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49 Über die Freilegung gerbaktiver Gruppen der Haut in Äscher und Beize aus dem Jahre 1964

Von H. Herfeld und M. Oppelt

Durch die Messung der Aufnahme von Siriusgelb an Hautsubstanz wurde versucht festzustellen, in welchem Maße beim Äschern und Beizen zusätzliche gerbaktive Gruppen, die zu einer Betätigung von Nebenvalenzbindungen (Wasserstoffbrückenbindungen, Dipol-Dipol-Bindungen) befähigt sind, freigelegt werden. Dabei wurde der Einfluss der verschiedensten Äscherchemikalien in unterschiedlichen Konzentrationsbereichen untersucht und außerdem geklärt, wie sich Äscher und Beizwirkung hierbei gegenseitig beeinflussen.

By measuring the absorption of Siriuslichtgelb (a Substantive dye) by hide substance, it was tried to determine, to which extent additional groups with tanning properties capable of forming secondary Valencias (hydrogen bonds, dipole bonds) are released upon Urning and bating. The influence of the various liming chemicals was examined at different concentrations and it was moreover eludated how the effects of liming and bating are of influence upon each other with respect to the above mentioned phenomenons.

Über die Freilegung gerbaktiver Gruppen der Haut in Äscher und Beize

Von H. Herfeld und M. Oppek

Die tierische Haut wird schon vor der eigentlichen Gerbung bei den die Gerbung vorbereitenden Arbeiten der Wasserwerkstatt den verschiedenartigsten Einwirkungen unterworfen. Bei den Verfahren der Haarlockerung wirken Alkalien und reduzierende Substanzen, meist Sulfide oder Sulfhydrate, auf die Haut ein und bewirken neben einer Entfernung von Epidermis und Haaren auch eine Veränderung des kollagenen Coriums als dem für die Lederherstellung wesentlichen Hautbestandteil. Während der nachfolgenden Entkälkung wirken Säuren, zugesetzte Salze und die sich bildenden Calciumsalze mit mehr oder weniger hydrotropen Eigenschaften auf die Haut ein, und im gleichzeitigen oder nachfolgenden Beizprozess wird durch proteolytische Enzyme eine weitere Veränderung der Beschaffenheit und Reaktionsfähigkeit des Coriums bewirkt. Es ist schließlich auch bekannt, dass sich die angeführten Prozesse gegenseitig beeinflussen, beispielsweise die Beizenzyme an intensiver geäscherten Blößen stärker angreifen als bei nur mäßiger Äscherintensität. In zwei vorhergehenden Veröffentlichungen dieser Reihe wurde über Untersuchungen berichtet, die sich mit dem Einfluss verschiedener Äschersysteme auf Wasseraufnahme, Quellung und Prallheit der Haut befassten.

In der vorliegenden Veröffentlichung haben wir uns die Aufgabe gestellt, weiteres experimentelles Material zu der Frage zu liefern, ob und in welchem Umfang bei Äscher und Beize zusätzliche reaktive Gruppen freigelegt werden, die sich bei der nachfolgenden Gerbung an der Gerbstoffbindung beteiligen und damit deren Intensität beeinflussen. Als solche gerbaktive Gruppen kommen einerseits die polaren Gruppen der Seitenketten, also Amino- und Carboxylgruppen, in Betracht, die mit Gerbstoffen, Farbstoffen und anderen Chemikalien Reaktionen eingehen können. Für diese Gruppen, die durch Ermittlung des Säure- bzw. Alkalibindungsvermögens erfasst werden können, ist bekannt, dass sie durch den Äscheraufschluß und die Beizwirkung zunehmen und dass durch Abspaltung von Amidstickstoff im Äscher auch eine Verschiebung des Verhältnisses von sauren und basischen Gruppen und damit des isoelektrischen Punktes von etwa neutraler Reaktion in das schwach saure Gebiet von etwa pH 4,9-5,2 erfolgt. Zum anderen kommen als gerbaktive Gruppen solche in Frage, die über Nebenvalenzkräfte zu Dipol-Dipol oder Wasserstoffbrücken-Bindungen befähigt sind. Träger dieser Nebenvalenzkräfte sind in erster Linie die Peptidgruppen. Besonders im Falle der Gerbung mit pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffen kommt diesen zwischenmolekularen Kräften eventuell in Zusammenwirkung mit Kovalenzbindungen entscheidende Bedeutung zu. Im Falle der pflanzlichen Gerbstoffe und auch der synthetischen Austauschgerbstoffe mit nur wenig und vorwiegend abneutralisierten Sulfogruppen im Molekül erfolgt die Bindung ausschließlich oder doch vorwiegend durch Nebenvalenzkräfte, und die Tatsache, dass mit zunehmender Äscherintensität auch die Bindung pflanzlicher Gerbstoffe gesteigert wird, hat bereits wiederholt folgern lassen, dass beim Äscherprozess durch Gitteraufspaltung zusätzliche Gruppierungen für diesen Bindungstyp in Freiheit gesetzt werden. Im Falle der synthetischen Hilfsgerbstoffe mit stark negativen Gruppen im Molekül bestimmen primär Ionenreaktionen die Wechselwirkung zwischen Haut und Gerbstoff, und die mengenmäßige Bindung ist daher durch das Säurebindungsvermögen der Haut begrenzt. Aber Otto hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die dabei entstehenden Salze zwischen den stark dissoziierten Sulfogruppen und den schwachen Basen des Kollagens leicht hydrolysieren und dass daher die Bindung gegen Wasser nicht irreversibel wäre und keine Wasserechtheit besäße, wenn nicht auch hier als Sekundärreaktion zusätzliche Nebenvalenzbindungen hinzukämen. Für die Erfassung derjenigen Gruppen des Kollagens, die zu solchen Nebenvalenzbindungen befähigt sind, und zur Feststellung ihrer Freilegung oder auch Verminderung während des Äschers und Beizens haben wir vor und nach jeder Behandlung einen Farbstoff auf die Haut einwirken lassen, der seiner chemischen Natur nach über nebenvalentige Kräfte an die Haut gebunden wird. Für das Bindungsverhalten der verschiedenen Farbstoffgruppen konnte Otto3' nachweisen, dass hier wie bei den pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffen neben einer eventuellen Salzbindung zwischen elektrovalenten Gruppen der Farbstoffe und der Haut auch nebenvalentige Bindungen eine entscheidende Rolle spielen und wasserechte Färbungen nur mit Farbstoffen erhalten werden, die solche Bindungen ausbilden können. Die Farbstoffe sind um so faseraffiner, je mehr in ihrem Molekül die meist durch Sulfogruppen bewirkte Ionenvalenz zugunsten der Nebenvalenzkräfte zurücktritt. Als Typ eines Farbstoffs, in dessen Molekül die Ionen-Gruppen stark zurücktreten, dagegen ein System von 17 aufeinanderfolgenden konjugierten Doppelbindungen eine starke Fähigkeit zur Bildung nebenvalentiger Bindungen vermittelt, ist Siriuslichtgelb RT5, ein typischer Vertreter aus der Reihe der Substantiven Farbstoffe.

Bild 1

Dieser Farbstoff reagiert praktisch ausschließlich über Nebenvalenzbindungen und zeigt eine besonders hohe Affinität zur Haut- und Lederfaser. Wenn die Wechselwirkung eines solchen Farbstoffs aber ausschließlich durch Nebenvalenzkräfte hervorgerufen wird, so muss es umgekehrt möglich sein, durch Erfassung der Intensität dieser Wechselwirkung und durch Ermittlung ihrer Änderung Rückschlüsse auf eine erfolgte Änderung (Freilegung oder Entfernung) von reaktiven Gruppen der Haut zu ziehen, soweit diese ebenfalls zu Nebenvalenzbindungen befähigt sind. Über die bei solchen Versuchen erhaltenen Ergebnisse soll nachstehend berichtet werden.

I. Durchführung der Versuche

Bei den Versuchen wurde von einheitlichem Hautmaterial ausgegangen und untersucht, wie sich die Einwirkung von hydrotropen Salzen, Äscherchemikalien und Beizenzymen auf die Bindung von Siriusgelb RT auswirkt. Als Substrat wurde einerseits weißes Hautpulver herangezogen, das ohne Formaldehydbehandlung speziell für Versuchszwecke hergestellt wurde (Freiberg). Zum andern wurden Kalbfelle von 4-5 kg Gewicht vom Schlachthof frisch bezogen, mit 50% Kochsalz gesalzen, einheitlich gelagert, crouponiert, 48 Stunden unter einheitlichen Bedingungen und mehrfachem Wasserwechsel geweicht, entfleischt, von der Narbenseite rasiert und dann mit Aceton nach Naumann entwässert. Das Arbeiten mit Hautpulver hatte den Vorteil, dass viele Effekte erheblich deutlicher zu erkennen waren, weil der Einfluss einer gleichzeitigen Verspannung des Fasergefüges (Prallheit), die den Angriff auf die Haut mehr oder weniger stark beeinträchtigen kann, hier ausgeschaltet ist. Da es jedoch vielfach fraglich erscheint, inwieweit die Ergebnisse von Hautpulverversuchen in jedem Einzelfall auf die Verhältnisse bei strukturierter Haut übertragen werden können, waren die Kalbfellversuche nicht überflüssig.

Nach der jeweiligen, stets im Klimaraum vorgenommenen Vorbehandlung des Hautmaterials, deren Durchführung bei den einzelnen Versuchsreihen beschrieben wird, wurde das Hautmaterial abfiltriert bzw. abzentrifugiert und gründlich ausgewaschen, um alle Chemikalienreste weitgehend zu entfernen. Dabei wurde anfangs mit einem Acetatpuffer von pH 4,62 gearbeitet, der sich aber als nicht zweckmäßig erwies,da zusätzliche hydrotrope Wirkungen zu befürchten waren. Daher wurde später das Hautmaterial nach den einzelnen Behandlungen mit verdünnter Schwefelsäure- bzw. Natronlaugelösung bei einem Flottenverhältnis von 400 ml Wasser auf 15 g Hautpulver während eines halben Tages auf pH 6,0 bis 6,2 eingestellt und gründlich mit Wasser nachgewaschen. Dann wurde wieder mit Aceton entwässert und in einem aliquaten Teil der Wassergehalt bestimmt, in einem weiteren aliquaten Teil die Aufnahme von Siriuslichtgelb RT ermittelt. Wir hatten ursprünglich hierfür die gesamte Hautsubstanzmenge, die bei Einwirkung der Chemikalien zur Anwendung kam, verwendet, doch traten bei den einzelnen Einwirkungen durch Abbau bis zum löslichen Zustand Hautsubstanzverluste in unterschiedlichem Umfang ein. Da wir aber bei der Bestimmung der Wechselwirkung mit Siriuslichtgelb RT nur die Beschaffenheit des nicht gelösten Hautsubstanzanteils, der allein für die nachfolgende Gerbung von Interesse war, erfassen wollten, war eine Neueinwaage vor der Einwirkung der Farbstofflösung unumgänglich.

Siriuslichtgelb RT (im folgenden als „RT„ bezeichnet) hat ein Molekulargewicht von 946, ist bei pH 6-7 gut löslich, fällt dagegen im stärker sauren und alkalischen Gebiet und bei Zusatz mancher Salze aus, so dass das erwähnte gründliche Neutralisieren und Auswaschen des Hautmaterials vor der Einwirkung von RT unbedingt erforderlich ist, um Fehler durch zusätzliche Ausfällung zu vermeiden. Je 1,5 g Trockensubstanz des behandelten Hautmaterials wurden zunächst mit 100 ml Wasser geweicht, abdekantiert, mit 100 ml 3%iger RT-Lösung versetzt, 48 Std. im Thermostat unter regelmäßigem Umschütteln stehen gelassen und dann 30 Minuten bei 4000 U/min abzentrifugiert. Ursprüngliche Lösung und Filtrat wurden Photometrien, die Photometerwerte mittels Eichkurven ausgewertet und die Differenz beider Bestimmungen als aufgenommene Farbstoffmenge bewertet. Die in den Tabellen dieser Arbeit jeweils angegebenen RT-Werte entsprechen der von 100 g Hautmaterial (Trockensubstanz) aufgenommenen RT-Menge in Gramm.

Bei Durchführung der Untersuchungen ergaben sich anfänglich erhebliche Schwierigkeiten, die in erster Linie mit der Molekülgröße von RT und der relativ geringen Löslichkeit in ungeeigneten pH-Bereichen in Zusammenhang stehen dürften. Um eine gute Reproduzierbarkeit zu erreichen und damit Ergebnisse mit genügender Zuverlässigkeit zu erhalten, war zunächst der Einfluss der variablen Faktoren wie Zerkleinerung des Substrats, Einwirkungsdauer, Farbstoffmenge und Konzentration der Farbstofflösung zu klären und bei den weiteren Untersuchungen zu berücksichtigen. Dabei ergaben sich noch gewisse Änderungen der ursprünglichen Versuchsanordnung, die in den nachfolgenden Abschnitten jeweils angeführt sind.

1.Einfluss der Zerkleinerung des Substrats. Es zeigte sich schon bald, dass bei der erheblichen Größe des Farbstoffmoleküls die Beschaffenheit des Substrats, insbesondere sein Zerkleinerungsgrad, die Durchfärbung und damit die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse erheblich beeinflusste. Schon beim Hautpulver ging die ursprünglich flockige Beschaffenheit nach Chemikalieneinwirkung und Wiederauftrocknen weitgehend verloren, wodurch die Diffusion des Farbstoffs erheblich beeinträchtigt wurde. Erst recht zeigte sich dieser Einfluss bei den mit Aceton getrockneten Hautstückchen, bei denen mikroskopische Schnittuntersuchungen bald erkennen ließen, dass der Farbstoff auch bei erheblicher Verlängerung der Einwirkungszeit nicht befriedigend in die Innenzone diffundierte. Nach vielen Versuchen, diese Schwierigkeiten zu beheben, wurde das Verfahren so abgeändert, dass sowohl die behandelten ausgewaschenen und aceton-getrockneten Hautpulverproben wie die Hautstückchen vor Einwirkung der RT-Lösung zunächst auf der Condux-Mühle mit 0,5-mm-Sieb vermählen wurden. Befürchtungen, dass unter LTmständen Erhitzungen des ungegerbten Mahlgutes sekundäre Veränderungen bewirken und damit die RT-Aufnahme beeinflussen würden, haben sich nicht bestätigt, da bei Versuchen unter intensiver Kühlung durch Vermischen des Mahlgutes mit Trockeneis keine Unterschiede in der RT-Aufnahme festgestellt wurden.

2.Einfluss der Einwirkungsdauer. Zur Klärung des Zeitfaktors wurden 1,5 g Hautpulver mit 100 ml 3%iger RT-Lösung unterschiedlich lange geschüttelt, rasch abgenutscht und photometriert. Dabei war schon nach einer Stunde eine Aufnahme von 90% des Endwertes erreicht, nach 5-6 Stunden blieb die Aufnahme bei unbehandeltem Hautpulver konstant. Da aber bei behandeltem Hautpulver und gemahlener Haut auch nach nachträglicher Vermahlung wegen etwa freigelegter weiterer gerbaktiver Gruppen diese Zeit unter Umständen nicht ausreichen könnte, und da wir vor allem auch das RT-Angebot erhöhen mussten (s. wie folgt), haben wir bei allen Versuchen das wieder zerkleinerte Hautmaterial nach Übergießen mit der Farbstofflösung 48 Stunden unter regelmäßigem Umschütteln im Thermostat stehengelassen und erst dann abzentrifugiert und die Filtrate photometriert, um einen genügenden Sicherheitsfaktor eingebaut zu haben.

3.Einfluss von Farbstoffmenge und -konzentration. Es war weiter zu klären, ob die dargebotene Menge von 100 ml 3%iger RT-Lösung auf 1,5 g Hautpulvertrockensubstanz ausreicht, um alle gerbaktiven Gruppen zu erfassen, auch wenn durch die verschiedenen Behandlungen weitere Bindungsgruppen freigelegt wurden. Daher wurden in einer Versuchsreihe Hautpulvermenge (1,5 g), Flottenmenge (100 ml) und Einwirkungsdauer (48 Stunden) konstant gehalten, die Konzentration der Farbstofflösung aber gesteigert. Nach den Werten in Tabelle 1 steigt die RT-Aufnahme erwartungsgemäß mit zunehmendem Farbstoffangebot zunächst erheblich an und strebt einem Maximalwert zu, doch nach Erreichung eines Optimums bei 3-4 g RT/100 ml trat wieder ein Abfall ein.

Tabelle 1

Ähnliche Werte wurden auch erhalten, wenn mit anderer (aber stets konstanter) Flottenmenge und steigendem RT-Einsatz gearbeitet wurde. Das Ergebnis war zunächst überraschend und zeigte, dass es nicht möglich ist, durch beliebige Steigerung der Konzentration der RT-Lösung eine größere Farbstoffreserve zu schaffen. Bei der Größe des Farbstoffmoleküls liegt die Erklärung nahe, dass es sich in der Zone des Absinkens in Analogie zu den bekannten Totgerbungserscheinungen um eine Art „Totfärbung“ handelt. Zwar hat Otto bei seinen Untersuchungen gezeigt, dass es bei der Subjektivität von Farbstoffen nicht auf die Molekülgröße ankomme, Molekülgröße und Eindringvermögen also nicht unbedingt parallel zu laufen brauchen, aber das schließt nicht aus, dass sich die Farbstoffteilchen bei höherer Konzentration aggregieren, rasch auf der Oberfläche der Faser anfallen und dann weiteren Teilchen den Zutritt ins Innere verwehren.

Allerdings waren bei den durchgeführten Versuchen RT-Menge und -Konzentration der Farbstofflösung gleichzeitig geändert worden, und daher war weiter zu prüfen, ob nur steigende Farbstoffkonzentration oder auch steigende RT-Mengen Totfärbung verursachen. Wir haben zunächst bei weiteren Versuchsreihen 3 bzw. 5 g RT auf 1,5 g Hautpulver bei einer Einwirkungsdauer von 4S Stunden, aber in unterschiedlicher Flottenmenge und damit unterschiedlicher Konzentration einwirken lassen. Bei beiden Reihen trat, wie die Werte der Tabelle 2 zeigen,wieder die gleiche Gesetzmäßigkeit ein, dass die RT-Aufnahme mit steigender Konzentration zunächst zunimmt, ein Maximum überschreitet und dann wieder abfällt, wobei das Maximum bei einem Angebot von von 3 g RT in 3%iger Lösung bzw. 5 g in 2-2,5 %iger Lösung erreicht wurde. Die Konzentration ist also für die diskutierte Totfärbung verantwortlich, bei Überschreitung einer Grenzkonzentration tritt Totfärbung ein.

Tabelle 2

In weiteren Reihen haben wir bei konstanter Konzentration von 3% die angebotene RT-Menge durch Variation der Flottenmenge zwischen 50 und 300 ml gesteigert. Nach den Werten der Tabelle 3 steigen die RT-Werte mit zunehmender RT-Menge zunächst an und streben einem konstanten Maximalwert, also einem eindeutigen Sättigungswert, zu. Bei Versuchen mit höheren Konzentrationen waren diese Beziehungen oft unklar, was bei der festgestellten Parallele zwischen Konzentration und Totfärbung verständlich ist. Die Werte der Tabelle 3 zeigen weiter, dass die zunächst eingesetzte Menge von 100 ml 3%iger RT-Lösung nicht ausreicht, um die angestrebte Sättigung zu erreichen. Bei weiteren Versuchen, die über die Salzbehandlung der Haut durchgeführt wurden und weiter unten besprochen werden, haben wir die Frage der benötigten Menge 3%iger Farbstofflösungen nochmals eingeschaltet und dabei ebenfalls bestätigt gefunden, dass die Farbstoff auf nähme bis zu einem Maximum anstieg und dann konstant blieb, 100 ml dagegen nicht genügten, um eine maximale Absättigung zu erreichen (Tabelle 5). Bei den weiteren Versuchen wurde daher der Einsatz auf 300 ml 3%iger RT-Lösung gesteigert, um auch bei Zunahme der Bindungsgruppen noch einen genügenden Überschuss vorliegen zu haben. Wir haben entsprechend bei allen nachfolgend behandelten Versuchen so gearbeitet, dass von dem acetonentwässerten Hautmaterial nach erneuter Vermahlung 1,5 g zunächst mit 100 ml destilliertem Wasser geweicht wurden und dann ohne Abgießen der Weichflotte 200 ml einer 4,5%igen RT-Lösung zugegeben wurden, was einem Einsatz von 300 ml 3%iger RT-Lösung entspricht. Da der an sich schwerlösliche Farbstoff wohl infolge mangelnder Reinheit auch bei diesen Konzentrationen nicht ganz klar löslich war, sondern beim Stehen etwas Bodensatz absetzte, wurde die Lösung stets vorher zentrifugiert, dann wieder photometriert und die so bestimmte Konzentration als Einsatzmenge zugrunde gelegt.

Tabelle 3

II. Einwirkung von Salzen

dass gewisse hydrotrope Salze zusätzliche gerbaktive Bindungsgruppen freilegen, ist aufgrund der Verfolgung von Gerbvorgängen an so vorbehandeltem Hautmaterial wiederholt gefolgert worden. Der eine von uns hatte erst kürzlich gemeinsam mit Schmidt bei Untersuchungen über die Auswirkung verschiedener Salze auf die Bindung pflanzlicher Gerbstoffe solche Einflüsse der Salze organischer Säuren festgestellt. Es erschien aber zweckmäßig, im Rahmen unserer Untersuchungen diese Vermutung konkret zu bestätigen und zu zeigen, ob und wie sich Salze verschiedenster Art auf die Freilegung gerbaktiver Gruppen für Nebenvalenzbindungen auswirken.

In einer ersten Versuchsreihe wurden jeweils 15 g Hautpulver 63 Stunden mit 1 Liter verschiedenmolarer Salzlösungen behandelt und dann in der beschriebenen Weise weiterbehandelt und untersucht. Die Werte der Tabelle 4 zeigen, dass die RT-Aufnahme bei den Salzen mit hydrotroper Wirkung mit zunehmender Konzentration der Lösung zunimmt und insbesondere bei dreimolaren Lösungen sehr beträchtliche Werte erreicht, die fast doppelt so hoch liegen wie die Werte des mit Natriumsulfat behandelten Hautpulvers.

Tabelle 4

Bei den nicht oder nur schwach hydrotropen Salzen sind die Aufnahmewerte dagegen erheblich geringer, und eine Konzentrationszunahme wirkt sich erwartungsgemäß nicht oder nur wenig aus. Die Werte bestätigen die bekannte Tatsache, dass insbesondere die Sulfate wesentlich gefahrloser als die Chloride sind, aber auch weniger gerbaktive Gruppen zusätzlich freilegen und dass bei den letzteren insbesondere Calcium- und Magnesiumchlorid eine starke Steigerung der Zahl der gerbaktiven Gruppen bewirken, im Zusammenhang damit aber erfahrungsgemäß auch einen erheblichen Angriff auf die Kollagensubstanz ausüben. Auf die weitere Feststellung, dass Rhodanide in Bestätigung der Hofmeisterschen Reihe eine stark hydrotrope Wirkung ausüben, die sich auch schon bei geringerer Konzentration deutlich auswirkt, werden wir in Zusammenhang mit Äscherversuchen in einer unserer nächsten Veröffentlichungen nochmals zurückkommen.

Tabelle 5 zeigt die Ergebnisse gleichartiger Versuche mit Hautpulver, wobei jeweils 60 g Hautpulver-Trockensubstanz mit 2 Liter einmolarer Lösungen 64 Stunden behandelt wurden und anschließend bei der Feststellung der Farbstoffaufnahme verschiedene Mengen 3%iger RT-Lösung auf 1,5 g Hautpulver zur Einwirkung kamen.

Tabelle 5

Das Verhältnis von Hautsubstanz zu Flottenverhältnis ist bei der Salzeinwirkung dieser Versuche abweichend von dem der vorhergehenden Reihe, und daher sind auch die Absolutwerte beider Tabellen nicht miteinander vergleichbar, doch zeigen auch diese Zahlen die starke Freilegung gerbaktiver Gruppen mit zunehmender Hydrotropie der einwirkenden Salze. Gleichzeitig bestätigen die Werte der Tabelle 5, dass mindestens 200 ml 3%iger RT-Lösung erforderlich sind, um zuverlässig eine Farbstoffabsättigung zu erreichen.

Tabelle 6 gibt die Ergebnisse entsprechender Versuche an Mittelspalten acetongetrockneter Kalbshaut wieder. Je 18 g wurden 1 Stunde unter ständigem Rotieren geweicht, dann mit 1 L 0,5- und 2 molarer Salzlösungen 64 Stunden im Klimaraum unter gelegentlichem Umschütteln stehengelassen und danach in der beschriebenen Weise untersucht. Der unterschiedliche Einfluss zwischen den verschiedenen Salzen ist bei den 0,5 molaren Lösungen nur gering, nur Calciumchlorid und Ammoniumrhodanid zeigen etwas erhöhte Werte. Bei Einwirkung der 2 molaren Lösungen ist dagegen ein erheblicher Unterschied unter entsprechender Abstufung nach dem Grad der Hydrotropie der verschiedenen Salze festzustellen, wobei erneut die Hofmeistersche Reihe bestätigt wird.

Tabelle 6

Wenn die Unterschiede hierbei graduell nicht so ausgeprägt sind wie bei den vorher geschilderten Hautpulverversuchen, so beweist das nur, dass die intakte Faserstruktur gegenüber hydrotropen Einwirkungen resistenter ist als das zuvor gemahlene Hautpulver.

III. Einwirkung von Äscher und Beize

Zur Klärung der Frage, inwieweit durch Einwirkung von Äscher und Beize auf Hautsubstanz ebenfalls durch Aufspaltung des Proteingitters eine Freilegung gerbaktiver Gruppen, die zu einer nebenvalentigen Bindung befähigt sind, erfolgt, wurden zunächst wieder Versuche an Hautpulver vorgenommen. Bei allen Versuchen werden 50 g Hautpulver und 1 Liter Flotte verwendet, die Äscherchemikalien bzw. das Beizpräparat unter Variation von Konzentration und Zeit zur Einwirkung gebracht und das Hautpulver in üblicher Weise aufbereitet und untersucht. Bei den Äscherchemikalien hat die Verwendung von Hautpulver zweifellos den Vorteil, dass Verspannungen des Fasergefüges, die sich in unterschiedlicher Prallheit auswirken und den Angriff der Äscherchemikalien auf die Haut beeinflussen, weitgehend ausgeschaltet werden. Die Werte der Tabelle 7 zeigen, dass grundsätzlich bei allen Äscherchemikalien die Zahl der gerbaktiven Gruppen erhöht wird, die einzelnen Produkte sich allerdings im Ausmaß dieser Erhöhung erheblich .unterschieden. Der RT-Wert des nur geweichten Hautpulvers betrug, wenn die Weichdauer nicht extrem lange ausgedehnt wurde, 58. Bei Einwirkung von Calciumsulfhydrat lagen alle RT-Werte etwas über dem Weichwert, doch war der Einfluss der Konzentration wie der Zeit nur verhältnismäßig gering, und die maximal erreichten Werte lagen bei 62 bis 63. Bei Einwirkung von Schwefelnatrium war dagegen eine erheblich stärkere Zunahme der RT-Werte, also eine deutliche Freilegung gerbaktiver Gruppen, festzustellen.

Tabelle 7

Dieser Einfluss war bei geringen Konzentrationen ebenfalls relativ mäßig, stieg aber mit steigender Konzentration und dann auch mit steigender Einwirkungsdauer erheblich an, wobei Werte bis zu 89 erreicht wurden. Da bei Hautpulver Unterschiede hinsichtlich Verspannung des Fasergefüges ausscheiden, dürfte dieser unterschiedliche Einfluss in erster Linie auf pH-Differenzen zurückzuführen sein. Bei Sulfhydratlösungen steigt nach unseren früheren Untersuchungen der pH-Wert in den frischen Lösungen nicht über 10 und liegt am Ende der Äscherung bei etwa 8,0-8,5, bei Schwefelnatrium werden dagegen Anfangs-pH-Werte im Bereich von 12-13 und unter Umständen noch darüber erhalten, und auch am Ende der Äscherung liegen sie noch über 10,5. Solche hohen pH-Werte scheinen indessen notwendig zu sein, um eine Freilegung neuer gerbaktiver Gruppen im Äscher zu erreichen.

Durch diese Annahme wird auch das Verhalten in Kalkäschern verständlich. Bei einem Flottenverhältnis von 2000%, wie es im vorliegenden Fall zur Anwendung kam, liegt die Löslichkeitsgrenze des Kalkes [1,7 g Ca(OH)²/l] bei 3,4%, auf Hautpulvergewicht bezogen, also zwischen den Konzentrationen von 2 und 4%. Solange die Löslichkeitsgrenze nicht überschritten ist, liegt der pH-Wert der Lösungen nach unseren Untersuchungen zwar am Äscherbeginn bei etwa 12,5, sinkt dann aber in dem Maße, wie der Kalk von Hautpulver aufgenommen wird, sehr rasch auf pH 8-9 ab, da eine Nachsättigung nicht möglich ist. Erst bei Vorliegen eines beträchtlichen Kalküberschusses bleibt der pH-Wert durch Nachsättigung über 12 und dann tritt auch, wie die Zahlen der Tabelle 7 zeigen, eine deutliche Steigerung der RT-Aufnahme und damit eine Freilegung weiterer gerbaktiver Gruppen ein. Das entspricht auch früheren Untersuchungen bei der Herstellung von Handschuhleder, dass nämlich ein ausgesprochener Äscheraufschluss im Kalknachäscher, der zu einer guten, nicht gummiartigen Zügigkeit führt, nur erreicht werden kann, wenn ein großer Kalküberschuss angewandt wird. Wir glauben, dass gerade diese Feststellungen die Zusammenhänge zwischen pH-Wert, insbesondere dem End-pH-Wert der Äscherflüssigkeit, und der Freilegung neuer gerbaktiver Gruppen sehr deutlich demonstrieren. Es sei hier lediglich der Vollständigkeit halber bereits angeführt, dass wir in späteren Veröffentlichungen, die sich mit den Beziehungen zwischen Äscheraufschluss und Lederqualität befassen, ebenfalls darüber berichten werden, dass ein stärkerer Angriff der Äscherchemikalien im Sinne einer Auflockerung des Fasergefüges einen hohen pH-Wert voraussetzt, eine Feststellung, die mit den Ermittlungen dieser Arbeit parallel läuft.

Bemerkenswert sind die Befunde in Tabelle 8 bei Einwirkung eines Beizpräparates verwendet wurde Oropon R auf Hautpulver. Auch hier betrug die Hautpulvermenge 50 g, die Flottenmenge 1 Liter, die Temperatur war jeweils auf 37° C und der pH-Wert auf 8,2 eingestellt. Das nur geweichte Hautmaterial ergab einen RT-Wert von 58, und solange die Menge des Beizpräparates nur gering war (0,5-1%) und die Beizzeit nicht zu sehr ausgedehnt wurde, traten geringfügige Erhöhungen der RT-Aufnahme ein. Sobald aber die Enzymmenge über den in der Praxis üblichen Bereich hinaus gesteigert und insbesondere die Einwirkungsdauer erheblich verlängert wurde, sanken die RT-Werte wieder extrem stark ab.

Tabelle 8

Diese Befunde haben sich bei allen Hautpulverversuchen bei graduellen Unterschieden je nach den Versuchsbedingungen im Prinzip immer wieder bestätigt. Nach unseren Vorstellungen ist diese Erscheinung des Absinkens darauf zurückzuführen, dass die Beizenzyme bei stärkerer Einwirkung eine Aufspaltung der Hauptvalenzketten in den Peptidgruppen bewirken. Diese Aufspaltung führt einmal zu löslichen Abbauprodukten, aber auch soweit das Substrat noch unlöslich bleibt, kann man diese Aufspaltung unter gleichzeitiger Entstehung zusätzlicher Carboxyl- und Aminogruppen zahlenmäßig durch Festellung des Säure- und Alkalibindungsvermögens verfolgen. Eine Aufspaltung von Peptidgruppen bedeutet aber, dass diese Gruppen für nebenvalentige Bindungen ausscheiden, und daher ist es verständlich, dass auch die RT-Werte absinken müssen.

Es mag der Vollständigkeit halber noch angeführt werden, dass wir mit einigen Proben des nur geweichten Hautpulvers und des bei höherer Beizkonzentration und Beizdauer (16%, 48 Stunden) gebeizten Hautmaterials Gerbversuche mit Mimosaextrakt unter Anlehnung an die Bestimmung der Gerb- und Bindungswerte durchgeführt haben. Auch hier war die Menge des vom Hautpulver gebundenen Gerbstoffs bei dem gebeizten Hautpulver geringer, was die obigen Befunde bestätigt und gleichzeitig beweist, dass die RT-Werte ein zuverlässiges Maß für die Aufnahme aller Gerbstoffe darstellen, die ausschließlich oder vorwiegend durch Nebenvalenzbindung gebunden werden.

Weitere Hautpulverversuche dienten dem Zweck, die gegenseitige Beeinflussung von Äscher- und Beizwirkung zu erfassen.

Für jeden Versuch wurden wieder 50 g Hautpulver 1 Stunde geweicht und dann mit 1 Liter Flotte und einem Äscher von

2% Schwefelnatrium konz.

8% Ca(OH)2 98%ig und

8% Ca(SH)2,

bezogen auf Hautpulver-Trockengewicht, 5, 24 und 48 Stunden geäschert, wobei zunächst eine Stunde mit Sulfhydrat gewalkt und erst dann Kalk und Schwefelnatrium zugegeben wurden. Anschließend wurde mit Oropon R bei verschiedenen Beizzeiten und Konzentrationen bei 37° C und pH 5,2 gebeizt. Auch die so vorbehandelten Hautpulverproben wurden dann wieder in der beschriebenen Weise aufgearbeitet und untersucht.

Die Werte in Tabelle 9 bestätigen, dass mit zunehmendem Äscher zunächst die RT-Werte etwas zunehmen und andererseits bei der nachfolgenden Beize unter den wieder bewusst extrem gewählten Beizkonzentrationen und Zeiten wieder eine Abnahme des RT-Wertes erfolgt, also die Menge gerbaktiver Gruppen wieder vermindert wurde. Sie machen außerdem die starke Abhängigkeit und gegenseitige Beeinflussung der Wirkungsweise an Äscher und Beize deutlich. Der Einfluss der Beize auf die RT-Bindung tritt um so stärker in Erscheinung, je höher die vorherige Äscherwirkung war.

Tabelle 9

Es war natürlich auch hier zu klären, ob diese Feststellungen an Hautpulver ohne weiteres auf strukturierte Haut übertragbar sind. Daher wurden weitere Versuche mit acetongetrockneten Kalbfellproben vorgenommen.

Je Versuch wurden 25 g Hautmaterial gewählt, 3 Stunden geweicht und auf Weichgewicht mit

300% Wasser

4% Ca(SH)2

4% Ca (OH)2

1% Na2S konz.

24 Stunden geäschert, wobei wieder zunächst mit Sulfhydrat gewalkt und nach 1 Stunde Kalk und Schwefelnatrium zugegeben wurden. Die Proben wurden dann teils sofort gebeizt, teils erhielten sie noch einen Nachäscher mit 600% einer 4%igen Kalkaufschwemmung über 1-3 Wochen und wurden erst dann gebeizt. Die Beize wurde mit 600% Flotte und 1% Oropon R bei 37° C, pH 8,2 und unterschiedlicher Zeitdauer durchgeführt.

Auch hier zeigen die Werte der Tabelle 10 steigende RT-Werte mit zunehmender Äscherdauer, also eine ständig ansteigende Freilegung zusätzlicher gerbaktiver Gruppen. Dagegen ist der Einfluss der Beizwirkung, auch wenn die Beizdauer bis zu extremen Zeiten von 48 Stunden gesteigert wurde, anders als bei Hautpulver, d. h. es tritt in keinem Fall eine Abnahme, sondern stets eine weitere Zunahme der RT-Werte auf.

Tabelle 10

Das bestätigt die seit langem bekannte Tatsache, dass speziell im Hinblick auf die Beizwirkung Untersuchungen mit Hautpulver nicht ohne weiteres auf strukturierte Haut übertragbar sind. Durch die mechanische Zerkleinerung wird das Kollagen gegenüber Abb au Vorgängen sehr empfindlich, die bei strukturierter Haut erst nach viel späteren Zeiträumen, wenn überhaupt, zu erwarten sind. Beizen in dem in der Praxis üblichen Umfange erhöhen bei strukturierter Haut ebenfalls die Zahl der gerbaktiven Gruppen, und zwar ist diese Erhöhung, wie die Differenz der RT-Werte zwischen 5 und 48 Stunden eindeutig zeigt, um so stärker, je intensiver schon durch den vorherigen Äscher eine Auflockerung des Fasergefüges erfolgte.

IV. Zusammenfassung

Aufgrund der durchgeführten Untersuchungen kann bezüglich der Freilegung gerbaktiver Gruppen, die zur Betätigung nebenvalentiger Bindungskräfte befähigt sind, folgendes festgestellt werden:

1. Salze mit hydrotroper Wirkung legen solche gerbaktive Gruppen frei. Diese Wirkung nimmt innerhalb des untersuchten Bereiches mit zunehmender Salzkonzentration zu, ist bei Calcium- und Magnesiumchlorid und Ammoniumrhodanid besonders ausgeprägt und tritt bei Hautpulver stärker als bei strukturierter Haut in Erscheinung.

2.Alle Äscherchemikalien erhöhen die Zahl der gerbaktiven Gruppen, das Ausmaß ist aber vom pH-Wert, insbesondere vom End-pH-Wert, abhängig. Bei Sulfhydraten ist es gering und von Konzentration und Äscherdauer unabhängig, bei Schwefelnatrium dagegen erheblich stärker ausgeprägt und in starkem Maße von Konzentration und Äscherdauer abhängig. Kalkäscher wirken in dieser Richtung nur bei erheblichem Kalküberschuss, wenn gewährleistet ist, dass der pH-Wert durch Nachsättigung nicht unter etwa 11 absinkt.

3.Beizenzyme bewirken bei strukturierter Haut ebenfalls eine Steigerung gerbaktiver Gruppen, abhängig von Konzentration und Einwirkungsdauer. Bei Einwirkung auf Hautpulver tritt dagegen nach anfänglicher Zunahme bei extrem hohen Enzymkonzentrationen und Einwirkungszeiten eine starke Abnahme auf, vermutlich, weil durch hydrolytische Spaltung von Peptidgruppen diese für die Betätigung von Nebenvalenzbindungen ausscheiden. Die Beizwirkung ist um so stärker ausgeprägt, je intensiver die vorherige Äscherwirkung war.

Wir danken dem Bundeswirtschaftsministerium für die finanzielle Unterstützung dieser Arbeit.

Literaturverzeichnis

  1. Mitteilung: H. Herfeld und B.Schubert, Über die Zusammenhänge zwischen Gewicht, Dicke und Prallheit tierischer Haut bei Einwirkung von Sulfhydraten mit Zusätzen verschiedener Alkalien, Das Leder 14, 117 (1963).
  2. H. Herfeld und B. Schubert, Das Leder 14, 77 (1963).
  3. G. Otto, Das Leder 1, 81, 105, 133 (1950), 4, 1, 193 (1953),6, 207 (1955).
  4. Das Prinzip dieser Methode wurde erstmalig in der Diplomarbeit von G. Zimmermann „Beitrag zur Bindungpflanzlicher Gerbstoffe an die tierische Haut„, Universität Leipzig 1956, angewandt, die unter der Leitung des einen von uns (H. Herfeld) angefertigt wurde.
  5. G.Otto, Das Leder 5, 61 (1954).
  6. F. Naumann, Das Leder 4, 273 (1953).
  7. H. Herfeld und K.Schmidt, Das Leder 11, 105, 195, 222 (1960).
  8. F. Stather, H. Herfeld, M. Moser und K. Härtewig, Ges.Abhandl. d. Deutschen Lederinstituts 14, 87 (1959).


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veroeffentlichungen/sonderdrucke/49_ueber_die_freilegung_gerbaktiver_gruppen_der_haut_in_aescher_und_beize_aus_dem_jahre_1964.txt · Zuletzt geändert: 2019/04/28 19:46 von admin