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20 Über den Einfluss verschiedener variabler Faktoren auf die Gerbbeschleunigung bei der pflanzlichen Gerbung aus dem Jahre 1961

Von H. Herfeld und K. Härtewig

Über den Einfluss verschiedener variabler Faktoren auf die Gerbbeschleunigung bei der pflanzlichen Gerbung

Von H. Herfeld und K. Härtewig

Auf dem Kongress der Internationalen Union der Lederchemiker-Verbände in München hatte der eine von uns über „Probleme der Technologie der pflanzlichen Gerbung„ vorgetragen und dabei zusammenfassend alle Faktoren behandelt, deren Beachtung un-erlässlich erscheint, um mit der pflanzlichen Gerbung in kurzer Zeit Schwerleder guter Qualität herzustellen. Das Problem ist seitdem noch viel akuter und dringlicher geworden, wobei nicht nochmals auf die Gründe hierfür eingegangen werden soll, zumal sie in den einzelnen Ländern ganz unterschiedlich sein können. Grundsätzlich ist aber eine Gerbbeschleunigung nur vertretbar, wenn dadurch die Qualität des Fertigproduktes nicht verschlechtert, möglichst noch verbessert wird. dass dieses Ziel erreichbar ist, haben unsere bisherigen Untersuchungen zu diesem Thema wiederholt gezeigt und findet auch in der vorliegenden Arbeit erneut Bestätigung. Dazu ist aber erforderlich, sich von vielen älteren „traditionsmäßigen“ Vorstellungen über die Durchführung der pflanzlichen Gerbung zu lösen, da kurze Gerbungen bei Schwerleder ihre Eigengesetzmäßigkeiten besitzen und vieles, was man bei langdauernden Gerbungen tun oder unterlassen kann, ohne Qualitätsfehler befürchten zu müssen, kann bei Schnellgerbungen zu beträchtlichen Qualitätsminderungen führen.

In der Fachliteratur finden sich zwei grundsätzliche Wege, um Gerbbeschleunigungen zu erreichen. Der eine Weg verzichtet vollkommen auf mehr oder weniger lange Gerbvorgänge mit Gegenstromprinzip, etwa entsprechend den Vorschlägen, wie sie von Mezei) oder neuerdings von Komarek dargelegt wurden. Der zweite Weg, der unserer derzeitigen Arbeitsrichtung entspricht, hält demgegenüber an einer Abarbeitung der Gerbbrühen im Gegenstromprinzip grundsätzlich fest, baut aber das Gerbsystem nach neuen Gesichtspunkten auf, wobei eine genaue Kenntnis aller variablen Faktoren und ihres Einflusses auf die Ledereigenschaften von entscheidender Bedeutung ist. Über die Ergebnisse neuer diesbezüglicher Untersuchungen soll in der vorliegenden Arbeit berichtet werden.

Wir haben bereits in früheren Veröffentlichungen den Einfluss verschiedenartiger Vorgerbungsmittel auf Gerbablauf und Ledereigenschaften bei konstanter Hauptgerbung eingehend behandelt. Als grundsätzliches Ergebnis dieser Untersuchungen sei hier lediglich angeführt, dass wir kationische Vorgerbungen für unzweckmäßig halten, wenn die Hauptgerbung anionisch ist, da dadurch vorzeitig die Bindung bei der Hauptgerbung gesteigert, die Diffusion verzögert und damit eine „richtige„ Gerbstoffablagerung unmöglich gemacht wird. Dabei verstehen wir unter richtiger Gerbstoffablagerung, dass der Gerbstoff in den ersten Stadien der Gerbung möglichst tief in den Feinbau der Fibrille eindringt und dort eine echte Gerbung im Sinne einer Gittervernetzung bewirkt und dass erst in einem zweiten Stadium die Fibrillen und Fasern mit Gerbstoff umhüllt werden, wobei dieser zweite Vorgang für die Qualität des Fertigleders ohne Zweifel ebenso von Bedeutung ist, aber nicht mehr als eigentliche Gerbung, sondern mehr als eine Füllung oder Imprägnierung anzusprechen ist. Erfolgt dieses zweite Stadium durch eine raschere Bindung des Gerbstoffs zu frühzeitig, so ist eine richtige Durchgerbung im Feinbau der Fibrille nicht mehr zu erreichen. Solche unerwünscht ungleichmäßigen Gerbstoffeinlagerungen müssen zu einer Versprödung der Fasern und einer gesteigerten Wasserzügigkeit führen, da viele hydrophile Gruppen innerhalb der Fibrille nicht mehr durch den Gerbstoff blockiert werden und damit ihre Hydrophilie dem fertigen Leder übertragen.

Unsere Auffassung über richtige Vorgerbungen wurde durch ein umfangreiches Versuchsmaterial mit 28 verschiedenen Vorgerbungen bestätigt, wobei sich alle anionischen Vorgerbungen, gleichgültig, ob sie mit synthetischen Vorgerbmitteln, Phosphaten, geringen Formaldehydmengen oder anionischen Harzgerbstoffen durchgeführt wurden, günstig verhalten hatten und in keinem Falle den Gerbablauf oder die Ledereigenschaften verschlechtern, da sie die Bindung bei der Hauptgerbung verzögern und dadurch eine gute Durchgerbung bis in den Feinbau der Fibrille fördern. Kationische Vorgerbungen mit Chrom- oder Zirkonsalzen hatten dagegen die dargelegten Nachteile ergeben, die allerdings nicht eintraten, wenn man die kationischen Gerbsalze in Organo-Metallkomplexe einbaute, wie das etwa beim Tanigan CU (Bayer) oder beim Gerbstoff AL (BASF) oder bei Maskierung der Chromsalze, z.B. mit Coriagen CRH, der Fall war. Diese Auffassung stimmt auch mit Feststellungen von Stather, Reich und Mitarbeitern überein, die ebenfalls zeigen konnten, dass reine Chromvorgerbung die geringste Diffusionsgeschwindigkeit ergab, während durch Vorgerbungen mit Metallkomplexgerbstoffen die Diffusion erheblich gefördert wurde.

Wenn wir demgemäß eine Vorgerbung mit kationischen Chromsalzen im Hinblick auf die Lederqualität für unzweckmäßig halten, so haben wir doch in keinem Falle festgestellt, dass dadurch die Zugfestigkeit des Leders vermindert würde. In diesem Zusammenhang sind neuere Untersuchungen von Heidemann von Interesse, der für die Chromvorgerbung und Ausgerbung bei höherer Temperatur (37° C) und höheren Brühenkonzentrationen (15°Be) eine Verminderung der Zugfestigkeit feststellte und auf Faserschädigungen zurückführte, indem durch Ligandenaustausch bei der Nachgerbung Schwefelsäure abgespalten würde und bei höheren Temperaturen schädigend wirke. Zu dieser Annahme einer Säureschädigung ist nur schwer Stellung zu nehmen, da in den mitgeteilten Untersuchungsergebnissen keine Angaben über die pH-Werte in der Blöße nach der Vorgerbung, in den Gerbbrühen und in den Fertigledern gemacht werden. Ferner fehlen auch Angaben über die bei den verschiedenen Gerbungen erreichten, sicher unterschiedlichen Durchgerbungszahlen, die auch die Zugfestigkeit beeinflussen können. Es gibt aber in der Arbeitsweise der Untersuchungen von uns und von Heidemann bei gleicher Gerbdauer eine Reihe von Unterschieden, die gleichfalls zu den differierenden Endergebnissen bezüglich der Zugfestigkeit beigetragen haben können:

1. Heidemann hat schon in den Anfangsstadien der Gerbung nichtabgearbeitete Brühen von 15° Be verwendet, wir haben bei etwa gleicher Brühenkonzentration ausgegerbt, die Brühe aber im Gegenstromprinzip abgearbeitet, so dass zur Angerbung als Folge einer selektiven Adsorption weniger konzentrierte und vor allem kleinteiligere Brühen vorlagen, die im Sinne unserer Gerbdefinition eine mildere Angerbung bewirken.

2. Heidemann hat schon in den Anfangsstadien der Hauptgerbung Temperaturen von 35 bis 37° C verwendet. Wir haben Temperaturen in gleicher Höhe angewandt, aber erst, nachdem die Hauptgerbung schon fortgeschritten war. Höhere Temperaturen in den Anfangsstadien bringen leicht die Gefahr von Schädigungen der Hautsubstanz mit sich und außerdem bewirkt die Anwendung so hoher Temperaturen in unabgearbeiteten Angerbbrühen eine Steigerung der Adstringenz.

3. Heidemann hat die von der Chromgerbung herrührende Säure nicht korrigiert. „Wir haben dagegen während der Gerbung die pH-Werte dauernd kontrolliert und nötigenfalls korrigiert, um Säureschädigungen der Haut und ebenso eine Steigerung der Adstringenz der Angerbbrühe durch Erhöhung des Säuregehaltes zu vermeiden.

Alle diese Unterschiede zusammengenommen, dürften dazu beigetragen haben, dass eine im Sinne unserer obigen Definition ungünstigere Gerbstoffablagerung herbeigeführt wurde, d. h. eine zu starke Umhüllung der Fibrillen und Fasern, ohne dass der Feinbau genügend durchgegerbt war, und diese Faktoren müssen ebenfalls zu einer Faserversprödung und Verschlechterung der Zugfestigkeit beigetragen haben.

Wir glauben, dass gerade diese Unterschiede in der Durchführung der Gerbung und damit auch in den Ergebnissen deutlich gemacht haben, dass das Wie der Gerbstoffablagerung einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Ledereigenschaften ausübt und dass es außerordentlich wichtig ist, die verschiedenen variablen Faktoren bei der pflanzlichen Gerbung in die Hand zu bekommen und durch sorgfältige Betriebskontrolle zu überwachen, wie überhaupt bei schnellen Gerbungen viel mehr als bei lang andauernden Gerbverfahren eine regelmäßige, gut ausgebaute Betriebskontrolle unerlässlich ist.

Wir haben unsere Untersuchungen inzwischen fortgesetzt, wobei bei allen Versuchen einheitlich mit Coriagen V vorgegerbt und das Gerbstoffangebot einheitlich gehalten wurde, die Bedingungen der Hauptgerbung aber nach verschiedenen Richtungen variiert wurden. Als Gerbmaterial wurde zunächst nur Mimosaextrakt verwendet, über Gerbversuche mit anderen pflanzlichen Gerbmaterialien und Mitverwendung von synthetischen Hilfs- und Austauschgerbstoffen werden wir zu einem späteren Zeitpunkt berichten.

1. Durchführung der Gerbung

Als Hautmaterial wurden Kernstücke von Rindhäuten der Gewichtsklasse 25/29,5 kg verwendet, die zunächst den normalen Arbeiten der Wasserwerkstatt unserer Lehrgerberei (Fassweiche über zwei Tage bei zeitweisem Bewegen und einmaligem Wasserwechsel, angeschärfter Fassäscher über zwei Tage bei gelegentlicher Bewegung, Spülen, Entfleischen, Streichen, Crouponieren) unterzogen wurden. Dann wurde das Blößengewicht als Grundlage für die Mengeneinsätze für Vor- und Hauptgerbung bestimmt, 30 Minuten in Wasser mit steigender Temperatur von 20 auf 28° C gespült, bei 28° C mit 300% Wasser und 0,3% Salzsäure (1 : 10) 10 Minuten vorentkälkt, mit 1,6% Ammonsulfat während 4 Stunden völlig durch-entkälkt und anschließend 30 Minuten bei 20 bis 22° C gespült. Die so vorbehandelten Blößen (pH-Wert 6,8 bis 7,0) wurden einheitlich mit Coriagen V (Benckiser), einem hochmolekularen kondensierten Phosphat vorgegerbt, und zwar mit 120% Wasser von 22° C und 2,0% Coriagen V, das bei 55 bis 60° C 1:10 gelöst wurde. Zum Ansäuern wurde 1,15% Schwefelsäure konz. (1 :10) verwendet und davon ein Drittel sofort, ein Drittel nach ¼ Stunde, die Restmenge nach ½ Stunde zugesetzt. Gesamtlaufdauer 4 Stunden, End-pH-Wert der Flotte 3,5 bis 3,6. Die Blößen blieben über Nacht in der Flotte, wurden am nächsten Morgen noch 30 Minuten bewegt und dann ohne Spülen den beiden Hauptgerbungen, einer reinen Fassgerbung und einer rein ruhenden Gerbung, zugeführt. pH-Wert der Blöße 3,5 bis 3,6, Schrumpfungstemperatur 65 bis 67° C. Das Gerbstoffangebot betrug bei beiden Gerbungen im Gegensatz zu unseren früheren Untersuchungen einheitlich 33% Reingerbstoff auf Blößengewicht. Während der Durchführung der Gerbungen wurden Konzentration, pH-Wert und Temperatur sorgfältig überwacht und nötigenfalls korrigiert. Nach Beendigung der Gerbung wurden alle Leder einheitlich in der Arbeitsweise unserer Lehrgerberei zugerichtet.

Den beiden Grundverfahren lagen die folgenden Technologien zugrunde:

a) Fassgerbung

Die Fassgerbung erfolgte in vier Stufen bei Verlängerung der Gesamtgerbdauer auf 6 Tage, wobei die 1. und 4. Stufe je 1 Tag, die 2. und 3. Stufe je 2 Tage umfasste. In jeder Einstellung wurden 3 hintereinander folgende Partien gearbeitet und erst die dritte für Untersuchung und Beurteilung verwendet. Das Blößengewicht betrug für jede Partie 30 kg, die Brühenmenge war mit 160% = 48 l sehr knapp gehalten. Die Reingerbstoffmenge betrug 33% auf Blößengewicht = 9,9 kg pro Partie, der Gerbstoff wurde ausschließlich der 4. (letzten) Stufe zugeführt und mit Ameisensäure auf pH 3,6 eingestellt. Das Hautmaterial blieb während der ganzen Hauptgerbung im gleichen Fass, die Brühen wurden von Partie zu Partie unter Zwischenschaltung von Vorratsgefäßen für jede Stufe weitergepumpt. Die Arbeitsweise ist aus Bild 1 ersichtlich, wobei zur Angerbung zunächst Brühe aus Vorratsgefäß I verwendet wurde, die bereits 3 Partien durchlaufen hatte und nach ihrer Verwendung kanalisiert wurde. In der 2. Stufe wurde Brühe aus Vorratsgefäß II verwendet, die zwei Partien durchlaufen hatte und die anschließend in das Vorratsgefäß I gepumpt wurde, um der nächsten Partie zur Angerbung zu dienen. Die 3. Stufe erfolgte mit der Brühe aus Gefäß III, die erst bei einer Partie verwendet worden war und anschließend in das Vorratsgefäß II kam, während die Ausgerbung dann mit der Frischbrühe aus Gefäß IV vorgenommen wurde.

Bild 1

Angaben über die Zusammensetzung der Brühen, pH- und Temperatureinstellung und Gerbdauer in den einzelnen Stadien sind aus Tabelle 1 ersichtlich.

Tabelle 1

Die Arbeitsweise ergab gute Einhaltung des Gegenstromprinzips und einwandfreie Auszehrung der Restbrühen. Die pH-Werte wurden in jeder Stufe regelmäßig nach 3, 6, 24 und eventuell 30 oder 48 Stunden kontrolliert und bei auftretenden Änderungen, soweit sie mehr als 0,1 bis höchsten 0,2 Einheiten ausmachten, durch Zugabe von Ameisensäure bzw. Natriumsulfit wieder auf den ursprünglichen Wert eingestellt. Dabei war insbesondere im ersten Stadium der Gerbung eine häufige Regulierung mit Sulfit erforderlich, da die Blöße von der Vorgerbung her nicht unbeträchtliche Säuremengen abgab. Ebenso wurde die Temperatur regelmäßig geprüft und zu Beginn jeder Stufe, bei zweitägiger Dauer auch nach 24 Stunden, neu eingestellt.

b) Ruhende Gerbung

Die Gerbung erfolgte ausschließlich im ruhenden Zustand, wobei die Zahl der Hotpitgruben gegenüber unseren früheren Versuchen von 3 auf 2 vermindert wurde, so dass die Gesamtgerbung 6 Farben mit je 3 Tagen und 2 Hotpitgruben mit je 6 Tagen, insgesamt also 30 Tage, umfasste. Für jede Einstellung wurden, soweit es sich um unterschiedliche pH-Einstellung handelte, 8 verschiedene Partien, bei den Versuchen über unterschiedliche Temperatureinstellung je 4 Partien pro Arbeitsweise verwendet und nur jeweils die Leder der letzten beiden Partien für die Beurteilung und Untersuchung zugrundegelegt. Pro Partie wurden 10 kg Blößengewicht verwendet, die Flottenmenge betrug 600% vom Blößengewicht = 601 je Gefäß, die Reingerbstoffmenge 33% vom Blößengewicht = 3,3 kg je Partie. Nach jeder Partie wurde ein Drittel der schlechtesten Farbe kanalisiert, von den anderen Brühen je ein Drittel auf die nachfolgende schwächere weitergegeben und bei der letzten Hotpitgrube das Drittel durch Frischbrühe ersetzt. Die Brühen-, Temperatur- und Zeitangaben sind aus Tabelle 2 ersichtlich, wobei auch hier eine regelmäßige Überwachung und notfalls Regulierung des pH-Wertes und der Temperatur vorgenommen wurde.

Tabelle 2

In den Hotpitgruben wurde die Temperatur durch elektrische Heizung mit Relaisschaltung konstant gehalten. Die Gerbstoffauszehrung war bei diesen Versuchen in der kanalisierten Brühe noch günstiger als bei der Faßgerbung. Von diesen Arbeitsversuchen ausgehend, wurden die variablen Faktoren, wie Gerbdauer, pH-Einstellung, Temperatur, Flottenmenge und Salzzusätze, entsprechend variiert und durch entsprechende Untersuchung der Brühen und Beurteilung und Untersuchung der erhaltenen Leder festgestellt, wie sich die verschiedenen Variationen auf den Ablauf der Gerbung und die Beschaffenheit der Leder auswirken.

2. Einfluss der Gerbdauer

Bei der Grubengerbung war gegenüber unserer früheren Arbeitsweise bereits eine Verkürzung der Gerbdauer von 36 auf 30 Tage vorgenommen worden.

Tabelle 3

Die Angaben in Tabelle 2 zeigen aber eine so weitgehende Auszehrung, also noch so erhebliche Zeitreserven, dass mit Sicherheit noch eine weitere Verkürzung der Gerbdauer möglich ist, ohne dass Qualitätsverminderungen zu befürchten sind, so dass wir bei dieser Gerbart zunächst auf die Durchführung weiterer diesbezüglicher Versuche verzichtet haben. Bei der reinen Fassgerbung hatten wir gegenüber unseren früheren Versuchen eine Verlängerung der Gerbdauer von 5 auf 6 Tage vorgenommen, und da zugleich das Gerbstoffangebot gegenüber unseren früheren Versuchen gesteigert worden war, war zu prüfen, wie sich Verkürzungen der Gerbdauer auf 5 bzw. 4 Tage auswirken, wobei im ersteren Falle die 2. Stufe auf 24 Stunden, im zweiten Falle die 2. und 3. Stufe auf je 24 Stunden vermindert wurden. Dabei wurde aber bei 5 Tagen die Durchgerbung bereits etwas langsamer erreicht und bei 4 Tagen waren die Leder teilweise noch nicht in ihrer ganzen Dicke durchgegerbt, zumindest aber in den Innenzonen nicht genügend satt ausgegerbt. Außerdem wurde die Auszehrung der Brühen mit zunehmender Gerbzeitverkürzung ungünstiger und die Werte der Tabelle 3 zeigen mit zunehmender Verkürzung eine Verminderung der Durchgerbungszahl und im Zusammenhang damit eine Verschlechterung des Verhaltens gegen Wasser und des Abnutzungswiderstandes, also der beiden für die Bewertung von Unterleder besonders wichtigen Daten. Daher erscheint uns eine Verkürzung der Gerbdauer unter 6 Tage aus Qualitätsgründen nicht vertretbar.

3. Einfluss der pH-Einstellung

Um zu klären, wie sich unterschiedliche pH-Einstellungen auf die Beschaffenheit der Leder auswirken, wurden entsprechende Variationen durchgeführt. In Tabelle 4 sind jeweils die Anfangs- und End-pH-Werte für jeden Gerbversuch angeführt, in den Zwischenstufen wurden die pH-Werte in etwa gleichen Abständen eingestellt. Es sei nochmals betont, dass für jede Versuchseinstellung die pH-Werte genauestens kontrolliert und notfalls korrigiert wurden. Die Versuche F 8 und H 1 entsprechen den pH-Einstellungen der Grundarbeitsweise, bei den anderen Einstellungen wurden teils die Anfangs-pH-Werte, teils die End-pH-Werte oder auch beide variiert.

Schon bei der Gerbung selbst machten sich die Unterschiede der pH-Einstellung deutlich bemerkbar. Bei der Fassgerbung waren die Gerbungen F 3, F 8 und F 5 schon am Ende der 2. Stufe praktisch durchgebissen, bei den Versuchen F 4 und F 6 dagegen noch am Ende der 3. Stufe eine geringe helle Innenzone festzustellen. Die Versuche F 3 und F 5, bei denen die Angerbung bei pH 5,2 bzw. 4,5 begann und die Ausgerbung bei pH 4,2 endete, lieferten die flexibelsten Leder, die Versuche F 8 und F 4, bei denen die pH-Werte der Angerbung die gleichen, die pH-Werte der Ausgerbung dagegen auf 3,5 bis 3,6 gesenkt waren, bereits deutlich festere Leder. Bei Versuch F 6 mit noch niedrigerem pH-Wert in An- und Ausgerbung waren die Leder wesentlich härter und bei Versuch F 7 (Angerbung bei pH 3,6, Ausgerbung bei pH 3,0) war eine Durchgerbung nicht mehr mit Sicherheit zu erreichen, da die Brühe schon am Anfang der Gerbung zu sauer war, die Leder zeigten teils noch eine geringe helle Innenzone und waren in ihrer Beschaffenheit ausgesprochen hart. Bei der ruhenden Gerbung waren die Leder infolge der fehlenden Walkwirkung insgesamt etwas fester als die Leder der reinen Fassgerbung, auch hier waren aber die Leder der Versuche H 2 und H 4 am flexibelsten, die Leder der Versuche H 1 und H 3 deutlich fester und die Leder der Versuche H 5 und H 6 gerbten wesentlich langsamer durch und waren ausgesprochen hart, obwohl im Gegensatz zur Fassgerbung infolge der insgesamt längeren Gerbung eine völlige Durchgerbung erreicht wurde.

Andererseits liegen die Durchgerbungszahlen in Tabelle 4 bei Fass- und Grubengerbung eindeutig um so höher, je saurer ausgegerbt wurde, sie waren bei den Versuchen F 3 und H 2 am niedrigsten, bei den Versuchen F 7 und H 6 am höchsten. Gleichzeitig war bei den Versuchen F 6 und H 5 und insbesondere bei den Versuchen F 7 und H 6 mit ausgesprochen saurer Angerbung eine deutliche Verminderung der Zugfestigkeit und Stichausreißfestigkeit festzustellen, die darauf hindeutet, dass die Gerbstoffablagerung bei diesen Versuchen im Sinne unserer eingangs gegebenen Definition eine falsche war und durch die zu raschen Ablagerungen der Gerbstoffe um die Fibrillen und Fasern herum schon in den Anfangsstadien eine gewisse Versprödung des Fasergefüges und eine Verminderung der Festigkeitseigenschaften eintrat. Das bestätigt unsere Annahme, dass auch bei den Versuchen von Heidemann nicht unbedingt ein Säureschaden für die Verminderung der Festigkeitseigenschaften verantwortlich zu machen ist, sondern dass auch eine zu rasche und damit falsche Gerbstoffablagerung infolge zu adstringenter Gerbung insbesondere in dem Stadium der Angerbung eine deutliche Verschlechterung der Festigkeitseigenschaften bewirken kann. Diese Versprödung macht sich bei den Versuchen F 7 und H 6 auch in einer Herabsetzung der Bruchdehnung bemerkbar, die mit der starken Verminderung der Flexibilität der Leder parallel läuft. Man hätte andererseits erwarten können, dass mit zunehmender Durchgerbungszahl das Wasserverhalten günstiger geworden wäre. Tatsächlich zeigen aber die Versuche F 6 und F 7, H 5 und H6 gegenüber den übrigen Versuchen eine deutliche Zunahme der Wasseraufnahme und Verminderung der Wasserdurchlässigkeitsquotienten, und auch diese Tatsache erhärtet die Auffassung einer unter diesen Bedingungen falschen Gerbstoffablagerung, die nach unseren Erfahrungen stets mit einer Steigerung der Wasserzügigkeit verbunden ist. Höhere Durchgerbungszahlen lassen also nicht unter allen Umständen auf besseres Wasserverhalten schließen. dass bei den gleichen vier Versuchen auch der Abnutzungskoeffizient eindeutig schlechter wird,lässt ebenfalls folgern, dass typische Schnellgerbungen nicht zu sauer begonnen werden dürfen.

Tabelle 4

Aus den vorliegenden Ergebnissen folgern wir, dass bei Schnellgerbungen für Faßgerbung und ruhende Gerbung in gleicher Weise die Angerbung etwa im Bereich um pH 5, keinesfalls unter pH 4,5, erfolgen sollte, während tiefere pH-Werte stets die Gefahr falscher Gerbstoffablagerung mit sich bringen mit all den Gefahren, die damit hinsichtlich Versprödung der Fasern und Verschlechterung der Festigkeitseigenschaften, des Abnutzungswiderstandes und des Verhaltens gegen Wasser verbunden sind. Der pH-Wert der Ausgerbung hat sich nach dem Charakter des gewünschten Leders zu richten, er sollte bei flexiblerem Leder um etwa 4 liegen und um so niedriger, je fester die Leder sein sollen. Die Variation des End-pH-Wertes gibt also die Möglichkeit, die Härte oder Flexibilität des Leders in gewissen Grenzen zu beeinflussen. Diese Gesetzmäßigkeit gilt nach unseren Erfahrungen im Grundsatz für alle Gerbmaterialien, inwiefern aber die pH-Grenzen der Ausgerbung für andere Gerbmaterialien graduell anders liegen können, wird in späteren Veröffentlichungen noch zu erörtern sein.

4. Einfluss der Temperatur

dass die Temperatur einen wesentlichen Einfluss auf die richtige Gerbstoffablagerung hat, ist allgemein bekannt. Mit steigender Temperatur wird eine bessere Löslichkeit des Gerbstoffs und eine generelle Teilchenverkleinerung bewirkt und dadurch eine bessere Diffusion bis in die kleinsten Bausteine hinein und zugleich eine gleichmäßigere Gerbstoffablagerung gefördert. Entsprechend ist nicht nur die Temperatur der Endstadien, sondern insbesondere auch der Anfangsstadien von Bedeutung, um eine richtige Gerbstoffablagerung zu fördern. Wir haben bei Fassgerbung und ruhender Gerbung verschiedene Temperatureinstellungen sowohl in den Anfangs- wie in den Endstadien der Gerbung vorgenommen, die diesbezüglichen Angaben sind aus Tabelle 5 ersichtlich. Dabei wurde bei der Fassgerbung innerhalb der angeführten Grenze eine regelmäßige Temperaturzunahme von Stufe zu Stufe eingestellt, bei der ruhenden Gerbung gilt die niedere Temperatur für den gesamten Farbengang, die höhere Temperatur für die Hotpitgruben. Bei der Fassgerbung zeigten die Versuche F 8, 9 und 10 die rascheste Durchgerbung, die Blößen waren schon nach der zweiten Stufe völlig durchbissen, während bei den Versuchen F 11 und 12 mit niederer Anfangstemperatur erst in der dritten Stufe eine Durchgerbung der Gesamtdicke zuverlässig erreicht war. Man sollte daher bei reinen Faßgerbungen die Temperatur der Anfangsstadien nicht unter 24 bis 25° C wählen. Ebenso war bei den ruhenden Gerbungen bei den Versuchen H 8 und 9, bei denen der Farbengang auf 25° C eingestellt war, eine eindeutig schnellere Durchgerbung festzustellen. Trotzdem ist ein eindeutiger Einfluss auf die Durchgerbungszahl nicht festzustellen.Bei der Fassgerbung war bei den Versuchen F10 und 12 mit etwas niederen Endtemperaturen die Durchgerbungszahl geringfügig geringer, bei der wesentlich längeren Gerbdauer der ruhenden Gerbung war auch dieser Einfluss nicht festzustellen. Ebenso lag ein grundsätzlicher Einfluss der verschiedenen Temperatureinstellungen auf Raumgewicht, Dehnbarkeit, Wasserverhalten und Abnutzungswiderstand nicht vor. Dagegen zeigen die Leder der Versuche F 10 und 12 und ebenso H 9 und H 7 eindeutig bessere Zugfestigkeiten und Stichausreißfestigkeiten als die der übrigen Versuche, woraus unter Umständen auf eine gewisse Faserschädigung im Temperaturbereich zwischen 35 und 40° C geschlossen werden kann. Es ist möglich, dass sich in diesem Temperaturbereich auch bereits eine gewisse hydrotrope Wirkung der zum Ansäuern verwendeten Ameisensäure auswirkt, wenn sie nach unseren früheren Feststellungen wesentlich geringer ist als bei Verwendung von Essigsäure.

Aufgrund der Befunde folgern wir für eine zweckmäßige Temperatureinstellung, dass die Temperatur der Angerbung bei beiden Gerbarten zur Erreichung richtiger Gerbstoffablagerung nicht zu niedrig gewählt wird, sondern etwa im Bereich von 23 bis 25° C liegen sollte, während sie bei der Ausgerbung nicht über 35° C liegen sollte, da höhere Temperaturen im Bereich von 35 bis 40° C, die beispielsweise für die Hotpitgerbung häufig vorgeschlagen werden, schon nicht ganz unbedenklich zu sein scheinen.

5. Vergleich zwischen ruhender und bewegter Gerbung, Einfluss der Flottenmenge

Wir hatten bereits bei unseren früheren Untersuchungen festgestellt, dass der reinen Fassgerbung gegenüber der rein ruhenden Gerbung gewisse Nachteile anhaften, da die Leder meist dunkler waren, leicht einen gezogenen Narben besaßen und außerdem geringeres Raumgewicht, höhere Dehnung, geringere Zugfestigkeit und Stichausreißfestigkeit, ungünstigeres Verhalten gegenüber Wasser und schlechteren Abnutzungswiderstand zeigten. Wir hatten diese Unterschiede damals teilweise auf das unterschiedliche Gerbstoffangebot zurückgeführt, obwohl zumindest die schlechteren Festigkeitswerte auf eine gewisse Schädigung des Fasergefüges hinwiesen. Nachdem die Untersuchungen dieser Arbeit für beide Gerbarten mit gleichem Gerbstoffangebot durchgeführt wurden, lag nahe, die Vergleiche zu wiederholen. Tabelle 6 enthält die Mittelwerte der bisher besprochenen Versuche und der Vergleich dieser Zahlen zeigt wieder, dass der reinen Fassgerbung auch unter den gewählten Bedingungen die gleichen Nachteile anhaften. Einmal lag für die ruhende Gerbung trotz gleichen Gerbstoffangebots die Durchgerbungszahl etwas höher, was mit der günstigeren Brühenauszehrung bei längerer Gerbdauer in Zusammenhang steht (vgl. Tabelle 1 und 2). Außerdem war für die Fassgerbung wieder das Raumgewicht etwas niedriger, die Bruchdehnung höher, Zugfestigkeit und Stichausreißfestigkeit ungünstiger, das Verhalten gegen Wasser ungünstiger und der Abnutzungswiderstand schlechter, wobei diesen Zahlen als Mittelwerten aus einer Vielzahl von Untersuchungen ohne Zweifel eine gute Aussagekraft zukommt.

Tabelle 6

Es muss also wieder gefolgert werden, dass bei der reinen Fassgerbung unter Berücksichtigung der starken Walkwirkung in den Anfangsstadien eine Auflockerung und eine gewisse Schädigung des Fasergefüges erfolgt, die sich zwangsläufig in einer flexibleren Lederbeschaffenheit und einer höheren Dehnung, andererseits aber auch in schlechteren Festigkeitseigenschaften und ungünstigerem Wasser- und Abnutzungsverhalten auswirken muss. dass auch bei diesen Versuchen wieder bei der reinen Fassgerbung die Farbe meist etwas dunkler war und sich die Gefahr eines gezogenen Narbens nie ganz vermeiden ließ, sei zusätzlich erwähnt.

In diesem Zusammenhang interessieren Untersuchungen, die Stather, Reich und Überla kürzlich über die Herstellung von Unterleder in einer Drei-Phasen-Fassgerbung mit 150% Flottenvolumen veröffentlichten. Die dabei erhaltenen Leder waren wesentlich ungünstiger als bei unseren Versuchen, da die Abnutzungswerte zwischen 1,1 und 1,5 und die Wasseraufnahme nach 2 Stunden zwischen 37 und 47%, nach 24 Stunden bei 47 bis 55% lagen. Die Unterschiede werden noch eindrucksvoller, wenn man berücksichtigt, dass die Fettgehalte dieser Leder zwischen 1,7 und 2,8%, die Mineralstoffe zwischen 2,3 und 3,7% und die organischen Auswasch Verluste zwischen 9 und 13% lagen, während die entsprechenden Daten unserer Leder zwischen 0,3 bis 0,6%, 0,7 bis 1,0% und 6 bis 8% schwankten, unsere günstigeren Werte also nicht durch höhere Einlagerungen vorgetäuscht sind. Die schlechteren Ergebnisse werden aber verständlich, wenn man berücksichtigt, dass die nach unseren Untersuchungen ungünstiger wirkende kationische Chromvorgerbung beibehalten wurde, dass 45% des Gerbstoffgemischs aus Syntanen bestanden, so dass ein ungünstiger Salzeinfluss mit Sicherheit anzunehmen ist, und dass der Anteil an Fichtenrindenextrakt 30% des Gerbstoffgemisches ausmachte, trotz der langsamgerbenden Wirkung dieses Gerbstoffs aber die Gesamtergerbdauer nur 4 Tage betrug. Damit wird auch verständlich, dass die kanalisierte Gerbbrühe noch 22 bis 34 g Reingerbstoff/l enthielt, obwohl nur 28% Reingerbstoff eingesetzt wurden, die Gerbstoffauszehrung also wesentlich ungünstiger als bei unseren Versuchen war. Die Ergebnisse demonstrieren eindeutig, in wie starkem Maße der Erfolg solcher Schnellgerbungen von der Auswahl der eingesetzten Gerbmaterialien abhängig ist.

Es lag nahe, die ungünstigere Beschaffenheit der Leder der reinen Fassgerbung mit dem verhältnismäßig geringen Flottenverhältnis von 160% in Zusammenhang zu bringen. Wir haben daher Versuche durchgeführt, bei denen wir die Flottenmenge auf 280% bzw. auf 400% steigerten. Dabei erfolgte die Gerbung allerdings etwas langsamer und auch die Durchgerbungszahlen in Tabelle 6 zeigen ein gewisses Absinken mit zunehmender Flottenmenge. Andererseits werden Zugfestigkeit und Stichausreißfestigkeit eindeutig günstiger, durch eine mehr schwimmende Gerbung wird also eine Schädigung des Fasergefüges zumindest teilweise vermieden. Trotzdem war ein günstiger Einfluss auf Wasserverhalten und Abnutzungswiderstand praktisch nicht festzustellen und auch die Tendenz zum Narbenzug war nicht zu vermeiden. Die Walkwirkung in den Anfangsstadien wird also immer eine gewisse mechanische Auflockerung des Fasergefüges bewirken, die sich in diesen Eigenschaften der Leder ungünstig auswirken muss. Daher glauben wir, dass es zweckmäßig ist, die Anfangsstadien der Gerbung schonender durchzuführen, sei es, dass man einen kurzen Farbengang vor die Fassgerbung schaltet, sei es, dass man die ersten Phasen der Gerbung im Haspelgeschirr vornimmt, wie wir das in einem Betriebs versuch erprobt haben. Wir wissen uns hier in Übereinstimmung mit Angaben von Ferebauer101, der sich aufgrund seiner Versuche mit der sowjetischen Schnellgerbung ebenfalls für die Vorschaltung eines Farbenganges vor der Fassausgerbung aussprach. Auf alle Fälle scheint es aber zweckmäßig, die Flottenmenge auch bei nur anteiliger Fassgerbung zumindest auf 280 bis 300% zu erhöhen.

6. Einfluss von Salzzusätzen

Wir haben vor einiger Zeit Untersuchungen veröffentlicht, die sich mit der Frage des Einflusses größerer Salzmengen bei der Gerbung mit pflanzlichen Gerbstoffen befassten, und dabei festgestellt, dass durch höhere Salzzusätze die Schwellung des Hautmaterials vermindert wird und damit flexiblere Leder mit höherer Dehnung erhalten werden und als Folge der Unterdrückung der Schwellung auch die Diffusion des Gerbstoffs in die Haut verbessert wird. Andererseits wird aber selbst bei längerer Lagerdauer die Durchgerbungszahl vermindert und damit parallel laufend die Wasserzügigkeit gesteigert. Wir haben aus diesen Versuchen gefolgert, dass die Adstringenz des Gerbstoffs durch die Salzzusätze gesteigert wird und dadurch wieder eine zu rasche und falsche Ablagerung des Gerbstoffs im Fasergefüge erfolgt, die sich in einer Verminderung der Durchgerbungszahl und zwangsläufig in einer Steigerung der Wasserzügigkeit auswirken muss. Unsere Feststellungen wurden bestätigt durch Versuche von Stather und Mitarbeiter, die bei Großversuchen mit höheren Einsätzen synthetischer Gerbstoffe zwischen 60 und 100% der Reingerbstoff menge trotz Gerbzeiten zwischen 113 und 141 Tagen eine Verminderung des Rendements und der Durchgerbungszahl und eine Steigerung der Wasseraufnahme feststellten. Da bei diesen Versuchen durch die hohen Einsätze synthetischer Gerbstoffe auch die Werte für die Salzmenge in den Lösungen bis zu 700 mÄq/l gesteigert wurden, dürften diese ungünstigen Feststellungen in gleicher Weise auf den hohen Salzeinfluss zurückzuführen sein. Daraus hatten wir gefolgert, dass für Schnellgerbungen möglichst salzarme Brühen verwendet werden und auch umgestellte pflanzliche Gerbstoffe, synthetische Gerbstoffe und Ligninextrakte zweckmäßig möglichst niedrige Salzgehalte aufweisen sollten. Es blieb aber noch zu klären, ob es von gewissem Vorteil sei, in den Anfangsstadien der Gerbung, wenn die Brühen bereits weitgehend abgearbeitet sind, Salze zuzusetzen, um dadurch zwar den ungünstigen Einfluss auf den Gerbablauf zu vermeiden, andererseits aber die Flexibilität des Leders günstig zu beeinflussen. Bei entsprechenden Versuchen wurde bei der Fassgerbung mit 400% Flotte 1% Kochsalz bzw. Ammonsulfat der Brühenmenge zu Beginn der zweitschlechtesten Stufe zugegeben und ebenso bei der Grubengerbung die gleiche Salzmenge auf Flottenmenge bezogen zur zweitschlechtesten Farbe gegeben. Dabei war indessen ein nennenswerter Einfluss auf die äußere Beschaffenheit der Leder nicht festzustellen, keinesfalls waren sie flexibler als ohne diese Salzzusätze. Das Eindringen des Gerbstoffs schien in den Anfangsstadien durch die Salzzugabe etwas beschleunigt, doch war auch dieser Einfluss nur gering. Nach den Angaben der Tabelle 7 sind grundsätzliche Unterschiede in Durchgerbungszahl und physikalischen Eigenschaften in keinem Fall festzustellen. Salzzusätze nur zu den schlechtesten Gerbbrühen beeinträchtigen also die Qualität des Leders nicht, es war aber auch kein Vorteil für Gerbablauf und Ledereigenschaften festzustellen.

Anders verliefen die Versuche, als wir bei der ruhenden Gerbung mit den gleichen Salzzugaben arbeiteten, aber auf die Vorgerbung verzichteten. Dadurch wurde die Durchgerbung verlangsamt und Tabelle 7 zeigt, dass bei dieser Arbeitsweise die Durchgerbungszahl stark absank und damit auch das Verhalten gegen Wasser etwas ungünstiger wurde. Die Vorschaltung einer Vorgerbung unter Berücksichtigung der eingangs hierfür gemachten Angaben scheint demgemäß für Gerbablauf und Lederqualität wesentlich wichtiger zu sein und kann nicht durch Salzzusätze zu den Gerbbrühen ersetzt werden.

7. Zusammenfassung

Aufgrund der durchgeführten Untersuchungen ist über die variablen Faktoren bei der pflanzlichen Gerbung zur Erreichung von Gerbbeschleunigungen bei reiner Faßgerbung und rein ruhender Gerbung folgendes festzustellen:

Tabelle 7

1. Bei reiner Fassgerbung sollte die Gerbdauer unter den gewählten Versuchsbedingungen aus Qualitätsgründen nicht unter 6 Tage vermindert werden. Bei rein ruhender Gerbung mit einer Gerbdauer von 30 Tagen sind dagegen noch solche Zeitreserven vorhanden, dass hier ohne Bedenken noch weitere Abkürzungen erfolgen können.

2. Die pH-Einstellung wird zweckmäßig so vorgenommen, dass die Angerbung um etwa pH 5, keinesfalls unter pH 4,5 erfolgt, da sonst zu rasche Ablagerung des Gerbstoffs in den Anfangsstadien der Gerbung zu falscher Gerbstoffablagerung und verschlechterter Lederqualität führt. Der End-pH-Wert der Gerbung beeinflusst die jeweils gewünschte Flexibilität, je niedriger er liegt, desto fester wird das Leder. Bei flexibel gewünschtem Leder sollte der End-pH-Wert nicht unter 4 liegen, bei härteren Ledern kann er bis zu etwa pH 3,2-3,4 gesenkt werden. Diese Daten gelten für Mimosaextrakt, inwieweit sie für andere Gerbmaterialien abgeändert werden müssen, wird in späteren Veröffentlichungen mitgeteilt.

3. Die Temperatur sollte bei beiden Gerbarten zur Förderung der Beschleunigung der Gerbung und Erreichung richtiger Gerbstoffablagerung am Anfang nicht unter 22-25° C liegen und gegen Ende auf 35° C gesteigert werden. Eine Erhöhung in den Endstadien über etwa 35° ist unzweckmäßig, da gewisse Schädigungen des Fasergefüges zu befürchten sind.

4. Auch unter Berücksichtigung gleichen Gerbstoffangebots kommen der rein ruhenden Gerbung grundsätzliche Vorteile vor einer reinen Fassgerbung, wie wir sie durchgeführt haben, zu, da die Leder der Fassgerbung im Durchschnitt dunklere Farbe besitzen, leicht Narbenzug aufweisen, höhere Flexibilität und Dehnbarkeit, geringere Zugfestigkeit und Stichausreißfestigkeit, schlechteres Wasserverhalten und ungünstigeren Abnutzungswiderstand aufweisen. Die Unterschiede können durch Steigerung der Flottenmenge bei der Fassgerbung namentlich in bezug auf die Festigkeitseigenschaften etwas ausgeglichen werden, es erscheint aber zweckmäßiger, in den ersten Stadien der Gerbung entweder einen kurzen Farbengang oder eine Haspelangerbung durchzuführen.

5. Hohe Salzgehalte in den Gerbbrühen beeinflussen nach früheren Untersuchungen Gerbablauf und Lederqualität ungünstig. Wenn nur in den Anfangsstadien der Gerbung Salze zugesetzt werden, ist dieser ungünstige Einfluss zwar nicht vorhanden, andererseits aber auch kein grundsätzlich qualitätsverbessernder Einfluss damit verbunden. Die Untersuchungen haben damit den Einfluss der verschiedenen variablen Faktoren bei der Schnellgerbung weitgehend geklärt, soweit als Gerbmaterial ausschließlich Mimosaextrakt verwendet wurde. Über entsprechende Versuche mit anderen pflanzlichen Gerbmaterialien und Zusätzen synthetischer Hilfsund Austauschgerbstoffe werden wir später berichten. Wir danken dem Wirtschaflsministerium des Landes Baden-Württemberg für die finanzielle Unterstützung dieser Arbeit. Weiter danken wir Fräulein Barbara Babucke für ihre verständnisvolle Mitarbeit.

Literaturverzeichnis

  1. 7. Mitteilung: H. Herfeld und K. Härtewig, Über den Einfluss der variablen Faktoren der pflanzlichen Gerbung auf Abnutzungswiderstand und Wasserverhalten von Unterleder, Gerbereiwissenschaf): und -praxis, März 1961.
  2. H. Herfeld, Das Leder 10, 285 (1959).
  3. E. Mezei, Das Leder 9, 155 (1958).
  4. E. Komarek, erscheint in Bälde in „Das Leder“.
  5. H. Herfeld und K. Härtewig, Gerbereiwiss. und -praxis,April und Mai 1960.
  6. F. Stather, G. Reich und S. Walther, Ges. Abhandl. d.Deutsch. Lederinst., Heft 15, 40 (1959); G. Reich, M. Wassiljew und F. Stather, ebenda, Heft 15, 93 (1959).
  7. E.Heidemann, Das Leder 11, 294 (1960).
  8. H. Herfeld und K. Schmidt, Das Leder 11, 222 (1960).
  9. F. Stather, G. Reich und J. Ueberla, Ges. Abhandl. d.Deutsch. Lederinst., Heft 16, 5 (1960). Das Heft wurde erst im Mai 1961 verschickt und lag vor der Tagung in Bremen
  10. noch nicht vor.
  11. R. Ferebauer, Das Leder 10, 307 (1959).
  12. H. Herfeld und K.Schmidt, Das Leder 11, 52, 105, 195(1960).
  13. F. Stather, G. Reich und J. Ueberla, Ges. Abhandl. d.Deutsch. Lederinst. Heft 15, 5 (1959).


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veroeffentlichungen/sonderdrucke/20_ueber_den_einfluss_verschiedener_variabler_faktoren_auf_die_gerbbeschleunigung_bei_der_pflanzlichen_gerbung_aus_dem_jahre_1961.txt · Zuletzt geändert: 2019/05/09 13:56 von admin