonat unter automatischer pH-Dosierung auf pH 5 abgestumpft und noch 1 Stunde laufen gelassen. Anschließend erfolgte die Hauptgerbung im getrennten Bad.
Vorgerbung mit Drasil V (Böhme Fettchemie). Das Hautmaterial wurde mit 100% Wasser von 25° C, 4% Drasil V und 0,3% Smenol DV behandelt. Nach 2 Stunden wurde der pH-Wert unter pH-Steuerung mit Ameisensäure auf 4,5 gesenkt und nach weiteren 2 Stunden mit der Hauptgerbung im frischen Bad begonnen.
Vorgerbung mit Basyntan AC (BASF). einem speziell für die Vorgerbung entwickelten chromhaltigen Pulverprodukt. Die Vorgerbung wurde mit 50% Wasser von 25° C und 3% Basyntan AC-Pulver über eine Zeitspanne von 1 Stunde durchgeführt. Dann wurde die pH-Steuerung so eingestellt, dass der pH-Wert sich in der Flotte konstant auf 4,0 einstellte. Nach 40 Minuten wurde mit der Hauptgerbung im frischen Bad begonnen.
Vorgerbung mit Basyntan RM-Pulver (BASF), einem Gerbstoff auf Phenol-Formaldehyd-Basis für Schnellgerbverfahren. Die Vorgerbung erfolgte mit 100% Wasser von 25° C, 5% Basyntan RM-Pulver und 2% Kochsalz. Nach 2 Stunden wurde unter automatischer pH-Dosierung mit Ameisensäure (1 : 10) auf pH 4 eingestellt und nach weiteren IV2 Stunden im frischen Bad die Hauptgerbung begonnen.
Vorgerbung mit Basyntan VG-Pulver (BASF), einem Vorgerbstoff auf Basis eines Naphthalinsulfosäure-Kondensates. Die Vorgerbung erfolgte mit 50% Wasser von 25° C und 3% Basyntan VG-Pulver. Nach 1 Stunde wurde die pH-Dosierung auf pH 4,0 eingestellt, nach 2 weiteren Stunden mit der Hauptgerbung im frischen Bad begonnen.
Vorgerbung mit Tanigan RFN-Pulver (Bayer). Das Hautmaterial wurde nicht entkalkt, sondern lediglich ¼ Stunde mit 200% Wasser von 20° C gespült. Dann erfolgte nach Ablassen der Flotte ohne Wasserzugabe eine Behandlung mit 4% EP-Salz-Pulver, 0,1% Natriumbisulfit und 1,4% Ameisensäure 85%ig (1 : 2). Der pH-Wert lag nach 2 Stunden in der im Fass entstandenen Flotte bei 3,2-3,5. Anschließend erfolgte eine Zugabe von 8% Tanigan RFN-Pulver. Die Flotte wurde auf 30° C aufgeheizt und das Hautmaterial darin 2 Stunden laufen gelassen. Dann wurde mit 200% Wasser von 30° C gespült und anschließend die Hauptgerbung durchgeführt, allerdings nur mit 15% Reingerbstoff.
Vorgerbung mit Tanigan CUF-Pulver (Bayer). Die Durchführung dieses Versuches erfolgte wie die mit Tanigan RFN-Pulver, nur dass an Stelle von 8% Tanigan RFN-Pulver 4% Tanigan CUF-Pulver zugegeben wurden. Die Hauptgerbung wurde mit 18% Reingerbstoff vorgenommen.
Bei der Durchführung der Gerbungen haben sich in keinem Falle Schwierigkeiten ergeben. Die Geschwindigkeit des Eindringens der pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffe war bei den Vorgerbungen mit Formaldehyd und Glutaraldehyd und insbesondere mit Drasil V deutlich rascher als bei den übrigen Vorgerbungen, doch war in allen Fällen nach der in Tabelle 3 vorgesehenen Gesamtgerbdauer eine satte Ausgerbung erreicht. Die fertigen Leder zeigten in der äußeren Beschaffenheit gewisse Unterschiede. Die nach der Standardrezeptur mit Polyphosphat vorgerbung hergestellten Leder ergaben eine helle, gleichmäßige Färbung, waren geschmeidig, aber besaßen doch einen guten Stand. Die Leder hatten keinen Narbenzug, die Mastriefen waren nicht fühlbar und die Flämenbeschaffenheit war einwandfrei. Bei der Vorgerbung mit Formaldehyd und insbesondere mit Glutaraldehyd wurden bei ebenfalls heller und gleichmäßiger Farbe wesentlich weichere Leder erhalten, die auch in Griff und Narbenbeschaffenheit einwandfrei waren, vielleicht aber eine gewisse Tendenz zur Losnarbig-keit in den Flamen zeigten. Dabei war die Farbe der mit Glutaraldehyd vorgegerbten Leder etwas gelber als die der mit Formaldehyd gegerbten. Bei der Vorgerbung mit Drasil V waren die Leder etwas ständiger als bei den Aldehyden und entsprachen nach dieser Richtung den mit Phosphat vorgegerbten Ledern. Die Leder waren gleichmäßig hell, fast weiß gefärbt, sie besaßen keinerlei Walknarben oder Mastriefen und zeigten günstige Flamen. Bei der Vorgerbung mit Basyntan AC machte sich deutlich der Chromcharakter bemerkbar, die Farbe der Leder war hell, mit geringem Grünstich, die Leder waren geschmeidig, weicher als mit Polyphosphat, im Narbenwurf gut, hatten keinen Narbenzug und kaum fühlbare Mastriefen, waren allerdings in den Flamen etwas loser. Die mit den verschiedenen synthetischen Gerbstoffen Basyntan RM, Basyntan VG, Tanigan RFN und Tanigan CUF vorgegerbten Leder waren insgesamt ständiger als die Leder, die bei der Normal-Rezeptur mit Polyphosphat erhalten wurden. Sie zeigten guten Narbenwurf, keinen oder nur geringfügigen Walknarben und kaum fühlbare Mastriefen. Mit allen Vorgerbungen können einwandfreie Vachetteleder hergestellt werden. Je nach der Art des Vorgerbmittels und der Zusammensetzung der zur Ausgerbung verwendeten pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffen kann also der Grad des Standes bzw. der Griffigkeit und Weichheit entsprechend variiert werden.
6. Kombinationsgerbungen
Es konnte nicht die Aufgabe dieser Arbeit sein, neben den beiden Standardgerbungen einer reinen Chromgerbung und einer reinen pflanzlich-synthetischen Gerbung für Vachetten auch das breite Gebiet der kombinierten chrom-pflanzlichen Gerbungen zu bearbeiten. Die bei unseren Versuchen gesammelten Erfahrungen können aber sinngemäß auch auf solche Kombinationen übertragen werden. Wir haben allerdings in Anlehnung an die im vorigen Abschnitt behandelten Gerbungen mit pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffen 2 Tastversuche solcher Kombinationsgerbungen durchgeführt, über die abschließend noch kurz berichtet werden soll.
Im 1. Versuch wurde eine schwache Chromvorgerbung mit intensiver pflanzlich-synthetischer Hauptgerbung vorgenommen. Danach wurde im Prinzip nach den Angaben der Tabelle 3 gearbeitet, aber statt der Behandlung mit polymeren Phosphaten eine Vorgerbung mit 0,5% Chromoxyd gewählt. Nach dem Entkalken, Beizen und Spülen erhielten die Leder einen normalen Pickel und dann eine Chromgerbung mit 2% Chromosal B nach dem Ungelöstverfahre, wobei nach B/a Stunde durch Dosierung auf pH 4 die Abstumpfung eingeleitet und gleichzeitig die Heizung auf 30° C gestellt wurde. Nach einer weiteren Stunde war das Chrombad praktisch ausgezehrt, und jetzt wurde im neuen Bad die Hauptgerbung mit 20% Reingerbstoff pflanzlicher und synthetischer Gerbstoffe nach den Angaben der Tabelle 3 vorgenommen. Das Eindringen erfolgte langsamer als bei Vorgerbung mit Polyphosphat. Die so erhaltenen Leder waren im Vergleich zu der Vorgerbung mit den polymeren Phosphaten etwas fester im Griff, in der Farbe etwas dunkler und vor allem farblich unruhiger und im Narbenwurf etwas schlechter. Ohne Zweifel ist das darauf zurückzuführen, dass durch die kationische Vorgerbung die pflanzlichen Gerbstoffe unter den gewählten Arbeitsbedingungen zu stark in den Außenschichten anfielen. Wenn man schon eine mäßige Chromgerbung wählt, dann muss vorher eine Maskierung der Chromsalze vorgenommen werden, um den kationischen Einfluss zu vermindern, oder es muss mit chromhaltigen synthetischen Gerbstoffen der Typen Tanigan CUF oder Basyntan AC gearbeitet werden, deren Einsatz im vorigen Abschnitt behandelt wurde. Im übrigen glauben wir aber, dass für solche Leder, die einen guten Stand besitzen sollen, alle im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Vorgerbungen bei sachgemäßer Auswahl einer normalen Chromvorgerbung mit geringer Chrommenge vorzuziehen sind.
Im 2. Versuch haben wir den Einfluss der Chromgerbung wesentlich gesteigert, also eine normale Chromgerbung nach Tabelle 2 durchgeführt, dabei aber die eingesetzte Chrommenge auf 1,5% Cr2O3 = 6% Chromosal B vermindert. Diese Chromgerbung verlief in normaler Weise, die Restbrühe enthielt 5-6 g Cr2O3/l. Die Leder kamen dann über Nacht auf den Bock, wurden am nächsten Tag gepült, mit 0,7% Calciumformiat, 1% Natriumbicarbonat und 2% Tanigan P 2 eine Stunde neutralisiert, nochmals gespült und erhielten dann noch eine Vorbehandlung mit 50°/o Wasser und 2% eines sulfonierten Öles. Nach 30 Minuten erfolgte die Nachgerbung mit pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffen gemäß den Angaben für die Hauptgerbung in Tabelle 3, nur wurde die Menge auf die Hälfte, also 8% Reingerbstoff Mimosaextrakt und 2% Reingerbstoff eines synthetischen weichgerbenden Extraktes herabgesetzt. Erwartungsgemäß lagen die so erhaltenen Leder in der Weichheit zwischen den beiden Extremen der Leder der Tabellen 2 und 3, waren weicher als die rein pflanzlich-synthetisch gegerbten Leder, hatten allerdings nicht die Weichheit der rein chromgegerbten Vachetten. Vor allem aber war die Farbe wesentlich schmutziger und unruhiger und auch die Beschaffenheit der Flamen war nicht voll befriedigend.
Das Problem der Vachettenleder besteht bei den kombinierten Gerbungen oft darin, dass z. B. bei standigeren Mappenvachetten mit nur 1% Chromoxyd = 4% Chromosal B gearbeitet wird, damit der Pressnarben sich gut hält, während weichere Täschnervachetten in glatter Zurichtung eine Gerbung mit 2% Chromoxyd erhalten, um eine bessere Weichheit zu erzielen. Schwierigkeiten entstehen dann dadurch, dass die letzteren Leder bei der Endsortierung nicht restlos für glatte Leder geeignet sind, also teils auch mit Pressnarben versehen werden müssen, die Erzielung eines guten Pressnarbens aber bei dem höheren Chromoxydgehalt meist unbefriedigend ist. Diese Frage stellt ein echtes Problem dar, das man unseres Erachtens nur lösen kann, wenn man kombiniert gegerbte Vachetten grundsätzlich mit geringem Chromoxydgehalt bearbeitet und die erforderliche Weichheit bei den glatten und weichen Täschnervachetten erst bei der Nachgerbung erreicht. Über die Variationen, die bei der Nachgerbung zu erzielen sind, werden wir in einer späteren Veröffentlichung noch ausführlich berichten.
Damit sind unsere Untersuchungen zur Rationalisierung der Nassarbeiten bei der Herstellung von Kalboberleder und Vachetten abgeschlossen; über entsprechende Untersuchungen bei Kleintierfellen werden wir zu einem späteren Zeitpunkt berichten. Selbstverständlich sollen unsere Feststellungen keine bestimmten Verfahren empfehlen, sondern lediglich zeigen, welche Probleme und Schwierigkeiten bei der Rationalisierung der Gerbungen für die angeführten Lederarten und Übertragung auf die Notwendigkeiten einer halb- oder vollautomatischen Steuerung auftreten können, und einige Wege aufzeigen, um diese Probleme zu lösen.
Es ist uns ein besonderes Bedürfnis, dem „Wirtschaftsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen herzlich für die finanzielle Unterstützung dieser Entwicklungsarbeit zu danken. Weiter danken wir Frau K. Schmidt für die bakteriologischen Untersuchungen und Fräulein Gretel Wagner für die sorgfältige Durchführung der analytischen Kontrollen.
Literaturverzeichnis
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