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168 Deponiesickerwasseruntersuchung bei der gemeinsamen Ablagerung von Hausmüll und Gerbereiabfällen aus dem Jahre 1989

Sonderdruck aus DAS LEDER 1989, Heft 10, Seite 208

Von Dipl.-Ing. (FH) G. Schmid und Prof. Dr. W. Pauckner

Aus der Westdeutschen Gerberschule Reutlingen, Abteilung Forschung und Entwicklung

Deponiesickerwasseruntersuchung bei der gemeinsamen Ablagerung von Hausmüll und Gerbereiabfällen

Von G. Schmid und W. Pauckner (Westdeutsche Gerberschule Reutlingen)

Im Rahmen vorliegender Arbeit wurde untersucht, welchen Einfluss die gemeinsame Ablagerung von Hausmüll und Gerbereiabfällen auf die Zusammensetzung von Deponiesickerwasser hat.

Die Deponieversuche wurden in Testbehältern durchgeführt. Unter den gewählten Versuchsbedingungen konnten die verschiedenen Phasen einer Deponie simuliert werden. Im Sickerwasser wurden die Parameter CSB, BSB5, pH-Wert, S042-, Cu, Cr und Zn untersucht.

Within the scope of the present work it was tested how much the ordinary deposits of household rubbish and tannage wastes influence the composition of the seepage water of refuse pits.

The refuse pit experiments were made in test recipients. The different phases of a refuse pit could be simulated under the chosen trial conditions. In the seepage water the Parameters CSB, BSB5, the pH-value, S042-,Cu, Cr and Zn were examined.

1. Einleitung

Für die Entsorgung von Abfällen, die „nach Art, Beschaffenheit oder Menge in besonderem Maße gesundheits-, luft- oder wassergefährdend„ sind, schreibt das Abfallgesetz § 2 Abs. 2 besondere Maßnahmen vor.

In der Entwurfsfassung der zweiten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz (TA Sonderabfall) werden in Anhang C IV (Sonderabfallartenkatalog) Entsorgungshinweise für Abfälle gegeben. Danach sollen Abfälle aus Gerbereien auf oberirdischen Sonderabfalldeponien abgelagert werden. Als zweite Möglichkeit wird die Entsorgung auf Hausmülldeponien angeführt.

In der BRD gibt es nur wenige Standorte, die für die Ablagerung von Sonderabfällen geeignet sind. Aus diesem Grund muss das Volumen der Sonderabfälle so gering wie möglich gehalten werden. Eine Möglichkeit, um dieses Ziel zu erreichen, ist die gemeinsame Ablagerung von Hausmüll und Industrieabfällen. Dafür ist eine wichtige Voraussetzung, dass sich dabei die Sickerwasserbeschaffenheit nicht so verändert, dass die aufwendige Reinigung dieser Abwässer erforderlich wird.

Im Rahmen dieser Arbeit sollte untersucht werden, welchen Einfluss die gemeinsame Ablagerung von Hausmüll und Gerbereiabfällen auf das Deponiesickerwasser hat.

2. Vorgänge in der Deponie

In einer Deponie laufen komplexe biochemische Umsetzungen ab. Hausmüll besteht zu etwa 40 % aus organischen Substanzen, die aerob und anaerob abgebaut werden können. Überwiegend erfolgt der Abbau in einer Deponie anaerob, da ab ca. 2 m Schichttiefe kein Sauerstoff mehr für aerobe Umsetzungen zur Verfügung steht. Die Umsetzungen in einer Deponie verlaufen in mehreren Stufen. Irr der Anfangsphase befindet sich noch Sauerstoff in der Deponie, so dass kurzfristig aerobe Prozesse ablaufen. Polymere Verbindungen werden von Bakterien hydrolisiert. Die Hydrolyseprodukte werden vergoren, dabei entstehen CO2, H2, niedere Fettsäuren und Essigsäure. Die Phase, in der die saure Gärung überwiegt, ist relativ kurz. Acetogene Bakterien bewirken in bioenergetischer Symbiose mit Methanbakterien den weiteren Abbau der Fettsäuren zu CH3COOH, CO2 und H2. Methanbakterien bilden aus CO2 und H2 Methangas. Die Methanbakterien sind extrem sauerstoffempfindlich und können sich daher erst unter anaeroben Bedingungen entwickeln. Die mikrobielle Methanbildung ist in Abb. 1 dargestellt.

In welcher Phase sich eine Deponie befindet, kann an der Zusammensetzung des Deponiegases festgestellt werden. Bei der sauren Gärung nimmt der CO2-Anteil im Deponiegas deutlich zu, gleichzeitig entsteht H2. Beim Erreichen der instabilen Methanphase nimmt der CO2- und H2-Anteil im Deponiegas in dem Maß ab, wie Methangas gebildet wird. Die Zusammenhänge sind in Abb. 2 dargestellt.

Man kann auch aus der Zusammensetzung der Deponiesickerwässer auf den Zustand der Deponie schließen, da das Elutionsverhalten vieler Stoffe in den verschiedenen Phasen einer Deponie unterschiedlich ist. In Tab. 1 sind die Konzentrationen einiger Deponiesickerwasserinhaltsstoffe in Abhängigkeit von der Deponiephase angegeben.

Abb. 1

Tab. 1

Andere Stoffe zeigen beim Phasenwechsel der Deponie keine signifikanten Konzentrationsänderungen. Hierzu gehören nach Ehrig z. B. die Metalle Kupfer, Chrom und Chlorid (Tab. 2).

Tab. 2

3. Versuchsplanung

Entscheidend dafür, ob ein bestimmter Industrieabfall gemeinsam mit Hausmüll abgelagert werden kann, ist, wie sich das Emissionsverhalten der Deponie ändert. Es dürfen keine Stoffe in das Sickerwasser gelangen, die dessen Reinigung erschweren. Werden die hierzu erforderlichen Untersuchungen direkt auf einer Deponie oder in Lysimetern durchgeführt, sind sie sehr zeitaufwendig, da das Emissionsverhalten in den unterschiedlichen Deponiephasen beurteilt werden muss. Außerdem sind diese Versuche sehr kostenaufwendig.

An der Technischen Universität Braunschweig wurde ein Verfahren entwickelt, das die Auswirkungen der gemeinsamen Ablagerung von kommunalen und industriellen Abfällen auf das Deponiesickerwasser untersucht und das mit einem relativ geringen Kosten-und Zeitaufwand durchgeführt werden kann. Unter optimalen Bedingungen werden dabei die verschiedenen Phasen der anaeroben Müllumsetzung in ca. 100 Tagen durchlaufen, auf einer Deponie dauern diese Vorgänge mehrere Jahre.

4. Versuchsdurchführung

4.1 Versuchsaufbau

Als Versuchsbehälter wurden 150-l-PE-Behälter verwendet. Im unteren Teil des Behälters wurde auf einer PVC-Stützkonstruktion ein grobes Sieb und darauf ein feines Gewebesieb aus Trevira eingebaut. So konnte sich dort das Sickerwasser sammeln. Das Sickerwasser floss von hier in ein 5-l-Vorratsgefäß. In diesem Gefäß befand sich eine Tauchpumpe, die über eine Zeitschaltuhr geschaltet war. Das Sickerwasser wurde 4mal am Tag auf die Behälteroberfläche zurück gepumpt. Unterhalb des Behälterdeckels war ein Verteilerkreuz aus PE-Rohr angebracht, damit das Sickerwasser möglichst gleichmäßig auf der

Abb. 2

Mülloberfläche verregnet werden konnte. In die Sickerwasserrückleitung war eine Probeentnahmemöglichkeit eingebaut. Der Frischwasserzusatz erfolgte direkt über das Verteilerkreuz. Um die Temperaturentwicklung in den Behältern verfolgen zu können, wurde waagrecht in der Mitte des Behälters ein Bimetalltauchthermometer eingebaut. Der Aufbau der Versuchsanlage ist schematisch in Abb. 3 dargestellt.

4.2 Versuchsbedingungen

Die optimalen Versuchsbedingungen, unter denen der anaerobe Abbau im Behälter relativ schnell abläuft und reproduzierbare Ergebnisse erhalten werden, wurden an der TU Braunschweig ermittelt.

Abb. 3

Folgende Bedingungen erwiesen sich als günstig:

  • Verwendung eines Müll/Kompostgemisches
  • Zerkleinerung der Materialien auf ca. 5 cm
  • Einstellen des Wassergehaltes auf ca. 65 %
  • Aufstellen der Versuchsbehälter im Klimaraum bei 30 °C
  • Kreislaufführung des Sickerwassers
  • Wasseraustausch 1mal pro Woche
  • Wasserzusatz entsprechend der jährlichen Niederschlagsmenge.

Unsere Versuche wurden bei Raumtemperatur durchgeführt, ansonsten haben wir uns an die obigen Bedingungen gehalten. In den ersten Wochen stieg die Temperatur im Behälter auf ca. 24 °C an. Danach stellten sich in den Behältern ca. 22 °C ein. Pro Woche wurden 2,5 l Sickerwasser entnommen und durch frisches Wasser ersetzt, das entspricht einer jährlichen Niederschlagsmenge von 700 mm. Das Sickerwasser wurde im Kreislauf geführt, pro Tag wurde das Sickerwasser 4mal in die Versuchsbehälter zurück gepumpt.

4.3 Behälterfüllung

Die Untersuchungen an der TU Braunschweig haben gezeigt, dass ein Animpfen des Hausmülls mit ausgefaultem Hausmüll vorteilhaft ist. Die biochemischen Umsetzungen laufen schneller ab, die Methanphase wird in relativ kurzer Zeit erreicht. Bei unseren Versuchen verwendeten wir eine Mischung aus frischem und kompostiertem Hausmüll im Verhältnis 1:1. Die beiden Materialien wurden intensiv vermischt und auf einen Wassergehalt von 60 % eingestellt. Zwei Kontrollbehälter wurden mit dieser Mischung angesetzt. Zwei Versuchsbehälter wurden zusätzlich mit Klärschlamm aus der Abwasserreinigungsanlage einer Gerberei beschickt. Der Schlamm war vorher in einer Kammerfilterpresse entwässert worden und lag als Filterkuchen vor. Die Zugabe des Filterkuchens zu den Versuchsbehältern wurde folgendermaßen durchgeführt:

2/3 der Müll/Kompost-Mischung wurden in die Versuchsbehälter gefüllt, darauf wurde der Filterkuchen verteilt, und abschließend wurde das letzte Drittel der Müll/Kompost-Mischung eingebracht. In Tab. 3 sind die Behälterfüllungen zusammengestellt.

Tab. 3

4.4 Zusammensetzung der Abfallstoffe

Die Zusammensetzung der Materialien, die für die Deponieversuche eingesetzt wurden, ist in Tab. 4 angegeben. Der Filterkuchen unterscheidet sich von dem Hausmüll durch einen wesentlich höheren Chrom- und Calciumgehalt. Bei der Lederherstellung werden Cr(III)-Verbindungen eingesetzt, die teilweise ins Abwasser gelangen. Im Laufe der Abwasserreinigung werden die Cr(III)-Verbindungen ausgefällt und gelangen in den Schlamm. Zur Abwasserreinigung und Schlammkonditionierung werden häufig Calciumverbindungen eingesetzt, dadurch erklärt sich der hohe Ca-Gehalt im Schlamm-Filterkuchen. Im Vergleich zum Hausmüll enthält der Filterkuchen nur wenig Kupfer und Zink.

Tab. 4

4.5 Untersuchung der eluierbaren Bestandteile

Zuordnungskriterien zur oberirdischen Ablagerung von Abfällen sind in Anhang D der TA Sonderabfall angegeben. Wichtige Kriterien sind die Festigkeit des Abfalls, der Glühverlust, die extrahierbaren lipophilen Stoffe und die eluierbaren Bestandteile. Die Zuordnungswerte für die einzelnen Parameter werden in Teil 2 der TA Sonderabfall noch bestimmt.

Die bei unseren Versuchen eingesetzten Abfallstoffe wurden nach DIN 38414 Teil 4 24 Stunden mit der 10fachen Menge dest. Wassers eluiert. Die Ergebnisse der Eluatuntersuchungen sind in Tab. 5 enthalten.

Die Eluatuntersuchungen ergaben, dass man aus den Metallkonzentrationen der Abfallstoffe keine Rückschlüsse auf die eluierbaren Bestandteile ziehen kann. Obwohl der Filterkuchen wesentlich mehr Cr enthielt als der kompostierte Müll, war die Chromkonzentration im Eluat des Filterkuchens niedriger als im Eluat des kompostierten Mülls. Andererseits lagen die Kupferkonzentrationen in den untersuchten Eluaten in der gleichen Größenordnung, obwohl der Filterkuchen wesentlich weniger Kupfer enthielt als der Müll bzw. der kompostierte Müll.

Tab. 5

Da die Löslichkeit der Metallverbindungen pH-abhängig ist, wird das Elutionsverhalten der Metalle vom pH-Wert der Eluatlösung beeinflusst. Weil sich in den Eluaten ganz unterschiedliche pH-Werte einstellen, muss das bei der Beurteilung des Eluattests berücksichtigt werden. Außerdem wird beim Eluattest nicht berücksichtigt, dass sich die pH- und Redoxverhältnisse im Sickerwasser während des Deponievorgangs ändern. Hier hat das von uns durchgeführte Deponietestverfahren wesentliche Vorteile, da in den „Deponiebehältern“ die normal ablaufenden biochemischen Umsetzungen simuliert werden können.

5. Untersuchungsergebnisse der Deponieversuche in Testbehältern

Den Testbehältern wurden wöchentlich 2,5 l Sickerwasser entnommen und die gleiche Menge Frischwasser zugesetzt. Im Sickerwasser wurden folgende Parameter untersucht:

  • pH-Wert
  • CSB
  • BSB5
  • Cr (gesamt)
  • Cu
  • Zn
  • Sulfat

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind in den Abbildungen 4-6 dargestellt.

5.1 Diskussion der Ergebnisse

5.1.1 pH-Wert

Beim anaeroben Abbau von organischen Substanzen entstehen Fettsäuren, die zu einer pH-Erniedrigung im Sickerwasser und zu einer Erhöhung der CSB- und BSB5-Werte führen.

In den Kontrollbehältern lagen die pH-Werte nach einer Woche bei 6. In Behälter K4 war bis zum 49. Tag ein pH-Anstieg auf 7,3 zu verzeichnen. In Behälter K3 wurde erst nach 98 Tagen pH 7 erreicht. Die pH-Ganglinien verliefen bei den beiden Kontrollbehältern unterschiedlich. Dementsprechend verschieden waren auch die Kurvenverläufe der CSB- und BSB5-Werte, da hohe CSB- und BSB5-Werte niedrige pH-Werte bedingen. Eine Erklärung für die verschiedenen Kurvenverläufe haben wir nicht gefunden. Alle Behälter enthielten die gleiche Hausmüll/Kompost-Mischung, daher war ein einheitlicher Kurvenverlauf zu erwarten. Nachdem in beiden Behältern pH-Werte um 7 erreicht waren, pendelten sich die Werte zwischen 7,1 und 7,3 ein.

In den Versuchsbehältern lag der pH-Wert bis zum 28. Versuchstag zwischen 6,4 und 6,6. Zeitgleich erreichten beide Behälter nach 35 Tagen pH 7,1. Bis zum 112. Tag war ein leichter pH-Anstieg auf 7,6 zu verzeichnen. Danach pendelten sich die Werte zwischen 7,1 und 7,4 ein. Die pH-Ganglinien der beiden Versuchsbehälter stimmten sehr gut überein (Abb. 4).

Abb. 4

5.1.2 CSB, BSB5

In der sauren Phase einer Deponie sind die Sickerwässer mit hohen CSB- und BSB5-Werten belastet. In den Kontrollbehältern wurden nach 21 Tagen die maximalen CSB-Werte erreicht, sie betrugen 47 500 bzw. 46400 mg O2/l. In Behälter K4 fiel der CSB nach 49 Tagen steil ab, in Behälter K3 erst nach 98 Tagen. In Behälter K4 war nach 133 Tagen ein weitgehender CSB-Abbau erreicht, in Behälter K3 erst nach 154 Tagen. Bis zum 252. Versuchstag war nur noch ein leichtes Abfallen der CSB-Werte zu beobachten, danach pendelten sich die Werte in beiden Behältern zwischen 100 und 300 mg O2/l ein.

In den Versuchsbehältern wurden die maximalen CSB-Werte nach 7 bzw. 14 Tagen Versuchsdauer erreicht. Sie lagen unter den Werten der Kontrollbehälter. In Behälter V1 lag der CSB bei 37 400 mg O2/l, in Behälter V2 bei 43 800 mg O2/l. Am 28. Versuchstag trat zeitgleich ein starkes Abfallen der CSB-Werte ein.

Nach 98 Tagen war in Behälter V1, nach 154 Tagen in Behälter V2 der CSB weitgehend abgebaut. Bis zum 252. Tag trat nur noch eine geringe Abnahme auf, danach pendelten sich die Werte zwischen 150 und 490 mg/l ein. Parallel zur Abnahme der CSB-Werte erfolgte eine Abnahme der BSB5-Werte. In den Kontrollbehältern lagen die maximalen BSB5-Werte bei 32 000 bzw. 33 500 mg O2/l, in den Versuchsbehältern bei 31 500 bzw. 27 700 mg O2/l. Die maximalen Werte wurden in allen Behältern zeitgleich erreicht, die Abnahme erfolgte bei den Kontrollbehältern langsamer als bei den Versuchsbehältern und zeigte damit den gleichen Verlauf wie beim CSB-Abbau (Abb. 4). Für unsere Untersuchungen war es wichtig, die Vorgänge in einer Deponie zu simulieren. Entscheidend ist dabei, dass die saure Phase durchlaufen wird und die Methanphase erreicht wird. Aus dem Verhältnis von BSB5 und CSB kann man ableiten, in welchem Zustand sich die Deponie befindet. Liegt der Quotient aus BSB5 und CSB bei 0,06, ist nach Ehrig die Methanphase erreicht. Danach haben die Versuchsbehälter die Methanphase bereits nach 154 Tagen erreicht, während die Kontrollbehälter die Methanphase erst nach 203 bzw. 315 Tagen erreicht haben. Insgesamt kann festgestellt werden, dass es gelungen ist, im Behälterversuch die verschiedenen Phasen einer Deponie zu simulieren.

5.1.3 Sulfat

Die Metallemission in einer Deponie ist stark abhängig vom pH-Wert des Sickerwassers und den Redoxverhältnissen im Deponiekörper. Das Redoxpotential ändert sich mit dem Deponiealter. Mit zunehmendem Deponiealter nimmt der Sauerstoffgehalt in der Deponie ab, und es entstehen anaerobe Verhältnisse. Gekennzeichnet sind diese Änderungen z. B. durch die Verringerung der Sulfatgehalte im Sickerwasser. Unter anaeroben Bedingungen werden Sulfate zu Sulfiden reduziert. Sulfide bilden mit Metallionen teilweise schwerlösliche Verbindungen, dadurch kann bei bestimmten Metallionen die Metallemission verringert werden. Vergleicht man die Sulfatganglinien der Behälter 1 - 4 (Abb. 5), so stellt man fest, dass die maximale Sulfatkonzentration im Sickerwasser zeitgleich nach 14 Tagen erreicht wurde.

Abb. 5

In den Versuchsbehältern nahm der S042--Gehalt bis zum 49. Tag schnell ab. Ab dem 70. Versuchstag waren In den Behältern V1 und V2 Sulfate nicht mehr nachweisbar. In den Kontrollbehältern nahm der S042--Gehalt langsamer ab als in den Versuchsbehältern. Die S042--Ganglinien von Behälter K3 und K4 zeigen deutliche Unterschiede. In Behälter 3 herrschten länger aerobe Bedingungen vor. Hier waren Sulfate erst nach 112 Tagen nicht mehr nachweisbar, während dieser Zustand in Behälter 4 bereits nach 70 Tagen erreicht war. Diese Beobachtungen stimmen mit den Ergebnissen aus den CSB- und BSB5-Untersuchungen überein. Da Methanbakterien sehr sauerstoffempfindlich sind und in Behälter K3 länger aerobe Bedingungen vorlagen als in Behälter K4, wurde in Behälter K3 die Methanphase erst später erreicht.

Aus den S042--Ganglinien kann man ableiten, dass sich die Redoxpotentiale in den Versuchsbehältern geändert haben. Damit ist ein weiteres wichtiges Kriterium erfüllt, um die Vorgänge in einer Deponie zu simulieren.

5.1.4 Metallemission

Die Löslichkeit der Metalle wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Einen wichtigen Einfluss auf die Löslichkeit haben der pH-Wert und die eingestellten Redoxverhältnisse. Nach Ehrig ist die Zinkemission in der sauren Phase größer als beim Erreichen der Methanphase, während die Chrom- und Kupferemission weitgehend unabhängig von der Deponiephase sind.

5.1.4.1 Zink

Unsere Untersuchungen ergaben einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem pH-Wert und der Zinkemission. Da bei den Kontrollbehältern tiefere Anfangs-pH-Werte als bei den Versuchsbehältern vorlagen, ergaben sich hier deutlich höhere Zn-Werte. Die maximalen Werte wurden nach 7 Tagen erreicht und lagen in den Behältern K3 bei 30 000 und K4 bei 34 000 µg/l.

In den Versuchsbehältern lagen die tiefsten pH-Werte bei 6,6 (V1) bzw. 6,4 (V2), die Zinkemission war hier mit 4400 (V1) bzw. 6700 µg/l (V2) vergleichsweise niedrig. Mit steigenden pH-Werten nahm die Zinkemission in allen Behältern ab. Nach ca. 70 Tagen pendelten sich die Zinkwerte in den Versuchsbehältern zwischen 700 und 100 µg/l ein, in den Kontrollbehältern zwischen 1400 und 600 µg/l (Abb. 6).

5.1.4.2 Kupfer

Die Untersuchungen ergaben, dass die Kupferemission weitgehend unabhängig vom pH-Wert ist (s. Abb. 6). Die Maximalwerte wurden in allen Behältern zeitgleich nach 7 Tagen erreicht und lagen zwischen 1000 und 1100 µg/l. Nach der 2. Woche trat in den 4 Behältern ein steiler Abfall der Kupferemission ein. Ab dem 70. Versuchstag verliefen die Kupferganglinien annähernd parallel. Bis zum Versuchsende pendelten sich die Kupferwerte zwischen 110 und 20 µg/l ein.

5.1.4.3 Chrom

In den Kontrollbehältern wurde die maximale Chromkonzentration im Sickerwasser nach der 1. Woche gemessen. In Behälter K3 lag der Wert bei 1300 und in Behälter K4 bei 900 µg/l. Obwohl in Behälter K3 der pH-Wert im Sickerwasser wesentlich langsamer anstieg als in Behälter K4, wirkte sich das auf die Chromemission in den Kontrollbehältern kaum aus. In beiden Kontrollbehältern nahm die Chromkonzentration im Sickerwasser schnell ab. Nach der 3. Woche verringerte sich die Chromkonzentration in beiden Behältern auf 930 µg/l. Bis zum 112. Versuchstag nahm die Chromkonzentration nur noch langsam ab. Danach pendelten sich die Cr-Werte zwischen 20 und 100 µg/l ein. Ein direkter Zusammenhang zwischen dem pH-Wert und der Chromemission kann aus diesem Versuch nicht abgeleitet werden. Obwohl das Sickerwasser in Behälter K3 wesentlich später pH 7 erreichte als das Sickerwasser aus Behälter K4, war der Verlauf der Chromganglinien nahezu identisch. In den Versuchsbehältern haben wir eine Abhängigkeit der Chromemission vom pH-Wert des Sickerwassers festgestellt. Im Behälter V1 lag die maximale Chromkonzentration im Sickerwasser bei 1500, in Behälter V2 bei 2000 µg/l. Nach dem 49. Versuchstag nahm die Chromkonzentration in beiden Behältern stark ab, es wurden nur noch 250 bzw. 260 µg/l gemessen. Verbunden mit der Abnahme der Chromkonzentration war ein steiler Anstieg des pH-Wertes im Sickerwasser. Anschließend war nur noch eine langsame Abnahme der Chromkonzentration feststellbar (Abb. 6).

Abb. 6

Die Versuchsbehälter enthielten wesentlich mehr Chrom als die Kontrollbehälter; 15 800 mg gegenüber 1200 mg; da dem Hausmüll ein hoher Anteil an chromhaltigem Filterkuchen zugesetzt worden war. Der Filterkuchenzusatz betrug 8,4 % bezogen auf die Trockensubstanz der Müll/Kompost-Mischung. In der Deponiepraxis wird dieses Verhältnis kaum erreicht, da wesentlich mehr Hausmüll als chromhaltiger Filterkuchen anfällt. Trotz dieser extrem gewählten Bedingungen war die Chromemission in den Versuchsbehältern, die chromhaltigen Filterkuchen enthielten, im Vergleich zum Hausmüll ohne Filterkuchenzusatz gering. Der von der ATV empfohlene Indirekteinleitergrenzwert von 3 mg Cr/I wurde im Sickerwasser zu keinem Zeitpunkt erreicht. Damit kann das Sickerwasser einer Abwasserreinigungsanlage zugeführt werden, ohne dass eine Chromvorbehandlung durchgeführt werden muss.

6. Zusammenfassung

An der Westdeutschen Gerberschule wurden Untersuchungen zur gemeinsamen Ablagerung von Hausmüll und chromhaltigem Klärschlamm aus einer Gerberei durchgeführt. Das Ziel der Untersuchungen war, eine Aussage über das Emissionsverhalten von Chromverbindungen in einer Deponie zu erhalten. Da das Emissionsverhalten von Metallverbindungen von der Zusammensetzung des Deponiesickerwassers abhängig ist, wurde ein Testverfahren ausgewählt, das die Vorgänge in einer Deponie berücksichtigt. Es ist gelungen, die verschiedenen Phasen einer Deponie im Testbehälter zu simulieren, wie die Ergebnisse der CSB-, BSB5- und pH-Wert-Messungen ergeben haben. Die Ergebnisse der Metalluntersuchungen lassen sich so zusammenfassen:

  1. Der Zusatz von alkalisch reagierendem Klärschlamm zum Hausmüll wirkt sich positiv auf die Zinkemission aus; die Versuchsbehälter emittierten weniger Zink als die Kontrollbehälter.
  2. Der Klärschlammzusatz hat keinen Einfluss auf die Kupferemission.
  3. Obwohl die Versuchsbehälter 13mal mehr Chrom enthielten als die Kontrollbehälter, war die Chromkonzentration im Sickerwasser praktisch nicht erhöht.
  4. Die Metallionenkonzentration im Sickerwasser der Versuchsbehälter liegt unter den von der ATV vorgeschlagenen Richtwerten für Indirekteinleiter.

Dank

Wir danken der Interessengemeinschaft für Lederforschung und Häuteschädenbekämpfung im Verband der Deutschen Lederindustrie für die finanzielle Unterstützung dieser Arbeit. Ferner danken wir Frau Scheck, Frl. Burkhardt, Frl. Linßen und Frl. Klingler für die verständnisvolle Mitarbeit bei der Durchführung der analytischen Bestimmungen.

Literatur

  1. Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz) vom 27. August 1986, Heider-Verlag, Bergisch Gladbach, 1986
  2. Zweite Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz (TA Sonderabfall), Entwurf
  3. Stegmann, R.; Mennerich, A.: Entwicklung eines Testverfahrens zur gemeinsamen Ablagerung von kommunalen und industriellen Abfällen. Forschungsbericht, erstellt am Institut für Stadtbauwesen, Abt. Siedlungswasserwirtschaft, T. U. Braunschweig, Mai 1983
  4. ATV Dokumentation: Deponiesickerwasser — Ein Problem der Abwassertechnik, Abwassertechnische Vereinigung e.V., Sankt Augustin, 1986
  5. Deutsche Forschungsgemeinschaft: Wasser- und Stoffhaushalt von Abfalldeponien und deren Wirkungen auf Gewässer, VCH Verlagsgesellschaft mbH, Weinheim, 1986


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