lederpflege_lederreinigung:41_ziel_und_wege_der_chemischreinigung_von_lederbekleidung_aus_dem_jahre_1963

41 Ziel und Wege der Chemischreinigung von Lederbekleidung aus dem Jahre 1963

Von H. Herfeld und W. Pauckner

Lederbekleidung hat im letzten Jahrzehnt immer größere Bedeutung erlangt. War sie bis dahin vorwiegend eine Berufs- und Schutzkleidung, für die in erster Linie Narbenleder mit Nitrozelluloseabdeckung verwendet wurde, im übrigen aber kaum modische Aspekte in Frage kamen, so hat sie inzwischen auf breiter Ebene ausgesprochen modische Bereiche erfasst und in den letzten Jahren auch Gebiete erobert, die wie im Falle der Kleider, Röcke, Kostüme usw. bisher ausschließlich den Textilien vorbehalten waren. Das bedeutet aber wie auf allen modischen Gebieten den Übergang zu einer Vielzahl von Ledertypen und einen ständigen Wechsel in Machart, Farbe und vielen sonstigen Eigenschaften. Im wesentlichen kann man bei der Lederbekleidung heute drei Lederarten unterscheiden.

  1. Narbenleder, die man als Nappaleder bezeichnet, wobei man unter diesem Begriff heute vorwiegend chromgegerbte oder chrompflanzlich gegerbte Lederarten versteht, während der Name früher praktisch ausschließlich ein mit Gambir nachbehandeltes Glaceleder bezeichnete. Nappaleder sind heute nur noch selten mit Nitrodeckfarben, meist mit Deckfarben auf Polymerisatbasis abgedeckt.
  2. Veloursleder, d. h. Leder, die von der Fleischseite geschliffen sind und mit der geschliffenen Seite nach außen getragen werden.
  3. Nubukleder, d. h. Leder, die von der Narbenseite geschliffen werden und daher eine besonders feine, samtartige Oberfläche haben, aber natürlich auch gegenüber allen mechanischen Einflüssen, Verschmutzungen etc. empfindlicher sind als Veloursleder.

Entsprechend dieser Entwicklung hat auch die Reinigung der Lederbekleidung immer größere Bedeutung erlangt und die Mannigfaltigkeit der verwendeten Lederarten hat den Reiniger vor Probleme gestellt, die ihm bis dahin unbekannt waren. Es war daher nicht erstaunlich, dass sich zunächst erhebliche Schwierigkeiten ergaben, da er an Leder mit den Erfahrungen der Textilreinigung heranging und damit Arbeitsgänge vornahm und Chemikalien einsetzte, die sich bei Textilien bewährt haben mögen, hier aber nicht angebracht oder gar schädlich waren. Wir wissen heute, dass sich jeder Reiniger, der sich mit der Reinigung von Lederbekleidung befasst, zuvor mit dem Werkstoff Leder, seinen Eigenschaften und Sonderheiten vertraut machen muß, da die Erfahrungen der Textilreinigung nicht ausreichen, um auch das Gebiet der Lederreinigung mit Erfolg bearbeiten zu können. Diese Erkenntnis hat sich glücklicherweise immer mehr durchgesetzt. Wenn wir auch heute immer wieder auf Einzelfälle stoßen, bei denen die Reinigung von Lederbekleidung mehr als „Mutprobe„ betrachtet als mit Sachkenntnis durchgeführt wird, so hat doch eine große Zahl von Reinigern bereits ein Umdenken von „Textil“ zum „Leder„ durchgeführt und dabei erkannt, dass der Werkstoff Leder seinem ganzen strukturellen Aufbau entsprechend viel andersartige Behandlungen verlangt und dass eine richtige Chemischreinigung von Leder nur bei genauer Kenntnis seiner Eigenschaften und seines Reinigungsverhaltens befriedigend gelöst werden kann. Wir hatten vor einiger Zeit in dieser Zeitschrift über die Ergebnisse umfangreicher systematischer Untersuchungen berichtet, die wir über die eigentlichen Reinigungsvorgänge bei Lederbekleidung und über die Nachveredlung durch Nachfetten, Nachfärben und Nachhydrophobieren durchführten und bei denen optimale Arbeitsbedingungen hierfür erarbeitet wurden. Je länger wir uns aber mit Fragen der Reinigung beschäftigten, um so mehr zeigte sich, dass eine Kenntnis dieser Faktoren zwar wertvoll ist, allein aber nicht ausreicht und wir konnten unsere Erfahrungen durch viele Untersuchungen, Versuche in der Praxis und Erfahrungen unserer Materialprüfanstalt bei Reklamationen wesentlich erweitern. Es erscheint uns daher an der Zeit, erneut aus unserer Sicht einen Überblick über dieses so wichtige und doch schon von der Natur des Rohstoffs her so schwierige Gebiet der Reinigungstechnik zu geben.

Allgemeiner Überblick

Bei Zusammenstellung unserer Erfahrungen erhebt sich zunächst die Frage: Was wird von einer sachgemäßen Reinigung von Lederbekleidung gefordert? Vom Standpunkt des Trägers ist diese Frage leicht beantwortet, er will das Bekleidungsstück in einem Zustand zurückerhalten, in dem er es wieder mit Freude tragen kann und sich gut bekleidet fühlt, er will also den Zustand, in dem er das Bekleidungsstück kaufte, weitestmöglich wieder zurückerhalten. Das bedeutet aber, dass es für den Reiniger nicht genügt, eine sachgemäße Reinigung durchzuführen, das allein führt nur in den seltensten Fällen zu einem Zustand, der den Auftraggeber befriedigt. Wer seine Lederbekleidung einem Reiniger übergibt, will sie nicht nur von Schmutz befreit haben, sondern nachher auch wieder tragen können und daher müssen bei der Entgegennahme eines diesbezüglichen Reinigungsauftrages auch alle Arbeiten, die zur Wiedererlangung der Tragefähigkeit unentbehrlich sind, zwangsläufig mit eingeschlossen werden. Das verlangt zahlreiche individuelle manuelle Bearbeitungen, die ohne Zweifel sehr kostenaufwendig sind und daher oft sträflich vernachlässigt werden, obwohl Preise verlangt werden, in die beim erfahrenen Lederreiniger diese Arbeiten mit eingeschlossen sind. Selbst eine einwandfreie Lederbekleidung erfährt beim Tragen mancherlei Änderungen, die man vielleicht im ungereinigten Zustand gar nicht so sehr bemerkt, sondern die erst beim Reinigen selbst hervorkommen, ohne dass sie in den meisten Fällen auf das Schuldkonto des Reinigers zu setzen sind. Aber dem Träger ist das gleichgültig, ihm ist jedenfalls der Chemischreiniger lieber, dem es auf Grund seiner Fachkenntnisse gelingt, dem Lederbekleidungsstück wieder ein einwandfreies Aussehen zu geben, statt ihm seine Schuldlosigkeit nachzuweisen und zu empfehlen, auf dem Klageweg über Verkäufer, Konfektionär und Lederhersteller sich sein „Recht“ zu verschaffen.

Welches sind nun die Änderungen, die zum Teil schon beim Tragen von Lederbekleidung, zum Teil bei der Reinigung auftreten und sich am gereinigten Stück, auch wenn die eigentliche Reinigung sachgemäß durchgeführt wurde, unangenehm bemerkbar machen?

  1. Da ist zunächst die Lederfarbe, die schon während des Tragens Veränderungen erfahren haben kann, sei es, dass die Färbung nicht ganz lichtecht war und daher unter dem Einfluss von Licht und Luft eine Aufhellung eintrat, sei es, dass durch gleichzeitige Anwesenheit pflanzlicher Gerbstoffe, die sich heute bei halbgar importierten Fellen nicht vermeiden lässt, eine Farbtonänderung meist nach einem Braunton hin erfolgte. Zum andern kann aber auch bei der Reinigung selbst eine Farbaufhellung und ein Scheckigwerden der Färbung durch mehr oder weniger starkes Ausziehen des Farbstoffes durch das organische Lösungsmittel und durch Entfettung erfolgen. Zum dritten kann häufig auch der Konfektionär die Schuld tragen, wenn er am gleichen Lederbekleidungsstück Leder verschiedener Herkunft, also verschiedene Fabrikate verarbeitet, die zwar den gleichen Farbton aufweisen, aber nicht unbedingt gleichartig gefärbt sein müssen und sich daher auch bei der Chemischreinigung meist unterschiedlich verhalten. Das ist ein Fehler, der leider immer wieder festzustellen ist. Kein Mensch wird ein Textiljackett aus Stoffen verschiedener Fabrikate herstellen, bei der Lederjacke glauben sich viele Konfektionäre unverständlicherweise dazu berechtigt.
  1. Verhärtungen im Griff können bereits beim Tragen eintreten, wenn sich Staub und Schmutz in das Fasergefüge des Leders einarbeiten. Ferner tritt aber eine Verhärtung und ein leerer, blechiger Griff auch bei der Reinigung auf, da das bei der Herstellung eingelagerte Fett, das die Aufgabe hat, die Fülle und Weichheit zu fördern, weitgehend herausgelöst wird. Es wird daran gearbeitet. in Zukunft die Fettstoffe wenigstens teilweise so an die Ledersubstanz zu binden, dass sie nicht mehr extrahierbar sind. Zur Zeit ist aber damit noch nicht unbedingt zu rechnen und daher muss der Reiniger diesen Einfluss der Entfettung bei seinen Arbeiten mit berücksichtigen.
  2. Auftreten der Regentropfenflecken, d. h. der Erscheinung, dass die gereinigte Jacke, wenn sie in der Nässe getragen wird, später jeden Wasser- bzw. Regentropfen erkennen lässt und dass diese Flecken durch Aufbürsten nicht mehr entfernt werden können und meist eine erneute Reinigung erforderlich machen. Das steht einmal in Zusammenhang mit dem erwähnten Fettentzug, kann zum andern damit zusammenhängen, dass bei der Lederherstellung verwendete Hydrophobierungsmittel ebenfalls durch die organischen Lösungsmittel aus dem Leder entfernt werden und zum dritten wird die Benetzbarkeit auch bei der Reinigung bzw. Nachveredelung erhöht, wenn stark oberflächenaktive Stoffe etwa in Form von Reinigungsverstärkern bzw. stark sulfierten Fetten angewendet werden.
  3. Ungleichmäßiger Nubuk- oder Veloursschliff, der sich verständlicherweise insbesondere an den stärker strapazierten Stellen der Bekleidung bemerkbar macht, da durch natürliches Abscheuern an diesen Stellen der ursprüngliche Aufrauheffekt beeinträchtigt wird.

Dazu kommen noch die verschiedensten Arten von Verfleckungen, auf die hier im einzelnen nicht eingegangen werden soll. Auf alle diese Veränderungen und Vorkommnisse muss der Reiniger aber sein Verfahren abstimmen, wenn er seinen Auftraggeber befriedigen will.

Als Reinigungsverfahren kommt in erster Linie die Chemischreinigung in Betracht. Lediglich bei Sämischleder, das in einer Fettgerbung hergestellt und vorwiegend zu Trachtenhosen, Reithosenbesätzen, waschbaren Handschuhen usw. verarbeitet wird, kann mit Sicherheit eine echte Waschbarkeit angenommen und damit eine Wasserreinigung vorgenommen werden, wobei das Leder sogar gegen mäßige Alkalieinwirkung bis pH 10 durchaus beständig ist, so dass es mit alkalischen Seifenlösungen gewaschen werden kann. Es ist sogar zweckmäßig, hierbei möglichst keine hochaktiven synthetischen Waschsubstanzen zu verwenden, die leicht eine zu starke Entfettung bewirken und dadurch die Leder im Griff leer und trocken machen, sondern das Waschen mit Seife ist vorzuziehen, insbesondere wenn man die Leder zum Schluss nochmals mit Seife behandelt und diese nicht wieder auswäscht, um damit eine gewisse auffettende und geschmeidig machende Wirkung der Seife auszunutzen. Außerdem dürfen beim Trocknen keine Temperaturen über 40 °C verwendet werden und nach dem Trocknen müssen die Kleidungsstücke gemillt oder gestollt werden, um eine weiche Beschaffenheit zurückzuerhalten. Es ist aber für den Reiniger häufig schwierig, an gefärbten Ledern zu erkennen, ob es sich um ein echtes Waschleder auf der Basis von Sämischleder handelt oder um Leder, die eine Chromgerbung oder eine chrompflanzliche Gerbung erfahren haben, jedoch im Griff genau so weich sein können, sich aber beim Waschen mit Wasser meist ungünstiger verhalten. Daher ist dem Reiniger in Zweifelsfällen zu empfehlen, lieber auch bei sogenannten Waschledern eine Chemischreinigung durchzuführen, zumal auch Sämischleder sich mit den Verfahren der Chemischreinigung vorzüglich reinigen lassen und nach unseren Erfahrungen im allgemeinen noch griffiger, weicher und geschmeidiger als bei der Naßreinigung mit Seife werden.

Wir führten bereits an, dass die Chemischreinigung in erster Linie als Reinigungsverfahren für Leder in Betracht kommt. Damit wollen wir keineswegs behaupten, daß dies der einzig mögliche Weg wäre. Wir treffen bisweilen Reiniger, die nach ihren Angaben andere Verfahren anwenden und diese Verfahren für einwandfrei gangbar halten. Wir wollen dem keineswegs widersprechen, entscheidend ist ja nicht der Weg, der zu einer sachgemäßen Reinigung führt, sondern das Ziel und jeder Weg, der das beschriebene Ziel zu erreichen gestattet, ist richtig. Wir widersprechen nur der bisweilen tendenziös vorgetragenen Auffassung, eine Chemischreinigung führe nicht zu dem gewünschten Ziel. Wenn sachgemäß gereinigt wird und wenn außerdem die Vor- und Nachbehandlungen, die wir nachstehend besprechen werden, richtig durchgeführt werden, kann mit Sicherheit auch mit dem Verfahren der Chemischreinigung eine sachgemäße Wiederherstellung verschmutzter Lederbekleidung erreicht werden, wie von erfahrenen Spezialreinigern für Lederbekleidung seit Jahren bewiesen wird. Eine Frage, die in diesem Zusammenhang immer wieder angeschnitten wird, ist, ob nicht durch Abstrahlen der Lederoberfläche mit Sandstrahlgebläse bereits ein genügender Reinigungseffekt erreicht werden kann. Uns ist bekannt, dass es Reiniger gibt, die Lederbekleidung auf diese Weise wieder in einen äußerlich guten Zustand zurückbringen und wir werden bei den Nachbehandlungen nochmals auf die Frage des Abstrahlens zu sprechen kommen. Als Alleinreinigungsverfahren scheint uns diese Methode dagegen aus zwei Gründen nicht empfehlenswert. Einmal wird mit jedem Abstrahlen das naturgewachsene Fasergefüge des Leders angegriffen und damit geschädigt, seine Festigkeitseigenschaften werden vermindert und außerdem unter Umständen die Nähfäden angegriffen. Wenn man solche Behandlung als Teil der Nachdetachur nur mit geringster Intensität vornimmt, nur um die Veloursbeschaffenheit zu verbessern, so sind dagegen Einwendungen nicht zu erheben, verwendet man sie aber als Alleinreinigungsverfahren, so muss das Abstrahlen tiefgehender durchgeführt werden und bewirkt dann schon einen beträchtlichen Angriff auf das Fasergefüge, insbesondere wenn es wiederholt vorgenommen wird. Zum andern wird aber durch eine solche Behandlung nur die Oberfläche gesäubert, der in das Fasergefüge eingedrungene Schmutz, die aufgesaugten feuchten Ausdünstungen des Körpers etc. bleiben im Fasergefüge und damit ist eine innere Reinigung nicht erreicht. Daher halten wir solche Verfahren des Abstrahlens nur dann für zweckmäßig, wenn sie nach einer Chemischreinigung lediglich zu einer Oberflächenbearbeitung verwendet werden.

Es gibt allerdings eine Gruppe von Leder, bei denen sich die Frage erhebt, ob man eine Chemischreinigung durchführt, nämlich Narbenleder, die mit Deckschichten versehen sind. Hier fragt es sich, ob man eine durchgehende Reinigung vornehmen will und muss oder ob nicht eine Oberflächenreinigung genügt, um Verfleckungen zu entfernen. In solchen Fällen reicht es häufig aus, die Lederoberfläche mittels Schwamm oder weicher Bürste mit einer dünnen Lösung eines Neutralwaschmittels abzuwaschen und unter Umständen durch nachfolgendes leichtes Überspritzen mit Deckfarbe eine Farbegalisierung vorzunehmen. Aber auch in solchen Fällen ist natürlich nur die Oberfläche entfleckt, eine wirklich durchgehende Reinigung aber nicht erreicht.

Vorarbeiten (Sortierung, Vordetachur)

Zu den Vorarbeiten gehört zunächst eine Sortierung nach Art der Leder in die drei Gruppen der Velours- und Nubukleder, der Narbenleder (Nappaleder) und der Textilbekleidung mit Leder applikationen (Einfassungen, Kragen, Ärmelaufschlägen usw.). Es ist dem Reiniger nicht möglich, eine weitere Sortierung nach Gerbarten vorzunehmen, da er sie nicht zuverlässig erkennen kann, und es muss daher verlangt werden, dass für Lederbekleidung nur Lederarten verarbeitet werden, die eine einwandfreie Reinigungsechtheit besitzen, zumal die Anforderungen, die an die Chemischreinigungsechtheit von Leder zu stellen sind, bekannt sind . Dagegen wird der Reiniger innerhalb jeder Gruppe weiter eine Sortierung nach Farben durchführen und in keinem Fall dunkel gefärbte Leder mit solchen mit Pastelltönen oder mit bunten Ledern im Lösungsmittelbad zusammen behandeln, da sonst Fleckenbildungen und hässliche Verfärbungen entstehen können, die meist erst beim nachfolgenden Trocknen in Erscheinung treten. Schließlich sollte möglichst auch eine Vorsortierung nach der Art der Verschmutzung erfolgen, insbesondere nach wasserlöslichen und organischlöslichen Verschmutzungen, damit man die Bekleidungsstücke schon vor der eigentlichen Reinigung im Lösungsmittelbad einer sachgemäßen Vordetachur unterziehen kann, wodurch die nachfolgende Lösungsmittelbehandlung verkürzt und einer zu starken mechanischen Strapazierung des Bekleidungsstückes vorgebeugt wird. Aus dem gleichen Grunde ist bei der Sortierung auch der Grad der Verschmutzung zu beachten und bei wenig beschmutzten Bekleidungsstücken die Behandlungsdauer im Reinigungsbad zu verkürzen.

Zum mindesten bei stärker verschmutzter Velourslederbekleidung sollte sich an die Sortierung eine individuelle Vordetachur anschließen, um große Verschmutzungen vorweg zu entfernen, in vielen Betrieben wird sie grundsätzlich durchgeführt. Soweit es sich um wasserlösliche Beschmutzungen handelt, werden diese Stellen mit einer wässrigen Anbürstlösung ausgebürstet, die sich z. B. aus gleichen Teilen Reinigungsverstärker und Wasser und der 3- bis 5fachen Menge organischen Lösungsmittels zusammensetzt. Es ist dann allerdings darauf zu achten, dass die so vorbehandelten Bekleidungsstücke vor dem Lösungsmittelbad wieder völlig aufgetrocknet werden, da sonst durch den verbleibenden Wassergehalt im Leder, der bei der Lösungsmittelreinigung nicht entfernt wird, bei der Trocknung im Tumbler Verhärtungen, Formeinbußen und Schrumpfungen des Leders bewirkt werden können. Bei Verschmutzungen, die lösungsmittellöslich sind, ist die Gefahr nicht gegeben und man wird die Bekleidungsstücke an den stärker verschmutzten Stellen lediglich mit organischen Lösungsmitteln vorbehandeln, einige Zeit zur Anquellung liegen lassen und dann unmittelbar in das Reinigungsbad bringen. Durch diese Vorbehandlungen kann ebenfalls die eigentliche Badbehandlung verkürzt, das Maß der mechanischen Strapazierung vermindert und vor allem der Zusatz von Wasser und Reinigungsverstärker im Lösungsmittelbad erheblich herabgesetzt, wenn nicht ganz vermieden werden. Das hat den Vorteil, dass einerseits die Gefahr des Ausblutens und starken Entfettens vermindert und zum andern die Benetzbarkeit der Bekleidungsstücke nicht durch im Leder verbleibende Reinigungsverstärker zu stark erhöht wird. Bei Blutflecken ist stets bereits vor der eigentlichen Badbehandlung zu versuchen, die Bluteiweißstoffe durch die jedem Reiniger bekannten Enzympräparate abzubauen. Überhaupt sollten alle chemischen Behandlungen soweit nur eben möglich bei der Vordetachur erfolgen, so dass der Nachdetachur im wesentlichen nur noch die mechanische Bearbeitung verbleibt. Bei Narbenleder erprobt man zweckmäßigerweise zunächst, ob die Deckfarbenzurichtung lösungsmittelbeständig oder gegen welche Lösungsmittel sie empfindlich ist, indem man durch Reiben mittels Läppchen, die mit verschiedenen Lösungsmitteln getränkt sind, an unauffälliger Stelle prüft, ob sich dabei die Deckschicht ablöst und ob sich die Verschmutzungen nicht mit der wässrigen Lösung eines milden Waschmittels entfernen lassen. Beschädigungen der Deckschicht kann man durch Übersprühen mit einer Kollodiumdeckfarbe im entsprechenden Farbton ausbessern. Falls dies nicht gelingt, d. h. die eingestellte Farbe dem Farbton nicht voll entspricht, muss das ganze Bekleidungsstück mit

der eingestellten Farbe überspritzt werden. Selbstverständlich muss das Futter dann einer getrennten Reinigung unterzogen werden.

Besonders schwierig gestaltet sich oft die Reinigung von Kleidungsstücken mit Lederapplikationen, die ja meist, da die Textilien das Hauptmaterial ausmachen, wie Textilbekleidung im Perchloräthylenbad gereinigt werden. Die meisten Leder für Applikationen sind jedoch mit Polymerisatdeckfarben zugerichtet, die nach unseren Untersuchungen gegen Perchloräthylen mehr oder weniger empfindlich sind und von diesem angequollen und teilweise auch gelöst werden, wodurch die Deckschicht zerstört wird und das Leder ein fleckiges Aussehen erhält.

Durch Ausbessern mit Collodium-oder Polymerisatdeckfarben, wobei erstere vorzuziehen sind, lassen sich solche Fehler aber wieder beheben. Weitaus unangenehmer ist das Ausbluten der Anilinfärbung der Applikationen von der Rückseite des Leders her, insbesondere bei Bekleidungsstücken, die in Leder und Textilmaterial einen stark unterschiedlichen Farbton aufweisen. Hier wird immer die Gefahr bestehen, dass der helle Textilstoff durch den gelösten Anilinfarbstoff angefärbt wird, wobei die Verfärbungen sich meist unmittelbar nach der Reinigung und im abgeschleuderten Zustand noch nicht erkennen lassen, sondern erst beim Trocknen im Tumbler auftreten. Um dieser Gefahr zu entgehen, empfiehlt sich, zunächst das Ausblutverhalten des Leders zu prüfen und notfalls die Applikationen vor der Reinigung abzutrennen. Bei gleichfarbigem Textilstoff und Leder kann dagegen die Reinigung ohne Gefahr gemeinsam erfolgen.

Die eigentliche Chemischreinigung

Für die eigentliche Chemischreinigung können die Lösungsmittel im Waschbad je nach Farbe und Verschmutzungsgrad mehrfach benutzt werden, für das Spülbad sollte nur frisches Lösungsmittel verwendet werden. Als Lösungsmittel kommen in der Praxis nur Schwerbenzin oder Perchloräthylen in Betracht, von denen wir nach unseren Untersuchungen dem Schwerbenzin unbedingt den Vorzug gegenüber Perchloräthylen geben, da die Reinigungswirkung schonender ist, das Leder weniger stark entfettet wird und damit eine bessere Erhaltung des Griffs und der Fülle gewährleistet ist, das Ausbluten der Färbung und auch das Lösevermögen für Hydrophobierungsmittel meist ebenfalls geringer ist. Bei Narbenleder kommt zudem noch ein geringeres Anquell- bzw. Lösevermögen des Schwerbenzins für die Bindemittel der Deckfarbenzurichtung hinzu. Diesen Vorteilen stehen als Nachteile bekanntlich eine etwas längere Reinigungszeit, eine weniger intensive Reinigungswirkung und die Brennbarkeit des Schwerbenzins gegenüber, Nachteile, die man aber bei der Lederreinigung unbedingt in Kauf nehmen sollte. Das günstigere Verhalten des Schwerbenzins hängt damit zusammen, dass es als Kohlenwasserstoff völlig unpolar ist, während beim Perchloräthylen durch die Einführung der Chloratome ins Molekül seine Eigenschaft so verändert wurde, dass bei ihm, obwohl es nach außen ebenfalls unpolar erscheint, im Gegensatz zum Benzin ein Dipol induziert werden kann und diese Polarität ein viel leichteres Lösen der Fett- und Farbstoffe bedingt. Rordorf hat auf Grund seiner Untersuchungen bei Textilien gefunden, dass von 1 500 Naphtholfärbungen bei Trichloräthylen nur 1,5 %, bei Perchloräthylen nur 12,2%, bei Tetrachlorkohlenstoff 19,4 %, bei Schwerbenzin dagegen 48,1 % lösungsmittelbeständig waren, also mit zunehmender Polarität das Ausbluten größer wird. Das gilt nach unseren Untersuchungen auch für Leder, wobei nicht nur die Farbstoffbindung beeinflusst wird, sondern mit zunehmender Polarität auch ein stärkeres Entfetten und ein leichteres Lösen der Hydrophobierung eintritt. Dadurch leidet der Griff des Leders, es wird trockener und strohiger. Aus allen diesen Gründen ist ohne Zweifel dem Schwerbenzin der Vorzug zu geben. Viele Reinigungsanstalten haben allerdings keine geeigneten Apparaturen, um mit Schwerbenzin zu arbeiten und müssen daher auch bei der Reinigung von Lederbekleidung Perchloräthylen verwenden. Natürlich geht das auch, aber in diesen Fällen bereiten die Nachbehandlungen, insbesondere die nachfolgenden Prozesse des Nachfettens, Nachfärbens und der Hydrophobierung größere Schwierigkeiten und sind besonders sorgfältig und meist auch mit höherem Materialeinsatz durchzuführen, um diese Unterschiede wieder auszugleichen.

Durch die Reinigung mit organischen Lösungsmitteln werden natürlich die wasserlöslichen Verunreinigungen durch Salze, Zucker, Harnstoff aus dem Schweiß usw. nicht erfasst und daher reicht eine „Trockenreinigung„ nicht aus, um alle Verunreinigungen zu entfernen. Es liegt daher nahe, gewisse Anteile an Wasser zuzufügen und gleichzeitig die bei der Textilreinigung üblichen Reinigungs Verstärker mitzuverwenden, durch deren Vermittlung das Wasser nicht emulsionsartig, sondern micellar im organischen Lösungsmittel klar gelöst wird. Es ist aber bei dem mengenmäßigen Einsatz dieser Komponenten größte Vorsicht geboten, da nach unseren Untersuchungen durch zu große Mengen an Wasser und Reinigungsverstärkern das Abziehen des Farbstoffes von der Lederfaser verstärkt und auch das Herauslösen der Fettstoffe gesteigert wird, was sich in erheblichen Aufhellungen, Schrumpfungen und Verhärtungen des Leders auswirkt, und zwar bei den locker strukturierten Schaffellen stärker als beispielsweise bei Bastard- und Ziegenledern mit ihrer dichteren Struktur, in allen Fällen aber eindeutig festzustellen ist.

Weiter wird die Benetzbarkeit des Leders gesteigert, was sich nach der Reinigung in einer verhältnismäßig starken Wasseraufnahme und im Auftreten der „Regenflecken“ unliebsam bemerkbar macht. Zurückzuführen ist diese Tatsache einmal auf das Herauslösen von Fettstoffen und hydrophobierenden Substanzen, vor allem aber auch auf eine starke Einlagerung der stark hydrophilen Reinigungsverstärker in das Lederfasergefüge. Schließlich beeinflussen die Reinigungsverstärker auch die Einstellung des Gleichgewichts zwischen dem Wassergehalt des organischen Lösungsmittels und des Reinigungsgutes, das Wasser wird unter dem Einfluss der Reinigungsverstärker aus dem Reinigungsbad bevorzugt aufgenommen, beim Trocknen dagegen langsamer als das organische Lösungsmittel abgegeben, so dass schließlich ein Überschuss an Wasser im Leder vorliegt und bei zu hohen Trockentemperaturen die Gefahr von Verhärtungen und Schrumpfungen in besonderem Maße gegeben ist. Mit diesen Ausführungen soll nicht gesagt sein, dass man auf die Mitverwendung von Wasser und Reinigungsverstärker grundsätzlich verzichten muss nur sollte die Menge auf ein tragbares Minimum beschränkt bleiben. Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Zusatz von 0,1 - 0,2 % Reinigungsverstärker auf die Lösungsmittel-menge bezogen (1-2 g/ltr.), also ein Arbeiten im Bereich der Niedrigdosierungsflotten bei der Reinigung von Lederbekleidung völlig ausreicht, um bei gleichzeitiger Anwesenheit von Wassermengen nicht über 0,5 % der Lösungsmittelmenge auch bei wasserlöslichen „Verunreinigungen eine genügende Reinigungswirkung zu erreichen. Unter diesen Bedingungen ist der Flächenverlust nicht größer als beim Arbeiten mit organischen Lösungsmitteln allein, eine gewisse Verschlechterung der Benetzbarkeit des Leders, eine stärkere Aufhellung der Lederfarbe und eine Verminderung des Fettgehaltes unter gleichzeitiger Verschlechterung der Weichheit und Geschmeidigkeit des Leders muss aber auch bei dieser Mengenbegrenzung in Kauf genommen und durch richtige Nachveredelung wieder ausgeglichen werden. Daher verzichten viele erfahrene Chemischreiniger bei Lederbekleidung überhaupt auf die Mitverwendung von Reinigungsverstärker und Wasser im Reinigungsbad selbst, sondern ziehen es vor, die Entfernung der wasserlöslichen Verschmutzungen schon, wie oben besprochen, bei der Vordetachur anzustreben und im Reinigungsbad keinerlei derartige Zusätze zu geben.

Neben der Art des Lösungsmittels und der Mitverwendung von Reinigungsverstärker und Wasser spielen für den Reinigungseffekt bei Lederbekleidung auch die gewählten Reinigungsbedingungen hinsichtlich Temperatur, Flotten- und Beladungsverhältnis und Behandlungsdauer sowohl bei der Beinigung wie bei der nachfolgenden Trocknung im Tumbler eine bedeutsame Rolle. Bezüglich der Temperatur gehen die Auffassungen der Praxis auseinander, die einen halten ein Arbeiten bei Zimmertemperatur für ausreichend, andere sehen eine erhöhte Temperatur für notwendig an. Bei unseren Untersuchungen haben sich zwischen Zimmertemperatur und 40 °C in Bezug auf Fettverlust, Flächeneinbuße und Benetzbarkeit und auch der äußeren Beschaffenheit der Leder keine Unterschiede ergeben, so dass Temperaturen bis 40 °C ohne Bedenken angewandt werden können. Höhere Temperaturen sollten dagegen wegen der Gefahr stärkerer Schrumpfungen und Verhärtungen unbedingt

vermieden werden und sind auch für eine sachgemäße Reinigung ebenso wie für die nachfolgende Trocknung nicht erforderlich.

Das Flotten- und Beladungsverhältnis ist für die mechanische Strapazierung des Reinigungsgutes von Bedeutung. Je geringer die Flotte, desto stärker wirken sich Schlag- und Walkwirkung auf das Fasergefüge aus und diese Wirkung wird durch das Beladungsverhältnis, d. h. mit steigender Gesamtmenge des Reinigungsgutes ebenfalls ungünstig beeinflusst. Bekanntlich besitzt Leder einen komplizierten strukturellen Aufbau aus Fibrillen, Fasern und Faserbündeln, die miteinander zu einem dreidimensionalen Geflecht verflochten sind, wobei die Verflechtungsdichte bei den verschiedenen Tierarten, aber auch innerhalb der Fläche der gleichen Haut erhebliche Unterschiede aufweist. Es lässt sich bei der Herstellung von Lederbekleidung nicht vermeiden, dass auch lockerer strukturierte Anteile der Seiten mit in das Bekleidungsstück eingearbeitet werden, wenn auch ausgesprochen abfällige Flamen nicht verarbeitet werden sollten. Jede Walkwirkung wird aber das naturgewachsene Fasergefüge mehr oder weniger stark beanspruchen und insbesondere die von Natur aus lockereren Teile stärker angreifen und man stellt dann nach der Reinigung an diesen Stellen eine besonders lose, lockere und langfaserige Beschaffenheit fest, die unschön wirkt. Daher muss die Reinigung so schonend wie möglich durchgeführt werden, was bedeutet, dass keine zu hohe Beladung der Apparate gewählt, dass die Umdrehungsgeschwindigkeit möglichst niedrig gehalten und dass bei einem Flottenverhältnis nicht unter 1:20 gearbeitet wird, wenn dabei auch eine etwas stärkere Entfettung und Steigerung der Benetzbarkeit als beim Arbeiten in kürzerer Flotte in Kauf genommen werden muss. Beim nachfolgenden Spülen genügt ein Flottenverhältnis von 1:10 und ein Arbeiten bei Zimmertemperatur. Aus dem gleichen Grunde einer möglichsten Schonung des Reinigungsgutes sollte auch die Behandlungsdauer nicht zu sehr ausgedehnt werden. Eine Zeitspanne von 30 Minuten reicht auf alle Fälle für einen genügenden Reinigungseffekt aus, meist genügen aber schon Behandlungszeiten von 10-15 Minuten, was insbesondere

bei lockerer strukturierten Schafledern zu berücksichtigen ist. Aus diesem Grunde haben wir auch bei der Vorsortierung auf die Berücksichtigung des Verschmutzungsgrades hingewiesen, um bei weniger verschmutzter Ware ein zu langes Walken auszuschließen.

Zentrifugieren und Trocknen

Unter den gleichen Gesichtspunkten möglichster Faserschonung ist auch das Abschleudern und

Trocknen der Bekleidungsstücke zu betrachten. Beim Abschleudern fehlt ja die Flotte völlig und da

durch wird die Schlag- und Walkwirkung noch intensiviert. Daher ist eine zu lange Zentrifugierung unbedingt zu vermeiden, man sollte nur kurz auf volle Touren heraufgehen und dann gleich die Tourenzahl wieder abfallen lassen. Beim Trocknen im Tumbler ist auch die Temperaturempfindlichkeit des Trockengutes wesentlich zu berücksichtigen. Zwar hängt diese Temperaturempfindlichkeit von der Art der Gerbung ab und rein chromgegerbte Leder können höher erhitzt werden als kombiniert gegerbte Leder, doch muss sich der Reiniger, da er die Gerbart nicht beurteilen kann, in seiner Arbeitsweise nach der empfindlichsten Lederart richten. Solange ein erheblicher Teil der zugeführten Wärme für die Verdunstung des Lösungsmittels verbraucht wird, ist die Gefahr von Verhärtungen und Schrumpfungen noch gering, steigt die Temperatur der Bekleidungsstücke aber gegen Ende der Trocknung zu sehr an, so sind erhebliche Verschlechterungen der Beschaffenheit zu befürchten und daher sollte die Temperatur nie über 50° C steigen und vor allem im Endstadium der Trocknung noch gesenkt werden. Die Gefahr von Verhärtungen und Schrumpfungen ist dabei selbstverständlich um so größer, je mehr Wasser bei der Reinigung mitverwendet wurde und je höher damit der Wassergehalt des Leders im Endstadium der Trocknung ist. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich beim Trocknen in Gegenwart von Reinigungsverstärker das Verhältnis von organischen Lösungsmitteln zu Wasser im Trockengut immer mehr zugunsten des letzteren verschiebt und damit steigert sich zugleich auch die Gefahr, dass Verhärtungen und Schrumpfungen auftreten.

Ebenso wirkt sich die Schlagwirkung im Tumbler stärker als im Lösungsmittelbad aus und dadurch werden insbesondere Leder mit von Natur aus lockerer Faserstruktur stärker lappig und der Velourseffekt rauht unerwünscht stark auf. Daher empfehlen wir, die Trocknung nach kurzem Abschleudern des Lösungsmittels möglichst bei Temperaturen nicht über 40 °C vorzunehmen und auch die mechanische Bewegung weitestmöglich abzukürzen, um nachteilige Veränderungen des Fasergefüges zu vermeiden.

Nachfettung

Nach der Chemischreinigung ist es unerlässlich, eine Nachfettung vorzunehmen, da die im Leder eingelagerten Fettstoffe durch die organischen Lösungsmittel zwangsläufig herausgelöst werden. Der Grad der Entfettung ist je nach der Art der verwendeten Lösungsmittel unterschiedlich stark und kann durch Mitverwendung von Reinigungsverstärkern noch erhöht werden, in allen Fällen ist er aber beträchtlich. Dadurch wird eine Verschlechterung der Weichheit und Geschmeidigkeit und des Griffs des Leders und zugleich auch eine Aufhellung und eine Steigerung der Wasserzügigkeit bewirkt. Daher ist eine Nachfettung für den Reinigungseffekt von ausschlaggebender Bedeutung, da erstens wieder der Griff verbessert, zweitens eine gewisse Farbvertiefung und Farbegalisierung erreicht und beim Einsatz richtiger Fettungsmittel auch eine Verbesserung des Verhaltens gegen Wasser erzielt wird. Man kann unter Umständen einer zu starken Entfettung dadurch entgegenwirken, dass man schon der Reinigungsflotte einen gewissen Prozentsatz an Fett zusetzt und damit ein Gleichgewicht schafft, das einem zu starken Auslaugen des Fettes entgegenwirkt. Eine Verschlechterung der Reinigung, d. h. der Schmutzentfernung erfolgt dadurch nicht, doch lässt sich auf diese Weise auch eine gewisse Entfettung nicht vermeiden, so dass man grundsätzlich um eine Nachfettung nicht herumkommt.

Für die Nachfettung ist die Auswahl des Fettungsmittels wichtig. Bei der Lederherstellung wird in wässrigem Medium gearbeitet und dabei werden sog. Lickerfette eingesetzt, d. h. in Wasser emulgierbare Fettmischungen, die einen mehr oder weniger hohen Anteil an Emulgator enthalten. Vielfach werden solche Lickerfette auch vom Chemischreiniger eingesetzt. Das ist aber in den meisten Fällen wenig sinnvoll, denn bei der Chemischreinigung fettet man aus einem Bad mit organischem Lösungsmittel und daher ist eine Emulgierbarkeit in Wasser nicht erforderlich, ja sogar unerwünscht, da bei zu stark sulfierten oder durch andere Emulgatoren wasserlöslich gemachten Produkten nur die wasserabstoßende Wirkung verschlechtert und damit die Gefahr der Regentropfenbildung stark erhöht und die Kosten für eine Hydrophobierung gesteigert werden. Im Falle sulfierter Fette ist oft auch mit dem Auftreten von Grauschleiern zu rechnen. Daher ist vom Einsatz solcher Produkte unbedingt abzuraten. Es empfiehlt sich, entweder unsulfierte Fette zu verwenden (besonders bewährt haben sich nach unseren Untersuchungen Klauenöl und Spermöl) oder nur schwach sulfierte Produkte einzusetzen.

Die Fettung kann nach verschiedenen Methoden erfolgen, im Bad unmittelbar nach der Reinigung, durch Eintauchen in eine Lösung der Fettstoffe in organische Lösungsmittel, nachdem man das Reinigungsgut zunächst zentrifugiert bzw. aufgetrocknet hat, und durch Aufspritzen der Fettlösung mittels Spritzpistole. Bei der letzteren Methode des Aufsprühens mit Spritzpistole werden die Fette entweder in organischen Lösungsmitteln gelöst oder man verwendet Lickeröle, die im Verhältnis 1:1 mit Wasser verdünnt werden, wobei man die vorstehend geschilderten Nachteile in Kauf nehmen muss. Das Aufspritzen ist aber zumeist nicht zu empfehlen, weil die Fette dabei nicht genügend tief in das Leder eindringen, sich hauptsächlich an der Oberfläche des Leders anreichern und dadurch ungleichmäßige und streifige Fettungen, starke Dunklung usw. erreicht werden. Außerdem ist bei der Spritzfettung die Dosierung schwieriger und als Folge davon werden die Leder leicht überfettet, erhalten einen unerwünscht fettigen Griff, der wieder Ursache rascher Verschmutzungen beim weiteren Tragen sein kann. Daher ist normalerweise den beiden anderen Verfahren der Vorzug zu geben. Eine Spritzfettung ist eigentlich nur bei Lederapplikationen angebracht, bei denen ein Fetten im Bad nicht in Betracht kommt. In diesen Fällen wird

der Texülstoff abgedeckt und die Fettlösung auf die Applikationen aufgespritzt, wobei sich aber empfiehlt, zunächst mit dem reinen Lösungsmittel vorzuspritzen, um das Leder erst damit anzufeuchten und dadurch ein besseres Eindringen zu erreichen.

Von den beiden anderen Fettungsmethoden wird die Fettung im Spü1bad unmittelbar nach der Reinigung so durchgeführt, dass man diesem eine entsprechende Menge Fett zugibt, um die Verminderung des Fettgehaltes bei der eigentlichen Reinigung wieder abzugleichen. Die einzusetzende Menge an Fettstoffen richtet sich nach dem Grad der Entfettung, nach dem Flottenverhältnis im Spülbad und nach der Art des Leders. Der Grad der Entfettung ist meist ein sehr intensiver, wenn man nicht gleichzeitig schon Fettungsmittel dem Reinigungsbad zusetzt. Unter den normalen Bedingungen der Chemischreinigung, d. h. Flottenverhältnis 1:20, 0,1-0,2% Reinigungsverstärker, maximal 0,4 % Wasser auf Lösungsmittelmenge, Temperatur von 30 °C und einer Behandlungsdauer von höchstens 30 Minuten enthält das Leder, dessen Fettgehalt vorher zwischen 5-8 % schwankte, nach unseren Untersuchungen häufig nicht über 1%, nie über 2% Fett. Man könnte den Grad der Entfettung verringern, wenn man die Flottenmenge verkürzt, doch ist das aus den oben schon besprochenen Gründen wegen der dann stärkeren mechanischen Strapazierung nicht zu empfehlen. Für die Nachfettung genügt ein Flottenverhältnis von 1:5 und eine Walkdauer von 20 Minuten bei 30-40 °C, eine längere Walkdauer ergibt keine wesentliche Steigerung der Fettaufnahme. Eine Verkürzung des Lickerbades würde noch ein besseres Einziehen bewirken, ist aber im Hinblick auf die Schonung des Fasergefüges nicht erwünscht.

Bei Veloursleder werden normalerweise 15-20 % Fett auf das Gewicht des trockenen Reinigungsgutes eingesetzt, um den ursprünglichen Charakter des Leders wieder herzustellen. Für Nubuk- und Nappaleder muss die Fettmenge häufig verringert werden, insbesondere beim Nubukleder, bei dem ja der dicht strukturierte Narben nur ganz fein angeschliffen ist und bei zu hohem Fetteinsatz die Gefahr besteht, dass sich das Fett vorwiegend in der Oberfläche anreichert, der Nubukschliff verklebt und dann nach kurzem Tragen wieder eine Verschmutzung auftritt. Als Abart der Fettung im Bade sei auch die Möglichkeit angeführt, dass der Reiniger bei genügender Tankzahl seiner Reinigungsmaschine ein gesondertes Fettungsbad in „Vorrat hält, in dem er die aufgenommene Fettmenge immer wieder durch neuen Fettzusatz ersetzt, so dass dieses Bad für viele Partien verwendet werden kann und damit der Fettverlust vermindert wird.

Bisweilen wird die Auffassung vertreten, dass das Reinigen und Fetten in einem Zuge Schwierigkeiten beim nachfolgenden Detachieren und Nachschleifen bereiten würde. Das ist nach unseren Erfahrungen bei Veloursleder nicht der Fall, wohl aber können solche Schwierigkeiten bei Nubukleder eintreten, da hier der feine Schliff der Narbenseite leicht zu stark gefettet wird und dann bei einem nachfolgenden Schleifen soweit dies bei Nubukleder überhaupt durchgeführt wird zu Schwierigkeiten Veranlassung gibt, da der Schliff verschmiert. In solchen Fällen empfiehlt es sich, die Leder aufzutrocknen, zunächst zu schleifen und dann nach dem Tauchverfahren nachzufetten.

Die Nachfettung durch Tauchen wird entweder nach dem Zentrifugieren oder nach dem Auftrocknen des Reinigungsgutes durchgeführt. Das bedeutet natürlich namentlich im letzteren Falle doppeltes Trocknen und damit erhöhten Wärme- und Zeitaufwand, hat aber den Vorteil, dass man nach der Zwischentrocknung die Beschaffenheit des Leders gefühlsmäßig beurteilen und dann besser entscheiden kann, wie stark die Nachfettung durchgeführt werden soll. Bei der Nachfettung durch Tauchen wird das zentrifugierte oder getrocknete Reinigungsgut im stehenden Bad mittels Taucheinsatzes (Drahtkorbes) in die Lösung des Fettungsmittels in Schwerbenzin eingetaucht und bei Zimmertemperatur 10 Minuten darin belassen, dann abtropfen gelassen, zentrifugiert und getrocknet. Als Flottenmenge sollte ebenfalls ein Verhältnis von 1:5 verwendet werden, denn auch hier spielt die Flottenmenge eine wesentliche Rolle; je kürzer sie ist, je konzentrierter also die Fettmenge angeboten wird, um so höher ist verständlicherweise auch die Fettaufnahme. Die Fettaufnahme des zentrifugierten und erst recht des getrockneten Leders ist an und für sich schon wesentlich höher als beim Arbeiten im Bad, weil ja die Saugfähigkeit der Leder durch das Auftrocknen erheblich gesteigert wurde und die Diffusion der Fettlösung in das Leder schneller erfolgt. Es kann daher auch normalerweise bei der Tauchfettung mit einer geringen Fettmenge von etwa 10 % auf das Trockengewicht des Reinigungsgutes ausgekommen werden. Dem größeren Arbeitsaufwand steht also eine Einsparung an Fettungsmitteln und eine bessere Beurteilung des notwendigen Fettungseffektes am vorher getrockneten Leder gegenüber.

Hydrophobierung

Die meisten Bekleidungsleder werden bereits bei der Herstellung mit einem Hydrophobierungsmittel behandelt, um sie möglichst wasserabstoßend zu machen. Es lässt sich aber nicht vermeiden, dass diese Mittel je nach ihrer Löslichkeit in Benzin und insbesondere in Perchloräthylen bei der Chemischreinigung mehr oder weniger stark aus dem Leder entfernt werden und damit eine starke Wasserzügigkeit verursacht wird, die sich, wenn sie nicht wieder vermindert würde, namentlich bei Veloursleder beim weiteren Tragen durch leichtere Verschmutzung mit wasserlöslichen Beschmutzungsstoffen und durch das Auftreten von Regenflecken ungünstig auswirkt. In manchen Fällen, so, wenn ein Auffärben mit wasserlöslichen Farbstoffen vorgenommen wird, ist ein gewisses Ablösen der Hydrophobierungsmittel im Reinigungsbad nicht einmal so unerwünscht, da dadurch die Farbstofflösung besser in das Innere eindringen kann und ein höherer Grad der Reibechtheit erreicht wird. Andererseits können aber auch Reinigungsverstärker, wenn sie im Reinigungsbad mit verwendet werden, noch das Verhalten des Leders gegenüber Wasser zusätzlich ungünstig beeinflussen, wenn sie nicht nachträglich im Spülbad wieder gründlich entfernt werden, was aber meist nicht erreichbar ist. Deshalb lässt sich meist nicht umgehen, die gereinigten Bekleidungsstücke nach der Reinigung erneut zu hydrophobieren.

Von der Vielzahl möglicher Hydrophobierungsmittel werden zweckmäßig solche ausgewählt, die in organischen Lösungsmitteln löslich sind, da sie in ihnen meist kleinteilig gelöst werden, so dass sie besser in das Innere des Leders eindringen und damit eine gute Durchimprägnierung bewirken. Bei Hydrophobierungsmitteln in wässriger Lösung ist die Teilchengröße meist größer und damit wird vorwiegend ein Oberflächeneffekt erzielt, der sich bei einigem Tragen bald wieder mechanisch abreiben lässt.

Die Durchführung der Hydrophobierung kann wie die Nachfettung entweder unmittelbar nach der Reinigung im Spülbad oder nach dem Abschleudern durch Tauchen erfolgen und als dritte Möglichkeit kommt auch hier ein Übersprühen mit Spritzpistole in Betracht. Diese letztere Methode wird häufig bevorzugt, obwohl die Imprägnierungswirkung meist erheblich schlechter ist als bei Imprägnierungen in der Flotte, d. h. im bewegten Bad oder durch Tauchen oder durch Bürsten, da beim Übersprühen nur eine Oberflächenimprägnierung erreicht wird. Welches Verfahren ausgewählt wird, hängt aber in starkem Maße auch von dem Zeitpunkt der Hydrophobierung ab. Falls kein Nachfärben des Bekleidungsstückes erfolgt, kann man die Hydrophobierung unmittelbar nach der Reinigung und Nachfettung im Spülbad durchführen und erreicht dann mit Sicherheit eine gute Tiefenwirkung. Wird dagegen mit wasserlöslichen Farbstoffen aufgefärbt, was bei den meisten Bekleidungsstücken erforderlich sein dürfte, so ist die Hydrophobierung erst im Anschluss an die Auffärbung durchzuführen, da sonst die wässrige Farbstofflösung als Folge der Hydrophobierung nicht genügend in das Innere eindringen kann und ein starkes Abfärben zwangsläufig die Folge ist. In diesem Falle wird nur eine Spritzhydrophobierung in Betracht kommen, die dann zugleich auch eine gewisse zusätzliche Fixierung der Farbstoffe bewirkt. Allerdings besteht dabei die Gefahr, dass neben der oberflächlichen Wirkung ein Grauschleier entsteht und das Leder eine etwas raune, sandige Oberfläche bekommt. Diese letzte Erscheinung, die wir relativ häufig beobachtet haben, hängt allerdings auch von der angewandten Menge ab und daher sollten die Hydrophobierungsmittel in Lösungen verwendet werden, die höchstens 40-60 g Trockensubstanz/ltr. enthalten, zumal die Leder bei höherer Konzentration bei manchen Hydrophobierungsmitteln auch leicht etwas verhärten. Über das Arbeiten in Lösungen sind keine weiteren Angaben zu machen, hier gilt das bei der Nachfettung Dargelegte, beim Aufsprühen sollte 2-3 mal mit möglichst feiner Düse gespritzt werden.

Auffärben des Reinigungsgutes

Auch wenn alle bisherigen Prozesse sachgemäß durchgeführt wurden, wird man doch zumeist, insbesondere bei Velours- und Nubukleder, nicht darum herumkommen, eine Nachfärbung vorzunehmen, da in den überwiegenden Fällen eine Aufhellung eingetreten ist oder sich auch der ursprüngliche Farbton verschoben hat. Die Ursache kann einmal beim Leder selbst liegen, wenn die Färbung nicht genügend reinigungsbeständig war oder wenn insbesondere, wie bereits eingangs dargelegt, bei Anwesenheit pflanzlicher Gerbstoffe eine Farbtonverschiebung nach Braun erfolgte. Sie kann auch bei der Chemischreinigung durch die Entfettung Zustandekommen und außerdem war das Leder ja beim Tragen den Einflüssen von Licht, Luft, Regen und Schweiß ausgesetzt und hat außerdem mechanische Abnutzungen, vor allem an den Kanten, Taschen, Ärmeln, Vorderteilen und Kragen erfahren, und alle diese Einflüsse führen zwangsläufig zu einer gewissen Aufhellung und Tonverschiebung der Färbung. Wir haben früher bereits Verfahren der Nachfärbung veröffentlicht, die wir hier der Vollständigkeit halber nochmals kurz anführen, da sie sich nach unseren Erfahrungen und Versuchen einwandfrei bewährt haben und bei richtiger Durchführung gleichmäßige, gut deckende und reibechte Färbungen ergeben . Allerdings sei mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass für den Chemischreiniger immer zweckmäßig ist, das Auffärben möglichst in dem Farbton des ursprünglichen Leders vorzunehmen, da Umfärbungen auf einen ganz anderen Farbton zu-viel Farbstoff benötigen und dadurch meist zu nicht genügend reibechten Färbungen führen, die zu Reklamationen Veranlassung geben.

Die Farbenfabriken Bayer AG. - Leverkusen empfehlen, die gereinigten Bekleidungsstücke mit folgendem Ansatz zu überspritzen:

  1. 5 g Persiderm-Farben mit Wasser auf 1 ltr. aufgefüllt
  2. 20-30 g Persiderm S mit Wasser auf 1 ltr. Aufgefüllt

Die Persiderm-Farben sind brillante, hochlichtechte, gut deckende bzw. egalisierende Pigmentfarbstoffe, das Persiderm S ist die wässrige Emulsion eines Polymerisatbinders, der der Oberfläche des Veloursleders einen samtartigen und weichen Griff verleiht und die Farbstoffe auf dem Leder fixiert. Die erhaltenen Färbungen sind gut licht- und waschecht. Das Persiderm S sollte nicht in zu großer Menge verwendet werden, um ein Verkleben des Schliffs zu vermeiden.

Die Badische Anilin- & Soda-Fabrik AG. Ludwigshafen empfiehlt, die gereinigten und nachgefetteten Leder nach dem Trocknen zunächst mit einem Spritzauftrag von

  1. 30 g Bastamol FI
  2. 20 g Lipamin OK

zu überspritzen, wodurch die Bindung anionischer Farbstoffe erhöht und die Wasserechtheit verbessert wird. Dann wird angetrocknet und anschließend ein Spritzauftrag mit einer Lösung von 5-15 g Erganil-oder Luganilfarbstoff/ltr. Wasser unter Zusatz der halben Menge (bezogen auf Farbstoff) Essigsäure 6° Be bei Erganilfarbstoffen bzw. Ameisensäure 85 %ig bei Luganilfarbstoffen gegeben, erneut getrocknet, aufgebürstet und die Färbung durch Überspritzen mit 5 g Eukesolbinder S/ltr. Wasser fixiert. Zu beachten ist, dass bei hellen Tönen durch Verwendung von Bastamol FI und Lipamin OK eine Dunklung mit eventueller Farbtonverschiebung eintritt, so dass dieser Auftrag bei Pastelltönen besser unterbleibt.

Die Farbwerke Hoechst AG. — Frankfurt/Main-Hoechst empfehlen für das Nachfärben der gereinigten Leder ihre Coranil-Farbstoffe in folgender Mischung:#

  1. 3-10 g Coranilfarbstoff
  2. 0-5 g Coralon F
  3. 600-700 mg Wasser
  4. 400-300 mg Sprit oder Methylalkoholoder Lösungsmittel E 33.

Damit werden die Bekleidungsstücke gleichmäßig überspritzt und können dann evtl. noch mit einer wäßrigen Lösung von 5 g/ltr. Gelatine oder 25 g/ltr. Plastoderm FD zur Fixierung überspritzt werden. Auch diese Ansätze dürfen nicht zu hoch sein, um ein Verkleben des Veloursschliffs zu verhindern. Die Verwendung von Coralon F ist nur bei Pastelltönen ratsam, da dieser Egalisator aufhellt.

Die Farbwerke Hoechst empfehlen weiter auch das Auftönen mit Pigmentfarbstoffen, und zwar mit

  1. 3- 15 g Melustral-Pigmentfarbstoff mit Wasser auf 1 ltr. aufgefüllt
  2. 40-100 g Meluderm ZW mit Wasser auf 1 ltr. aufgefüllt
  3. 5-10 g Plastoderm HT mit Wasser auf 1 ltr. Aufgefüllt

Melustralfarben sind hoch lichtechte organische Pigmentfarbstoffe, Meluderm ZW und Plastoderm HT Polymerisatbindemittel, die der Fixierung des Farbstoffes dienen. Die Nachfärbung wird in allen Fällen zweckmäßig als Spritzfärbung durchgeführt, wobei man das Bekleidungsstück auf einer drehbaren Büste abspritzt. Dabei darf das Leder nicht zu nass werden, um ein Durchschlagen des Farbstoffs und damit unter Umständen auch ein Anfärben des Futters zu vermeiden. Außerdem wird die Gefahr des Abfarbens um so größer, je konzentrierter der Spritzauftrag verwendet wird. Daher ist es zweckmäßiger, mit dünneren Lösungen mehrere Aufträge „auf Kreuz“ zu spritzen und zwischendurch zu trocknen, da so die Nuancierung leichter und die Echtheit der Färbung besser ist.

Es mag in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen werden, dass man bei hellen Farbtönen, die nur etwas ausgeblichen sind, eine gewisse Farbvertiefung auch dadurch erreicht, dass man die gereinigten und in üblicher Weise nachgefetteten und nachhydrophobierten Bekleidungsstücke mit Trockendampf übersprüht, wodurch eine wesentliche Abdunklung eintritt, die auf dem optischen Effekt beruht, dass die Fasern durch den Dampf aufgerichtet werden und die Reflektion des Lichts dadurch eine Änderung erfährt. Viele Bekleidungsstücke lassen sich schon dadurch im Farbton wieder in einen fast neuartigen Zustand bringen.Bei Narbenleder (Nappaleder) erstreckt sich die Nachfärbung lediglich darauf, dass nach der Oberflächenreinigung eine Farbegalisierung mit Deckfarben zweckmäßig auf Nitrozellulosebasis vorgenommen wird. Fertige Deckfarben sind in jeder Nuance erhältlich, so dass nur noch eine leichte Abmischung nach dem gewünschten Farbton erforderlich ist.

Nachdetachur und mechanische Schlussbehandlung

Nach der Reinigung und chemischen Nachveredlung sind noch eine Reihe von Arbeitsprozessen als Nachdetachur und mechanische Schlussbehandlung durchzuführen, um dem Bekleidungsstück wieder ein Gesicht zu geben und es auch rein mechanisch in einen einwandfreien Zustand zurückzuversetzen. Diese Arbeitsprozesse sollen nachstehend zusammenfassend angeführt werden, obwohl sie nicht unbedingt an dieser Stelle, sondern vielfach schon vor dem Nachfärben durchgeführt werden.

Das gilt einmal für die Entfernung von Flecken, die bei der Reinigung und der Vordetachur nicht genügend erfasst wurden und bei denen die Gefahr besteht, dass sie auch nach dem Auftönen noch sichtbar bleiben. Hier muss eine individuelle Behandlung einsetzen, die kostenaufwendig ist und sehr viel Fingerspitzengefühl erfordert, bei einiger Erfahrung aber mit Erfolg durchgeführt werden kann. Man sollte dabei zunächst nicht mit Lösungsmitteln oder Reinigungsverstärker an diese Flecken herangehen, sondern sie mit den gerade für Velourslederbekleidung geeigneten Mitteln und Geräten zu entfernen suchen. Hier sei angefangen vom Radiergummi über Schwämme, Gummibürsten, Kunststoffbürsten bis zur Stahlbürste und zum Schmirgelpapier der verschiedensten Korngröße. Für diese Fleckenbehandlung kann natürlich keine Norm aufgestellt werden, hier muß der jeweilige Versuch entscheiden. Dabei muss immer wieder berücksichtigt werden, daß die Oberfläche von Nubukleder besonders empfindlich ist, so dass gerade diese Lederart nur mit feinstem Papier bearbeitet werden darf.

Darüber hinaus wird es aber vielfach auch nötig sein, bei Velours- und Nubukleder vor der Färbung die ganze Fläche aufzurauhen und einen einheitlichen Schliff wieder herzustellen, wenn der Velours durch die mechanische Strapazierung des Kleidungsstücks zu sehr abgerieben wurde und die Oberfläche daher einen abgewetzten Eindruck macht. Auch hier kommen für die Bearbeitung Bürsten der verschiedensten Art über die Gummibürste, die Perlonbürste bis zur Metallbürste in Betracht und ebenso muss auch hier Schmirgelpapier verschiedener Körnung eingesetzt werden, wenn starke Abwetzungen vorliegen. In diesem Stadium kann man auch das Sandstrahlgebläse einsetzen, das wir eingangs als Hauptreinigungsverfahren ablehnten.

das aber bei der Nachbehandlung, vorsichtig verwendet, von Vorteil sein kann, einmal um eng begrenzte Stellen mit hartnäckiger Verschmutzung zu bearbeiten, zum andern um auch der ganzen Fläche vor dem Auftönen wieder eine einheitliche Veloursbeschaffenheit zu geben, wodurch die nachfolgende Färbung wesentlich erleichtert und mit erheblich geringeren Farbstoffmengen durchgeführt werden kann als ohne diese Behandlung. Es muss nur darauf geachtet werden, daß der Schleifstaub nachträglich gründlich durch Abklopfen oder Abblasen entfernt wird, da unechte Färbungen erfahrungsgemäß meist nicht so sehr auf die Färbung wie auf das Verbleiben von Schleifstaub auf der Oberfläche zurückzuführen sind. Dabei ist ein Abblasen meist vorzuziehen, da beim Abbürsten leicht elektrostatische Aufladungen auftreten und eine wirksame Staubentfernung verhindern.

In diesem Stadium muss schließlich auch geprüft werden, inwieweit die Bekleidungsstücke einer Nachbearbeitung bedürfen. Häufig haben sich durch die Reinigung die Rand verklebungen gelöst, wenn die Klebstoffe nicht reinigungsbeständig waren. Die aufgegangenen Ränder müssen selbstverständlich wieder angeklebt werden, um der Jacke ein einwandfreies Aussehen zu geben. Vielleicht sind auch die Versteifungen im Kragen oder den Kragenaufschlägen durch die Reinigung unbrauchbar geworden und Revers und Kragen haben sich daher nach dem Trocknen zusammengerollt. Durch einfaches Bügeln erreicht man kein Glattlegen mehr, in diesem Falle muss das unbrauchbar gewordene Versteifungsmaterial entfernt und ein neues eingeheftet werden. Auch das Annähen lose gewordenen Futters ist mit einzubeziehen.

Zum Schluss sei noch einiges zum Bügeln und Dämpfen gesagt. Es wurde wiederholt erwähnt, dass Leder je nach Gerbart mehr oder weniger hitzebeständig ist und dass bei unsachgemäßem Arbeiten Schrumpfungen und Verhärtungen auftreten können, namentlich wenn Wasser zu-gegen ist. Am besten wäre es, überhaupt die Verwendung von Wasser zu vermeiden, aber das lässt sich oft nicht umgehen, um ein glattes und einwandfreies Aussehen des Bekleidungsstücks zu erreichen. Man sollte daher, falls ein Dämpfen erforderlich wird, nur ein nebelartiges Besprühen vornehmen und dann sofort mit dem Bügeln beginnen, um ein tieferes Eindringen des Wassers in das Fasergefüge zu verhindern. Eine gewisse Rolle spielt dabei auch der Zeitfaktor und es wird notwendig sein, die ganze Fläche gleichmäßig und zügig zu behandeln. Das Bügeln wird entweder mit nur mäßig erhöhter Temperatur von der Rückseite vorgenommen oder es muss mit einem Bügeltuch gearbeitet werden, um Glanzstellen zu vermeiden. Bügelpressen können nur kurz und nur mit Unterdampf eingesetzt werden. Schließlich werden die Leder noch mit weicher Bürste leicht aufgebürstet, um die richtige Veloursbeschaffenheit herauszuarbeiten.

Die vorstehenden Ausführungen haben eine Übersicht über alle Faktoren ergeben, die bei einer Vollreinigung von Lederbekleidung zu beachten sind. Sie stützen sich auf umfangreiche Untersuchungen und Erfahrungen, und wenn der Reiniger die angeführten Faktoren berücksichtigt und sich mit dem Werkstoff Leder, seinen Eigenschaften und seinem Reinigungsverhalten wirklich vertraut macht, werden Schwierigkeiten und Fehler in Zukunft weitgehend vermieden werden können.

Es erhebt sich allerdings in diesem Zusammenhang erneut die schon wiederholt diskutierte Frage nach Schaffung einer geschützten Geschäftskennzeichnung für erfahrene Reiniger von Lederbekleidung, die nur nach Überprüfung von neutraler Stelle verwendet werden darf. Dadurch würde der Kunde eine Gewähr haben, dass er seine zu reinigende Lederbekleidung wirklich in die Hand eines erfahrenen Fachmanns gibt.

Literatur

  1. H. Herfeld und W. Pauckner, Revue Chem. Reinigung/Färberei, 1961, Heft 3;
  2. H. Herfeld und W. Pauckner, Revue Chem. Reinigung/Färberei, 1961, Heft 4;
  3. H. Herfeld und W. Pauckner,
  4. Gerbereiwiss. und -praxis, Mal 1961;
  5. H. Herfeld und W. Pauckner,
  6. Gerbereiwiss. und -praxis, Juli 1962;
  7. K. G. Rordorf, Jahrbuch für das Textil-Reinigungsgewerbe, 1960;
  8. H. Herfeld und O. Endisch, Gerbereiwiss. und -praxis, September 1960.


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