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54 Über die Auswirkung verschiedener Lickeröle auf die physikalischen Eigenschaften des Leders aus dem Jahre 1965

Von H. Herfeld und K. Schmidt

About the Way Different Leather Oils Affect the Physical Properties of Leather.

The research that was done was designed to ascertain to what extent different leather oils used in trade are capable of influencing the physical properties of leather and to what extent this influence, which is exerted on certain properties, is in relation with the indexes of the chemical research made known before, thus it being possible to make a reliable prediction on the basis of the chemical research. The experiments carried out on a great amount of leather-material have shown, that all leather properties can be influenced to a great extent by the kind of fat-liquor used, but that there can be made reliable predictions on the basis of the chemical research, on the way in which the properties are going to be affected only for few properties. Only the fixation of fatty substances and the coefficient of fatty substances can be predicted on the basis of the emulsifiere-content of the fat-liquoring agents and there also is a large increase in the water absorption, as the emulsifier-content increase. For any other property there cannot be drawn such reliable conclusions. On the basis of the research done on the fat-liquoring process, the studies on fat-liquoring products, of which the raw-material basis and the method of manufacture are unknown, were to confine them-selves essentially to the determination of the greasing substances, the emulsifier-number, the pH-value, the content of mineral matter, the emulsifying capacity and the stability of emulsion, the grease-absorption number, the figure of fixation of fatty substances, the grease distribution and the figure of waterabsorption. As for the influence exerted on the exterior State of the leather such as hardness and touch and with regard to the other leather properties, only prac-tical fat-liquoring tests will render a really reliable judgement.

In 3 vorhergehenden Veröffentlichungen befassten wir uns mit Fragen des Lickerprozesses und insbesondere dem Einfluss verschiedener Lickeröle auf Ablauf und Einfluss dieses Fabrikationsstadiums. In einer ersten Arbeit teilten wir die Zusammensetzungen von 49 handelsüblichen anionischen Lickerölen mit, leiteten daraus ab, dass für die analytische Kennzeichnung eines Lickerprodukts Angaben über den Gehalt an fettenden Substanzen, die Emulgatorzahl, den SO3 -Gehalt im Emulgator, pH-Wert und Mineralstoffgehalt zweckmäßig seien und teilten Bewertungsmaßstäbe für die einzelnen Kennzahlen mit. Ferner machten wir Angaben über die Beständigkeit der Emulsionen der verschiedenen Lickerprodukte in destilliertem Wasser und ihre Beeinflussung durch die Härtebildner des Wassers, Kochsalz-, Soda-, Ameisensäure- und Chromsalzlösung und über ihr Emulgiervermögen für wasserunlösliche Öle. In einer zweiten Veröffentlichung teilten wir die Ergebnisse von Untersuchungen mit, die sich mit Fettaufnahme, Fettbindung und schichtmäßigen Fettverteilung der gleichen 49 Lickerprodukte befassten, entwickelten Begriffe der Fettaufnahmezahl, Fettbindungszahl und des Fettbindungskoeffizienten und konnten aufzeigen, inwieweit diese Eigenschaften von Emulgatorzahl und SO3 Gehalt des Emulgators abhängig sind. Eine dritte Mitteilung befasste sich mit dem Einfluss der verschiedenen Lickeröle auf das Wasserverhalten der gelickerten Leder. So blieb schließlich noch die Frage offen, inwieweit die verschiedenen handelsüblichen Lickeröle auch andere physikalische Eigenschaften des Leders zu beeinflussen vermögen, inwieweit diese Einflüsse bei der üblichen Lederuntersuchung erfasst werden können, und ob Einflüsse auf bestimmte Ledereigenschaften mit den früher mitgeteilten Kennzahlen der chemischen Untersuchung in Beziehung stehen und daher auf Grund der chemischen Untersuchung zuverlässig vorausgesagt werden können.

Nun finden sich in der Fachliteratur bereits in großem Umfang Mitteilungen, die sich mit dem Einfluss der Fettung auf bestimmte Ledereigenschaften befassen und aufzeigen, dass Griff, Weichheit und Geschmeidigkeit, aber auch viele physikalische Eigenschaften durch die Art der angewandten Fette beeinflusst werden. So wird beispielsweise mitgeteilt, dass sulfoniertes Klauenöl und sulfonierter Tran das Leder weicher machen als sulfoniertes Rizinusöl, dass ganz allgemein Zusätze von unsulfonierten Ölen die Griffeigenschaft und die Narbenfestigkeit verbessern, dass das Verhältnis von unsulfoniertem und sulfoniertem Fett einen Einfluss auf die Zugfestigkeit ausübt, dass sulfonierte Klauenöle eine höhere Zugfestigkeit und eine geringere Dehnung bewirken als sulfonierte Trane, dass die Zugfestigkeit und Dehnbarkeit mit steigendem pH-Wert des Lickeröls von 4-8 zunähme, dass eine zu trockene Fettung, also ein tieferes Eindringen die Narbenfestigkeit verschlechtere usw. Diese Angaben sind sicher für bestimmte Fälle zutreffend und die Beurteilung dieser Zusammenhänge ist leicht, wenn man von ganz bestimmten Fettungsmitteln ausgeht, deren Herstellung in Bezug auf Rohmaterial, Sulfierungsgrad, Art der Sulfierung, Art der zugesetzten Emulgatoren und zugesetzten Neutralfette bekannt ist, und wenn jeweils nur ein Faktor variiert wird. Das gilt auch für die neueren Mitteilungen von Plapper, der von modellmäßig hergestellten Sulfatierungs- und Sulfitierungsprodukten des Spermöls und Trans mit bekannter Rohstoffbasis und bekanntem Herstellungsverfahren ausgeht. So ermittelte Beziehungen sind insbesondere für die Hersteller von Lickerölen interessant, da man daraus für die Herstellung Gesetzmäßigkeiten ableiten kann, wie zweckmäßig bestimmte Fettungseffekte zu erzielen sind. Wesentlich schwieriger ist aber die Fragestellung für den Praktiker im ledererzeugenden Betrieb oder den Analytiker eines neutralen Untersuchungsinstituts, der ein Lickerprodukt zu bewerten hat, von dem ihm weder Rohmaterial noch Herstellungsbedingungen bekannt sind, so dass sich alle in der Literatur bisher mitgeteilten Faktoren unübersehbar überlagern können, und der nun die Frage zu beantworten hat, ob er mit den im ersten Teil unserer Untersuchungen besprochenen chemischen Daten oder mit den im zweiten Teil besprochenen Angaben über Fettaufnahme, Fettbindung und Fettverteilung auch etwas über die mutmaßliche Auswirkung des Fettungsmittels auf die Ledereigenschaften aussagen könne, oder ob er auf diese Untersuchungen völlig verzichten und sich ausschließlich auf vergleichende langwierigere praktische Fettungsversuche verlassen soll. Diese Frage einmal grundsätzlich zu klären, war das Ziel der Untersuchungen, über deren Ergebnisse nachstehend berichtet werden soll.

1. Herstellung und chemische Zusammensetzung der zu untersuchenden Leder

Für die Versuche wurden chromgare Kalbfelle verwendet, die einheitlich im Normalverfahren unserer Lehrgerberei den Wasserwerkstattarbeiten unterzogen, dann vollständig entkalkt, normal gebeizt, mit 80% Wasser, 6% Kochsalz und 0,8% Schwefelsäure gepickelt und über Nacht in der Pickelflotte belassen wurden (End-pH-Wert der Flotte 3,1-3,3). Dann wurden sie im frischen Bad mit 80% Wasser, 2% Kochsalz und 2,5% Chromoxid unmaskiert mit Chromosal B gegerbt. Das Chromosal B wurde schon am Tage zuvor heiß gelöst und zu einem Drittel mit 33% Basizität, zu zwei Dritteln in 2 Anteilen mit 50% Basizität zugegeben. Die Laufzeit betrug insgesamt 6 Stunden, der End-pH-Wert der Gerbbrühe lag zwischen 3,8 und 4,0. Die Leder wurden dann 48 Stunden auf dem Bock gelagert, abgewelkt und auf möglichst gleiche Stärke gefalzt und die Tatsache, dass die Stärke der fertigen Leder, wenn man die Mittelwerte der Dicken bei der Bestimmung der Zugfestigkeit, bei der die Proben stets an der gleichen Stelle entnommen wurden, zugrunde legt, zwischen 1,15 und 1,25 mm schwankte (Mittel je 9 Werte), zeigt, dass das weitgehend gelungen ist. Die Leder wurden dann einheitlich ½ Stunde bei 35° C gespült, mit 150% Wasser von 35° C und 1% Natriumbicarbonat 1 Stunde neutralisiert, wieder 15 Minuten fließend gespült und dann wurden für jedes Fettungsmittel 3 Kalbfelle verwendet. Die Färbung und Fettung erfolgte bei einer Flotte von 150%. Wasser von 60° C, wobei bei der Fettung jeweils 2,5% fettende Substanz (Reinfett) auf Falzgewicht verwendet und dabei die früher mitgeteilten Gehalte an fettenden Substanzen2 zugrunde gelegt wurden. Nachdem alle Leder gleiche Vorbehandlung bis zur Fettung und gleiches Fettangebot erhalten, hatten und auch die Fettung und die nachfolgende mechanische Zurichtung gleichartig durchgeführt wurden, mussten auftretende Unterschiede in äußerer Beschaffenheit und physikalische Eigenschaften in erster Linie auf spezifische Unterschiede der verschiedenen Lickeröle zurückzuführen sein, zumal bei der Ermittlung der physikalischen Eigenschaften stets 2-3 Muster aus jedem der 3 Felle stets an der gleichen Stelle entnommen wurden, alle mitgeteilten Werte also Mittelwerte von 6 bzw. 9 Einzelbestimmungen darstellen und damit auch strukturelle Unterschiede der Haut weitestmöglich ausgeglichen wurden. Die jeweils angegebene Nummer des Fettungsprodukts wurde im ersten Teil unserer Veröffentlichungen2 nach Lieferfirma und Rohstoffgrundlage erläutert, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann. Von einer Deckfarbenzurichtung wurde zunächst Abstand genommen, da dadurch der Einfluss der verschiedenen Lickerprodukte auf die Ledereigenschaften hätte weitgehend überdeckt werden können.

Über die chemische Zusammensetzung der Leder soll hier nur angegeben werden, dass die Mineralstoffgehalte (Glührückstände) zwischen 4,8 und 5,1'%, die Chromoxidgehalte zwischen 4,2 und 4.4':' t, und die pH-Werte der wässrigen Auszüge zwischen 3,7 und 4,0 schwankten und sämtliche Leder einwandfrei kochbeständig waren. Wichtiger für die Beurteilung sind die Feststellungen über Fettaufnahme, Fettbindung und Fettverteilung, die zwar schon in einer früheren Veröffentlichung eingehend besprochen wurden, aber soweit sie die Kalbfelle dieser Arbeit betreffen, in Tabelle 1 nochmals zusammengefasst sind, um festzustellen, inwieweit Parallelen mit den physikalischen Eigenschaften festzustellen sind.

Tabelle 1

In der 1. Spalte sind die Werte mit abnehmender Gesamt-fettaufnahme, also der Summe von extrahierbarem und gebundenem Fett angeführt, und wir hatten bereits damals festgestellt, dass Emulgatorgehalt und SO3-Gehalt des Emulgators keinen eindeutigen Einfluss auf die Gesamtfettaufnahme ausüben, die vorhandenen Unterschiede also mehr individueller Art sind und sich vermutlich verschiedene Einflüsse überlagern. Die Fettbindung (Spalte 2) steigt dagegen in starkem Maße mit zunehmendem Emulgatorgehalt an, während der Einfluss des SO3-Gehalts auch hier nur gering ist. In der dritten Spalte haben wir aus den Prozentzahlen für Fettaufnahme und Fettbindung wieder einen Fettbindungskoeffizienten errechnet, der angibt, wieviel Prozent des insgesamt aufgenommenen Fettes gebunden sind. Auch dieser Fettbindungskoeffizient steigt mit zunehmender Emulgatorzahl an, der Einfluss des SO3-Gehalts ist auch hier nur gering. Wir haben in Tabelle 2 für die 10 ersten und für die 10 letzten Produkte dieser Reihen gleichzeitig die Emulgator-Zahlen (E) und die SO3 Gehalte im Emulgator (S) angeführt, und wenn auch hier gewisse Schwankungen vorhanden sind, so zeigt sich doch deutlich, dass die Fettungsprodukte mit hohem Fettbindungskoeffizienten auch eine hohe Emulgatorzahl besitzen (24,6-47,9, im Mittel 35,3), während die entsprechenden Werte bei der niedrigsten Fettbindung mit Schwankungen zwischen 4,1 und 18,0 und einem Mittelwert von 9,4 wesentlich niedriger liegen. Dagegen ist auch nach den Angaben der Tabelle 2 der Einfluss des SO3-Gehalts im Emulgator auf die Fettbindung nur sehr gering.

Schließlich finden sich in der letzten Spalte der Tabelle 1 noch Angaben über die schichtmäßige Fettverteilung, die zwar nicht an den Kalbfellen dieser Art, sondern an Rindlederstücken ermittelt wurden und aus unseren früheren Veröffentlichungen3) entnommen wurden, da diese Werte bei der Bewertung bestimmter Eigenschaften unter Umständen von Nutzen sein können. Die Werte stellen den damals im Mittelspalt festgestellten Anteil des Gesamtfetts dar, je höher sie liegen, desto gleichmäßiger ist die Fettverteilung. Die gleichzeitig angeführten Buchstaben N und F geben außerdem an, ob damals bei den Außenschichten im Narbenspalt oder Fleischseitenspalt die höchsten Fettgehalte ermittelt wurden, also Narben- oder Fleischseitenzone bevorzugt gefettet wurden. Für die Fettverteilung ist, wie auch die Werte der Tabelle 2 zeigen, ein klarer Einfluß des SOs-Gehalts im Emulgator überhaupt nicht festzustellen. Eine gewisse Beziehung mag zwar zum Emulgator-Gehalt noch vorhanden sein, wenn man die Mittelwerte betrachtet, doch überschneiden sich die Einzelwerte der beiden Gruppen so beträchtlich, dass von einer eindeutigen Beziehung nicht gesprochen werden kann.

Tabelle 2

Die Reihenfolge der Fettungsprodukte ist für die 4 Kennzahlen stark unterschiedlich. Da die Werte nur teilweise mit Emulgatorzahl und SO3-Gehalt in Beziehung stehen, haben wir hier und bei den weiteren Eigenschaften darauf verzichtet, die Werte in das früher angewandte Schema nach Emulgator-Menge und SO3-Gehalt des Emulgators einzuordnen, sondern wir haben sie stets in der Reihenfolge zu- oder abnehmender Werte angeordnet und festzustellen versucht, wie diese Reihen mit den früher mitgeteilten Angaben für Emulgator-Zahl und S03-Gehalt des Emulgators und mit den Werten der Tabelle 1 im Zusammenhang stehen. Um das deutlich machen zu können, sind zusätzlich zu jeder Haupttabelle Nebentabellen angeführt, bei denen jeweils die ersten und die letzten 10 Produkte mit den Werten für Emulgatorzahl (E), S03-Gehalt im Emulgator (S), Gesamtfettaufnahme (A), Fettbindungskoeffizient (B) und Fettverteilung (V) in Vergleich gesetzt werden.

2. Festigkeitseigenschaften der Leder

Alle Leder wurden hinsichtlich Zugfestigkeit und Weiterreißfestigkeit untersucht, wobei die Proben stets an den gleichen Stellen der Leder entnommen wurden. Die diesbezüglichen Werte sind in Tabelle 3 zusammengestellt und zeigen, dass die Schwankungen außerordentlich groß sind, wenn man berücksichtigt, dass die Mittelwerte für die Zugfestigkeit zwischen 201 und 354 kp/cm², die Werte für die Weiterreißfestigkeit zwischen 41 und 60 kp/cm schwanken und die mitgeteilen Werte jeweils Mittelwerte von 9 Einzelbestimmungen an 3 verschiedenen Kalbfellen darstellen.

Tabelle 3

Aus diesen starken Schwankungen kann bei der im übrigen einheitlichen Herstellung der Leder festgestellt werden, dass ohne Zweifel die Art der Fettungsmittel einen erheblichen Einfluss auf die Festigkeitseigenschaften des Leders ausübt. Die Werte der Tabelle 4 zeigen aber schon in den Mittelwerten der beiden Gruppen für alle 5 Vergleichszahlen praktisch keinerlei grundsätzliche Unterschiede und außerdem sind in jeder Gruppe die Schwankungen außerordentlich groß. Wenn man beispielsweise für die Emulgatorzahl berücksichtigt, dass die Werte bei den 10 Produkten mit niedrigsten Festigkeitswerten zwischen 6,5 und 38,1, für die 10 Produkte mit höchsten Werten zwischen 6,9 und 33,3 schwanken, während die Mittelwerte mit 23,1 und 22,6 fast übereinstimmen, so zeigen diese Zahlen, dass der Emulgatorgehalt überhaupt nicht als aussagende Kennzahl für den zu erwartenden Einfluss des betreffenden Fettungsmittels auf die Festigkeitseigenschaften herangezogen werden kann.

Tabelle 4

Das gleiche gilt für alle anderen Kennzahlen, so dass gefolgert werden kann, dass sich die'-verschiedenen Faktoren, wenn man Produkte mit unbekannter Vorgeschichte miteinander vergleicht, so stark überlagern, dass aus irgendwelchen Kennzahlen des Fettungsmittels keine Rückschlüsse auf die zu erwartende Beeinflussung der Festigkeitseigenschaften des Leders gezogen werden können.

3. Dehnbarkeit und Griff der Leder

In Tabelle 5 sind die Werte zusammengestellt, die für die Dehnbarkeit der verschiedenartig gefetteten Leder ermittelt wurden. Dabei haben wir der Vollständigkeit halber auch die Werte der Bruchdehnung angeführt, da sie bei der Ermittlung der Festigkeitswerte automatisch anfielen, sind uns aber darüber im klaren, dass die Bruchdehnung überhaupt keine Aussage über den Gebrauchswert eines Leders in der Praxis zu machen vermag, da bei keinem Einsatz des Leders dieses auch nur annähernd bis zum Bruch beansprucht wird. Zudem kommen auch die Unterschiede zwischen den verschiedenen Ledern in der Bruchdehnung am wenigsten zum Ausdruck. Viel wichtiger sind Feststellungen über die Dehnung bei geringerer Belastung, und die Feststellung dieser Werte erfolgte wieder in Anlehnung an die Prüfung von Treibriemenleder und Ledertreibriemen (BAL 066 A 3 Januar 1956) derart, dass Lederstreifen von 20 mm Breite bei einer Meßlänge von 150 mm unter Einhaltung des dort vorgeschriebenen Zeitplans zunächst mit einer Grundspannung von 10 kp/cm² belastet und die dabei auftretende Dehnung ermittelt wurde. Anschließend wurden sie jeweils nacheinander auf höhere Prüfspannungen von 20, 30, 40, und 50 kp/cm² gebracht, bei jeder dieser Spannungen 1 Minute stehen gelassen und die Dehnung ermittelt, dann wieder auf 10 kp/cm² entlastet, wieder 1 Minute ruhen gelassen, die zugehörende bleibende Dehnung ermittelt und anschließend auf die nächst höhere Stufe belastet. In Tabelle 5 sind die Produkte nach diesen Werten geordnet, wobei wir jeweils sowohl für die Dehnung als solche wie für die bleibende Dehnung diejenigen Zahlen angeführt haben, die sich bei einer Belastung von 20 bzw. 50 kp/cm² ergaben. Die Werte zeigen zunächst für die Dehnung erhebliche Schwankungen zwischen den einzelnen Produkten mit einem Höchstwert für das Produkt 16 mit 10,4 bzw. 21,0% Dehnung und einem niedrigsten Wert für das Produkt 29 mit 2,5 bzw. 6,4% Dehnung. Die Reihenfolge wurde aufgrund der Werte mit 20 kp/cm² festgelegt, aber auch die Werte, die bei 50 kp/cm² erhalten wurden, liegen praktisch in der gleichen Reihenfolge. dasselbe gilt interessanterweise im wesentlichen auch für die bleibende Dehnung. Hier liegen zwar geringfügige Schwankungen in der Reihenfolge vor, im Prinzip kann aber gefolgert werden, dass bei gleichartigem Leder einer höheren Dehnung bei geringer Belastung auch eine höhere bleibende Dehnung parallel läuft, sich also nicht etwa 2 Fettungsprodukte, die dem Leder die gleiche Dehnbarkeit vermitteln, hinsichtlich des Einflusses auf die bleibende Dehnung grundsätzlich unterscheiden.

Tabelle 5

Wir haben außerdem in Tabelle 5 Angaben über die griffliche Beschaffenheit der Leder gemacht und stellen dabei fest, dass im allgemeinen einer höheren Dehnbarkeit auch eine größere Weichheit und Geschmeidigkeit des Leders parallel läuft, so dass bei den Ledern mit hohen Dehnungszahlen die Bezeichnung „weich„ überwiegt, während bei den Ledern mit niedrigen Dehnungszahlen auch die Feststellung einer festen, oft auch gleichzeitig leeren Beschaffenheit überwiegt. Auch wenn man von vorhandenen Schwankungen absieht, ist eine Parallele zwischen Dehnbarkeit und Griff doch unverkennbar. Dagegen zeigt sich nach der Rohstoffbasis, dass hier wieder sehr viele Überlagerungen vorliegen und daher allgemeine Feststellungen, dass beispielsweise mit Produkten auf Spermölgrundlage eine höhere Weichheit erreicht würde als mit solchen auf Tran- oder Klauenölbasis, in dieser Allgemeinfassung nicht aufrechterhalten werden können. Solche Aufgaben treffen sicher für Vergleiche einer beschränkten Anzahl von Produkten mit bekannter und vergleichbarer Herstellungsweise zu, bei einem Vergleich mit gänzlich unbekannten Produkten liegen dagegen so viele Überlagerungen mit anderen Einflüssen vor, dass klare Regelmäßigkeiten bezüglich der Rohstoffbasis nur in verhältnismäßig seltenen Fällen vorhanden sind. Es ist richtig, dass im obersten Drittel der Tabelle 5 die Angaben „Spermöl“ überwiegen, aber wir haben genauso gut im letzten Teil der Tabelle die gleiche Rohstoffbasis mehrfach vertreten. Es ist richtig, dass die Bezeichnung Tran im unteren Teil der Tabelle häufiger eintritt als im oberen Teil, aber auch unter den Produkten, die gute Weichheit vermitteln, sind Tranprodukte vorhanden. Allein diese Angaben zeigen, wie problematisch Angaben sind, dass auf bestimmter Rohstoffbasis bestimmte Griffverhältnisse des Leders bevorzugt erreicht werden könnten.

Ebenso zeigen auch die Werte der Tabelle 6; dass die analytischen Daten nur verhältnismäßig geringe Auskünfte über die mit einem Fettungsprodukt erreichbare Dehnung zu geben vermögen. Im Fall des SO3-Gehalts im Emulgator und der Gesamtfettaufnahme scheiden Unterschiede überhaupt aus bzw. sind die Schwankungen der Einzelwerte so stark überlagernd, dass von einer Gesetzmäßigkeit, die Aussagen bei unbekannten Produkten gestatten würde, nicht gesprochen werden kann. Das gleiche gilt auch für die Fettbindung und die Fettverteilung. Es kann also im allgemeinen nicht gesagt werden, dass bessere Fettbindung und gleichmäßigere Fettverteilung im Leder höhere Dehnungswerte zu erreichen gestatten. Ein gewisser Unterschied ist vielleicht bezüglich des Emulgator-Gehalts festzustellen, wo man auf Grund der Mittelwerte der beiden Gruppen unter Umständen folgern kann, dass bei niedrigen Emulgator-Gehalten bevorzugt damit zu rechnen ist, dass die Dehnbarkeit des Leders nicht allzu groß sein wird, während Lickerprodukte mit höherem Emulgator-Gehalt wahrscheinlich höhere Dehnbarkeiten erwarten lassen. Auch hier sind aber die Schwankungen in den Einzelwerten so groß, dass wirklich zuverlässige Folgerungen nicht möglich sind und der Praktiker sich daher in erster Linie auf Fettungsversuche verlassen muss, weil alle Analysendaten wirklich exakte Rückschlüsse auf diese Eigenschaften nicht zulassen.

Tabelle 6

4. Narbenelastizität der Leder

Es war in diesem Zusammenhang auch interessant festzustellen, in welchem Maße die verschiedenen Lickerprodukte einen Einfluss auf die Narbenbeschaffenheit des Leders ausüben, wobei einerseits an die Narbenelastizität und zum andern an die Scheuerfestigkeit der Narbenschicht gedacht ist. Die Untersuchungen der Dauerbiegefestigkeit im Flexometer haben überhaupt keine Unterschiede ergeben, alle Leder hielten 250 000 Knickungen einwandfrei aus, ohne dass Narbenrisse oder Narbenplatzer aufgetreten wären. Deutlicher zeigten sich dagegen die Unterschiede bei Dehnungsversuchen im Tensometer u. im Lastometer, wobei wir für die Fragestellung dieser Arbeit, um möglichst definierte Unterschiede zu bekommen, dem Lastometer gegenüber dem Tensometer eine größere Aussagekraft zusprechen, weil die Prüfung schärfer ist und der Narben bei dieser Methode stärker auf Dehnung beansprucht wird. In Tabelle 7 sind jeweils die Dehnungswerte in Prozenten angeführt, bis zu denen das betreffende Leder im Lastometer gedehnt werden konnte, bis feine Risse im Narben zu beobachten waren. Die Werte zeigen, dass auch hier der Unterschied bei Schwankungen zwischen 18,2% beim günstigsten und 7,6% beim ungünstigsten Leder außerordentlich groß ist, die verschiedenen Lickerprodukte also einen erheblich individuellen Einfluss auf die Narbenelastizität besitzen.

Tabelle 7

Dagegen lassen die Werte der Tabelle 8 erkennen, dass auch bei dieser Eigenschaft eindeutige Beziehungen zu den jeweiligen Analysendaten nicht festzustellen sind. Man könnte aus den Mittelwerten folgern, dass Leder dann eine höhere Narbenelastizität besitzen, wenn die Fettungsprodukte einen etwas höheren Emulgatorgehalt und einen etwas höheren Sulfonierungsgrad besitzen und wenn sie etwas stärker von der Ledersubstanz gebunden werden, doch sind auch hier die Schwankungen zwischen den einzelnen Produkten jeder Gruppe so groß, dass sich eine solche Folgerung nicht aufrechterhalten lässt. Dabei war uns unerwartet, dass wir diesbezügliche Parallelen auch nicht im Hinblick auf die Fettverteilung feststellen konnten, denn wir hatten erwartet, dass Produkte, bei denen die Fettverteilung ungleichmäßiger war, also vorwiegend eine Oberflächenfettung vorlag, sich bezüglich der Narbenelastizität günstiger verhalten hätten. Tatsächlich kommt das aber in den vorliegenden Daten nicht zum Ausdruck.

In Tabelle 7 finden wir außerdem Angaben über die Scheuerfestigkeit des Leders, die im Schopperschen Rundscheuerapparat so ermittelt wurden, dass die Lederproben bei Verwendung von Schmirgelpapier mit einer Körnung von 150° C und 2 000 g Belastung einer Rundscheuerbeanspruchung ausgesetzt wurden und nach 1000 bzw. 2000 Umdrehungen der Gewichtsverlust in Gramm als Maß für die Scheuerfestigkeit der Narbenschicht festgestellt wurde.

Tabelle 8

Diese Art der Prüfung hat uns in vielen Fällen, beispielsweise bei der Beurteilung von Zylinderkalbfellen wertvolle Anhaltspunkte ergeben, und die ermittelten Zahlen zeigen auch sehr deutlich, dass ein Einfluss der verschiedenen Lickerprodukte auf diese Ledereigenschaft vorhanden ist. Die gleichzeitigen Angaben der Tabelle 9 lassen aber auch hier folgern, dass leider in keinem Fall eine klare Parallele zwischen der Scheuerfestigkeit des Narbens und den Vergleichsdaten besteht. Schon die Mittelwerte der beiden Gruppen liegen dicht beieinander, und die Schwankungen in den einzelnen Gruppen sind so erheblich, dass es unmöglich wäre, aus den ermittelten Zahlen einen Rückschluss auf den Einfluss der Lickerprodukte auf die Scheuerfestigkeit der Leder zu ziehen.

Tabelle 9

5. Wasserverhalten und Porosität der Leder

Über das Wasserverhalten der gelickerten Leder hatten wir bereits in einer früheren Veröffentlichung ausführlich berichtet. Soweit sich die damals mitgeteilten Zahlen der Wasseraufnahme auf die Kalbleder dieser Arbeit bezogen, sind sie in Tabelle 10 nochmals zusammengestellt, wobei als Maß für die Reihenfolge die zunehmende Wasseraufnahme nach Kubelka nach einer halben Stunde verwendet wurde.

Tabelle 10

Die Angaben in Tabelle 10 zeigen den außerordentlich starken Einfluss der Fettungsmittel auf die Wasseraufnahme, gleichgültig ob sie statisch nach Kubelka oder dynamisch im Penetrometer bestimmt wurde.

Darüber hinaus lassen die Werte in Tabelle 11 eindeutig den sehr starken Einfluss des Emulgator-Gehalts auf diese Eigenschaft erkennen.

Tabelle 11

Bei den Ledern mit geringster Wasseraufnahme liegen durchweg auch die Emulgatorgehalte der eingesetzten Lickerprodukte erheblich niedriger (6,9 - 27,6 im Mittel 18,2) als bei den entsprechenden Werten für die Leder mit höchster Wasseraufnahme, wo die Emulgatorwerte der Lickerprodukte zwischen 10,3 und 38,1, im Mittel 29,2 schwanken. Wenn auch hier gewisse Überschneidungen vorhanden sind, so kann unseres Erachtens doch eindeutig aus einer Emulgatorzahl unter 20 gefolgert werden, dass mit größter Wahrscheinlichkeit mit einer verhältnismäßig geringen Wasseraufnahme der mit solchen Produkten gelickerten Leder gerechnet werden kann, während bei Emulgatorzahlen über 25 durchweg mit einer höheren Wasserzügigkeit der Leder gerechnet werden muss. Dagegen sind die Einflüsse des SO3 Gehalts im Emulgator und ebenso die Werte für Gesamtfettaufnahme und Fettverteilung auf diese Eigenschaft nur gering. Wenn eine deutliche Beziehung zwischen Fettbindung und Wasserverhalten festzustellen ist, so ist das verständlich, da ja, wie bereits an früherer Stelle gezeigt wurde, auch die Fettbindung in starkem Ausmaß vom Emulgatorgehalt der Lickerprodukte beeinflusst wird.

Wir haben in Tabelle 10 auch noch einmal die Zahlen bezüglich der Benetzbarkeit des Leders angeführt. Die von uns früher oft verwendete Tropfenmethode, bei der Wassertropfen gleicher Größe aus gleichem Abstand auf die Lederoberfläche aufgesetzt werden und die Zeit bis zum völligen Eindringen bestimmt wird, gibt im allgemeinen keine sehr klaren Unterschiede, so dass wir diese Methode weitgehend verlassen haben. Unbedingt vorzuziehen ist der sogenannte Streifentest, der von der Kommission für Lederfettungsmittel des VGCT empfohlen wurde und bei dem Streifen von 2 cm Breite und 15-20 cm Länge mit einer Schmalseite genau 0,5 cm tief in destilliertes Wasser eingetaucht werden und nach verschiedenen Zeiten die Steighöhe des Wassers im Leder von der unteren Lederkante aus in mm (einschließlich der 5 mm Eintauchtiefe) bestimmt wird. Die diesbezüglichen Zahlen in Tabelle 10, die die Werte nach einer Stunde nochmals wiedergeben, lassen eine weitgehende Parallele zwischen der Wasseraufnahme nach Kubelka und im Penetrometer einerseits und dem Streifentestwert andererseits erkennen. Damit ist auch eine weitgehende Beziehung zwischen Streifentestwert und dem Emulgatorgehalt des betreffenden Lickerprodukts vorhanden.

Über diese Bestimmungen hinaus haben wir weitere Untersuchungen dahin vorgenommen, dass wir Leder unter verschiedenen klimatischen Bedingungen gelagert und festgestellt haben, ob und in welchem Maße dabei der Wassergehalt verändert wird. Die diesbezügliche Untersuchung wurde einmal so durchgeführt, dass Lederproben von 10 x 10 cm Größe zunächst im Klimaraum bei Zimmertemperatur und 65% Luftfeuchtigkeit 3 Tage gelagert, nach Feststellung des Gewichts 3 Tage in einem Wasser-Exsickator, also bei 100% relativer Luftfeuchtigkeit gelagert und dann wieder gewogen wurden. Dabei war eine Gewichtszunahme festzustellen, die der Steigerung des Wassergehalts entspricht. Die diesbezüglichen Zahlen in Tabelle 10 zeigen, dass auch diese Gewichtszunahme weitgehend mit der Wasseraufnahme der Leder und damit mit dem Emulgatorgehalt des betreffenden Lickerprodukts parallel läuft. Das zeigt sich sehr deutlich bei den Mittelwerten, aber auch bei den Einzelwerten ist, von wenigen Schwankungen abgesehen, eine sehr gute Parallele festzustellen. Die Werte machen deutlich, dass bei Ledern, denen durch den Fettungsprozess ein höherer Emulgatorgehalt einverleibt und damit eine höhere Wasserzügigkeit vermittelt wurde, schon die Wasseraufnahme aus

der Feuchtigkeit der umgebenden Luft wesentlich größer ist, dass diese Emulgatoren also als Folge ihres hydrophilen Charakters das Wasser aus der Luft anziehen und seine Aufnahme durch das Leder fördern. Damit wird also auch der Wasserhaushalt des Leders in entscheidendem Maße beeinflusst. Ob das von Vorteil oder Nachteil ist, soll im einzelnen hier nicht untersucht werden, hängt auch vom jeweiligen Verwendungszweck des betreffenden Leders ab. Es steht aber nach den Werten in Tabelle 10 fest, dass die Abhängigkeit des Wassergehalts im Leder von dem Feuchtigkeitsgehalt der umgebenden Luft in sehr starkem Maße vom Emulgatorgehalt des eingesetzten Fettungsprodukts beeinflusst werden kann.

Anders liegen allerdings die Verhältnisse, wenn man die Leder, die zunächst im Klimaraum bei 65% relativer Luftfeuchtigkeit gelagert wurden, anschließend im Silical-Exsickator, also über trockener Luft lagert. Hier tritt erwartungsgemäß eine Wasserabgabe an die umgebende Luft und damit eine Abnahme der Gewichte ein, doch für dieses Austrocknen der Leder sind nach den Werten der Tabelle 10 klare Gesetzmäßigkeiten nicht zu erkennen. Wenn man die Mittelwerte der 5 Gruppen in Tabelle 10 heranzieht, ist eine gewisse Gesetzmäßigkeit insofern vorhanden, als die Mittelwerte von oben nach unten abnehmen, d. h. die Leder, die im Mittel höhere Emulgatorgehalte aufweisen, geben das Wasser langsamer ab als die Leder, bei denen der Emulgatorgehalt der Lickerprodukte geringer ist. Diese Feststellung ist verständlich, denn wenn die Emulgatoren bevorzugt Wasser aus feuchter Luft anzuziehen vermögen, so werden sie andererseits auch infolge ihres hydrophilen Charakters das Wasser stärker zurückhalten, wenn die umgebende Luft trocken ist, während das Wasser aus einem Leder mit geringem Emulgatorgehalt viel schneller abgegeben wird. Jedoch sind bei der Lagerung über Silicagel die Schwankungen in jeder Gruppe so groß, dass hier der Einfluss des Emulgatorgehalts nicht so eindeutig ist wie bei Lagerung der Leder in feuchter Luft. Alle Feststellungen zeigen aber, dass für den Wasserhaushalt im Leder nicht nur die von der eigentlichen Ledersubstanz mitgebrachten hydrophilen Gruppen eine Rolle spielen, sondern dass auch durch die Art der verwendeten Fette der Wasserhaushalt im Leder in weiten Grenzen beeinflusst werden kann.

Weitere Bestimmungen befassten sich mit der Erfassung der Porosität der Leder. Dabei ergaben sich für alle Leder Luftdurchlässigkeitsquotienten über 1000 und Wasserdampfdurchlässigkeitszahlen über 350, ohne dass ein Einfluss der eingesetzten Lickerprodukte festzustellen gewesen wäre. Ebenso war auch bei der Bestimmung der Wärmeleitfähigkeitszahl ein Einfluss der Fettungsmittel nicht festzustellen, sämtliche Werte lagen im engen Bereich zwischen 0,064 und 0,071 und zeigten damit eine geringe, also für Bekleidungszwecke günstige Wärmeleitfähigkeit an.

6. Verhalten der Leder bei der Chemischreinigung und der Deckfarbenzurichtung

Im Rahmen dieser Untersuchungen war auch die Frage zu prüfen, wie sich unterschiedliche Fette auf die Chemischreinigung von Lederbekleidung auswirken. Bei unseren früheren Untersuchungen hatten wir als zweckmäßig erkannt, dass es empfehlenswert sei, eine relativ intensive Fettung zu verwenden und dabei gleichzeitig einen möglichst hohen Gehalt an gebundenem Fett anzustreben, weil dadurch auch ohne Nachfettung eine weiche und geschmeidige Beschaffenheit der Bekleidungsstücke nach der Chemischreinigung gewährleistet sei. Andererseits sollte natürlich die Benetzung des Bekleidungsleders möglichst gering sein, um Erscheinungen wie Regentropfenflecken usw. zu vermeiden. Im Rahmen dieser Arbeit haben wir Schaf- und Ziegenleder für Bekleidungszwecke verwendet, die wir nach der Chromgerbung bezogen und dann in gleicher Weise neutralisierten, färbten und fetteten, wobei 6 verschiedene Fettungsmittel mit gleicher Reinfettmenge (6%) eingesetzt wurden. Die Werte der Tabelle 12 zeigen, dass sich diese Fettungsmittel in starkem Maße durch die Emulgatorzahl2) und durch die Fettbindungszahl unterschieden. Die Leder wurden nach Fertigstellung in der äußeren Beschaffenheit geprüft und dann einer gründlichen Chemischreinigung ohne Nachfettung unterzogen und festgestellt, inwieweit sich hierbei Änderungen ergeben haben.

Schon in der ursprünglichen Beschaffenheit zeigten diejenigen Ziegen- und Schafleder, bei denen Fette mit höherer Fettbindungszahl verwendet wurden, eine etwas weichere und geschmeidigere Beschaffenheit. Diese Erscheinung verstärkte sich nach dem Reinigen. Wenn man berücksichtigt, dass durch die Reinigung, wie die Werte der Tabelle 12 zeigen, das extrahierbare Fett stark vermindert, der Gehalt an gebundenem Fett dagegen nicht beeinflusst wird, so ist verständlich, dass bei der Chemischreinigung diejenigen Leder ohne Nachfettung die höchste Weichheit und Geschmeidigkeit beibehalten, bei denen bei der Herstellung ein relativ hoher Gehalt an gebundenem Fett erreicht wurde. Wenn bei diesen Ledern der Flächenverlust etwas höher lag als bei den anderen Ledern, so dürfte darin doch ein grundsätzlicher Nachteil nicht zu erblicken sein. Die Werte für den Griff und die Farbänderung nach der Reinigung bestätigen diese Angaben, wobei wir bezüglich der Punktbewertung auf frühere Veröffentlichungen hinweisen.

Es hat sich allerdings insofern ein Nachteil ergeben, als diejenigen Leder mit höchstem Gehalt an gebundenem Fett andererseits insbesondere nach der Reinigung auch die schlechtesten Werte bezüglich der Benetzbarkeit besitzen. Das ist durchaus verständlich, wenn man nach den früheren Feststellungen berücksichtigt, dass sowohl die Fettbindung wie die Wasserzügigkeit in sehr starkem Maße von der Emulgatorzahl beeinflusst werden. Die meisten anionischen Fette, die eine hohe Fettbindung vermitteln, erzeugen leider auch eine stärkere Wasserzügigkeit und machen daher eine wesentlich intensivere Hydrophobierung notwendig. Das ist ohne Zweifel ein grundsätzlicher Nachteil und daher wird insbesondere für Bekleidungsleder die Entwicklung solcher Fettungsmittel von besonderem Wert, die zwar eine hohe Fettbindung geben, andererseits aber keinen oder einen nur wenig ungünstigen Einfluß auf die Wasserzügigkeit ausüben.

In einer anderen Versuchsreihe wurden Kalbnarbenleder einer Deckfarbenzurichtung unterzogen, um festzustellen, ob sich auch hier Einflüsse des Fettungsmittels auf die Durchführung der Deckfarbenzurichtung und die Beschaffenheit der Deckschichten ergeben.

Tabelle 12

Verwendet wurde für diese Versuche bei allen Ledern eine einheitliche Deckschichtzusammensetzung von Eukanolfarben und Eukanolbinder. Nach einem Plüschauftrag wurde über Nacht abgelüftet, bei 70° und 150 atü gebügelt, dann folgten zwei Spritzaufträge und eine Spritzfixierung und abschließend wurde nochmals bei 60° C und 150 atü gebügelt. Nach mehrtägiger Lagerung und Klimatisierung wurden die Leder hinsichtlich der Beschaffenheit der Deckschichten untersucht.

Bei der Durchführung der Beschichtung selbst zeigten sich beim Plüschauftrag erhebliche Einflüsse der Fettungsmittel insofern, als diejenigen Leder, die eine starke Wasserzügigkeit zeigten, den Plüschauftrag wesentlich rascher aufsaugten und damit eine ungleichmäßigere Verteilung des Plüschauftrags erreicht wurde. Nach den beiden Spritzaufträgen waren diese Unterschiede aber weitgehend wieder ausgeglichen. Bei der nachfolgenden Untersuchung hinsichtlich der Haftfestigkeit der Deckschichten nach Arnos und Thompson, hinsichtlich der Dehnbarkeit im Lastometer und Tensometer, hinsichtlich der Flexometerwerte und hinsichtlich des Trocken- und Naßabriebwerts haben sich zwischen den verschiedenen Ledern gewisse Unterschiede ergeben, doch war ein klarer Einfluss der verschiedenen Fettungsmittel auf diese Eigenschaften nicht festzustellen, so dass wir davon Abstand genommen haben, die einzelnen Zahlen wiederzugeben.

Ein eindeutiger Einfluss der Fettungsmittel auf die Deckfarbenzurichtung war entsprechend lediglich in bezug auf den Einfluss auf das Saugvermögen vorhanden, und damit ergaben sich auch hier insofern klare Parallelen zur Emulgatorzahl, als bei Fetten mit höherer Emulgatorzahl die Deckschichten rascher und tiefer in das Leder eindringen. Wir sind uns aber darüber im klaren, dass durch entsprechende Variationen in der Zusammensetzung der Deckschichten dieser Faktor weitgehend ausgeglichen werden kann.

7. Zusammenfassung

Aufgrund der durchgeführten Untersuchungen üben die Fettungsmittel einen erheblichen Einfluss auf die Eigenschaften der damit gelickerten Leder aus. Bei den mit 49 verschiedenen anionischen Lickerölen gefetteten Kalbledern haben sich bei Darbietung gleicher Reinfettmenge Schwankungen in folgenden Grenzen ergeben:

1. Gesamtfettaufnahme (extrahierbares und gebundenes Fett)3,7-6,8 %
2. Fettbindung0,8-3,6 %
3. Fettbindungskoeffizient (gebundenes Fett
in % des insgesamt aufgenommenen Fettes)
22-59 %
4. Fettverteilung (Fettanteil in der Mittelschicht)8,8-29,4 %
5. Zugfestigkeit 201-354 kp/cm²
6. Weiterreißfestigkeit41-60 kp/cm²
7. Bruchdehnung43-57 %
8. Dehnung bei 20 kp/cm² Belastung2,5-10,4 %
9. Dehnung bei 50 kp/cm² Belastung6,4-21,0 %
10. Bleibende Dehnung bei 20 kp/cm² 1,8-9,4 %
11. Bleibende Dehnung bei 50 kp/cm² 3,0-17,2 %
12. Dehnung im Lastometer bis zum
Auftreten erster Narbenrisse
7,6-18,2 %
13. Scheuerfestigkeit bei 1000 Umdrehungen 0,42-0,84 g
14. Scheuerfestigkeit bei 2000 Umdrehungen0,89-1,63 g
15. Wasseraufnahme (Kubelka)
nach ½ Stunde
nach 2 Stunden
30-136 %
47-150 %
16. Wasseraufnahme im Penetrometer
nach 1 Stunde
26-108 %
17. Benetzbarkeit im Streifentest
nach 1 Stunde
4-51 mm
18. Gewichtszunahme bei Steigerung der Luftfeuchtigkeit von 65% auf 100% 4,4-12,9 %

Die erheblichen Schwankungsbreiten bei allen Eigenschaften zeigen unter Brücksichtigung der sonstigen einheitlichen Herstellung der Leder, wie groß der Einfluss der Art des Fettungsmittels auf die Ledereigenschaften ist. Nur in wenigen Fällen ist es aber möglich, aufgrund der chemischen Untersuchung der Leder zuverlässige Voraussagen über die zu erwartende Beeinflussung der Eigenschaften zu machen.

1. Die Fettbindung und der Fettbindungskoeffizient steigen m starkem Maße mit zunehmendem Emulgatorgehalt an.

2. Die Wasserzügigkeit steigt in starkem Maße mit zunehmendem Emulgatorgehalt an, was sich bei der statisch oder dynamisch bestimmten Wasseraufnahme, der Benetzbarkeit (Streifentest) und beim Wassergehalt bei verschiedenen Lagerbedingungen eindeutig auswirkt. Bei allen anderen Eigenschaften können derartige zuverlässige Rückschlüsse nicht gezogen werden.

An Ende dieser Veröffentlichungsreihe ist schließlich, wenn das Ergebnis aller 4 Untersuchungsgruppen zusammenfassend betrachtet wird, auch die abschließende Frage zu stellen, welche Untersuchungen ein Analytiker durchführen sollte, wenn er über die Eignung eines Lickerprodukts, dessen Rohstoffgrundlage und Vorgeschichte unbekannt sind, für Lickerzwecke Aussagen machen soll und über welche Fragen - zum mindesten nach unseren heutigen Kenntnissen - nur der praktische Lickerversuch Aussagen zu machen vermag. Über diese Grenzen der Aussagefähigkeit der einzelnen Untersuchungsmethoden muss man sich klar sein, wenn man nicht unnötige Untersuchungen durchführen oder sich der Gefahr aussetzen will, falsche Schlussfolgerungen zu ziehen.

1. Fettende Substanzen. Der Gesamtgehalt an fettenden Substanzen (emulgiertes Fett + Emulgator) schwankte bei den untersuchten Produkten zwischen 36,7 und 99,6%. Er sollte schon aus verkaufstechnischen Gründen berücksichtigt werden, da nur die Kenntnis dieses Wertes auch unterschiedliche Preise auf zuverlässiger Grundlage zu vergleichen gestattet. Ebenso können bei praktischen Fettungsversuchen verschiedene Fettungsmittel hinsichtlich ihres Fettungswerts nur verglichen werden, wenn sie mit gleichem Gehalt an fettenden Substanzen zum Einsatz gebracht werden.

2. Emulgatorzahl. Die Emulgatorzahl, die angibt, wieviel der fettenden Substanzen aus Emulgatoren bestehen, schwankte bei den untersuchten Produkten zwischen 4,1 und 44,8%. Sie gestattet Rückschlüsse

a) auf die Fettbindung. Die Fettbindungszahl und der Fettbindungskoeffizient steigen mit zunehmender Emulgatorzahl in starkem Maße an.

b) auf das Wasserverhalten. Die Wasserzügigkeitszahl, die Wasseraufnahme, die Benetzbarkeit und der Wasserhaushalt im Leder steigen mit zunehmendem Emulgatorgehalt an.

3. Gehalt an organisch gebundenem SO3. Diese Zahl, die zweckmäßig auf den Emulgatorgehalt bezogen wird, schwankte bei unseren Produkten zwischen 1,9 und 15,9%. Ihr Wert ist indessen außerordentlich gering, klare Beziehungen zwischen dieser Kennzahl und der Beeinflussung der Ledereigenschaften durch die Fettungsmittel konnten in keinem Fall ermittelt werden.

4. pH -Wert und Mineralstoffgehalt. Es erscheint uns zweckmäßig, diese Werte bei einer vollständigen Beurteilung des Lickerproduktes mit zu berücksichtigen, zumal höhere Mineralstoffanteile u. U. in Mischungen mit anderen Lickerölen von Einfluss sein können.

5. Sonstige Kennzahlen. Analytische Kennzahlen wie Säurezahl, Jodzahl und Gehalt an Unverseifbarem sind nur in speziellen Fällen von Bedeutung.

6. Emulgiervermögen und Emulsionsbeständigkeit. Die Fähigkeit der einzelnen Lickeröle, wasserunlösliche öle zu emulgieren, die Beständigkeit ihrer Emulsionen in destilliertem Wasser und die Beeinflussung dieser Beständigkeit durch die Härtebildner des Wassers und durch Zusätze von Kochsalz, Soda, Säure und Chromgerbsalzen sollte bei einer Beurteilung von Lickerprodukten stets mit berücksichtigt werden.

7. Fettaufnahme und -bindung. Die unter Verwendung von Hautpulver bestimmte Fettaufnahmezahl (Schwankungen zwischen 5,8 und 8,6) und Fettbindungszahl (Schwankungen von 0,4 bis 3,8) liefern für den Gerber wertvolle Angaben für die Beurteilung eines Fettungsprodukts hinsichtlich Fettaufnahme (freies und gebundenes Fett) und Fettbindung. Diese Werte, ebenso wie der daraus sich errechnete Fettbindungskoeffizient, der angibt, wieviel Prozent des insgesamt aufgenommenen Fettes gebunden sind, gestatten zuverlässige vergleichende Rückschlüsse auf das Verhalten der Lickeröle bei strukturierter Haut.

8. Fettverteilung. Über die schichtmäßige Fettverteilung können nur vergleichende Untersuchungen an strukturierter Haut - zweckmäßig an chromgarem Rindleder - Auskünfte geben.

9. Wasserzügigkeitszahl. Die sogenannte Wasserzügigkeitszahl, die bei unseren Untersuchungen zwischen 79 und 183 schwankte, steht in Parallele zur Emulgatorzahl und ist als zuverlässige Bewertungsgrundlage für den Einfluss der Fettungsmittel auf die Wasserzügigkeit des Leders anzusprechen. Die erhaltenen Befunde lassen zuverlässige Rückschlüsse auf die Wasseraufnahme, die Benetzbarkeit und die Abhängigkeit des Wassergehalts der Leder von der relativen Luftfeuchtigkeit der umgebenden Luft zu. Fette mit hoher Wasserzügigkeitszahl bewirken erhebliche Wassersüffigkeit des Leders.

Bezüglich der Beeinflussung der äußeren Beschaffenheit des Leders hinsichtlich Härte, Griff usw. und bezüglich des Einflusses auf die sonstigen Ledereigenschaften können nur vergleichende praktische Fettungsversuche bei unbekannten Lickerprodukten ein wirklich zuverlässiges Urteil erbringen.

Über die Frage, in welchem Maße gaschromatographische Untersuchungen der Fettungsmittel die Grundlagen für die Beurteilung von Fettungsmitteln mit unbekannter Vorgeschichte zu erweitern vermögen und bei einer Reihe von Fettungsfehlern tiefere Einblicke zu erreichen gestatten, werden wir zu einem späteren Zeitpunkt berichten.

Wir danken dem Wirtschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg für die wertvolle finanzielle Unterstützung dieser Arbeit.

Literaturangaben

  1. 3. Mitteilung: H. Herfeld und K. Schmidt, Über den Einfluss verschiedener Lickeröle auf das Wasserverhalten der gelickerten Leder,Gerbereiwiss. und -praxis, April 1964
  2. H. Herfeld und K. Schmidt, Gerbereiwiss. und -praxis, September und Oktober 1963
  3. H. Herfeld und K. Schmidt, Gerbereiwiss. und -praxis, Februar und März 1964
  4. Vergl. z. B. die zusammenfassenden Ausführungen im Handbuch für Gerbereichemie und Lederfabrikation III. Band, 1. Teil, 1. Hälfte, Springer-Verlag Wien S. 666 - 671 und 684 - 691 und F. Stather, Gerbereichemie und Gerbereitechnologie, Akademie-Verlag, Berlin. Ferner J. Plapper, Das Leder 14, 136 (1963), C. L. Ornes,Das Leder 1962, 204, 434
  5. J. Plapper, Das Leder 15, 263 (1964)
  6. H. Herfeld und W. Pauckner, Gerbereiwiss. und -praxis, Mai 1961.


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