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40 Über die Beziehungen zwischen Gerbablauf und Lederqualität bei der beschleunigten pflanzlichen Gerbung und der Art und Dauer des Äscheraufschlusses aus dem Jahre 1963
Von H. Herfeld und St. Moll
About the Relations between the Tanning Process and the Quality of the Leather at the Accelerated Vegetable Tannage and the Sort and Duration of the Liming Process
At open tannage Systems, the duration of the tannage may be rcduced to 1 - 2 weeks, without a decrcase of the quality being caused. The present publication once again deals with the factors that have to be kept in mind with this and it confirms anew, that mere drum tannages have to be considered less satisfactory than tanning processes with colour suspender / hot pit tannage and colour suspender / drum tannage. The Urning process must not be too weak, as this would have an unfavourable influence upon the diffusion and the leather colour, where as on the other hand too long Urnings have an unfavourable influence upon the behaviour with regard to water and upon the strength of wearing. There are also featured some indications as to the automatization in rapid tannages.
Die Untersuchungen der Westdeutschen Gerberschule zur Gerbung mit pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffen beschäftigen sich seit langem mit der Frage, inwieweit und unter welchen Bedingungen die Gerbdauer bei der Herstellung von Schwerleder, vornehmlich Unterleder, verkürzt werden kann, ohne Qualitätsminderungen in Kauf nehmen zu müssen. Dabei wurde grundsätzlich an einer Abarbeitung der Gerbbrühen im Gegenstromprinzip festgehalten, also Gerbsystemen, die Komarek, Luck und Mauthe als „offene Gerbsysteme„ bezeichnen. Ob diese Verfahren oder geschlossene Gerbsysteme, bei denen das zugeführte Gerbmittel quantitativ von der Haut aufgenommen wird, vorteilhafter sind, soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden, diesbezügliche Vergleichsuntersuchungen werden zur Zeit durchgeführt. Wir möchten hier lediglich betonen, dass auch bei offenen Gerbsystemen die Gerbdauer ohne Minderung der Lederqualität auf 1-2 Wochen verkürzt werden kann, und dass für solche Schnellgerbsysteme die Nachteile, die die obigen Autoren für offene Gerbsysteme anführen (lange Verweilzeit der Gerbmittel in der Flotte und damit hohe Gerbstoffverluste durch Oxydation und Hydrolyse, schwerfällige Handhabung des Verfahrens, schlechte Anpassung an konjunkturbedingte Schwankungen der Produktion, wenig klare Durchschaubarkeit und Beherrschbarkeit des Systems, nicht mehr zutreffen, dass vielmehr auch offene Gerbsysteme bei so kurzer Gerbdauer allen Gegebenheiten der Produktionslage durch Einschränkung oder Ausweitung rasch angepasst werden können, damit kostspielige Lagerhaltungen überflüssig werden, und dass sie außerdem in ihrer Durchführung sehr exakt einstellbar und kontrollierbar sind. Um allerdings mit offenen Gerbsystemen Leder von einwandfreier Qualität zu erhalten, müssen eine Reihe von variablen Bedingungen richtig eingestellt werden. Schnellgerbungen haben ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten und der eine von uns hat gemeinsam mit Schmidt und Härtewig alle diesbezüglich in Frage kommenden Faktoren systematisch untersucht. Nachdem diese Untersuchungen mit der vorliegenden Veröffentlichung abgeschlossen werden, sei hier gestattet, die bisherigen Ergebnisse nochmals kurz Zusammenzufassen.
I. Faktoren, die bei Schnellgerbungen in offenen Systemen zu berücksichtigen sind
Eine Gerbbeschleunigung ist grundsätzlich nur vertretbar, wenn dadurch die Qualität des Fertigproduktes nicht verschlechtert, möglichst noch verbessert wird. Dabei sind die folgenden Gesetzmäßigkeiten, die den Gerbablauf wie die Ledereigenschaften beeinflussen, zu beachten.
1.) Die Ablagerung des Gerbstoffes in die Haut hat so zu erfolgen, dass in den ersten Gerbstadien zunächst eine Durchdringung jeder einzelnen Faser und Fibrille mit Gerbstoff und eine echte Gerbung im Sinne einer Gittervernetzung und erst dann eine Umhüllung der Fibrillen und Fasern erfolgt. Das Prinzip der richtigen Gerbstoffbindung umfaßt also die Forderung nach einer möglichst gleichmäßigen Gerbstofflagerung bis in das Gefüge der Kollagenfibrille. Eine zu frühzeitige Umhüllung der Fasern, bevor der Feinbau wirklich von Gerbstoff durchdrungen ist, bedeutet eine Totgerbung der Fibrille, so dass hydrophile und gerbaktive Gruppen im Innern des Feinbaus der Haut ungenutzt bleiben. Alle Faktoren, die eine Gerbstoffablagerung an falscher Stelle fördern, verschlechtern den Griff und erhöhen die Wasserzügigkeit des Leders.
2.) Die Abarbeitung der Gerbbrühen erfolgt bei offenen Systemen im Gegenstromprinzip unter klarer Brühenführung und Abarbeitung des Gerbstoffs. Wird diese Abarbeitung richtig durchgeführt, so ist damit auch das wirtschaftlich wie technologisch gleich wichtige Problem der Restbrühen geklärt.Dabei kommen nur reine Brühengerbungen in Betracht, eine Mitverwendung von Versenken und Versetzen scheidet bei Schnellgerbungen aus, da sie sich der Mechanisierung widersetzen, zu arbeitsaufwendig sind und bei höheren Gerbstoffkonzentrationen auch ihren Sinn als Gerbstoffreservoir verloren haben. Demgemäß kommen 3 Typen von Gerbungen in Betracht: eine reine Fassgerbung mit einer Gerbdauer von 6 Tagen; eine Gerbung Farbengang/Fassausgerbung und eine Gerbung Farbengang/Hotpitausgerbung, die beiden letzteren mit einer Gerbdauer von
14-16 Tagen. Der reinen Fassgerbung haften nach unseren Untersuchungen gegenüber den beiden anderen Verfahren erhebliche Nachteile an, da die Leder dunkler werden, die Gefahr eines gezogenen Narbens nie ganz zu vermeiden ist, und außerdem geringeres Raumgewicht, geringere Festigkeitseigenschaften, höhere Dehnbarkeit, ungünstigeres Wasserverhalten und schlechterer Abnutzungswiderstand festzustellen sind. Durch Erhöhung der Flottenmenge können die Nachteile teilweise vermindert, indessen nicht ganz behoben werden. Die langandauernde Walkwirkung insbesondere in den Anfangsstadien führt zu einer Auflockerung und gewissen Schädigung des Fasergefüges, die sich zwangsläufig in einer Verschlechterung der angegebenen Eigenschaften auswirken muss. Die so erhaltenen Leder brauchen nicht schlecht zu sein, sie sind aber qualitätsmäßig schlechter als die der beiden anderen Verfahren, so dass wir diesen den Vorzug einräumen.
3.) Eine Steigerung der Konzentration allein genügt nicht, um eine Schnellgerbung herbeizuführen, da dadurch zwar die Diffusion beschleunigt, aber auch die Bindung und damit die Gefahr einer Qualitätsminderung durch falsche Gerbstoffablagerung gesteigert wird. Selbstverständlich muss bei jeder Schnellgerbung mit höheren Brühenkonzentrationen gearbeitet werden, zugleich sind aber alle anderen variablen Faktoren so einzustellen, dass sie eine zu frühe Bindung des Gerbstoffes verhindern und Diffusion und Bindung zeitlich weitestmöglich trennen.
4.) Die Aziditätseinstellung kann damit nicht mehr wie bei langsamen Gerbungen der Einstellung und Aufrechterhaltung eines bestimmten Schwellungszustandes dienen, diese Aufgabe ist vielmehr einer Vorgerbung zuzuweisen. Sie dient nur noch der richtigen Lenkung von Diffusion und Bindung, wobei am Anfang bei relativ hohen pH-Werten etwa um pH 5, keinesfalls unter pH 4,5 begonnen wird, um die Diffusion zu fördern, während gegen Ende der Gerbung tiefere pH-Werte eingestellt werden, um eine genügend satte Bindung zu erreichen. Wie tief der pH-Wert gegen Ende der Gerbung zu senken ist, hängt einmal von der Art der verwendeten Gerbmaterialien (s. u.) und zum andern von der Art der herzustellenden Leder ab. Je fester das Leder sein soll, um so tiefer ist der End-pH-Wert zu wählen, je flexibler es gewünscht wird, um so höher sollte der End-pH-Wert sein.
Daneben ist auch die Art der verwendeten Säuren wichtig. Starke Säuren sind zwar bei der Gerbung nicht schädlich, infolge ihrer hohen Dissoziation ist aber nur eine geringe Säurereserve vorhanden, und daher ist die pH-Konstanz der Brühen schlecht. Organische Säuren bringen bei Einstellung gleichen pH-Wertes größere Mengen undissoziierter Säureanteile in das Gerbsystem, wodurch die Konstanz der pH-Einstellung verbessert wird. Andererseits darf aber der undissoziierte Säureanteil nicht zu groß sein, da er sonst infolge seiner hydrotropen Wirkung insbesondere bei höherer Temperatur zu einer Schädigung des Fasergefüges und damit zu einer Kurzfaserigkeit und Verminderung der Festigkeitseigenschaften führt. Das gilt insbesondere für die Essigsäure, so dass der Ameisensäure für die pH-Einstellung unbedingt der Vorzug zu geben ist.
Für die pH-Erhöhung am Anfang der Gerbung empfehlen wir die Verwendung von Natriumsulfit anstelle anderer alkalischer Stoffe, da dadurch gleichzeitig eine gewisse Farbaufhellung der Brühe und ein Schutz gegen oxydative Veränderungen bewirkt wird.
5.) Zusätze von Salzen zu Lösungen pflanzlicher Gerbmaterialien erhöhen deren pH-Wert (je nach der Art des Salzes in unterschiedlicher Intensität) und damit auch die erforderlichen Säuremengen zur Einstellung eines bestimmten pH-Wertes. Man kann also mit jedem Säure-Salz-System den gleichen pH-Wert mit geringer Salz- und Säuremenge und mit hoher Salz- und Säuremenge einstellen. Im letzteren Falle üben auch die Anionen einen Einfluss auf den Ablauf der Gerbung und die Eigenschaften des Leders aus. Dieser Salzeinfluss ist relativ gering, wenn die Salze erst in den Endstadien der Gerbung zur Auswirkung kommen, da dann der Ledercharakter bereits festgelegt ist und nur noch eine satte Ausgerbung zu erfolgen hat. Er ist dagegen beträchtlich, wenn höhere Salzmengen bereits bei der Angerbung vorhanden sind. Durch die Salze wird die Quellung der Haut vermindert bzw. unterdrückt und dadurch die Flexibilität und Dehnbarkeit erhöht und die Diffusion des Gerbstoffes in die Haut gefördert. Andererseits bewirken die Salze aber eine starke Minderung der Gerbstoffbindung, die auch bei Verlängerung der Gerbzeit nicht mehr abzugleichen ist, da es sich hier um eine irreversibel falsche Ablagerung des Gerbstoffs im Sinne der obigen Ausführungen handelt, die sich damit zwangsläufig auch in einer Verschlechterung des Wasserverhaltens des Leders auswirkt. Salze mit hydrotropem Anion bewirken zudem bei höherer Temperatur auch eine irreversible Schädigung des Fasergefüges. Daher sind im Interesse richtiger Gerbstoffeinlagerung und Verbesserung der Lederqualität größere Salzmengen in den Gerbbrühen unbedingt zu vermeiden. Um-
gestellte pflanzliche Gerbstoffe, synthetische Gerbstoffe und Ligninextrakte sollten daher möglichst wenig Salze enthalten, wobei selbstverständlich in den Begriff der Salze auch Ammoniumverbindungen, die bei der Aschebestimmung nicht erfaßt werden, einzuschließen sind.
6.) Durch Steigerung der Temperatur wird eine bessere Löslichkeit und Teilchenverkleinerung bewirkt und damit der gesamte Gerbprozess beschleunigt, die Gefahr einer Schlammbildung vermindert, das Rendement erhöht, die richtige Gerbstoffablagerung gefördert, die Bindungsfestigkeit des Gerbstoffs gesteigert und eine bessere Ausnutzung der Gerbbrühen erreicht. Daher kommt der Frage richtiger Temperaturführung besondere Bedeutung zu. Die Brühentemperatur soll in den Anfangsstadien der Gerbung etwa 22-25° C, keinesfalls unter 20° liegen und im Laufe der Gerbung bis auf etwa 35 bis maximal 37° C ansteigen. Höhere Temperaturen sind zu vermeiden, da sonst auch der undissoziierte Anteil der Ameisensäure bereits unerwünschte hydrotrope Wirkungen im Sinne einer Faserschädigung bewirken kann.
7.) Bei Schnellgerbungen ist unbedingt erforderlich, die Haut vorher restlos zu entkalken und eine Vorgerbung durchzuführen. Die Vorgerbung hat die Aufgabe, den richtigen Schwellungsgrad des Fasergefüges der Haut so lange zu fixieren, bis diese Aufgabe durch die Hauptgerbung übernommen wird, und soll zum andern die Diffusion und Bindung des Gerbstoffs so beeinflussen, dass eine rasche Steigerung der Brühenkonzentration bei der Hauptgerbung möglich ist, ohne dass Übergerbungen des Narbens oder Narbenzug eintreten. Daher sind kationische Vorgerbungen bei anionischer Hauptgerbung unzweckmäßig, da dadurch eine vorzeitige Bindung bei der Hauptgerbung gefördert, die Diffusion verzögert und eine „richtige“ Gerbstoffablagerung behindert wird. Aus diesem Grunde scheiden unseres Erachtens kationische Chromvorgerbungen und Vorgerbungen mit Zirkonsalzen, die in vielen Ländern stark propagiert werden, im Hinblick auf die zu erreichende Lederqualität aus. Es kommen vielmehr nur anionische Vorgerbungen in Betracht, da sie eine vorzeitige Bindung bei der Hauptgerbung verzögern und damit eine schnelle und gleichmäßige Durchgerbung bis in den Feinbau der Fibrille ohne zu frühe Gerbstoffbindung fördern. Besonders bewährt haben sich bei unseren Untersuchungen Vorgerbungen mit geeigneten synthetischen Vorgerbmitteln (Tanigan CH und CM, Basyntan P), polymeren Phosphaten (Coriagen), Formaldehyd in Mengen von 0,5-1%, anionischen Harzgerbstoffen und auch mit Metallsalzen, wenn die Kationen in anionischen Organo-Metallkomplexen eingebaut sind, wie das bei Tanigan CU (Bayer) und bei Gerbstoff AL (BASF) oder der Maskierung der Chromsalze, z. B. mit Coriagen CR II der Fall ist.
8.)An pflanzlichen Gerbmaterialien kommen für Schnellgerbungen in erster Linie Mimosa-Quebracho-, Kastanien- und Eichenholzextrakt in Betracht. Mimosaextrakt besitzt ein für
Gerbbeschleunigungen günstiges Verhalten, da er sehr rasch durchgerbt und unter vergleichbaren Bedingungen die günstigste Auszehrung der Gerbbrühe und die höchste Durchgerbungszahl liefert. Die mit Mimosaextrakt erhaltenen Leder sind am flexibelsten, doch kann die Flexibilität im Stadium der Ausgerbung durch den End-pH-Wert beeinflusst werden, der bei flexibel gewünschten Ledern nicht unter 4 liegen, bei festeren Ledern bis
zu 3,2 gesenkt werden sollte. Bei Verwendung von Quebrachoextrakt liegen die Verhältnisse ähnlich, die Diffusion des Gerbstoffs in die Haut erfolgt bei saurerer Gerbung allerdings etwas langsamer, und entsprechend sind Brühenauszehrung und Durchgerbungszahl unter vergleichbaren Bedingungen etwas ungünstiger. Kastanien- und insbesondere Eichenholzextrakt gerben unter gleichen Versuchsbedingungen langsamer und benötigen längere Gerbzeiten, um die gleiche Gerbintensität zu erreichen. Daher sollten bei Schnellgerbungen unter vorwiegender Verwendung dieser Extrakte auch pH-Werte unter 4 vermieden werden,da sonst Schwierigkeiten bezüglich richtiger und satter Durchgerbung bestehen. Eine Senkung des pH-Wertes unter 4 ist auch nicht erforderlich, da Kastanien- und Eichenholzextrakt von sich aus wesentlich festere Leder als Mimosa- und Quebrachoextraktergeben. Durch Mitverwendung gesüßter Kastanienholzextrakte
kann die Gerbung gegenüber unbehandelten Extrakten beschleunigt werden, wobei allerdings die höheren Salzmengen dieser Extrakte im Hinblick auf das Wasserverhalten des Leders ihren mengenmäßigen Einsatz beschränken.
9.) Bei Schnellgerbungen ist die Mitverwendung synthetischer Gerbstoffe in Mengen bis zu 25% bei Vollgerbstoffen bzw. 5% bei Hilfs- und Kombinationsgerbstoffen zu empfehlen. Dadurch wird die Gefahr einer Schlammbildung vermindert, die Brühenauszehrung verbessert, die Diffusion des Gerbstoffes beschleunigt und bei richtiger Auswahl der verwendeten Syntane die Lederfarbe aufgehellt und die Flexibilität, Faser- und Narben
elastizität gesteigert, während bei sachgemäßer Beschaffenheit der Syntane (Fehlen hydrotroper Halbgerbstoffe) chemische Zusammensetzung und physikalische Eigenschaften der Leder nicht ungünstig beeinflusst werden.
Bei den bisherigen Untersuchungen wurde noch nicht geklärt, wie der Ablauf der Schnellgerbung und die Ledereigenschaften durch Variation der Äscherbedingungen beeinflusst werden, obwohl auch hier eine klare Abstimmung unerläßlich ist. Wir haben daher inzwischen auch nach dieser Richtung systematische Untersuchungen durchgeführt, wobei wir gleichzeitig alle oben erwähnten 3 Gerbtypen heranziehen mussten, weil sich der Einfluss der Wasserwerkstattarbeiten bei den verschiedenen Gerbtypen unterschiedlich auswirken kann und weil die bisher festgestellten Unterschiede zwischen den 3 Gerbtypen bei verschiedenen Wasserwerkstattarbeiten verstärkt oder ausgeglichen werden können. Über die Ergebnisse dieser Untersuchungen soll nachstehend berichtet werden.
II. Durchführung der Versuche
Als Hautmaterial wurden wieder Kernstücke von Rindhäuten der Gewichtsklasse 25/29,5 kg verwendet und wöchentlich 6 Kernstücke eingearbeitet und normal geweicht. Dann wurden die folgenden Äscher durchgeführt, wobei sich die Gewichtsangaben auf das Weichgewicht beziehen:
Versuch 1: Hautmaterial nur von Haarseite schwöden, kein Nachäscher.
Versuch 2: Hautmaterial von Haarseite schwöden, enthaaren und einen Tagen in reinem Weißkalkäscher mit 500% Wasser von 18° und 2,5% Kalkhydrat nachäschern.
Versuch 3: wie Versuch 2, aber Weißkalkäscher auf vier Tage verlängern, täglich zweimal aufschlagen.
Versuch 4: haarerhaltender, angeschärfter Grubenäscher mit 500% Wasser, 2,5% Kalkhydrat, 0,6% Schwefelnatrium konz., Temperatur 22 - 24° C, Dauer drei Tage, täglich zweimal aufschlagen.
Versuch 5: wie Versudi 4, aber anschließend noch zwei Tage Weißkalknachäscher in der Grube mit 500% Wasser von 18° C und 2,5% Kalkhydrat, täglich zweimal aufschlagen, Gesamtäscherdauer also fünf Tage.
Versuch 6: wie Versuch 5, aber Weißkalknachäscher auf vier Tage verlängern, Gesamtäscherdauer also sieben Tage.
Versuch 7: Reiner Fassäscher mit 300% Wasser, 2,0% Schwefelnatrium konz, und 2,0% Kalkhydrat, Zugabe der Äscherchemikalien in zwei Anteilen in Abständen von Va Stunde, Äscherdauer ein Tag.
Versuch 8: Faßäscher wie Versuch 7, anschließend noch zwei Tage Weißkalknachäscher in der Grube mit 500% Wasser und 2,5% Kalkhydrat, täglich zweimal aufschlagen, Gesamtäscherdauer also drei Tage.
Versuch 9: wie Versuch 8, aber Weißkalkäscher auf fünf Tage verlängern, Gesamtäscherdauer also sechs Tage.
Versuch 10: Weiche 24 Stunden unter Zusatz von 0,3% Natriumtetrasulfid, Äscher mit 300% Wasser, 3% Natriumsulfhydrat 30%ig und 0,3% Pekorol MFK, nach 30 Minuten Zugabe von 1% Schwefelnatrium konz. und 4% Kalkhydrat, Gesamtäscherdauer 24 Stunden.
Versuch 11: Enzymäscher. Die Häute nach dem Weichen 24 Stunden auf dem Bock abtropfen lassen und mit 2,5% Arazym 3338 (Rühm & Haas) auf Weichgewidit im Faß mit 5 - 6 Umdrehungen pro Minute 10 Minuten walken, wobei das Arazym ungelöst ohne Wasserzugabe zugesetzt wird. Dann flach auf dem Boden Fleischseite auf Haarseite stapeln und 24 Stunden liegen lassen. Anschließend enthaaren, zwei Stunden in Wasser einhängen und 24 Stunden in einen Äscher mit 500% Wasser, 6% Kalkhydrat und 1% Schwefelnatrium konz. Die Haare ließen sich einwandfrei entfernen, der Grund war gut gelockert, die Blößen waren besonders hell, aber verhältnismäßig flach. Daher wurde die Nachäscherdauer in den weiteren Versuchen auf zwei Tage erhöht, und zwar kamen die Häute einen Tag in einen gebrauchten und einen weiteren Tag in einen frischen Äscher der angegebenen Zusammensetzung, wodurch eine etwas stärkere Schwellung erreicht wurde.
Mit jedem Äscher wurden mehrere Partien gearbeitet, jeweils die Leder der beiden letzten Partien wurden für die Beurteilung der äußeren Beschaffenheit der Leder und die Lederuntersuchungen verwendet. Im Anschluss an die Äscherung wurden die Kernstücke enthaart, entfleischt, gestrichen und das Blößengewicht als Grundlage für die Mengeneinsätze der Vor- und Hauptgerbung bestimmt. Dann wurde 30 Minuten in Wasser mit steigender Temperatur von 20 - 28° C gespült, bei 28° mit 300% Wasser und 0,3% Salzsäure (1 : 10) 10 Minuten vorentkälkt, mit 1,6% Ammoniumsulfat während vier Stunden völlig durchentkälkt und anschließend 30 Minuten bei 20-22° C gespült. Die so vorbehandelten Blößen (pH 6,8 - 7,0) wurden einheitlich mit Coriagen V (Benckiser) vorgegerbt (wobei selbstverständlich auch jedes andere im Abschnitt 1,7 angeführte Vorgerbmittel hätte verwendet werden können), und zwar mit 120% Wasser von 22° C und 2,0% Coriagen V, das bei 55 bis 60° C 1 : 10 gelöst wurde. Zum Ansäuern wurde 1,15% Schwefelsäure konz. (1 : 10) verwendet und davon ein Drittel sofort, ein Drittel nach % Stunde und der Rest nach 1 Stunde zugesetzt. Gesamtlaufdauer vier Stunden, End-pH-Wert der Flotte 3,5 -3,6. Die Blößen blieben über Nacht in der Flotte, wurden am nächsten Morgen noch 30 Minuten bewegt und dann ohne Spülen nach Teilung der Kernstücke so auf die drei Hauptgerbungen aufgeteilt, dass ein exakter Vergleich der Ergebnisse möglich ist.
Für jede der drei Hauptgerbungen wurden wöchentlich 30 kg Blößengewicht eingearbeitet. Das Gerbstoffangebot betrug bei allen Gerbungen einheitlich 33% Reingerbstoff auf Blößengewicht mit folgender Gerbstoffmischung:
40% Reingerbstoff Mimosaextrakt
20% Reingerbstoff Quebrachoextrakt
20% Reingerbstoff Kastanienholzextrakt
20% Reingerbstoff Basyntan extra J.
Während der Durchführung der Gerbungen wurden Konzentration, pH-Wert und Temperatur sorgfältig überwacht und notfalls korrigiert, und ebenso wurden alle Brühen nach jedem Durchgang analysiert. Nach Beendigung der Gerbung wurden alle Leder einheitlich in der Arbeitsweise unserer Lehrgerberei zugerichtet.
Den drei Hauptgerbungen lagen folgende Technologien zugrunde.
a) Reine Fassgerbung
Die Durchführung erfolgte in vier Stufen bei einer Gerbdauer von sechs Tagen, die Flottenmenge betrug 225% auf Blößengewicht = 67,5 Liter. Bezüglich der pH-, Temperatur- und Zeiteinstellung und der mittleren Zusammensetzung der Gerbbrühen am Anfang und Ende jeder Stufe gelten die nachfolgenden Angaben:
Tabelle 1
Das Hautmaterial blieb während der ganzen Hauptgerbung im gleichen Fass, die Brühe wurde von Partie zu Partie unter Zwischenschaltung von Vorratsgefäßen für jede Stufe weitergepumpt. Die Arbeitsweise ist aus Bild 1 ersichtlich. Der Frischgerbstoff wurde mit Ameisensäure aus pH 3,7 eingestellt und aus dem Vorratsgefäß IV ausschließlich der 4. (besten) Stufe zugeführt. Nach Durchlaufen einer Partie kam die Brühe in das Vorratsgefäß III und wurde bei der nächsten Partie als 3. Stufe, bei der folgenden Partie über das Vorratsgefäß II als 2. Stufe, bei der nachfolgenden Partie über das Vorratsgefäß I als 1. Stufe verwendet und dann kanalisiert. Wie bereits früher mitgeteilt, ergab diese Arbeitsweise eine gute Einhaltung des Gegenstromprinzips und einwandfreie Auszehrung der Restbrühen. Temperaturen und pH-Werte wurden in jeder Stufe regelmäßig kontrolliert, die Brühen, falls nötig, wieder angewärmt, und die pH-Werte bei auftretenden Änderungen, soweit sie mehr als 0,1 bis höchstens 0,2 Einheiten ausmachten, durch Zugabe von Ameisensäure bzw. Natriumsulfit wieder auf den geforderten Wert eingestellt.
b) Farbengang / Hotpitausgerbung
Die Gerbung erfolgte im Farbengang von vier Farben mit je drei Tagen Dauer und Hotpitausgerbung von drei Tagen Dauer, also einer Gesamtgerbdauer von 15 Tagen.
Bild 1
Die Flottenmenge betrug 600% auf Blößengewicht = 180 Liter, die sonstigen Angaben hinsichtlich pH-, Temperatur- und Zeiteinstellung und der mittleren Beschaffenheit der einzelnen Gerbbrühen am Anfang und Ende jeder Stufe gehen aus nachfolgender Aufstellung hervor:
Tabelle 2
Die Zugabe des Frischextraktes erfolgte bei jeder Partie ausschließlich zur Hotpit-Brühe, wobei die Brühenkonzentration so reguliert wurde, dass sie in der Hotpitgrube auf etwa 13° Be eingestellt blieb. Nach jeder Partie wurden 15% = 27 Liter der Hotpit-Brühe in die 4. (beste) Farbe weitergegeben. Im Farbengang wurde nach jeder Partie ein Viertel der schlechtesten Farbe45 Liter kanalisiert, von den anderen Brühen je ein Viertel an die nachfolgende schwächere Farbe weitergegeben und in der besten Farbe 27 Liter aus der Hotpitgrube und 17 Liter Wasser zugesetzt, um das gleiche Volumen zu erhalten. Damit stellte sich die beste Farbe auf etwa 6° Be ein, während die Blühenstärke der anderen Farben sich automatisch entsprechend den obigen Angaben einregulierte. Auch hier erfolgte eine regelmäßige Überwachung und notfalls Regulierung des pH-Wertes, während die Temperatur bei allen Gruben durch ständige Brühenumwälzung und elektrische Heizung mit Relaisschaltung konstant eingestellt war.
c) Farbengang / Faßausgerbung
Bei dieser Gerbung wurde ebenfalls mit Farbengang mit vier Farben mit je drei Tagen Dauer und anschließend einer Fassgerbung von drei Tagen Dauer, also einer Gesamtgerbdauer von 15 Tagen gearbeitet. Für die Einstellung von Temperatur, pH-Wert und Zeitdauer der einzelnen Stadien gelten die Angaben wie für die Gerbung in Farbengang und Hotpitgrube, die Daten für die Hotpitbrühe sind sinngemäß auf die Fassbrühe zu übertragen. Dagegen war das Flottenverhältnis insofern abweichend, als die Brühenmenge zwar im Farbengang 600D/o = 180 Liter betrug, im Faß dagegen wie bei der reinen Fassgerbung nur 225% = 67,5 Liter. Nach jeder Partie werden ebenfalls 27 Liter (hier aber etwa 40% entsprechend) entnommen, während die Abarbeitung des Farbengangs wieder in gleicher Weise erfolgte Dadurch ergaben sich für diese Gerbung etwas abweichende Analysendaten:
Tabelle 3
Die Abarbeitung der Brühen in der Fassausgerbung war etwas intensiver und daher waren die Farben etwas schwächer eingestellt als bei der Gerbung Farbengang/Hotpit, doch sind die Unterschiede relativ gering.
Sämtliche Leder wurden nach beendeter Herstellung hinsichtlich äußerer Beschaffenheit bewertet und eingehend untersucht. Die Ergebnisse sind in den Tabellen 1 - 5 zusammengestellt. Da die Unterschiede in Mineralstoffgehalt (0,9 - 1,2%), Fettgehalt (0,3 - 0,5%) und pH-Wert (3,6 - 3,9) nur gering waren, sind diese Einzelwerte nicht besonders angeführt. Ebenso fehlen die Werte für die Luftdurchlässigkeit (20 - 49) und Wasserdampfdurchlässigkeit (220 - 369), da die vorhandenen Schwankungen mehr durch Unterschiedlichkeiten der Hautstruktur als durch die Äscher- und Gerbverfahren beeinflusst sind.
Tabelle 4
Tabelle 5
III. Einfluß des Gerbverfahrens auf den Gerbablauf und die Lederqualität
Wie eingangs dieser Veröffentlichung dargelegt, war eine der Aufgaben unserer Untersudiungen, nochmals die drei angeführten Gerbarten kritisch in Vergleich zu setzen. Daher haben wir in den Tabellen 1 - 5 nicht nur die Werte für die einzelnen Äscherversuche, sondern auch die Mittelwerte angeführt, da sie als Durchschnitt einer Vielzahl von Partien einen Vergleich der Gerbarten auf möglichst breiter Basis gestatten.
Dabei haben sich unsere früheren Feststellungen bestätigt, dass die reine Fassgerbung nach einer Reihe von Richtungen hin den anderen Gerbungen unterlegen ist. Die Leder waren wieder eindeutig dunkler, was ohne Zweifel mit stärkerer oxydativer Veränderung der Gerbbrühe bei ständiger Walkwirkung und mit dem Hochwirbeln des sich bildenden Schlammes zusammenhängt. Sie waren eindeutig flexibler, was ebenfalls mit der dauernden Walkwirkung in Zusammenhang steht, und sie zeigten in allen Fällen einen Walknarben, wenn auch je nach der Art des Äschers unterschiedlich stark ausgeprägt.
Tabelle 6
In der chemischen Zusammensetzung waren die Unterschiede gegenüber den Ledern der beiden anderen Gerbungen verhältnismäßig gering, insbesondere kann man nicht von einer grundsätzlich geringeren Durchgerbungszahl sprechen. Wenn die Werte für den Gesamtauswaschverlust niedriger liegen, so hängt das mit der etwas geringeren Gerbstoffkonzentration in der 4. Stufe des Gerbfasses im Vergleich zur Konzentration in Hotpitgrube und Gerbfaß bei den kombinierten Gerbarten zusammen und bestätigt, dass die Höhe des Gesamtauswaschverlustes bei Ledern, die nach der Gerbung nicht stärker ausgewaschen werden, jeweils von der Brühenkonzentration im letzten Gerbstadium bestimmt wird. Das Raumgewicht ist als Folge der stärkeren Auflockerung des Faser-gefüges grundsätzlich niedriger und die Bruchdehnung höher als bei den Ledern der anderen Gerbarten. Andererseits liegen aber die Werte für die Zugfestigkeit und Stichausreißfestigkeit recht beträchtlich niedriger, ein Zeichen dafür, dass eine starke Auflockerung und Schädigung des Fasergefüges erfolgte, und in Übereinstimmung damit ist die Wasseraufnahme höher als bei den beiden anderen Gerbarten und der Abnutzungswiderstand etwas ungünstiger.
Tabelle 7
Wir möchten immer wieder betonen, dass die Werte für die physikalischen Eigenschaften dieser Leder nicht grundsätzlich schlecht sind, insbesondere wenn man die Einzelwerte bei schonenderen Äscherverfahren betrachtet. Wenn man die Leder ohne Vergleichsmaterial für sich bewerten würde, wären sie im Vergleich zu vielen handelsüblichen Unterledern in ihren Eigenschaften als durchaus normal zu bewerten. Sie sind aber schlechter als bei den beiden anderen Gerbungen, und daher glauben wir, bei Schnellgerbungen den Kombinationen von Farbengang mit Hotpitgrube oder Fass unbedingt den Vorzug geben zu sollen, zumal die Gefahr des Walknarbens einen grundsätzlichen Nachteil darstellt.
Zwischen diesen beiden anderen Gerbtypen sind die Unterschiede verhältnismäßig gering. Ohne Zweifel macht sich auch hier ein gewisser Einfluss der Walkwirkung bemerkbar, und die im Gerbsystem Farbengang / Hotpitausgerbung hergestellten Leder waren daher stets am festesten und zeigten die hellste Lederfarbe, doch waren die Unterschiede relativ gering. Entsprechend sind auch bei allen physikalischen Eigenschaften bei den einzelnen Zahlen zwar gewisse Schwankungen festzustellen, die aber im wesentlichen strukturbedingt sein dürften und nicht mit dem Gerbverfahren in Zusammenhang stehen, so dass die Mittelwerte kaum noch Unterschiede erkennen lassen.
Tabelle 8
Es ist also nicht die Walkwirkung schlechthin, sondern die Walkwirkung in den ersten Gerbstadien, die für die ungünstigeren Werte der Leder der reinen Fassgerbung verantwortlich ist. Aus diesem Grunde möchten wir diese beiden Verfahren auch etwa gleich bewerten. Die Analysendaten sind in beiden Fällen günstig, beide Gerbmethoden geben daher ohne Zweifel die Möglichkeit, bei einer verhältnismäßig kurzen Gerbdauer von 15 Tagen Unterleder von einwandfreier Beschaffenheit herzustellen.
IV. Einfluss des Äschers auf den Gerbablauf und die Lederqualität
Die zweite dieser Arbeit gestellte Frage sollte feststellen, wie sich verschiedene Äscherverfahren auf den Ablauf der Schnellgerbung und die Qualität des Leders auswirken. Eine Klärung dieser Frage erschien insbesondere wichtig, weil der eine von uns bei Studienreisen in verschiedene Länder teilweise bei der Unterlederherstellung wesentlich längere Äscherzeiten als in Deutschland antraf. Äscherdauern von sieben Tagen sind ohne Zweifel namentlich bei der Fünf-Tage-Arbeitswoche verlockend, da sie einen für alle Gerbpartien stets gleichen Arbeitsrhythmus einzuhalten gestatten. Andererseits bestanden aber erhebliche Bedenken hinsichtlich des Einflusses so langer Äscherzeiten auf die Lederqualität, zumal häufig höhere Wasseraufnahmen und schlechtere Abnutzungswerte festgestellt wurden.
Schon bei Durchführung der verschiedenen Versuche dieser Arbeit haben sich wesentliche Einflüsse der Art des Äschers auf den Ablauf der Gerbung ergeben. Je geringer die Äscherdauer und damit der Äscheraufschluss war, um so langsamer drang der Gerbstoff in das Fasergefüge ein und erschwerte damit die Einhaltung kurzer Gerbzeiten. Dieser Faktor macht sich zwar bei einem über Monate verlaufenden Gerbverfahren im allgemeinen nicht bemerkbar, bei Schnellgerbungen wirkt er sich aber aus. Das gilt insbesondere für Äscher 1, bei dem wir, um ein Extrem nach der kurzen Seite hin zu verwirklichen, lediglich eine Schwöde ohne Nachäscher anwandten. Unter diesen Bedingungen blieben die Leder zwar am dichtesten strukturiert, was sich an den Fertigledern unabhängig von der Gerbart in besonders hohem Raumgewicht und günstigen Werten für die Festigkeitseigenschaften und die Wasseraufnahme bemerkbar macht, aber es war schwer, innerhalb der festgelegten Zeiten eine genügend satte Durchgerbung zu erreichen und insbesondere bei der nur 6 Tage dauernden Fassgerbung war in diesem Fall stellenweise noch eine leichte ungegerbte Zone im Innern zu sehen.
Mit zunehmender Nachäscherdauer wurden diese Schwierigkeiten behoben, und bei den anderen Äschersystemen machte sich das Fehlen einer Nachäscherung nicht so stark bemerkbar, weil die Grundäscherung schon von Haus aus eine stärkere Auflockerung des Fasergefüges bewirkte. In allen Fällen wiesen die Leder aber mit zunehmender Äscherdauer eine hellere und gleichmäßigere Lederfarbe auf, waren flexibler, und bei der Fassgerbung wurde auch die Gefahr des Auftretens eines Walknarbens bzw. dessen Intensität mit zunehmender Äscherdauer verringert. Vom Standpunkt der Durchführung von Schnellgerbungen ist demgemäß ohne Zweifel eine längere Äscherdauer von Vorteil. Besonders möchten wir dabei aber auch den Äscher 10 erwähnen, bei dem bei der Weiche mit Tetrasulfid gearbeitet und entsprechend beim Äscher die Schwefelnatriummenge wesentlich herabgesetzt bzw, teilweise durch Sulfhydrat ersetzt wurde. Obwohl die Äscherdauer bei diesem Äscher verhältnismäßig gering war, wurde doch andererseits eine gute Durchäscherung erreicht, und die Leder waren im Vergleich zu den anderen Äscherverfahren relativ flexibel, jedenfalls flexibler als bei stärker schwellenden Äschern gleicher Zeitspanne, so dass wir insbesondere diesen Äscher für empfehlenswert halten, da er ohne allzulange Ausdehnung der Äscherdauer doch die Herstellung eines flexiblen Leders zu erreichen gestattet. Günstig war auch der Enzymäscher, der zwar mit etwas höherem Arbeitsaufwand verbunden ist, andererseits aber eine besonders helle und bei genügend langem Nachäscher auch ausreichend geschwellte Blöße und auch sehr helle Leder lieferte.
Entscheidend ist neben der zweckmäßigen Durchführung und der bei längerer Äscherdauer helleren Lederfarbe und flexibleren Beschaffenheit andererseits aber die Frage, wie sich längere Äscherungen auf die Eigenschaften des Leders auswirken. Während dieser Einfluss bei den chemischen Daten verhältnismäßig gering ist und sich, abgesehen vom Äscher 1 und 2 insbesondere nicht auf die Intensität der erreichten Gerbung (gemessen an der Durchgerbungszahl) auswirkt, zeigen die länger andauernden Äschermethoden (3, 6 und 9) doch eindeutig, dass mit zunehmendem Nachäscher in allen Fällen das Raumgewicht vermindert und die Dehnbarkeit erhöht, also eine stärkere Auflockerung des Fasergefüges mit flexiblerem Ledercharakter bewirkt wird, während andererseits die Festigkeitseigenschaften eindeutig vermindert werden. Ausgesprochen ungünstig wirken sich sehr lange Äscher auf das Wasserverhalten aus, und auch im Abnutzungswiderstand ist eine ungünstigere Auswirkung langer Äscherdauern festzustellen. Daher glauben wir, dass es vom Standpunkt der Lederqualität aus nicht erwünscht ist, die Äscherung bei Unterleder zu lange auszudehnen, sondern dass Äscherdauern von 3, maximal 4 Arbeitstagen nicht überschritten werden sollten, da längere Äscherzeiten ohne Zweifel von Nachteil sind.
Es muss in diesem Zusammenhang noch erwähnt werden, dass sich die Leder, die nach der Äscherung 10 hergestellt werden, durch günstige Werte für die Wasseraufnahme auszeichnen, und dass auch die Leder, die mit Enzymenthaarung und anschließendem zweitägigen Nachäscher erhalten wurden, günstige Festigkeitswerte und günstige Werte für Wasseraufnahme und Abnutzungswiderstand erkennen lassen.
Insgesamt ziehen wir auf Grund der durchgeführten Versuche und des vorliegenden Zahlenmaterials die Folgerung, dass bei Schnellgerbungen zu kurze Äscher unzweckmäßig sind, da die Erreichung einer genügend satten Gerbung erschwert wird und insbesondere Farbton und Gleichmäßigkeit der Färbung ungünstig beeinflusst werden. Andererseits halten wir Äscherdauern von über 3-4 Tagen für unzweckmäßig, da sie sich in einer Verschlechterung einer Reihe von Eigenschaften, insbesondere auch des Wasserverhaltens und des Abnutzungswiderstandes ungünstig auswirken. Für flexible Unterleder scheint uns die Äscherung nach 10 besonders günstig zu sein, und soweit die bisher durchgeführten Versuche ein Urteil zulassen, halten wir eine Enzymenthaarung mit entsprechender Nachäscherung ebenfalls für die Herstellung von Unterleder für durchaus aussichtsreich, wobei infolge des Fehlens von größeren Schwefelnatriummengen beim Nachäscher auch Vorteile für die Abwasserreinigung zu erwähnen sind.
V. Automatisierung bei Schnellgerbungen
Wir möchten unsere Mitteilungen über die Gerbbeschleunigung bei offenen Gerbsystemen nicht abschließen, ohne auch einige Ausführungen über die Möglichkeit automatischer Betriebskontrolle und Betriebsüberwachung bei solchen Verfahren gemacht zu haben. Wir hatten bereits darauf hingewiesen, dass für die sachgemäße Durchführung von Schnellgerbungen in offenem System wichtig ist, Temperatur und pH-Wert der Brühen in den einzelnen Gerbstadien möglichst konstant einzustellen und zu halten, und wir haben bei unseren Gerbversuchen auf die ständige Überprüfung und eventuelle Korrektur dieser beiden Faktoren besonderen Wert gelegt. Da die häufige Überprüfung bei größerer Produktion aber mit erheblichem Arbeitsaufwand verbunden ist, erhebt sich die Frage, inwieweit man die regelmäßige Prüfung und Korrektur von Temperatur und pH-Wert automatisieren kann. Wir sind zur Zeit mit der Entwicklung solcher Einrichtungen beschäftigt und werden darüber in anderem Zusammenhang zu gegebener Zeit ausführlich berichten. Hier sollen lediglich einige grundsätzliche Hinweise gegeben werden.
Bei reinen Fassgerbungen ist für die Kontrolle notwendig, die Fässer mit einer kontinuierlich arbeitenden Schöpfvorrichtung zu versehen, da die Messungen nur außerhalb des Fasses zuverlässig durchgeführt werden können. Über kontinuierlich arbeitende Schöpfvorrichtungen wurde wiederholt berichtet. Andererseits sind Geräte bekannt, um pH-Wert und Temperatur kontinuierlich aufzunehmen und kurvenmäßig zu registrieren, so dass, wenn die Messstellen im Schöpfgefäß angebracht sind, anhand der erhaltenen Kurvenbilder die Veränderungen der Temperatur und des pH-Wertes festgestellt und in gewissen Zeitabständen von Hand korrigiert werden können. Es ist aber durch entsprechende Einrichtungen, über die wir später berichten werden, darüber hinaus auch möglich, die Registrierung zugleich mit einer automatischen Dosierung zu kuppeln, so dass von einem zentralen Messwerk einerseits ein Heizaggregat automatisch angestellt und zum anderen der Zufluß von Lösungen von Natriumsulfit oder Ameisensäure automatisch vcranlaßt wird, sobald die gewünschten pH-Werte der Lösung sich nennenswert geändert haben. Damit ist eine klare Einhaltung der Arbeitsbedingungen ohne nennenswerten Arbeitsaufwand gewährleistet.
Das gleiche gilt auch für Gerbungen im ruhenden Zustand. Dazu ist erforderlich, dass die Brühen ständig umgewälzt werden, und jede Grube mit entsprechender Messvorrichtung versehen ist. Das ist aber außerordentlich arbeits- bzw. kostenaufwendig, wenn man die in Deutschland in solchen Fällen übliche Arbeitsmethode wählt, bei größerer Produktion eine Vielzahl von getrennten Farbengängen nebeneinander zu führen. In Bild 2 ist als Beispiel einer solchen Arbeitsweise eine 5stufige Gerbung mit 4 Farben und 1 Hotpitgrube angegeben, und die 4 Farbengänge A-D werden getrennt nebeneinander geführt. Dann bestehen zwar in der Längsrichtung jeden Farbenganges insofern Beziehungen zwischen den verschiedenen Brühen, als sie den Gerbgang im Gegenstromprinzip von der Grube Hp zur Grube 1 durchlaufen und von den Gruben 1 aus kanalisiert werden. Dagegen bestehen keinerlei Querverbindungen zwischen den gleichen Farben der verschiedenen Farbengänge, so dass es durchaus möglich ist, dass die verschiedenen Farbengänge im Laufe der Zeit eine unterschiedliche Beschaffenheit aufweisen. Außerdem müssten alle 20 Gruben bei regelmäßiger analytischer Überwachung täglich unter Umständen mehrfach hinsichtlich pH-Wert und Temperatur kontrolliert werden, was einen erheblichen Arbeitsaufwand bedeutet und bei der Vielzahl der Messstellen eine automatische Kontrolle, Registrierung oder etwa gar Nachdosierung praktisch unmöglich macht. Wir glauben daher, dass eine Brühenführung mit ständigem Brühenumlauf, wie sie z. B. in England vielfach üblich ist und auch in Italien unter der Bezeichnung des Dufour-Lepetit-Schnellgerbverfahrens von der Ledoga (Mailand) stark propagiert wird, wesentliche Vorteile besitzt (Bild 3).Bei diesem Gerb- System sind die jeweils gleichen Gruben, z. 15. A 1, B 1, C 1 und D 1, die sämtlich die schlechteste Farbe enthalten, zu einem Zirkulationssystem zusammengeschlossen, so dass die gleiche Brühe ständig durch alle 4 Gruben zirkuliert und damit eine einheitliche Beschaffenheit aufweist. An einer Seite ist eine Zirkuliergrube angebracht, in der sich das Pumpwerk (Circulator) befindet und in der auch die Temperatur- und pH-Kontrolle ebenso wie die Anwärmung mittels Dampf, Warmwasser oder Elektrizität und Relaisschaltung und die Chemikaliendosierung durchgeführt werden kann.
Bild 2
Dasselbe gilt für alle Gruben 2, alle Gruben 3, alle Gruben 4 und alle Gruben Hp, wobei im letzteren Falle in der Pumpgrube auch das Auflösen der frischen Extraktzugabe vorgenommen wird. Schließlich kann an dem Pumpwerk auch eine Einrichtung zur ständigen Filtration der Brühen vorgesehen werden. Damit ist gewährleistet, dass alle Lösungen des gleichen Gerbstadiums auch gleiche Zusammensetzung und Temperatur aufweisen, und zum andern ist die Kontrolle dadurch wesentlich erleichtert, so dass unabhängig von der Größe der Produktion und damit der Zahl der Gruben in jedem Stadium insgesamt nur 5 Kontrollen durchgeführt zu werden brauchen. Es genügen in diesem Falle 5 Apparate für die automatische Messung, Registrierung, Anwärmung und Chemikaliendosierung, um auch bei größtem Produktionsumfang mit Sicherheit eine einwandfreie Einstellung zu gewährleisten. Täglich wird ein Teil der Brühen im Gegenstromprinzip von einem Zirkulationssystem zum nächsten weitergegeben und vom Zirkulationssystem 1 aus kanalisiert. dass schließlich auch der Transport der Häute von Grube zu Grube, also z. B. von A 1 über A 2, A 3 und A 4 nach A Hp durch Krananlagen erfolgt, bedarf keiner besonderen Erwähnung.
Wie bereits eingangs dieses Abschnitts erwähnt, wird in absehbarer Zeit über Einrichtungen zur Durchführung solcher automatischen Kontrollen und Einstellungen von pH-Wert und Temperatur berichtet. Es erschien uns aber zweckmäßig, im Zusammenhang mit dieser Arbeit bereits diese Möglichkeiten für den speziellen Fall der Schnellgerbungen im offenen System zu erwähnen.
VI. Zusammenfassung
1.) Bei offenen Gerbsystemen kann die Gerbdauer ohne Minderung der Lederqualität auf 1-2 Wochen verkürzt werden. Damit werden diese Systeme klar durchschaubar und der für offene Gerbsysteme erhobene Vorwurf schwerfälliger Handhabung und schlechter Anpassung an konjunkturbedingte Schwankungen der Produktion ist nicht mehr aufrechtzuerhalten.
2.) Für die Durchführung von Schnellgerbungen in offenen Systemen sind eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen, die in systematischen Untersuchungen geklärt wurden und in dieser Veröffentlichung nochmals zusammengefasst sind.
3.) Es bestätigte sich erneut, dass reine Fassgerbungen ungünstiger zu bewerten sind als Gerbverfahren mit Farbengang/Hotpitausgerbung oder Farbengang/Fassausgerbung, da die Lederfarbe stets dunkler ist, ein Walknarben nicht vermieden werden kann und durch die dauernde Walkwirkung das Fasergefüge zu sehr aufgelockert wird, was sich in geringerem Raumgewicht, höherer Dehnung, geringeren Festigkeitswerten, höherer Wasseraufnahme und schlechterem Abnutzungswiderstand bemerkbar macht.
Bild 3
Auch die in reiner Fassgerbung hergestellten Leder sind nicht schlecht, aber relativ schlechter als die der beiden anderen Gerbverfahren, denen wir daher aus Gründen besserer Lederqualität, günstigerer Lederfarbe und fehlenden Walknarbens den Vorzug geben.
4.) Bei Schnellgerbverfahren darf der Äscheraufschluss nicht zu gering sein, da sonst die Diffusion des Gerbstoffes in die Haut beeinträchtigt und die Lederfarbe sowie die Gleichmäßigkeit der Färbung ungünstig beeinflusst wird. Außerdem wird die Gefahr des Auftretens eines Walknarbens bzw. dessen Intensität mit zunehmender Äscherdauer verringert. Andererseits sollte die Äscherdauer 3-4 Tage nicht übersteigen, da zu lange Äscherungen, wie sie in manchen europäischen Ländern üblich sind, zwar die Flexibilität steigern und eine weitere Abkürzung der Gerbdauer fördern, andererseits aber das Wasserverhalten und den Abnutzungswiderstand des Leders ungünstig beeinflussen.
5.) Es werden einige Hinweise gegeben, wie bei Schnellgerbungen eine automatische Feststellung, Registrierung und gegebenenfalls eine automatische Korrektur von pH-Wert und Temperatur während der Gerbung durchgeführt werden kann.
Wir danken dem Wirtschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg für die finanzielle Unterstützung dieser Arbeit. Weiter danken wir Fräulein Brigitte Tochtermann für die Durchführung der analytischen Untersuchungen.
Literaturverzeichnis
- 10. Mitteilung: H. Herfeld, Über den Einfluß synthetischer Gerbstoife bei der Beschleunigung der pflanzlichen Gerbung Gerbereiwissenschaft und -praxis Oktober 1962;
- E. Komarek und G. Mauthe, Das Leder 1961, 285; E. Komarek, W. Lüde und G. Mauthe, Das Leder 1962, 1 ;
- H. Herfeld, Das Leder 1959, 285j H. Herfeld und K. Schmidt, Das Leder 1960, 25, 52, 105, 195, 222j H. Herfeld und K. Härtewig, Gerbereiwissenschaft und -praxis, April und Mai 1960, Das Leder 1961, 194, Gerbereiwissenschaft und -praxis, Januar und Februar 1962;
- Vergl. z. B. E. Heidemann, Das Leder 1961, 183.
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