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64 Über die elektrostatische Aufladung von Leder und ihre Verhütung aus dem Jahre 1966

Über die elektrostatische Aufladung von Leder und ihre Verhütung aus dem Jahre 1966

Sonderdruck aus LEDER- UND HÄUTEMARKT Beilage -Gerbereiwissenschaft und Praxis - September 1966

Über die elektrostatische Aufladung von Leder und ihre Verhütung

(Untersuchungen über Verfahren zur Beeinflussung von Ledereigenschaften IV 1)

Von H. Herfeld und M. Oppelt*)

Aus der Versuchs- und Forschungsanstalt für Ledertechnik der Westdeutschen Gerberschule Reutlingen

*) Auszugsweise vorgetragen von M. Oppelt auf der 17. Jahreshauptversammlung des VGCT in Ulm am 28. 5.1965.


Electrostatic charges in leather and their prevention

Though electrostatic charges in leather have not the same importance as in textiles, synthetic fibres and other man-made materials they may, under unfavourable circumstances, cause multiple difficulties in the production and use of leather. Research on this subject has led to the discovery of factors on which depends the electrostatic charge of leather and, above all, of means likely to prevent the electric charge or, at least, reduce it sensibly. Adequate antistatic which have this effect on leather, are indicated.


Charges électrostatiques du cuir et leur prévention.

Bien que les charges électrostatiques du cuir n'aient pas la même importance que dans les textiles, les fibres artificielles et autres matières synthétiques, il n'en reste pas moins que dans des conditions défavorables, des charges électrostatiques peuvent causer de multiples difficultés dans la fabrication et l'emploi du cuir. Au cours de recherches effectuées ä ce sujet, on a trouve des facteurs dont dépendent les charges électrostatiques du cuir et on a surtout montre les moyens susceptibles de les éviter ou, au moins, de les atténuer sensiblement. On indique des antistatiques appropries exerçant sur le cuir un effet antistatiques sûr.


In den letzten Jahrzehnten haben sich in starkem Maße neue Bau-, Werk- und Gebrauchsstoffe durchgesetzt und bewährt, und im Zusammenhang damit sind auch neue materialbedingte Probleme in den Vordergrund getreten. Eines davon ist die elektrostatische Aufladung. Zwar ist das Auftreten statischer Elektrizität schon sehr lange Zeit bekannt, doch blieben die dadurch bedingten Auswirkungen in engen Grenzen und konnten durch einfache Gegenmaßnahmen behoben werden. Elektrostatische Aufladungen lassen sich zwar nur schwer verhindern, doch erfolgt in den meisten Fällen schnell genug ein Ausgleich zur Erde, weil die meisten Stoffe sie rasch genug abfließen lassen. Man merkt daher keine Aufladung und meint, sie sei nicht vorhanden. Haben die elektrostatisch aufgeladenen Körper jedoch nur ein geringes elektrisches Leitvermögen, so fließen die Ladungen nur sehr langsam ab, die Aufladung bleibt weitgehend bestehen, und die bekannte Gesetzmäßigkeit, dass sich gleichsinnig geladene Körper abstoßen, während sich entgegengesetzte Ladungen anziehen und nach einem Ausgleich streben, ist in Auswirkung dieser Aufladungen die Ursache vieler Störungen und Zwischenfälle bei der Verarbeitung und dem Gebrauch der verschiedensten Stoffe. Hingewiesen sei z. B. auf unangenehme Erscheinungen beim Verspinnen und Verarbeiten von synthetischen Fasern, auf das Kleben oder Rutschen von Kleidungsstücken aus solchem Fasermaterial beim Tragen oder auf das begierige Anziehungsvermögen der geladenen Körper auf Staubpartikelchen, was sich in leichtem Anschmutzen äußert. Ein Ladungsausgleich kann bei genügend hoher Spannung auch über die Luft erfolgen und macht sich dann als Funke bemerkbar. Im Gegensatz zur strömenden Elektrizität der Technik ist dabei die Stromstärke nur sehr klein, elektrische Schläge durch elektrostatische Aufladung sind daher im allgemeinen nicht gefährlich, aber sie können den Menschen erschrecken, wenn er z. B. nach dem Gehen auf einem Kunststoffboden einen Metallgegenstand berührt. Eine erhebliche Gefahr durch die Funkenbildung ist jedoch gegeben, wenn sie in der Nähe brennbarer Flüssigkeiten oder Stäube entsteht. Hingewiesen sei z. B. auf die Gefahr von Bränden und Explosionen beim Umfüllen und Arbeiten mit leicht brennbaren Flüssigkeiten oder bei Operationen mit Äthernarkose in Räumen mit isolierenden Kunststoffböden usw. Während man sich auf anderen Gebieten schon der Klärung der Frage über Größe der Aufladung und ihrer Vermeidung gewidmet hat, ist auf dem Ledersektor noch wenig darüber bekannt, obwohl auch hier die elektrostatische Aufladung oft unangenehm in Erscheinung tritt. So äußert sie sich z. B. bei geschliffenen Ledern in der schweren Entfernbarkeit des Schleifstaubes durch Bürsten, in Schwierigkeiten bei technischen Spinnerei- und Webereiledern, wie insbesondere bei Zylinderkalbfellen durch Wickelbildung des Faserflors, was materialbedingt sein kann (Kunststofffasern) oder auch maschinenbedingt ist (höhere Arbeitsgeschwindigkeiten), oder in dem stärkeren Anschmutzen von Polster- und Bekleidungsledern, seitdem Kunststoffe für die verschiedensten Zwecke in größerem Maße eingesetzt werden. Andererseits sollen z. B. Ledersohlen auf Schuhen eine elektrostatische Aufladung des Trägers vermeiden. Konkrete Aussagen konnten bisher nicht gemacht werden, weil es nicht möglich ist, ohne weiteres Feststellungen von anderen Gebieten auf den Ledersektor zu übertragen. Diese Lücke zu schließen, also zu klären, welche Faktoren die elektrostatische Aufladung von Leder beeinflussen und welche Möglichkeiten zur Verhütung dieser Aufladung bestehen, war die Aufgabe, die den durchgeführten Untersuchungen gestellt war.

1. Über das Wesen der elektrostatischen Aufladung und ihre Messung

Statische Elektrizität entsteht immer dann, wenn einem Körper Ladungsträgern entzogen oder zugeführt werden. Das ist grundsätzlich bei jedem Körper möglich. An der Oberfläche eines Körpers haben nämlich die Atome oder Moleküle eine andere Umgebung als im Innern, d. h. die Ladungsverteilung ist in dieser Grenzschicht gestört, und es resultiert ein Oberflächenpotential. Bringt man nun zwei verschiedenartige Körper, die entsprechend ihrer verschiedenen chemischen Natur ein unterschiedliches Oberflächenpotential haben, in engen Kontakt miteinander, so entsteht ein Kontaktpotential entsprechend der Differenz der beiden Oberflächenpotentiale.

Dieses Kontaktpotential ist der Antrieb für den Übergang von Ladungsträgern von der einen zur anderen Oberfläche.

Abb 1.

Trennt man die beiden Körper, so bleiben, wenn sie gegen Erde isoliert sind, die durch das Kontaktpotential übergegangenen Ladungsträger verschoben, und die Körper sind elektrostatisch positiv oder negativ aufgeladen. Statische Elektrizität kann also immer beim Trennen zweier Körper entstehen und ist daher zu beobachten beim Abheben, Reiben, Ausgießen, Zerkleinern u. a..

Über die Art der übertretenen Ladungsträger herrscht nicht völlige Klarheit. Bei der Berührung von verschiedenen Metallen dürften wegen der großen Beweglichkeit nur Elektronen zum Übergang veranlasst werden, und dieses Kontaktpotential findet bei Thermoelementen praktische Anwendung. Bei Nichtleitern wird dagegen Ionen der Vorzug gegeben, welche entweder schon auf dem Material vorhanden sind oder durch Reibung gebildet werden.

Bekanntlich erhöht sich durch Reibung der Körper die Aufladung. Das wird nicht nur dadurch hervorgerufen, dass die Berührung intensiver wird, sondern auch, weil die Zahl der berührten Oberflächenpunkte erhöht wird, was vor allem bei Nichtleitern von Bedeutung ist, wo die Ladungsträger nur geringe Beweglichkeit haben. Schließlich erzeugt die Reibung Wärme, welche die Beweglichkeit der Ladungsträger erhöht und den Übergang erleichtert. Infolgedessen sind auch Reibgeschwindigkeit und Oberflächenbeschaffenheit (rau oder glatt) von Einfluss auf die Höhe der Aufladung. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass beim Reiben auch Komplikationen auftreten können, nämlich beim sog. -asymmetrischen Reiben-. Dies ist dadurch charakterisiert, dass eine kleine Fläche gegen eine große Fläche eines anderen Körpers reibt, also die in Kontakt kommenden Oberflächen extrem unterschiedlich groß sind. Die kleinere Fläche erwärmt sich beim Reiben stärker und es wird ein Übergang von Ladungsträgern in Richtung des abfallenden Temperaturgefälles stattfinden, wodurch möglich wird, dass sich zwei chemisch vollkommen identische Materialien gegenseitig aufladen, chemisch verschiedene Materialien zu veränderten Aufladungswerten kommen oder auch umgekehrte Aufladungsverhältnisse entstehen können.

Abb 2.

Das sich um den geladenen Körper bildende elektrische Feld hat innerhalb seines Wirkungsbereiches eine gewisse Ionisation der Luft zur Folge und übt auf Ionen oder kleine Teilchen (z. B. Staub) entgegengesetzter Ladung eine Anziehungskraft aus. Dies bewirkt auch bei isolierten Körpern eine allmähliche Neutralisation der Oberflächenladung, so dass das elektrische Feld abgebaut wird. Da bei atmosphärischen Störungen, wie z. B. bei Gewitter, eine verstärkte Ionisation der Luft auftritt, zeigt sich diese Wechselwirkung besonders ausgeprägt, und man muss mitunter die Messung zeitweise abbrechen, damit es nicht zu Fehlmessungen kommt.

Hiermit wird deutlich, dass die elektrostatische Aufladung ein komplizierter Vorgang ist, der aus vielen Einzelfaktoren resultiert, nach außen jedoch nur als eine messbare Größe in Erscheinung tritt, nämlich als elektrisches Feld um den geladenen Körper. Dadurch ergeben sich aber auch gewisse Schwierigkeiten in der Reproduzierbarkeit der Messergebnisse.

Für die Messung elektrostatischer Felder stehen eine Reihe von Geräten zur Verfügung, unter denen das Feldstärke - Messgerät nach Schwenkhagen 2), das Statometer nach Haase 3) und das Statikvoltmeter nach Courvoisier von der Firma Rothschild 4) am bekanntesten sind. Uns schien für unsere Zwecke letzteres am geeignetsten. Abb. 1 zeigt das Gerät R-1019 mit den dazugehörigen Elektroden. Die auf das Gerät aufgesteckte Elektrode erlaubt Messungen in der Nähe des Gerätes, die vorn links liegende ist für weiter vom Gerät entfernte Messungen bestimmt, und die vorn rechts liegende ist eine Widerstandselektrode für Leitfähigkeitsmessungen. Der Messbereich des Voltmeters ist mit Hilfe eines Schalters zu verändern, so dass kleine Spannungen herunter bis 1 Volt, aber auch höhere Spannungen bis 5 000 Volt ablesbar sind. Außerdem zeigt das Bild noch einige Reibstifte.

Zur Messung der elektrostatischen Aufladung wurden die Lederproben in der benötigten Größe zunächst in einem Klimaschrank bei verschiedenen Temperaturen und Luftfeuchtigkeiten klimatisiert. Die gewählten Bedingungen wäre 25°, 40° und 60° C und jeweils 30, 45 und 70% relative Luftfeuchtigkeit. Danach wurde die jeweilige Lederprobe unmittelbar nach der Entnahme aus dem Klimaschrank mit verschiedenen Reibkörpern gerieben und die Aufladung gemessen. Als Reibkörper verwendeten wir solche aus Hartgummi, Glas, Plexiglas, Hart-PVC, Kupfer, Aluminium und Chromstahl, wobei letztere drei mit Kunststoffgriffen versehen waren, und des weiteren solche, bei denen auf einem Kunststoffkern ein Baumwoll-, Nylon- oder Perlonfaden aufgewickelt war. Zur Messung der elektrischen Aufladung bedienten wir uns folgender zwei Methoden:

1. Von dem zu prüfenden Leder wurden 50 cm lange und 2 cm breite Streifen zu einem endlosen Riemchen zusammengeklebt. Dieses wurde gemäß Abb. 2 über zwei gegen Erde isolierte Rollen gelegt, von denen die eine mit Motor angetrieben wurde, und mit Hilfe einer Spannvorrichtung einem bestimmten Zug ausgesetzt. Ein in die Apparatur eingesteckter, auswechselbarer Reibstift reibt nun gegen das laufende Riemchen, und in Richtung des ablaufenden Riemchens misst die Elektrode die Feldstärke der Aufladung. Bei dieser Methode liegt ein isoliertes System vor, das jedoch nur Aussagen über unterschiedliche Kontaktpotentiale erlaubt. Für die Praxis ist aber nicht die Höhe der Aufladung allein maßgeblich. Wird sie nämlich rasch abgeleitet, so tritt die Aufladung kaum störend in Erscheinung. Bei Rollen aus Metall ergibt sich aber nur eine geringe Aufladung, wahrscheinlich, weil hier nur ein einmaliges kurzes Reiben erfolgt und dann das Riemchen wieder entladen wird.

Wir haben daher diese Methode bald zugunsten einer einfacheren Anordnung verlassen, die von Frotscher 5) beschrieben wurde. Ein 50 cm langer Lederstreifen wurde, wie Abb. 3 zeigt, an den Enden in geerdete Klemmen eingespannt, in der Mitte des Streifens wurde in 3 cm Abstand von ihm die Elektrode aufgestellt, mit dem jeweiligen Reibstab 5mal an dem Streifen hin- und hergestrichen und sofort nach Beendigung des Reibens die entstandene Aufladung gemessen.

Abb 3.

Außerdem wurde mit einer Stoppuhr die Zeit bestimmt, bis die gemessene Anfangsladung der Lederprobe auf die Hälfte abgesunken war. Dadurch erhielten wir zwei Messwerte, die Höhe der Aufladung (V0) und die Feldzerfallshalbwertzeit (FHZ), die ein Maß für die Geschwindigkeit des Abbaues der elektrostatischen Aufladung darstellt. Da die Höhe der Aufladung V0 für sich allein wenig aussagt, haben wir den Feldzerfallshalbwertzeiten stets größere Bedeutung zuerkannt.

2. Weitere Leitfähigkeitsmessungen wurden noch mit einem besonderen Aufsatz, der sog. Widerstandselektrode auf dem Statikvoltmeter (Abb. 4), vorgenommen. Hierbei wurde zwischen zwei Elektroden ein 10 cm langer, 2 cm breiter Lederstreifen eingespannt. Die eine Elektrode war geerdet, an die andere wurde eine bestimmte Spannung angelegt. Dafür wurden entweder 200 Volt vom Gerät selbst oder 5 000 Volt von einem Bandgenerator abgenommen. Es wurde also bei allen Ledern von gleichen Anfangsbedingungen ausgegangen und nach Unterbrechung zum Spannungsgeber die Zeit gestoppt, bis die an die Elektrode angelegte Spannung auf die Hälfte gesunken ist. Diese Halbwertszeit wurde bei uns als HZ bezeichnet. Eine besondere Konstruktion der Einklemmung erlaubte auch, die Ladung nur von einer Oberflächenseite abfließen zu lassen, wodurch die Leitfähigkeit von Deckaufträgen geprüft werden konnte. Alle Untersuchungen werden unmittelbar nach Entnahme der Lederproben aus dem Klimaschrank vorgenommen.

Abb. 4

Wie Untersuchungen von Wegener und Hoth 6) ergeben hatten, sind in einem Raum in 2 m Entfernung von Außenwand und Fenstern keine messbaren Auswirkungen festzustellen, die durch Ionisation der Luft infolge kosmischer Strahlung, Sonneneinstrahlung oder Wetterumschlag eintreten können. Klimaschrank und Messstelle erfüllten bei uns diese Bedingungen, so dass solche Einflüsse, die die Messwerte verfälschen könnten, ausgeschaltet waren. Nur bei Durchgang von Gewitterfronten mussten die Messungen unterbrochen werden.

2. Welche Faktoren beeinflussen die elektrostatische Aufladung von Leder?

Die auftretende elektrostatische Aufladung ist in ihrer Höhe einmal eine materialbedingte Größe, sie wird aber auch durch äußere Einflüsse bestimmt, von denen nach Untersuchungen auf anderen Gebieten der Luftfeuchtigkeit besondere Bedeutung zukommt. Bei allen von uns durchgeführten Versuchen konnte in Übereinstimmung damit immer bestätigt werden, dass die durch Reibung hervorgerufene elektrostatische Aufladung mit zunehmender Luftfeuchtigkeit abnimmt. Diese Abnahme ist bei 45% gegenüber 30% relativer Feuchte noch verhältnismäßig gering, tritt aber bei 70 % relativer Feuchte stark in Erscheinung. Daher treten bei Leder bei 25° C und 30 % relativer Feuchte oft recht beträchtliche Feldstärken auf, und die Feldzerfallshalbwertzeiten können bis zu einigen Minuten betragen, während sie bei 25° C und 70% relativer Feuchte meist nur einige Sekunden ausmachen, und daher auch die absolute Höhe der Aufladung bei nicht isolierten Systemen geringer ist. Für die Praxis bedeutet das, dass im einfachsten Fall durch höhere relative Luftfeuchtigkeit in gewissen Arbeitsräumen oder bei bestimmten Arbeitsprozessen oder auch durch Feinzerstäubung von Wasser in der Nähe der betreffenden Maschinen, wie es z. B. bei Bürstentstaubungsmaschinen teilweise gehandhabt wird, Schwierigkeiten durch elektrostatische Aufladung zumindest wesentlich eingeschränkt werden können.

Erwartungsgemäß sinkt bei Erhöhung der Temperatur auf 40° C unter Konstanthalten der relativen Feuchte die Höhe der Aufladung V0 ebenfalls ab, weil bei höherer Temperatur trotz gleicher relativer Feuchte die absolute Feuchtigkeitsmenge in der Luft zunimmt. Da sich der Feuchtigkeitsgehalt der Leder mit dem der Luft ins Gleichgewicht setzt, steigt somit auch der Wassergehalt der Leder an und damit ihre Leitfähigkeit. Bei Übergang auf 60° C ist dagegen bei geringen relativen Feuchten in vielen Fällen wieder eine Erhöhung der Aufladung festzustellen, was darin begründet sein dürfte, dass das Leder von Anfang an schon wärmer ist und dadurch der Übertritt von Ladungsträgern nicht nur durch Reibungswärme erleichtert wird. Da die bei 25° C und 30% relativer Feuchte erhaltenen Messwerte immer die größten Unterschiede erkennen lassen, wurden zur Auswertung unterschiedlicher Aufladungen bei den verschiedenen Lederproben vorwiegend die bei diesen Versuchsbedingungen erhaltenen Werte herangezogen. Zunächst wurde allgemein die Höhe der Aufladung von Leder im Vergleich zu anderen Stoffen untersucht. Eine Gegenüberstellung von verschiedenen Materialien unter gleichen Versuchsbedingungen gibt Tabelle 1. Betrachtet man die V0-Werte für sich, so erkennt man, dass Leder recht beträchtliche Aufladungen erreichen kann. Die Aufladung von Chromleder ist bei 30% relativer Feuchte höher als die pflanzlich gegerbter Leder, und in beiden Fällen ist sie bedeutend höher als etwa bei Baumwolle. Die Aufladungen bei Leder liegen bei 25° und 30% relativer Feuchte in ihrer absoluten Höhe sogar im Bereich der Werte der zum Vergleich untersuchten Kunststoffe, bei 70% relativer Feuchte allerdings meist erheblich niedriger. Leder unterscheidet sich jedoch von den meisten Kunststoffen günstig durch die rasche Ableitung der Ladung, was durch die FHZ-Werte zum Ausdruck kommt. Kunststoffe zeigen hier längere Zeiten, die auch bei höherer Luftfeuchtigkeit bestehen bleiben, während die FHZ-Werte von Leder bei höheren relativen Feuchten nur noch sehr gering sind. Aus diesen Untersuchungen ergibt sich weiter, dass bei gleicher Luftfeuchtigkeit die FHZ-Werte von Chromleder höher liegen als die von pflanzlich gegerbtem Leder. Das erklärt die in der Praxis bekannte Tatsache, dass Schwierigkeiten durch elektrostatische Aufladung bei Chromledern häufiger und intensiver auftreten als bei pflanzlich gegerbten Ledern. So zeigen sich bei Zylinderkalbfellen Schwierigkeiten durch elektrostatische Aufladung vor allem, wenn die Leder chromgegerbt sind, während uns bei lohgaren Ledern Beanstandungen nach dieser Richtung nicht bekannt geworden sind. Schließlich ist auch ersichtlich, dass die Höhe der Aufladung nicht nur von der Lederart, sondern auch stark vom Reibmaterial abhängt.

Die besondere Bedeutung der Leitfähigkeit, messbar durch die Halbwertszeit, kommt auch bei Vergleichsmessungen an verschiedenem Besohlungsmaterial zum Ausdruck. Für diese Messungen erhielt eine Versuchsperson eine sandalenartige Fußbekleidung, deren Sohle aus verschiedenem Material bestand. Zur Vermeidung von Nebenerscheinungen trug sie außerdem nur Baumwoll- und Wollkleidung. Nach 60 Schritten auf einem Zementfußboden und auf einem Kunststoffboden berührte sie die Elektrode des Statikvoltmeters, so dass ihre Aufladung V0 gemessen werden konnte. Auf dem Kunststoffboden waren dabei klare Unterschiede zwischen den verschiedenen Materialien nicht zu erhalten, da der Kunststoffboden selbst als Isolator wirkt, so dass eine entstehende Aufladung nicht abgeführt werden konnte und sich daher weitgehend unabhängig von der Art des Besohlungsmaterials auf den Träger auswirken musste. Bei den auf dem Zementboden durchgeführten Versuchen wurden dagegen Ergebnisse erhalten, die klar das unterschiedliche Ableitungsvermögen der verschiedenen Sohlen erkennen ließen. So wurden bei verschiedenen Sohlledern (altgrubengegerbtes, verschiedene flexible Sohlleder und Schnittervache) Aufladungen der Versuchsperson zwischen 2 und 10 Volt, bei verschiedenen Gummisohlen aus Porokrepp, Massiv-, Hartzell - und Transparent - Gummi dagegen solche von 16 bis 27 Volt erhalten. Nur die schwarzen Gummisohlen ergaben keine messbaren Aufladungen, da hier der eingearbeitete Ruß die Leitfähigkeit entscheidend verbessert.

Tabelle 1

Diese Ergebnisse stehen in Einklang mit der Erfahrung, dass auf Kunststoffboden stets mit Aufladungen des Körpers, unabhängig von der Art des Besohlungsmaterials, zu rechnen ist, auf einem leitenden Boden dagegen die Aufladungen über die Ledersohlen rasch abgeführt werden, während Gummisohlen, soweit sie nicht Ruß enthalten, als Isolatoren wirken, und daher die messbare Ladungshöhe größer ist.

Das konnte durch eine weitere Versuchsreihe bestätigt werden, die teilweise bereits in einer früheren Mitteilung 7) erwähnt wurde. Die Versuchsperson erhielt auf einer geerdeten Metallplatte stehend, von einem Bandgenerator eine Aufladung von 5 000 Volt, die in diesem Falle wegen nur geringer Stromstärke ungefährlich ist, und es wurden die HZ-Werte bestimmt bzw. die Restladung nach 15 Minuten aufgenommen. Zum Vergleich wurde die Leitfähigkeit auch mit Hilfe der Widerstandselektrode bestimmt. Dabei ist durch die Versuchsanordnung eine Ableitstrecke von 10 cm gegeben, während bei der Messung mit der Versuchsperson die Ableitstrecke nur die Dicke der Sohle ausmacht, so dass die Werte bei der Widerstandselektrode weit größer sind.

Die in Tabelle 2 zusammengestellten Werte zeigen die Überlegenheit des Leders, das grundsätzlich elektrostatische Aufladungen gut abzuleiten vermag und dadurch in starkem Maße verhindert, dass sich in der Kleidung und am Körper Aufladungen entwickeln. Nur die schwarzen Gummisohlen mit Ruß als Füllstoff verhalten sich auch wieder etwa gleich günstig. Diese Werte beweisen schließlich auch die berechtigte Forderung der Berufsgenossenschaften 8) zur Verhütung von Aufladungen bei Personen und dadurch bedingte Unfälle, dass überall dort, wo Gefahren durch elektrostatische Aufladungen bestehen, leitfähiges Schuhwerk, insbesondere Schuhe mit Ledersohlen, getragen werden und leitfähige Fußböden verlegt sein sollen.

Zur Untersuchung der Faktoren, die die Aufladung von Leder beeinflussen, wurden zunächst verschiedene Chromleder herangezogen. Sie hatten verschiedenen Äscheraufschluß erfahren, waren verschieden intensiv mit Chrom oder mit maskierten Chrombrühen gegerbt worden oder hatten Variationen in der Nachgerbung erhalten. In den Tabellen 3 und 4 sind die Ergebnisse unserer diesbezüglichen Untersuchungen zusammengestellt, die aber nur eine Auswahl aus der Fülle des vorliegenden Materials darstellen. Die Werte in Tabelle 3 wurden mit der unter 1) angegebenen Methode mit rotierenden Riemchen bestimmt, die wir später zugunsten der einfacheren Anordnung von Frotscher verlassen haben, und daher sind diese Zahlen in ihrer absoluten Höhe auch nicht mit den Werten der anderen Tabellen vergleichbar. Die Werte in Tabelle 4 wurden mit der unter 2) beschriebenen Widerstandselektrode ermittelt. Aus den vorliegenden Zahlen lassen sich die folgenden Richtlinien ableiten:

Die Wasserwerkstattarbeiten beeinflussen Aufladungsverhältnisse und Leitfähigkeiten nicht, obwohl z. B. die Äscherwirkung in weiten Grenzen variiert wurde. Vorhandene Schwankungen sind relativ gering, so dass daraus eindeutige Einflüsse nicht abgeleitet werden können. Dagegen ist bei allen Versuchsreihen mit Chromledern eindeutig ein Absinken der Neigung zur elektrostatischen Aufladung bzw. eine Verbesserung der Leitfähigkeit mit steigendem Chromoxidgehalt der Leder festzustellen. Die in den Tabellen angegebenen Chromoxidwerte bedeuten den Einsatz auf Blößen- bzw. Spaltgewicht und zeigen, dass das Absinken zwischen 1,0 und 1,5% Cr2O3 noch verhältnismäßig wenig in Erscheinung tritt, dann aber mit weiterer Erhöhung der eingesetzten Chrommenge sehr deutlich hervortritt. Andererseits ist ein grundsätzlicher Einfluss von Maskierungsmitteln bei der Gerbung auf die Aufladung nicht abzuleiten, wenn auch die zweite der beiden in Tabelle 3 angeführten Versuchsreihen die Tendenz eines mäßigen Absinkens der Werte für die meisten Maskierungsmittel erkennen läßt. Ebenso ist an Zylinderkalbfellen, die mit zwei verschiedenen synthetischen Nachgerbstoffen (Basyntan supra DLX, Tanigan supra LH) nachgegerbt worden waren, kein nennenswerter Einfluss der Intensität dieser Nachgerbung auf die Aufladung zu erkennen und auch eine Zwischenfettung hat die Werte der Aufladung nicht grundsätzlich vermindert. Eine rein pflanzliche Nachgerbung mit 5% Reingerbstoff Mimosaextrakt verschlechterte dagegen die Leitfähigkeit eines reinen Chromleders mit einem HZ-Wert von 52 Sekunden bei 25° C und 30% relativer Feuchte auf 7 Minuten und 42 Sekunden. Bei Erhöhung der Intensität der Nachgerbung auf 15% Reingerbstoff Mimosaextrakt lag die Leitfähigkeit mit einem HZ-Wert von 4 Minuten und 38 Sekunden wieder etwas günstiger, aber noch immer wesentlich über dem angeführten Vergleichswert der reinen Chromgerbung.

Auffällig ist bei diesen Versuchsreihen an Chromleder, dass bei den Ledern, die aus einer Herstellungsreihe stammen, die Werte innerhalb der normalen Streuungen weitgehend übereinstimmen, dagegen bei Ledern anderer Herstellungsreihen in anderer Größenordnung liegen, aber untereinander wieder weitgehend einheitlich sind und die vorgehend angeführten Gesetzmäßigkeiten erkennen lassen.

Tabelle 2

Dieser grundsätzliche Unterschied zwischen verschiedenen Serien dürfte in erster Linie in der unterschiedlichen Fettung begründet sein. Waren Fettstoffe eingesetzt worden, die einen höheren Anteil an sulfonierten Fett enthielten, so wurden allgemein niedere Werte für die elektrostatische Aufladung der Leder erhalten und gleichzeitig war der Einfluss des Chromoxidgehaltes auf die Höhe der Aufladung nicht mehr so ausgeprägt. Auf den Einfluss der Fettung auf die Höhe der elektrostatischen Aufladung und die Untersuchungen zur Klärung der Frage, ob dieser Einfluss der Fette auf die Höhe der Aufladung mit der Beeinflussung der Wasserzügigkeit des Leders in Zusammenhang steht, kommen wir im Abschnitt 3 nochmals zurück.

Tabelle 3

Tabelle 4

Zur Feststellung, wie sich pflanzlich gegerbte Leder elektrostatisch aufladen, wurden Leder herangezogen, die mit verschiedenen pflanzlichen Gerbmitteln (Quebracho-, Mimosa-, Kastanienholz-, Eichenholz und Sumachextrakt) und teilweise auch bei unterschiedlichen pH-Wert ausgegerbt worden waren, jedoch nicht gefettet wurden, um Überlagerungen durch Fetteinflüsse zu vermeiden. Die Messungen ergaben, wie schon aus der Tabelle 1 hervorgeht und auch Tabelle 5 zeigt, dass im allgemeinen die unter vergleichbaren Bedingungen entstehenden Aufladungen bei pflanzlich gegerbten Ledern geringer sind als die von Chromleder. Bei 25° und 30 % r. F. wurden bei pflanzlich gegerbten Ledern, abgesehen von Glas und Stahl, nur Aufladungen von 250 Volt und darunter gemessen, während bei Chromleder bei den gleichen Reibkörpern bis 600 Volt auftraten. Eine Abhängigkeit der Höhe der Aufladung vom Gerbmittel ist nur beim sulfitierten Quebracho festzustellen.

Tabelle 5

Mit 2% Sulfitgemisch behandelter Extrakt ergab ein Leder, dessen Aufladungsverhältnisse denen ähnlich waren, die mit den anderen Gerbstoffen gegerbt worden waren, das mit schwach sulfitiertem Quebrachoextrakt(0,5 % Sulfitgemisch) gegerbte Leder zeigte dagegen meist höhere Aufladung. Es scheint also, dass mit Quebracho gegerbte Leder etwas mehr zur Aufladung neigen, jedoch zunehmende Sulfitierung die Neigung zur Aufladung wieder vermindert. Wie aus der Tabelle weiter hervorgeht, wirkt sich der Einfluss des ph-Wertes bei der Gerbung in dem Sinne aus, dass mit abnehmendem pH-Wert der Gerbflotte eine Verringerung der Aufladung eintritt und daher die bei pH 3 ausgegerbten Leder meist eine geringere Aufladung als die bei pH 4,5 ausgegerbten zeigen. Da bei tieferem pH-Wert der Gerbflotte mehr Gerbstoff in den Außenschichten des Leders gebunden wird, kann dadurch entweder das Kontaktpotential verringert oder die Leitfähigkeit verbessert worden sein. Die bei Leitfähigkeitsmessungen festgestellten Halbwertszeiten (HZ) lassen aber keine bessere Leitfähigkeit erkennen, so dass eine Verringerung des Kontaktpotentials durch Einlagerung pflanzlicher Gerbstoffe in den äußeren Schichten bei tieferen pH-Werten anzunehmen ist.

In einer weiteren Versuchsreihe wurde untersucht, in wieweit Deckaufträge für Aufladungen verantwortlich sind. Hierfür wurde ein handelsübliches pflanzlich übersetztes Rindboxleder herangezogen, in entsprechend große Stücke aufgeteilt und mit 11 verschiedenen Bindemitteln und einer Mischdeckfarbe — alle ohne Farbpigmente — durch 3 Spritzaufträge gut abgedeckt. Dabei wurden in allen Fällen gleiche Mengen der Handelsprodukte verwendet, einheitlich verdünnt und in gleicher Menge aufgespritzt, so dass eine vollständige Abdeckung erreicht wurde. Bei der Kaseindeckfarbe und einem Plastikbinder wurde außerdem sowohl ein Eisenoxidpigment als auch ein Schwarzpigment zugesetzt, um zu sehen, wie sich solche Pigmente auswirken.

Im einzelnen wurden die Lederproben abgedeckt mit:

  • 1. Kasein;
  • 2. Mischdeckfarbe aus 40 Tln. Kaseinlösung, 100 Tln. Polymerisatbinder, 15 Tln. Eukanolöl (Weichmacher);
  • 3. Eukanolglanz N, Eiweißprodukt (Bayer);
  • 4. Corialglanzlack PN, Nitrocellulose-Weichharz-Mischlack (BASF);
  • 5. Corial-EM-Lack G, Nitrocellulose-Emulsion (BASF);
  • 6. Egalonemulsion LG, Nitrocelluloselack-Emulsion (Bayer);
  • 7. Eukesolbinder S, Plastikbinder (BASF);
  • 8. Corialgrund B, Mischpolymerisat - Binder (BASF);
  • 9. Corialgrund O, Plastikbinder (BASF);
  • 10. Eukanolbinder L, Polymerisatbinder (Bayer);
  • 11. Kepolintop AM, Plastikbinder (Kepec);
  • 12. Luronbinder W, Eiweißartiges Kondensationsprodukt (BASF);
  • 13. Eukanolbinder L + 0,2 % Schwarzpigmerit;
  • 14. Kasein + 0,2 % Schwarzpigment;
  • 15. Eukanolbinder L + 0,2 % Eisenoxidpigment;
  • 16. Kasein + 0,2 % Eisenoxidpigment.

Mit diesen Ledern wurden zunächst Leitfähigkeitsmessungen mit der Widerstandselektrode vorgenommen, wobei mit einer Anfangsspannung von 200 Volt gearbeitet wurde, aber durch Einlegen einer Isolierplatte erreicht wurde, dass die Spannung nur über die Deckschicht abfließen konnte. Die so bei den verschiedenen abgedeckten Ledern nach entsprechender Klimatisierung gemessenen Halbwertszeiten (HZ) sind aus Tabelle 6 zu entnehmen. Es zeigt sich, dass vor allem die Kaseindeckschichten (Lederproben 1, 14, 16) gute Leitfähigkeit besitzen und dass die Farbpigmente eher die Leitfähigkeit verschlechtern als verbessern. Die Mischdeckfarbe (2) liegt dagegen wegen des Polymerisatbinderanteils im Bereich der anderen Deckfarben, bei denen die Halbwertzeiten (HZ) bei 25° und 30 % relativer Feuchte in allen Fällen bei etwa 5-7 Minuten liegen und zwischen denen keine grundsätzlichen Unterschiede, die mit dem Aufbautyp in Zusammenhang stehen, zu erkennen sind.

Bei Messung der Höhe der Aufladung beim Reiben mit den verschiedenen Reibstiften (V0-Werte nach Frotscher) zeichneten sich dagegen die auf Kaseinbasis aufgebauten Deckaufträge nicht durch geringere V0-Werte gegenüber den anderen Beschichtungen aus, und im Ganzen gesehen lassen die hier gemessenen Werte wenig Gesetzmäßigkeit erkennen.

Tabelle 6

Es könnte höchstens für Probe 10 (dem mit Eukanolbinder L abgedeckten Leder) abgeleitet werden, dass diese Beschichtung bei den meisten Reibstäben weniger zur Aufladung neigt. Betrachtet man dagegen die dazugehörigen Halbwertszeiten (FHZ), die ja für die Beurteilung viel mehr interessieren als die absolute Aufladung, so fällt wieder auf, dass das mit Kasein (1), das mit Schwarzpigment und Kasein (14) und das mit Eisenoxidpigment und Kasein (16) abgedeckte Leder relativ kurze Feldzerfallshalbwertszeiten haben. Ebenso leiten aber auch die Lederproben 2, 6, 7, 9, 10 und 12 die Ladung in den meisten Fällen relativ rasch ab.

Das unterschiedliche Verhalten der verschiedenen Deckschichten bezüglich elektrostatischer Aufladung und ihrer Ableitung ist ohne Zweifel der Grund für manche bei der Verwendung von Leder auftretenden Schwierigkeiten. So führen wir z. B. Aufladungsschwierigkeiten bei chromgaren Zylinderkalbfellen häufig darauf zurück, dass solche Leder in den letzten Jahren oft abgedeckt wurden, was früher nicht üblich war und auch vom Qualitätsstandpunkt aus keineswegs erforderlich ist. Dass solche Aufladungen nur in relativ trockenen Räumen auftreten (Tabelle 6), hat sich auch in der Textilindustrie bestätigt, da Reklamationen in Betrieben mit gut klimatisierten Arbeitsräumen kaum auftreten. In dieses Gebiet gehört auch die teilweise starke Staubanziehung bei Autopolsterleder, die je nach der Art der Abdeckung in weiten Grenzen variieren kann.

3. Welche Möglichkeiten bestehen zur Vermeidung oder Verminderung der elektrostatischen Aufladung?

Wenn auch die bisherigen Ausführungen gewisse Beziehungen zwischen der elektrostatischen Aufladung von Leder und seiner Herstellung bzw. Zusammensetzung haben aufzeigen können, so lassen sich daraus doch nur sehr bedingt Rückschlüsse auf die Möglichkeiten ihrer Vermeidung ziehen, denn die Herstellungsverfahren des Leders sind natürlich entscheidend durch die jeweils gewünschten und für den Verwendungszweck notwendigen Eigenschaften des Fertigproduktes bestimmt und können daher nicht lediglich wegen der Aufladungsgefahr beliebig verändert werden. Daher erhebt sich zwingend die Frage, wie durch andere Maßnahmen eine elektrostatische Aufladung vermieden bzw. vermindert werden kann.

Hierfür sind verschiedene Möglichkeiten gegeben:

a) durch Erhöhung der Leitfähigkeit der Luft

Eine Erhöhung der Leitfähigkeit der Luft kann einmal durch ihre Ionisation mittels radioaktiver Strahlungsquellen oder mittels Spitzenentladungsgeräten erreicht werden.

Tabelle 7

Die entstandene Ladung wird durch diese Geräte rasch neutralisiert oder abgeführt. Sie haben nur den Nachteil geringer Reichweite, und dass sie dort stationär angebracht sein müssen, wo elektrostatische Aufladungen beseitigt werden sollen. Man findet sie daher hauptsächlich an Maschinen. Auf die andere Möglichkeit, die Leitfähigkeit der Luft durch Steigerung der relativen Luftfeuchtigkeit zu erhöhen, wurde schon an anderer Stelle hingewiesen. Steigt die relative Luftfeuchtigkeit auf 70% und höher, so sinken die Feldzerfallshalbzeiten stark ab. Davon kann man z. B. durch Anbringen von Wasserzerstäubungsgeräten in der Nähe von Bürstentstaubungsmaschinen Gebrauch machen, wenn man nicht — wie das in der Textilindustrie vielfach üblich istganze Arbeitsräume mit Klimatisierungsanlagen versieht.

b) durch Auswahl der Reibkörper

Bei der Bestimmung der Aufladehöhe nach Frotscher (V0) hat sich in allen Fällen gezeigt, dass zwischen den durch die einzelnen Reibkörper bedingten Aufladungen zum Teil große Unterschiede bestehen. Das ist nicht erstaunlich, denn die einzelnen Stoffe haben zu Leder ein unterschiedliches Kontaktpotential. Wenn man von den Untersuchungen an abgedeckten Ledern absieht, wo die aufgetragenen Deckschichten Überlagerungen anderer Faktoren ergeben können, so liegen die durch Glas erhaltenen Werte für die elektrostatische Aufladung (V0) des Leders (Tabelle 1 und 5) immer bedeutend höher als die durch Reiben mit Hartgummi, Plexiglas oder Nylon hervorgerufene Aufladung. Bei diesen letzteren Reibstiften treten untereinander nur geringe Unterschiede auf. Bei rein pflanzlich gegerbten Ledern wird mit Glas immer die höchste Aufladung von allen Reibkörpern erhalten. Man misst Werte bis 800 Volt, was größtenteils das 5- bis 10fache dessen ist, was mit Hartgummi oder Plexiglas erhalten wird. Bei Chromleder erhält man dagegen die höchsten Aufladungen zumeist mit Metallstäben, insbesondere mit Chromstahl. Die Werte erreichen hier nicht selten einige Tausend Volt und auch mit Kupfer und Aluminium werden nur wenig tiefere Aufladungen gemessen. Bei pflanzlich gegerbten Ledern werden mit Chromstahl nicht ganz so hohe Aufladungen gemessen, aber immerhin auch bis zu etwa 400 Volt.

Die hohen Aufladungen mit Glas und Stahl stehen in Einklang mit elektrostatischen Spannungsreihen, die von verschiedenen Autoren 9) speziell für die Belange der Textilindustrie aufgestellt wurden. In der hier verkürzt wiedergegebenen elektrostatischen Spannungsreihe

+ Glas — Wolle — Nylon — Perlon — Baumwolle — Papier — Hartgummi — Stahl — Polyäthylen -

steht das beim Reiben gegen den anderen Körper sich positiv aufladende Material vor dem sich negativ aufladenden. Außerdem ist das entstehende Kontaktpotential um so größer, je weiter die Materialien in der Reihe auseinanderstehen. Da Glas und Stahl die äußeren Glieder dieser Reihe sind, ergeben sich damit auch hohe Aufladungen. Unsere Befunde an Leder zeigen, dass diese Spannungsreihe auch für Leder gültig ist und dieses in der Folge Chromleder — pflanzl. Leder etwa bei Baumwolle einzuordnen ist. Dass sich gegen Glas das Leder nicht immer nur negativ auflädt bzw. gegen Stahl nicht immer positiv, dürfte mit Erscheinungen zusammenhängen, die durch das schon erwähnte asymmetrische Reiben oder durch wechselnde Oberflächenbeschaffenheit bedingt sind. Das unterschiedliche Verhalten von Leder gegenüber verschiedenen Reibstäben kann in manchen Fällen auch zur Vermeidung elektrostatischer Aufladung ausgewertet werden, indem man z. B. bei den Rollen für das Glanzstoßen Glas oder bei Bürstmaschinen das bisherige Bürstmaterial gegen ein anderes Material ausgetauscht oder im Maschinenbau Leder mit einem anderen als dem bisher üblichen Führungsmaterial zusammenbringt.

c) durch Erhöhung der Leitfähigkeit des Materials

Eine Erhöhung der Leitfähigkeit des Leders wird vornehmlich dadurch erreicht, dass der Wassergehalt des Materials gesteigert wird. Bei Leder ist das, wie schon beschrieben wurde, einmal ohne weiteres durch entsprechende Klimatisierung möglich. Man kann aber auch den Wassergehalt durch Einlagerung hygroskopischer Stoffe erhöhen, soweit solche Einlagerungen für den jeweiligen Verwendungszweck zulässig sind und nicht beim späteren Einsatz stören. Diese Produkte sind nicht an einen bestimmten konstitutionellen Aufbau gebunden, sondern müssen nur die Eigenschaft haben, einen zusammenhängenden Feuchtigkeitsfilm im Material auch bei geringer relativer Luftfeuchtigkeit aufrecht zu erhalten. Solche Hygroskopika wären z. B. Polyglykoläther, Glycerin oder Sorbit 10). So konnten wir beispielsweise schon durch Einreiben von 1 % Glycerin auf der Narbenseite eines pflanzlich gegerbten Leders die Halbwertszeit (HZ) bei 25° und 30% r. F. von ursprünglich 2 Minuten und 18 Sekunden auf 25 Sekunden senken. Dass Einlagerungen von Stoffen mit freien ionogenen Gruppen wie sulfierte Öle oder Netzmittel die Wasserzügigkeit des Leders erhöhen, ist bekannt. Das könnte ebenfalls von Einfluss auf die Leitfähigkeit sein. Es war auf Grund der vorher erwähnten Messungen an Versuchsreihen mit Chromleder, bei denen unterschiedlich gelickerte Leder untersucht worden waren, festgestellt worden, dass durch die Fettstoffe in Form sulfierter Öle im Lickergemisch die Höhe der Aufladung beeinflusst wird. Der Grund könnte darin liegen, dass die ionogenen Gruppen der Fettstoffe oder der Emulgatoranteil eine Wasserhülle beanspruchen, die mit einem höheren Wassergehalt der Leder unter den jeweils gewählten Klimabedingungen verbunden wäre, wodurch die absolute Höhe der Aufladung wie deren Ableitbarkeit beeinflusst werden könnte.

Tabelle 8

Aber andererseits haben Herfeld und Schmidt 11) an einem umfangreichen Zahlenmaterial gezeigt, dass keine klaren Beziehungen zwischen SO3-Gehalt oder Emulgatorzahl technischer Lickerprodukte und der Wasserzügigkeitszahl damit gefetteter Leder bestehen. Daher könnte die veränderte Neigung zur elektrostatischen Aufladung auch durch einen direkten Einfluss der ionogenen oder polaren Gruppen der Lickerprodukte auf die Leitfähigkeit verursacht werden.

Zur Untersuchung des Einflusses der Fettstoffe auf die elektrostatische Aufladung von Leder wurden einheitlich chromgegerbte Lederproben mit 10 verschiedenen Lederfettungsmitteln gelickert, deren Emulgatorzahlen zwischen 7 und 45 liegen, und die einen SO3-Gehalt (bezogen auf Emulgator) zwischen 5 und 15,5% hatten 12). Zu erwähnen ist, dass es sich bei Grassan PH und Coripol BZN um sulfitierte Produkte handelt. Die Lederproben besaßen etwa gleichen Gesamtfettgehalt von ca. 5,5 (5,1—6,4) % und eine stark variierende Wasserzügigkeit, charakterisiert durch Wasserzügigkeitszahlen zwischen 79 und 142. Die gelickerten Proben wurden wieder unter verschiedenen Klimabedingungen klimatisiert, und dann wurde die Höhe der elektrostatischen Aufladung (V0) gegen die verschiedenen Reibstifte, die zugehörigen Feldzerfallshalbwertzeiten (FHZ) und schließlich noch die Halbwertszeiten durch Leitfähigkeitsmessungen (HZ) bestimmt. In Tabelle 8 ist eine Auswahl der erhaltenen Messwerte zusammengestellt. Auch in diesem Fall zeigt sich wieder, dass die V0-Werte für sich wenig aussagen, da die Werte untereinander wenig Gesetzmäßigkeit erkennen lassen. Dagegen geben die Halbzeitswerte (FHZ und HZ) wertvolle Unterschiede und liegen umso niedriger, je geringer die Wasserzügigkeitszahl der Leder ist. Das bedeutet aber, dass die Leitfähigkeit entgegen unseren Erwartungen umso besser ist, je geringer seine Wasserzügigkeit ist. Wir können uns diese Erscheinung nur so vorstellen, dass die durch stärkere Wasserzügigkeit angezeigten vermehrten polaren Gruppen bei geringer relativer Feuchte von 25% ihr Wasserbindungsvermögen nicht befriedigen können und daher das im Leder vorhandene Wasser stärker für die Wasserhülle um ihre polaren Gruppen beanspruchen, so dass kein Wasser mehr zur Ableitung der Ladung zur Verfügung steht. Bei höherer Luftfeuchtigkeit verschwinden daher auch die Unterschiede in der Leitfähigkeit weitgehend, wie man bei Vergleich der bei 70 % rel. Feuchte gemessenen Halbwertszeiten mit denen bei 30 % erkennen kann. Besonders beim Coripol DX, welches die höchste Wasserzügigkeitszahl besitzt, steigt bei 70 % relativer Feuchte die Leitfähigkeit so stark an, dass das sich bildende elektrische Feld sofort wieder zusammenbricht, weil dann genügend Feuchtigkeit im Leder zur Ableitung der Ladung zur Verfügung steht. Nur das Coripol BZN, welches nur geringe Wasserzügigkeit der damit gefetteten Leder ergibt, fällt etwas aus diesem Rahmen heraus und läßt vermuten, dass der Einfluss der Fettungsprodukte auch mit anderen Faktoren, wie etwa den Molekülaufbau selbst, zusammenhängt, wobei darauf hingewiesen sei, dass es sich hier um ein sulfitiertes Fettungsprodukt handelt.

Der Einfluss der Fettungsprodukte musste natürlich auch von der Lederart abhängig sein, und es war zu erwarten, dass sie bei pflanzlich gegerbten Ledern einen ganz anderen Einfluss zeigen. Daher wurden einerseits mit Mimosaextrakt gegerbte Lederproben und andererseits mit 2,5 % Cr2O3 gegerbte Chromlederproben mit den gleichen Fettstoffen gelickert. Vergleichende Leitfähigkeitsmessungen mit der Widerstandselektrode zeigen (Tabelle 9) für das Chromleder im Vergleich mit den Ergebnissen der Tabelle 8, dass zwar die absoluten Werte von denen der früheren Reihe abweichen, dass aber die Leitfähigkeit bei geringer Luftfeuchte wieder umso besser ist, je geringer die Wasserzügigkeitszahl der zur Fettung verwendeten Lickerprodukte ist. Die Leitfähigkeit der gefetteten pflanzlichen Lederproben liegt, wie bereits früher erwähnt, grundsätzlich niedriger als die der Chromleder und läßt keine Gesetzmäßigkeit bezüglich des Einflusses der Fettung erkennen.

d) durch eine echte antistatische Präparation

Nach Bühler 13) beruht die antistatische Präparation, die durch grenzflächenaktive Substanzen erreicht werden kann, darauf, dass sich die Antistatika mit ihrem hydrophoben Rest an das auszurüstende Material anlagern, während die hydrophilen Reste abgespreizt sind. Alle diese hydrophilen Reste besitzen polarisierbare Atomgruppierungen. Kommt nun das elektrische Oberflächenfeld eines anderen Körpers, wie es Abb. 5 darstellt, bei der Berührung in die Nähe dieser Moleküle, so wird durch Influenz der hydrophile Rest polarisiert.

Tabelle 9

Abb. 5

Es entsteht ein dem Erregerfeld entgegengesetztes Feld, so dass ersteres so geschwächt wird, dass es nicht mehr Ladungsträger zum Übertritt bringen kann und daher keine Aufladung auftritt. Voraussetzung ist natürlich, dass diese sog. Antistatika sich an der Oberfläche des Materials befinden. Permanente antistatische Ausrüstung ist dann gegeben, wenn die Stoffe nicht ins Innere abwandern können und wasserfest verankert sind.

Zur Untersuchung der Möglichkeit einer antistatischen Ausrüstung von Leder haben wir zunächst 32 oberflächenaktive Produkte und 8 Anstistatika des Textilsektors getestet, die von der chemischen Industrie als hierfür möglicherweise geeignet ausgewählt und zur Verfügung gestellt wurden. Um stärkere Unterschiede herausarbeiten zu können, wurden zunächst 2% Trockensubstanz des jeweiligen Produktes mit Wasser verdünnt auf der Narbenseite eines einheitlichen Ausgangsmaterials, eines mit 0,5% Stockolicker S schwach gefettenen Chromleders, aufgetragen.

Nach dem Trocknen und einem leichten Stollen der Streifen wurde wieder die Aufladung bei 25°, 40° und 60° und jeweils 30% und 65% relat. Feuchte gegen 10 verschiedene Reibstifte gemessen. Die Aufladung der bei 65% relat. Feuchte klimatisierten Leder war nicht nennenswert, was bedeutet, dass alle Produkte bei der eingesetzten Menge und diesem Feuchtigkeitsgrad der Luft einwandfrei antistatisch wirken. Bei 30% relat. Feuchte waren dagegen erhebliche Unterschiede vorhanden und eine zuverlässige Auswertung des umfangreichen Zahlenmaterials konnte nur statistisch erfolgen. Dabei ergab sich, dass bei Einsatz von 2% Trockensubstanz und bei geringer Luftfeuchtigkeit die elektrostatische Aufladung von Leder am besten von Produkten unterdrückt wird, die in der oberen Gruppe der Tabelle 10 zusammengestellt sind. Eine gewisse antistatische Wirksamkeit auf Leder wird außerdem auch von den 3 Produkten der unteren Gruppe entfaltet. Dabei ist interessant, dass sich unter den bei Leder antistatisch wirksamen Produkten nur 3 der Antistatika befinden, die sich auf dem Textilsektor eingeführt haben, was bedeutet, dass bei Leder andere Bedingungen, wie z. B. andere Affinitätskräfte und offenere Struktur, vorliegen müssen als bei synthetischen Fasern, und daher auch die dort über Antistatika vorliegenden Erfahrungen nicht ohne weiteres auf Leder übertragen werden können. Bei den Produkten der Tabelle 10, die sich als bei Leder sehr brauchbar erwiesen hatten, war schließlich noch zu erproben, ob auch kleinere Mengen zur Anwendung gebracht werden können, nachdem der Einsatz von 2 % im Vergleich zu den auf dem Textilsektor verwendeten Mengen relativ hoch war. Dazu wurden 2 verschiedene Chrom-Kalbleder, ein unzugerichtetes Chrom-Bekleidungsleder, ein Chrom-Ziegenleder und ein geschliffener Chrom - Velourspalt auf der Narbenseite bzw. der Spaltseite des Spaltleders mit Lösungen von 2 %, 1 % und 0,5 % Trockensubstanz der 6 ausgewählten Produkte behandelt, und nach entsprechender Klimatisierung wurde wieder die Aufladung (V0) gegen die verschiedenen Reibstifte und ferner die Leitfähigkeit (HZ) bei einer Anfangsladung von 5 000 V ermittelt.

Tabelle 10

Tabelle 11

In Tabelle 11 sind aus dem umfangreichen Untersuchungsmaterial nur die Aufladungen bei 2 % Trockensubstanz gegen Glas, Perlon und Stahl, bei 1 % und 0,5 % Trockensubstanz gegen Glas als Reibkörper bei 25° und 30 % relat. Feuchte für ein Chrom - Kalbleder und den Chrom-Velourspalt aufgenommen. Mit den anderen Reibstiften und den anderen Ledern ergeben sich die gleichen Gesetzmäßigkeiten. Man erkennt, insbesondere im Vergleich mit dem unbehandelten Leder, dass bei Auftrag von 1 % Trockensubstanz der angeführten Produkte noch eine gute antistatische Wirkung erzielt werden konnte, 0,5 % aber teilweise schon beträchtliche Aufladung zulassen und daher nicht mehr zuverlässig zur Verhinderung stärkerer elektrostatischer Aufladung ausreichen.

Die meist höheren Aufladungen des Velourspaltes deuten darauf hin, dass wegen der offeneren Struktur dieses Leders die Produkte tiefer ins Lederinnere eindringen und daher in Einklang mit der Theorie über die Wirkungsweise dieser Produkte nicht in genügender Menge an der Oberfläche zur Verfügung stehen. Das dürfte auch der Grund sein, warum der Versuch, die Produkte im Fass mit wässeriger Flotte einzuwalken, keine brauchbare antistatische Wirkung ergab. Es ließen sich dadurch höhere Aufladungen des Leders beim Reiben nicht verhindern, entweder weil die Mittel nicht genügend aus der Flotte ausziehen, oder weil sie zu weit ins Lederinnere eindringen. Daher wird man nur durch Bürstauftrag von Hand oder durch Übersprühen der trockenen Leder zu befriedigender antistatischer Wirkung kommen, da nur so eine genügende Anreicherung in der Oberflächenzone erreicht wird.

4. Zusammenfassung

Auf Grund der Untersuchungen über die elektrostatische Aufladung von Leder können folgende Feststellungen getroffen werden:

  • 1. Leder kann zwar unter geeigneten Bedingungen recht beträchtliche elektrostatische Aufladungen erreichen, läßt diese Aufladungen aber dank eines guten elektrischen Leitvermögens zumeist rasch wieder abfließen. Unter ungünstigen Bedingungen können aber auch bei Leder elektrostatische Aufladungen zu mannigfachen Schwierigkeiten bei Herstellung und Gebrauch Veranlassung geben.
  • 2. Die elektrostatische Aufladung nimmt mit zunehmender Luftfeuchtigkeit ab. Durch solche Aufladungen erzeugte Schwierigkeiten sind daher bei Leder nur in trockenen Räumen zu befürchten.
  • 3. Unter gleichen Klimabedingungen erfahren pflanzlich gegerbte Leder erheblich geringere Aufladungen als Chromleder und vermögen sie auch rascher wieder abzuleiten. Daher treten Schwierigkeiten durch elektrostatische Aufladung bei Chromleder häufiger und intensiver auf als bei pflanzlich gegerbtem Leder.
  • 4. Die Wasserwerkstattarbeiten beeinflussen die Aufladungsverhältnisse bei Leder nicht. Bei Chromleder nimmt die Neigung zur elektrostatischen Aufladung mit steigendem Chromoxidgehalt ab, ein grundsätzlicher Einfluss eingesetzter Maskierungsmittel oder einer Nachgerbung mit synthetischen Gerbstoffen war nicht festzustellen, während durch eine Nachgerbung mit pflanzlichen Gerbstoffen die elektrostatische Aufladung verstärkt wird. Bei pflanzlich gegerbtem Leder war ein nennenswerter Einfluss der Art der eingesetzten Gerbmaterialien auf die elektrostatische Aufladung — abgesehen von Quebrachoextrakt — nicht festzustellen. Bei niedrigem pH-Wert ausgegerbte Leder ergaben geringere Aufladung als bei höherem pH-Wert ausgegerbte. Bei Deckbeschichtungen waren in der Höhe der Aufladung wenig Gesetzmäßigkeiten zu erkennen, hinsichtlich der Geschwindigkeit der Ableitung wurden dagegen besonders günstige Werte bei allen Kaseindeckfarben, aber auch bei einigen Typen von Polymerisatbindern erhalten.
  • 5. Das Auftreten elektrostatischer Aufladung kann durch Erhöhung der Leitfähigkeit der Luft, durch Steigerung der Luftfeuchtigkeit, durch die Auswahl der Reibkörper und durch eine Erhöhung der Leitfähigkeit des Leders selbst erreicht werden. Diese Erhöhung der Leitfähigkeit wird einmal durch Einlagerung hygroskopischer Stoffe erreicht und kann zum anderen durch die Art der zur Lickerfettung verwendeten sulfierten öle oder Netzmittel wesentlich beeinflusst werden. Vor allem aber kann die elektrostatische Aufladung durch eine echte antistatische Präparation der Leder stark vermindert werden, wobei allerdings die auf dem Textilgebiet bewährten Antistatika nicht ohne weiteres auf Leder übertragen werden können, da bei Leder ohne Zweifel andere Affinitätskräfte und Strukturverhältnisse vorliegen als bei synthetischen Fasern. Dagegen konnten aus einer großen Gruppe untersuchter Produkte einige Materialien ermittelt werden, die bei geeigneten Auftragsbedingungen bei Leder zuverlässig eine starke Verminderung der Gefahr elektrostatischer Aufladung bewirken.

Danksagung

Wir danken dem Bundeswirtschaftsministerium für die wertvolle finanzielle Unterstützung dieser Arbeit. Ferner danken wir Fräulein Edeltraut Schöpe für ihre verständnisvolle Mitarbeit bei der Durchführung der Versuche.

Literaturverzeichnis:

  • 1. 3. Mitteilung: H. Herfeld und M. Oppelt, Untersuchungen über die Hitzebeständigkeit pflanzliche gegerbter Leder, Gerbereiwissenschaft und -Praxis, September 1965;
  • 2. H. F. Schwenkhagen, Elektrizitätswirtschaft 1943 (Heft 6), S. 120 und Melliand Textilber. 34, 1182 (1953);
  • 3. H. Haase, „Die Berufsgenossenschaft„ 1955, Heft 9, Kunststoffe 45, 417 (1955);
  • 4. Elektronische Meßapparate Rothschild, Zürich (Schweiz), Beschreibung des Static-Voltmeters nach Courvoisier;
  • 5. H. Frotscher, Melliand Textilber. 41, 1121 (1960);
  • 6. W. Wegener und B. G, Hoth, Melliand Textilber. 41, 1065 (1960;
  • 7. H. Herfeld und G. Königfeld, Gerbereiwissenschaft und -Praxis, Oktober und November 1963;
  • 8. Richtlinien zur Verhütung von Gefahren durch elektrostatische Aufladung. Herausgegeben vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Bonn 1957;
  • 9. D. J. Lehmicke, Am. Dyest. Rep. 38, 853 (1949); J. H. Ballou, Text. Res. J. 24, 150 (1954); H. Frotscher, Zeitschrift f. ges. Textilind. 62, 746 (1960);
  • 10. Vergl. auch F Stather, H. Herfeld und R. Schubert, Coll. 1940, 341;
  • 11. H. Herfeld und K. Schmidt, Gerbereiwissenschaft und -Praxis, April 1964;
  • 12. Angaben über die Rohstoffbasis und analytische Zusammensetzung der verwendeten Lickerprodukte geben H. Herfeld und K. Schmidt, Gerbereiwissenschaft und -Praxis, September und Oktober 1963;
  • 13. M. Bühler, Dissertation, Reutlingen-Stuttgart 1957 und Textil-Praxis 1957, 1142 und 1234.


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