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Untersuchungen zum Ersetzen von Ammoniak in den Prozessen der Nasszurichtung aus dem Jahre 1997

G. Renner, T. Yaldir und H.-P. Germann Lederinstitut Gerberschule Reutlingen

Herrn Prof. Dr. Wilhelm Pauckner zum 7O. Geburtstag gewidmet

Bei der Lederherstellung stammt der Haupteintrag an Ammoniumverbindungen in das Abwasser aus dem Arbeitsprozess der Entkälkung sowie aus dem Abbau von Eiweißstoffen der tierischen Haut. Während der letztgenannte Ammoniumeintrag in das Abwasser aus der Lederherstellung prinzipiell nicht vermieden werden kann, lässt sich der Eintrag über die Restflotten der Entkälkung durch die Anwendung ammoniumarmer bzw. -freier Entkälkungsmittel verringern bzw. weitgehend vermeiden. Ein weiterer Beitrag zur Ammoniumfracht in Gerbereiabwässern stammt aus den Restflotten der Färberei. In dem Prozess der Färbung im Rahmen der Lederherstellung erfolgt bis heute der Zusatz von Ammoniak vor der Farbstoff Zugabe, um eine gleichmäßige und bessere Durchfärbung der Leder zu erreichen. Bei einer Reihe von Ledern wird außerdem vor der Färbung eine sogenannte Zwischentrocknung durchgeführt, um zum einen die Weichheit positiv zu beeinflussen und zum anderen die Möglichkeit einer Sortierung in diesem Stadium zu nutzen. Diese naturellen Crustleder müssen dann vor der Färbung rückgeweicht (broschiert) werden. Als Broschierhilfsmittel wird dabei ebenfalls häufig Ammoniak eingesetzt, um den Rückweichvorgang zu beschleunigen. Mit dem Ziel, die bei der Lederherstellung ins Abwasser gelangende Ammoniumfracht weiter zu verringern, sollte im Rahmen dieser Arbeit untersucht werden, inwieweit Ammoniak bei der Broschur und der Färbung von Ledern ersetzt werden kann, ohne die Qualität der Färbung negativ zu beeinflussen. Dabei sollte auch festgestellt werden, um welchen Anteil die ins Abwasser gelangende Ammoniumfracht bei Anwendung von ammoniumsalzfreien Hilfsmitteln verringert werden kann und ob die bei den Prozessen der Broschur und der Färbung ins Abwasser gelangende Chrommenge sowie die Fällbarkeit der Chromionen in den Färbereiabwässern von den eingesetzten Hilfsmitteln entscheidend beeinflusst werden.

Studies in the Replacement of Ammonia in Wet Finishing Processes

The main sources of ammonia compounds emitted into the waste water during leather making are the deliming process and degraded proteins from the animal skin. While it is impossible to avoid the leather of these sources of ammonia carried into the waste water during the leather making process, the input via the residual liquor from deliming can be reduced or almost completely avoided by using deliming agents that contain less or no ammonia. Another source that contributes to the ammonia contents in waste water from tanneries is the residual liquor used for dyeing. This day, the dyeing process as part of leather making relies on adding ammonial before the dyeing agents to achieve a more evenly and improved dyeing of the leather. Some types of leather are also exposed to intermediate drying before the actual dyeing process to achieve a positive effect on the softness and also to have an opportunity to sort the leather at this stage. Before dyeing, these types of natural crust leather have to be soaked again. The soaking agent used in many cases is again ammonia that helps accelerating the soaking process. With the objective to further reduce

the amount of ammonia emitted into the waste water during leather making, this study aimed at examining to what extent ammonia can be replaced during leather soaking and dyeing without reducing the quality of the dye. Another aim was to find out by which rate the amount of ammonia emitted into the waste water can be reduced if agents free from ammonia salt are used and whether the amount of chromium washed out with the waste water from the soaking and dyeing processes and the precipitation characteristics of the chromium ions in the waste water from dyeing are significantly influenced by the agents used.

Einleitung und Problemstellung

Beim Einleiten von Abwasser in ein Gewässer müssen hinsichtlich des Ammoniumgehaltes bestimmte Anforderungen eingehalten werden. Um die Mindestanforderung im Ablauf der Kläranlage gesichert einhalten zu können, stellen die kommunalen Kläranlagenbetreiber häufig Anforderungen an den Ammoniumgehalt im Abwasserzulauf zur Kläranlage. Diese Anforderungen können von den indirekt einleitenden lederherstellenden Betrieben oft nur schwer eingehalten werden.

Bei der biologischen Abwasserreinigung verursachen Ammoniumverbindungen einen hohen Sauerstoffverbrauch. Daher versuchen auch die Direkteinleiter durch innerbetriebliche Vermeidungsmaßnahmen den Ammoniumeintrag ins Abwasser so gering wie möglich zu halten. Gemäß Anhang 25 zur Rahmenabwasser-Verwaltungsvorschrift müssen direkt einleitende lederherstellende Betriebe beim Ableiten der gereinigten Abwässer in ein Gewässer die Mindestanforderung von 10 mg/1 NH4+-N einhalten.

Bei der Lederherstellung gelangen Ammoniumverbindungen zum einen aus dem Abbau von Eiweißstoffen aus der tierischen Haut ins Abwasser, zum anderen werden bei verschiedenen Prozessen Ammoniumsalze bzw. Ammoniaklösung eingesetzt. So kommen z.B. bei der konventionellen Lederherstellung zur Entkälkung der geäscherten Häute Ammoniumsalze zur Anwendung. Während der Haut-bedingte Ammoniumeintrag in das Abwasser aus der Lederherstellung prinzipiell nicht vermieden werden kann, lässt sich der Ammoniumeintrag über die Restflotten der Entkälkung durch die Anwendung ammoniumarmer bzw. -freier Entkälkungsmittel verringern bzw. weitgehend vermeiden. Verschiedene Forschungsarbeiten zum Thema ammoniumfreie Entkälkung, z.B. mit Kohlendioxid, wurden u.a. auch in unserem Institut durchgeführt. Daraus abgeleitete erfolgreiche Verfahren werden in vielen Betrieben -soweit möglich - bereits angewandt.

Ein wesentlicher Beitrag zum Ammoniumeintrag ins Abwasser stammt auch aus den Färberestflotten. Bei einer Reihe von Ledern wird vor der Färbung eine sogenannte Zwischentrocknung durchgeführt, um zum einen die Weichheit der Leder positiv zu beeinflussen und zum anderen die Möglichkeit einer Sortierung in diesem Stadium zu nutzen. Diese naturellen (nicht gefärbten) Crustleder müssen vor der Färbung rückgeweicht (broschiert) werden. Als Broschierhilfsmittel wird dabei häufig Ammoniak eingesetzt, wodurch die Benetzbarkeit der Kollagenfasern verbessert und dadurch der Rückweichvorgang beschleunigt werden soll. Praxisüblich ist der Einsatz von 1-2 % Ammoniaklösung (25prozentig) bezogen auf Crustleder. Außerdem wird Ammoniak als Färbereihilfsmittel vor der Farbstoffzugabe direkt im Färbebad eingesetzt, um die Durchfärbung der Leder günstig zu beeinflussen. Praxisüblich werden im Färbebad 1-2 % Ammoniaklösung (25prozentig) bezogen auf Crustledergewicht bzw. bei der direkten Arbeitsweise ohne Zwischentrocknung auf Falzgewicht eingesetzt.

Mit dem Ziel, die bei der Lederherstellung ins Abwasser gelangende Ammoniumfracht weiter zu verringern, sollte im Rahmen dieses Forschungsvorhabens untersucht werden, inwieweit Ammoniak bei der Broschur und der Färbung von Ledern ersetzt werden kann, ohne die Qualität der Färbung negativ zu beeinflussen. Dabei sollten in Abhängigkeit vom Ammoniakeinsatz die ins Abwasser gelangenden Ammoniumfrachten ermittelt werden.

Bis heute ist noch wenig darüber bekannt, ob die eingesetzten Färberei­hilfsmittel einen Einfluß auf den Chromgehalt und die Fällbarkeit der Chromionen in den Nasszurichtungsabwässern haben. Aus anderen For­schungsarbeiten wissen wir, dass die Fällbarkeit der Chromionen erheb­lich von den organischen Inhaltsstoffen abhängen kann. Im Rahmen dieser Arbeit sollte daher auch die Fällbarkeit der Chromionen in den Färbe- bzw. Nasszurichtungsabwässern bei Anwendung der verschiedenen Färberei- und Broschierhilfsmittel untersucht werden.

Es stehen eine Vielzahl von Färbereihilfsmitteln zur Verfügung, die nach ihrem Ladungscharakter in nichtionogene, anionische, kationische und amphotere Hilfsmittel unterteilt werden. Die Anwendung dieser Hilfsmittel ist jedoch nicht unproblematisch, da in vielen Fällen die Färbung nicht identisch zu den ammoniakhaltigen Verfahrensvarianten ausfällt. So kann z.B. die Intensität der Färbung anders sein und es kann zu Farbtonverschiebungen kommen. Der Einsatz dieser Hilfsmittel kann auch zu einer geringeren Farbstoffbindung führen, was eine Verschlechterung der Licht- und Reibechtheitswerte der Leder zur Folge haben kann. In Vorversuchen wurde daher zunächst im Labormassstab der Einsatz verschiedener Färbereihilfsmittel getestet, um anschließend diejenigen Versuchsvarianten, welche die besten färberischen Resultate ergaben, auf Technikums versuche an halben Häuten zu übertragen, was zur Beurteilung der Egalität einer Färbung unabdingbar ist.

Bei den im halbtechnischen Maßstab durchgeführten Versuchen wurden außerdem die ins Abwasser gelangenden Ammonium- und Chromfrachten ermittelt sowie das Fällungsverhalten der Restflotten untersucht.

Um die unterschiedlichen Gegebenheiten wichtiger Lederarten zu berücksichtigen, bei denen eine Durchfärbung erwünscht ist, wurden die Untersuchungen in drei Teilen durchgeführt.

Im 1. Teil dieser Forschungsarbeit wurde der Einsatz verschiedener Färbereihilfsmittel bei der Färbung von Möbelledern untersucht. Nach praxisüblichem Verfahren wurden zunächst naturelle Crustleder hergestellt, die als Ausgangsmaterial für die Färbeversuche dienten.

Von den im Rahmen der Voruntersuchungen getesteten Hilfsmitteln bzw. Hilfsmittelkombinationen und Verfahrensweisen erwies sich der Einsatz eines kationischen Fettungsmittels in der Broschur als geeigneter Ersatz für Ammoniak, wenn die Qualität der Färbung insbesondere bezüglich der Farbegalität über die gesamte Lederfläche und in den verschieden strukturierten Hautpartien (z.B. Mastfalten, Halsriefen, leichte Narbenverletzungen) keine Verschlechterung erfahren sollte. Gleichzeitig erbrachte der Einsatz eines Hilfsmittels auf Protein-Syntan-Basis (zusammen mit 0,5 % eines schwach kationischen Hilfsmittels) anstelle von Ammoniak vor Farbstoffzugabe im Färbebad ein gutes färberisches Ergebnis. Die Qualität der Färbung war insgesamt am besten, wenn gleichzeitig ein Austausch von Ammoniak gegen ein kationisches Fettungsmittel im vorausgegangenen Prozessschritt der Broschur erfolgte.

An diesen ausgewählten Variationen des Färbeprozesses wurden die relevanten Abwasserparameter untersucht und mit einem für diesen Ledertyp üblichen Standardverfahren unter Einsatz von Ammoniak in den Stufen der Broschur sowie der Färbung verglichen. Im Standardverfahren kam dabei in dem Färbebad neben Ammoniak und einem üblichen anionischen Färbereihilfsmittel noch ein amphoteres polymeres Hilfsmittel zur Anwendung, um eine gleichmäßigere Einfärbung der verschiedenen Naturmerkmale an der Hautoberfläche zu erreichen. Diese Funktion wird im Falle des Protein-Syntan-Hilfsmitteleinsatzes (anstelle von Ammoniak) von diesem Produkt mit übernommen.

An den naturellen Möbel-Crustledern wurden also folgende Broschur-und Färbevarianten untersucht:

1.A

Standardarbeitsweise mit 1 % Ammoniak in der Broschur und 1 % Ammoniak neben einem amphoteren polymeren Hilfsmittel und einem anionischen Hilfsmittel in der Färbung.

1.B

Ammoniumfreie Arbeitsweise mit einem kationischen Fettungsmittel in der Broschur und einem Hilfsmittel auf Protein-Syntan-Basis (zusammen mit einem schwach kationischen Hilfsmittel) in der Färbung.

l.C

Broschur mit einem kationischen Fettungsmittel und Färbung mit 1 % Ammoniak analog Variante 1.A

Im 2. Teil der Untersuchungen wurde der Ammoniumeintrag bei der Nasszurichtung von Ziegenbekleidungsledern untersucht. Als Rohware dienten getrocknete tasmanische Ziegen, die im Schwödeverfahren enthaart wurden. Nach einer ammoniumfreien Entkälkung erfolgte die Gerbung mit einem konventionellen Chromgerbstoff. Zur Nachgerbung wurde ein organisch maskierter Chromgerbstoff eingesetzt. Nach der Neutralisation und Fettung wurden die Leder hängegetrocknet, gestollt und gemillt. An den so erhaltenen naturellen Bekleidungs-Crustledern wurden folgende Broschur- und Färbevarianten untersucht:

2.A

Standardarbeitsweise mit 1 % Ammoniak in der Broschur und 1 % Ammoniak in der Färbung.

2.B

Ammoniumfreie Arbeitsweise mit einem kationischen Fettungsmittel in der Broschur und einem Hilfsmittel auf Protein-Syntan-Bäsis (zusam­men mit einem schwach kationischen Hilfsmittel) in der Färbung.

2.C

Broschur mit einem schwach kationischen Färbereihilfsmittel und Fär­bung unter Einsatz von 1 % Ammoniak.

Im 3. und letzten Teil des Forschungsvorhabens wurde die Möglichkeit des Ersetzens von Ammoniak in den Nasszurichtungsprozessen bei Nubukledern vom Typ Schuhoberleder untersucht. Ausgehend von süddeutschen Kuhhäuten wurden dabei nach einem praxisüblichen Ver­fahren wet blue Leder erzeugt und daraus in einer Direktarbeitsweise, d.h. ohne Zwischentrocknung, Nubukleder hergestellt. Im Falle dieser Nubuk-Schuhoberleder wurden folgende Variationen der Färbung untersucht:

3.A

Standardarbeitsweise mit 1 % Ammoniak.

3.B

Ammoniumfreie Arbeitsweise unter Einsatz von 1 % eines anionischen Egalisier- bzw. Färbereihilfsmittels.

3.C

Ammoniumfreie Arbeitsweise unter Einsatz von 1 % Natriumhydrogen-carbonat.

Tabelle 1:

Bei allen drei Varianten kamen innerhalb des Färbeprozesses noch 2 % eines anionischen Färbereihilfsmittels (vor der Durchfärbung) sowie 1 % eines kationischen Färbereihilfsmittels und 2 % eines Chrom-Aluminium-Mischgerbstoffes vor der ersten bzw. zweiten AufFärbung zum Einsatz.

Ergebnisse:

1. Teil (Möbelleder)

In den Tabellen 1 und 2 sind die Anunonium-Stickstoff- und Chromgehalte in den Nasszurichtungsrestflotten in Abhängigkeit vom Ammoniakeinsatz dargestellt. Bei der Standardarbeitsweise unter Einsatz von Ammoniak zur Broschur und Färbung gelangen 2 620 mg NIV-N/kg Crustleder ins Abwasser. Wird die Broschur mit einem ammoniumsalzfreien Hilfsmittel durchgeführt und lediglich zur Färbung 1 % Ammoniak (bezogen auf Crustleder) zugesetzt, kann der Ammoniumeintrag auf ca. die Hälfte verringert werden. Bei einem vollständigen Ersetzen von Ammoniak auch im Teilschritt der Färbung gelangen dagegen nur 200 mg NH4+-N/kg Crustleder ins Abwasser. Entsprechend lagen die Konzentrationen im Mischabwasser der Nasszurichtung bei 97 (2 x 1 % Ammoniakeinsatz), 50 (1 % Ammoniakeinsatz) bzw. 7,4 (0 % Ammoniakeinsatz) mg NH4+-N/l.

Tabelle 2:

In den Restflotten der Nasszurichtung wurden außerdem die Chromgehalte jeweils in den homogenisierten und in den filtrierten Abwasserproben ermittelt, um eine Aussage über den Gehalt an gelösten Chromverbindungen zu erhalten. Im Fall der Filtration werden dabei unlösliche Chromverbindungen sowie chromhaltige Fasern abgetrennt.

Die niedrigeren pH-Werte im Fall der ammoniakfreien Arbeitsweisen bedingten eine höhere Löslichkeit der Chromverbindungen (Tab. 1 und 2). So gelangten bei der ammoniakfreien Arbeitsweise immerhin 1330 mg Chrom/kg Crustleder ins Abwasser und bei Teilersatz von Ammoniak 815 mg Cr/kg. Bei der ammoniakhaltigen Standardarbeitsweise ergab sich hingegen rechnerisch nur ein Eintrag an gelöstem Chrom von 626 mg/kg.

Beurteilung der Färbung

In Tab. 3 sind die Licht- und Reibechtheitswerte der nach den 3 Färbevarianten hergestellten Leder zusammengestellt. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Ledern sind nicht signifikant. Tendenziell werden jedoch mit der ammoniakfreien Färbevariante 1. B sogar bessere Werte erreicht. Auch hinsichtlich der Farbegalität waren die ohne bzw. mit verringertem Ammoniakeinsatz gefärbten Leder durchaus mit dem Standardleder vergleichbar.

Tabelle 3:

Abwasserbehandlung

Bei vorgeschriebener Abwasser-Teilstrombehandlung ist vor dem Ableiten in die Kanalisation die gesetzliche Mindestanforderung von 1 mg Cr/l zu erfüllen. Daher wurde auch untersucht, ob die Fällbarkeit der Chromionen vom Ammoniumgehalt der Abwässer beeinflusst wird. Entsprechend der in Vorversuchen ermittelten geeigneten Fällungsparameter wurden die Abwässer dazu mit Calciumhydroxid auf pH-Werte zwischen 10 und 12 eingestellt und als Fällungs- bzw. Flockungshilfsmittel Eisen(m)-Chlorid- sowie Polyelektrolytlösung zugesetzt. Die Untersuchungsergebnisse, die in Tab. 4 dargestellt sind, zeigen, dass die Fällbarkeit des Chroms durch die Ammoniumionen nicht negativ beeinflusst wird. Tendenziell ist das Abwasser aus der ammoniakfreien Arbeitsweise sogar schwerer fällbar, so dass erst bei einem Fällungs-pH-Wert von 12 und mit erhöhtem Eisensalz-Zusatz die Mindestanforderung von 1 mg Cr/l eingehalten werden kann.

In einer weiteren Möbelleder-Versuchsreihe, die im Unterschied zur ersten Versuchsreihe ohne die Anwendung einer Pigmentierung in der abschließenden Topfärbung erfolgte, wurden die Abwasseruntersuchungen wiederholt. Diese Versuchsreihe ist insofern von Bedeutung, als der Pigmenteinsatz in der ersten Versuchsreihe mit der gleichzeitigen Anwendung eines chromhaltigen Produktes einhergeht, wodurch der Chromgehalt der resultierenden Restflotten entscheidend beeinflusst werden kann.

Tabelle 4 und Tabelle 5:

Die pH-Werte, Ammonium-Stickstoff- und Chromgehalte in den Färbeflotten, sowie die ins Abwasser gelangenden Frachten, sind in Tab. 5 zusammengestellt. Auf die Bestimmung der Parameter in den einzelnen Flotten wurde hier verzichtet, da bei der ersten Versuchsreihe eine gute Übereinstimmung zwischen den im Mischabwasser analytisch bestimmten und den rechnerisch aus den Konzentrationen der Einzelflotten ermittelten Werten erhalten wurde. Dabei wurden die Untersu­chungsergebnisse aus der ersten Versuchsreihe bestätigt. Der in der Broschur und zum Färben eingesetzte Ammoniak gelangt fast vollständig in die Restflotten. Bei einem Ammoniakeinsatz von 2 % bezogen auf Crustledergewicht gelangen 3 780 mg NH4+-N/kg Crustleder in das Abwasser gegenüber 51 mg/kg bei der ammoniakfreien Variante. Dagegen ist die ins Abwasser gelangende Chromfracht bei der ammoniakfreien Verfahrensvariante höher. Im Vergleich zu der Arbeitsweise mit Pigmentierung gelangt aber insgesamt weniger Chrom ins Abwasser, da hier im Färbebad kein Chromsyntangerbstoff eingesetzt wurde.

Beurteilung der Färbung

In Tab. 6 sind die Licht- und Reibechtheiten der mit der ammoniakfreien und ammoniakhaltigen Färberezeptur erhaltenen Leder gegenübergestellt. Hinsichtlich der Licht-, Trocken- und Nassreibechtheiten sind keine Unterschiede zu erkennen. Im Falle der Schweißreibechtheit sind die mit der ammoniakfreien Arbeitsweise erhaltenen Leder sogar überlegen. Mit beiden Verfahren wurden in Bezug auf die Egalität der Färbung vergleichbare Leder erhalten.

Tabelle 6:

2.Teil (Ziegenbekleidungsleder)

In Tab. 7 sind die Ammonium-Stickstoff- und Chromgehalte der Färberestflotten in Abhängigkeit vom Ammoniakeinsatz dargestellt. Bei den ammoniakfreien Broschurvarianten lag der Ammonium-Stickstoffgehalt in den Restflotten zwischen 13 und 15 mg/1. Wurde zur Broschur 1 % techn. Ammoniak (ca. 25prozentig) eingesetzt, lag der Ammonium-Stickstoffgehalt bei ca. 160 mg/1. Bei der ammoniakfreien Verfahrensvariante lag der Ammonium-Stickstoffgehalt in der Färberestflotte bei ca. 34 mg/1. Wurde zur Färbung 1 % Ammoniak eingesetzt, erhöhte sich der Ammonium-Stickstoffgehalt auf ca. 210 (ammoniakfreie Broschur) bzw. 260 (Broschur mit Ammoniak) mg/1.

Wie im Fall der Möbelleder wurden die Chromgehalte wiederum in den homogenisierten und in den filtrierten Restflotten ermittelt.

Wurde die Broschur mit dem kationischen Fettungsmittel durchgeführt, lag der Chromgehalt in der Restflotte höher als bei den beiden anderen Versuchsvarianten. Der höhere Chromgehalt könnte pH-bedingt sein, da sich hier ein vergleichsweise niedrigerer Flotten-pH-Wert einstellte, 3,9 gegenüber 4,6 bzw. 5,2.

Tabelle 7:

In der Färberestflotte lag der Chromgehalt bei der ammoniakfreien und der Standardarbeitsweise in der gleichen Größenordnung (ca. 70 mg/l). Ein signifikant niedrigerer Chromgehalt wurde erhalten, wenn in der Broschur das kationische Färbereihilfsmittel eingesetzt wurde. Hier lag die Chromkonzentration bei ca. 15 mg/l, obwohl die pH-Werte am Ende der Färbung und beim Waschen niedriger als bei den Vergleichsversuchen lagen.

Sowohl bei den NH4+-N - als auch bei den Chromgehalten wurde eine sehr gute Übereinstimmung zwischen den aus den Einzelflotten rechnerisch ermittelten und den in den Mischabwässern analytisch bestimmten Werten erhalten.

In Tabelle 8 sind die bei der Herstellung von Ziegenbekleidungsleder ins Abwasser gelangenden Ammonium-Stickstoff- und Chromfrachten zusammengestellt. Bei der Standardfärberezeptur unter Einsatz von jeweils 1 % Ammoniak in Broschur und Färbung gelangten 3950 mg NH4+-N/kg Crustleder ins Abwasser. Wurde die Broschur mit einem schwach kationischen Färbereihilfsmittel durchgeführt und nur zur Färbung 1 % Ammoniak eingesetzt (Ammoniak-Teilersatz), reduzierte sich der Ammoniumeintrag auf 2 300 mg/kg Crustleder. Bei der ammoniakfreien Versuchsvariante gelangten 450 mg NH4+-N/kg Crustleder ins Abwasser.

Tabelle 8:

Dieser Ammoniumeintrag kann zumindest teilweise aus der tierischen Haut stammen, es kann jedoch auch nicht ausgeschlossen werden, dass andere eingesetzte Hilfsmittel zum Ammoniumgehalt im Abwasser beitragen.

Die im Rahmen der Färbung ins Abwasser gelangende Chromfracht lag mit ca. 900 mg/kg Crustleder bei der ammoniakfreien Variante unter Einsatz des kationischen Fettungsmittels und der ammoniakhaltigen Standardarbeitsweise in der gleichen Größenordnung. Dagegen lag bei der Versuchsvariante unter Einsatz eines schwach kationischen Färbereihilf smittels in der Broschur (Teilersatz von Ammoniak) die ins Abwasser gelangende Chromfracht mit ca. 200 mg/kg Crustleder deutlich niedriger.

Abwasserbehandlung

Bei der Untersuchung des Fällungsverhaltens der gelösten Chromanteile in den Färbereimischabwässern zeigte sich wie bereits im Fall der Möbelleder, dass die Fällbarkeit von Chrom bei der ammoniumhaltigen Standardarbeitsweise (2. A) am besten war. Hier genügte ein relativ niedriger Fällungs-pH-Wert (pH 9,5), um die Mindestanforderung von 1 mg Cr/l erreichen zu können. Im Abwasser aus der ammoniakfreien Arbeitsweise (2. B) wurde die Mindestanforderung erreicht, wenn die Fällung mit einem im Vergleich zur Standardarbeitsweise höheren Fällungsmitteleinsatz durchgeführt wurde. Am schwierigsten war das Abwasser aus der Versuchsvariante mit dem kationischen Färbereihilfsmittel in der Broschur (2. C) zu fällen. Erst bei einem Fällungs-pH-Wert über 12 und einem relativ hohen FeCl3-Zusatz konnte die Mindestanforderung von 1 mg Cr/l erreicht werden. Da zur Behandlung der Abwässer aus der ammoniakfreien bzw. -armen Versuchsvariante höhere Fällungsmittelmengen erforderlich waren, lag hier der Schlammanfall mit 2,3 g TS/1 (2. B) bzw. 3,0 g TS/1 (2. C) auch wesentlich höher als bei der Standardarbeitsweise (2. A) mit 1,0 g TS/1.

Beurteilung der Färbung

Zur Färbung der Ziegenbekleidungsleder wurde ein Säurefarbstoff ausgewählt, der nur unter optimalen Voraussetzungen gleichmäßig auf das Leder aufzieht. So sollte bei einer Beurteilung der Einfluss der eingesetzten Färbereihilfsmittel auf die färberischen Eigenschaften am deut­lichsten erkennbar werden. Hinsichtlich der Egalität und Intensität der Färbung erwies sich die ammoniakfreie Variante (2. B) als vorteilhaft.

Tabelle 9:

Hinsichtlich der Intensität der Färbung schnitt die Versuchsvariante unter Einsatz eines kationischen Färbereihilfsmittels in der Broschur (2. C) am schwächsten ab, während sie bezüglich der Egalität zumindest der ammoniakhaltigen Standardarbeitsweise (2. A) ebenbürtig war.

Tabelle 10:

Die Beurteilungen der Licht- und Reibechtheiten der nach den verschiedenen Versuchsvarianten erhaltenen Leder sind in Tab. 9 zusammengestellt. Als nachteilig erwies sich dabei der ausgewählte empfindliche Farbstoff, der eine schlechte Lichtechtheit aufweist. Insgesamt ergaben sich hinsichtlich der Licht- und Reibechtheit keine signifikanten Unterschiede bei den Lederproben der verschiedenen Versuchsvarianten. Tendenziell wies allerdings die ammoniumhaltige Standardarbeitsweise (2. A) bezüglich beider Echtheiten leichte Vorteile auf.

Tabelle 11:

3.Teil (Nubuk-Schuhoberleder)

In den Tabellen 10 und 11 sind die Ammonium-Stickstoff- und Chromgehalte der Färberestflotten aus den Versuchsvarianten mit Nubukledern zusammengestellt.

Bei der ammoniakhaltigen Standardfärberezeptur (3. A) gelangten insgesamt 2 750 mg NH4+-N/kg Crustleder ins Abwasser (entsprechend einer NH4+-N-Konzentration von 207 mg/l im Mischabwasser der Nasszurichtung). Beim Einsatz eines anionischen Egalisier- bzw. Färbereihilfsmittels konnte dagegen der Ammoniumeintrag auf 298 mg/kg Crustleder (entsprechend 22 mg/l im Mischabwasser der Nasszurichtung) reduziert werden. Ebenso deutlich wurde die Ammoniumfracht durch Einsatz von Natriumhydrogencarbonat anstelle von Ammoniak in der Färbung verringert. Bei dieser Versuchsvariante gelangten 335 mg NIV-N/kg Crustleder (entsprechend 24 mg/l im Nasszurichtungsabwasser) ins Abwasser. Die im Rahmen der Nasszurichtungsprozesse ins Abwasser gelangende Chromfracht lag mit Werten zwischen 1 250 und 1370 mg/kg Crustleder (entsprechend einer Konzentration von 91-103 mg Cr/l) bei allen drei Versuchs Varianten in der gleichen Höhe und geht vor allem auf den im Rahmen des Färbeprozesses eingesetzten Chrom-Aluminium-Mischgerbstoff zurück.

Abwasserbehandlung

Hinsichtlich der Fällbarkeit des gelösten Chroms im Mischabwasser der Nasszurichtungsprozesse ergaben sich bei den drei Versuchsvarianten kei­ne signifikanten Unterschiede. Bei einem Fällungs-pH-Wert von ca. 10 war in den Versuchen die Mindestanforderung von 1 mg Cr/l zu erreichen. Der resultierende Schlammanfall lag hierbei zwischen 3,4 und 4,6 g TS/1.

Tabelle 12:

Zusammenfassung der Ergebnisse

  • Das Ersetzen von Ammoniak in der Nasszurichtung bei der Herstellung der untersuchten Lederarten (Möbelleder, Ziegenbekleidungsleder, Nubuk-Schuhoberleder) ist technisch prinzipiell möglich. Bei entsprechender Auswahl der Ersatzprodukte kann die Qualität der Färbung in bezug auf die Egalität und die Intensität der bisherigen Standardarbeitsweise zumindest erreicht oder sogar verbessert werden. Insbesondere die Untersuchungen an den Nubukledern zeigen jedoch auch, dass der Austausch von Ammoniak in der Färbung gegen andere Hilfsmittel unter Umständen eine Verschlechterung der Licht und Reibechtheiten bewirken kann, weshalb der Auswahl und Überprüfung dieser Hilfsmittel besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist
  • Durch das vollständige Ersetzen von Ammoniak in den Nasszurichtungsprozessen der oben genannten Lederarten kann die Ammoniumfracht auf 10-12 % der Werte der entsprechenden konventionellen Verfahren verringert werden. Im Fall des Teilersatzes von Ammoniak, d.h. Eines Verzichts auf Ammoniak in der Broschur aber Beibehaltung innerhalb der Durchfärbung, kann die Ammoniumfracht zumindest auf ca. 50-60 % des ursprünglichen Wertes abgesenkt werden.
  • Durch das Ersetzen von Ammoniak nehmen die Auswaschverluste an Chrom in einigen Fällen pH-Wert-bedingt etwas zu. Das Fällungsverhalten der Chromsalze in dem betroffenen Abwasserteilstrom der Nasszurichtung wird dabei in der Regel nicht signifikant beeinflusst; tendenziell wird die Chromfällbarkeit durch das Ersetzen von Ammoniak jedoch eher leicht erschwert.

Dank

Die Autoren danken Frau P. Bader, Frau R. Maier und allen weiteren Mitarbeitern des Lederinstitutes Gerberschule Reutlingen, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben, sowie dem Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg für die wertvolle Förderung dieses Forschungsvorhabens.


Veröffentlichung:

G. Renner, T. Yaldir, H.-P. Germann, Untersuchungen zum Ersetzen von Ammoniak in den Prozessen der Nasszurichtung, Leder + Häutemarkt 49, 10/1997, Nr. 20. S. 6-13



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