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164 Systematische Untersuchungen über die Auswirkungen von Gerbverfahren aus dem Jahre 1985

164 Systematische Untersuchungen über die Auswirkungen von Gerbverfahren mit hoher Auszehrung im Vergleich zur normalen Chromgerbung auf Lederqualität, Färbbarkeit, Rendement und Verbesserung des Abwassers bei der Herstellung von Möbelleder aus dem Jahre 1985

Von Dipl.-Ing. (FH) G. Schmid und Prof. Dr. W. Pauckner

In der vorliegenden Arbeit wird über die Verwendung von hochauszehrenden Chromgerbverfahren im Vergleich zu einem Standard-Verfahren bei der Herstellung von Möbelledern berichtet. Dabei wurden die Chromgehalte der anfallenden Restflotten bestimmt und die Auswirkungen auf die Lederqualität geprüft. Die erhaltenen Ergebnisse zeigten, dass mit den hochauszehrenden Chromgerbverfahren wesentlich weniger Cr3+ ins Abwasser gelangt und die Lederqualität nicht negativ beeinflusst wird. Eine Verminderung des Rendements trat ebenfalls nicht auf. Besonders untersucht wurde der Einfluss der Temperatur und des pH-Wertes auf die Auszehrung. Hierbei konnte festgestellt werden, dass nur bei Einhaltung der geforderten Temperatur und des pH-Wertes der Chromgehalt in den Restflotten wesentlich verringert werden kann.

Systematic investigations about the characteristics of tan-ning processes with high exhaustion in comparison with conventional chrome tannages on leather quality, dyeing affinity, yield and effluent improvement in the manufacture of chrome upper leather.

The following article reports on the use of high exhaustion chrome tanning processes in comparison with a Standard process in the manufacture of furniture leathers. Thereby, the chrome contents of the ensuring residual liquors were determined and the effects on the leather quality tested. The attained results showed that with the high exhaustion processes considerably less trivalent chrome finished up in the effluent, and the leather quality was not adverley affected. Even a reduction in yield did not occur. In particular the influence temperatures and ph was studied. Hereby, it could be established that only by keeping to the requisite temperature and ph could the chrome content in the residual liquors be significantly reduced.

Einleitung

Bestrebungen, die Chromfracht in Gerbereiabwässern zu verringern, bestehen schon seit Jahren. Eine Möglichkeit, die Chromfracht im Abwasser wesentlich zu vermindern, ergibt sich durch die Anwendung sogenannter hochauszehrender Gerbverfahren Von verschiedenen chemischen Firmen wurden hochauszehrende Verfahren entwickelt, mit denen man bei Einhaltung von bestimmten pH- und Temperaturbedingungen Auszehrungen unter 1 g Cr/l erreichen kann . Bei den herkömmlichen Chromgerbverfahren enthalten die Restflotten dagegen zwischen 3 und 7 g Cr/l. Außerdem kann bei den hochauszehrenden Verfahren das Chromoxidangebot im Vergleich zu den herkömmlichen Gerbverfahren um ca. 1A gesenkt werden, wobei der Chromgehalt der nach den verschiedenen Verfahren erhaltenen Leder vergleichbar ist.

Unsere Untersuchungen an Oberledern haben gezeigt, dass mit hochauszehrenden Verfahren gegerbte Leder ähnliche Lederqualitäten aufweisen, wie nach herkömmlichen Verfahren hergestellte Leder und gleichzeitig eine wesentliche Verringerung der Chrombelastung im Abwasser erreicht werden kann. Die erhaltenen Ergebnisse sollten auf Möbelleder ausgedehnt werden. Dazu wurden Möbelleder nach Rezepturvorschlägen der chemischen Industrie hochauszehrend gegerbt und dabei die Chromgehalte in den Restflotten ermittelt, um Aussagen über die ins Abwasser gelangende Chromfracht zu erhalten. Besonders kritisch sollte auch hier wiederum die Lederqualität im Vergleich zu Standard-Möbelledern beurteilt werden.

Versuchsdurchführung

Als Rohware für alle Versuchsreihen wurden Bullen der Gewichtsklasse 30 -39,5 kg eingesetzt. Die Bullenhäute wurden einheitlich geweicht, geäschert, gespalten, entkalkt und gebeizt. Die Rezeptur ist in Tabelle 1 wiedergegeben. Die Spaltstärke wurde auf 2 mm eingestellt. Ein wichtiger Gesichtspunkt unserer Untersuchungen war, herauszufinden, ob mit hochauszehrenden Gerbverfahren Rendementverluste auftreten. Zur Flächenermittlung wurden die gespaltenen Blößenhälften möglichst glatt auf eine Plastikfolie ausgebreitet und die Folie ausgeschnitten. Die Folienfläche wurde mit der Stiftenmessmaschine bestimmt. Nach der Chromgerbung wurde nochmals die Fläche der ausgegerbten Hälften ermittelt und am Schluss die Fertiglederfläche festgestellt. Aus den erhaltenen Messwerten wurden Rückschlüsse auf Rendementsabweichungen vom Standard-Möbelleder gezogen.

Nach der Flächenermittlung wurden die Blößen über Nacht mit Folie abgedeckt und am anderen Morgen weiterverarbeitet.

Die nach Entkälkung und Beize folgenden Arbeitsgänge wurden getrennt an Gegenhälften durchgeführt. Als Arbeitsgefäße wurden Holzfässer verwendet, die mit einer Schöpfeinrichtung ausgestattet waren. Im Schöpfgefäß war eine Heizspirale und eine pH-Elektrode eingebaut. Damit konnten die geforderte Temperatur und der pH-Wert eingestellt und so der Temperatur- und pH-Verlauf im Gerbfass entsprechend Praxisbedingungen geregelt werden. Über einen Schreiber wurden während der gesamten Gerbdauer die pH- und Temperaturkurven aufgezeichnet. So konnten z. B. pH-Wert-Sprünge nach Chemikalienzugaben registriert werden.

Die Nachgerbung der Möbelleder erfolgte nach einer einheitlichen Arbeitsweise, die Rezeptur ist in Tabelle 2 wiedergegeben.

Tabelle 1:

Tabelle 2:

Gerbverfahren

Standard-Verfahren - herkömmliche Chromgerbung

Nach einem Kurzpickel von 2 Stunden wurden die Blößen mit einem 33,3% basischen Chromgerbstoff mit 26% Chromoxidgehalt gegerbt. Das Chromoxidangebot betrug 1,3%. Nach einer Stunde Laufzeit wurde mit Sodalösung innerhalb von 2 Stunden stufenweise abgestumpft. Abschließend wurde die Temperatur im Gerbfass um ca. 1,5 °C pro Stunde angehoben. Nach 8 Stunden Laufzeit war eine Endtemperatur von 40 °C erreicht. Über Nacht wurden die Häute im Gerbfass bei geringer Umdrehungszahl bewegt; die Temperatur wurde konstant bei 40 °C gehalten. Am nächsten Morgen wurden die Häute über Bock gelegt; nach 2 Tagen gelangten die Häute in die Nachgerbung. Die genaue Arbeitsweise ist in Tabelle 3 aufgeführt.

Tabelle 3:

Wie schon bei unseren Untersuchungen über Oberleder konnten an den Hälften während der Gerbung keine Besonderheiten festgestellt werden. Dagegen enthielten die Restflotten infolge der konstanten Temperatur von 40 °C und der längeren Laufzeit weniger Chrom-lll-Ionen. verglichen mit den Chromgehalten der Restflotten in den meisten Lederbetrieben.

Hochauszehrendes Verfahren I

Bei diesem Gerbverfahren wurden 82% des Chromoxidangebotes in Form eines organisch maskierten Chromgerbstoffes mit einer Basizität von 50% und einem Chromoxidgehalt von 30% eingesetzt. Die restlichen 18% des Chromoxidangebotes wurden nach 1 Stunde Laufzeit in Form eines hochreaktiven, organisch maskierten Chrom-lll-Spezialgerbstoffes (7,2% Cr2O3, enthält Dicarbonsäuren) zugesetzt. Bei der in Tabelle 4 dargestellten Verfahrensweise ist kein zusätzliches Abstumpfen erforderlich, wenn der Pickel-pH-Wert auf ca. 4 eingestellt wurde. Auch hier wurde die Temperatur langsam hochgestellt, bis sie am Ende der 8 Stunden Laufzeit 40 °C betrug. Die Ausgerbung erfolgte auch hier über Nacht bei niedrigen Umdrehungszahlen.

Im Verlauf der Gerbung konnte beobachtet werden, dass die Leder gegenüber den Standardverfahren stärker aufgingen, also etwas voller waren. Diese Beobachtung wurde auch bei den anderen hochauszehrenden Verfahren gemacht. Nach der Nachgerbung war jedoch kein Unterschied mehr zu erkennen. Ansonsten konnten während der Gerbung keine weiteren Besonderheiten festgestellt werden.

Tabelle 4:

Hochauszehrendes Verfahren II

Die Blößenhälften wurden hier mit einem handelsüblichen 33,3% basischen Chromgerbstoff mit 26% Chromoxidgehalt gegerbt. Das Chromoxidangebot lag mit 1% niedriger als beim Standard-Verfahren, bei welchem 1,3% Cr203 angeboten wurden. Nach einer Vorlaufzeit von 1 Stunde erfolgte die Zugabe des Dicarbonsäuregemisches. Nach einer weiteren Stunde Laufzeit wurde mit Magnesiumoxid abgestumpft. Hier wurde ein spezielles Magnesiumoxid eingesetzt, welches sich nur langsam auflöst. Dadurch wurde erreicht, dass selbst bei Zugabe der gesamten Magnesiumoxidmenge in einer Rate, kein sprunghafter Anstieg des Flotten-pH-Wertes erfolgte. Der pH-Wert stellte sich nach ca. 3 - 4 Stunden ein. Nach 8 Stunden Gerbzeit wurde auch hier die Fassumdrehungszahl reduziert, die Häute blieben über Nacht im Gerbfass. Die genaue Arbeitsweise ist aus Tabelle 5 zu ersehen.

Hochauszehrendes Verfahren III

Tabelle 5:

Tabelle 6:

Zur Gerbung wurde hier ebenfalls ein handelsüblicher 33,3% basischer Chromgerbstoff mit 26% Chromoxidgehalt eingesetzt. Nach einer Stunde Laufzeit wurde zusammen mit der Zugabe von Dicarbonsäuren eine Vorabstumpfung mit Magnesiumoxid durchgeführt. Auch hier wurde wiederum das schwerlösliche Magnesiumoxid eingesetzt, um keine starken „pH-Sprünge„ zu verursachen. Nach einer weiteren Stunde Laufzeit wurden Alkalialuminiumsilkate zudosiert. Der End-pH-Wert stellte sich innerhalb von 3 - 4 Stunden ein. Nach der Alkalialuminiumsilikatzugabe sollten keine Abstumpfmittel mehr zugesetzt werden, sonst besteht die Gefahr, dass die Leder fleckig werden. Wird der geforderte End-pH-Wert von ca. 4,2 nicht erreicht, muss bei der nächsten Partie z. B.-durch eine Erhöhung der Vorabstumpfmittelmenge der End-pH-Wert korrigiert werden. Nach der letzten Chemikaliendosierung wurde wieder die Temperatur im Gerbfass langsam angehoben, bis am Ende der Gerbung eine Temperatur von 40 °C erreicht war. Zur Ausgerbung blieben die Häute über Nacht im Fass, wobei wie bei den anderen Verfahren die Umdrehungszahl wiederum niedriger eingestellt wurde. Die genaue Arbeitsweise zeigt Tabelle 6.

Vergleich der hochauszehrenden Verfahren mit dem Standard-Verfahren

Verfahren I mit Standard

Mit dem hochauszehrenden Verfahren I kann die ins Abwasser gelangende Chrommenge wesentlich vermindert werden (Tabelle 7). Nach einer Laufzeit von 18 Stunden liegt der Chromgehalt in der Restflotte bei 178 mg/1, während er beim Standard-Verfahren noch 620 mg/l beträgt. Nach 8 Stunden Laufzeit ist der Unterschied zwischen dem hochauszehrenden Verfahren I und dem Standardverfahren nicht so ausgeprägt. Auch hier hat es sich gezeigt, dass die Laufzeit einen entscheidenden Einfluss auf die Auszehrung hat. Bezogen auf mg Cr/kg Spaltgewicht gelangen mit dem hochauszehrenden Verfahren I nur ca. 37% der beim Standardverfahren anfallenden Chrommenge ins Abwasser.

Tabelle 7:

Die chemische und physikalische Lederuntersuchung hat ergeben, dass die nach Verfahren I und nach dem Standardverfahren gegerbten Leder durchaus vergleichbar waren. Egalität und Weichheit der Leder waren gleichermassen zufriedenstellend. Die Eindringtiefe der Färbung war bei beiden Verfahren identisch. Eine eindeutige Tendenz zu niedrigeren Rendementwerten bei dem hochauszehrenden Verfahren konnte bei den durchgeführten Versuchen nicht festgestellt werden. Die Chromverteilung war bei beiden Verfahren gleichmäßig, was bei den geringen Spaltstärken nicht anders zu erwarten war. Die Analysenwerte sind in Tabelle 8 zusammengestellt.

Tabelle 8:

Verfahren II mit Standard

Auch mit dem hochauszehrenden Verfahren II kann eine merkbare Verringerung der ins Abwasser gelangenden Chrommenge erreicht werden, ohne eine wesentliche Änderung der Ledereigenschaften in Kauf nehmen zu müssen. Nur ca. 70% der beim Standard-Verfahren anfallenden Chrommenge (bezogen auf mg Cr/kg SpG) gelangen hier ins Abwasser. Auch bei dieser Versuchsreihe hat sich wieder der starke Einfluss der Laufzeit auf die Auszehrung bestätigt. Während bei Laufzeiten von 8 Stunden der Chromgehalt in den Restflotten immer über 1 g Cr/l lag, konnten Auszehrungen unter 1 g Cr/l erreicht werden, wenn die Häute zusätzlich über Nacht im Gerbfass blieben (Tabelle 9):

Auch hier zeigte die physikalische und chemische Lederuntersuchung keinerlei gravierende Unterschiede zwischen den nach Standardbedingungen und nach Verfahren II gegerbten Ledern. Die Standardleder waren etwas weicher, was durch den höheren Fettgehalt dieser Leder zu erklären ist. Die Eindringtiefe der Färbung war in beiden Fällen gleich. Auch hier bestand keine Tendenz zu geringeren Rendementwerten bei dem hochauszehrenden Verfahren sowie einer Verschlechterung

der Chromverteilung. Die Analysenergebnisse sind in Tabelle 10 zusammengefasst.

Tabelle 9:

Tabelle 10:

Verfahren III mit Standard

Tabelle 11:

Tabelle 12:

Durch Mitverwendung von Alkalialuminiumsilikaten in der Gerbung gelangt weniger Chrom ins Abwasser. Auch hier zeigt sich wieder deutlich, wie durch längere Laufzeiten in der Gerbung die Auszehrung positiv beeinflusst wird, sowohl beim Standardverfahren als auch beim hochauszehrenden Verfahren (Tabelle 11). Besteht die Möglichkeit, die Häute über Nacht im Fass zu lassen, kann dadurch der Chromgehalt in den Restflotten stark verringert werden. Im Vergleich zum Standardverfahren gelangen nur 75% der Chrommenge ins Abwasser (bezogen auf mg Cr/kg SpG). Die physikalische und chemische Lederuntersuchung zeigte keine wesentlichen Unterschiede zwischen den nach Standardbedingungen und Verfahren III gegerbten Ledern. Beide Lederarten waren durchgefärbt. Gesicherte Rendementunterschiede traten nicht auf. Die Chromverteilung war in beiden Fällen gleichmäßig. Die Ergebnisse sind in Tabelle 12 dargestellt.

Einfluss der Temperatur

Es ist bekannt, dass die Gerbtemperatur einen Einfluss auf die Auszehrung hat. Um mit den hochauszehrenden Verfahren optimale Ergebnisse zu erhalten, werden Gerbtemperaturen von mindestens 35 °C - besser 40 °C - empfohlen. Vorausgegangene Untersuchungen an Oberledern haben gezeigt, dass eine Erhöhung der Gerbtemperatur um 5 °C eine bessere Chromauszehrung bewirkt, ohne die Lederqualität negativ zu beeinflussen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollten in dieser Versuchsreihe auf Möbelleder übertragen werden. Hierzu wurden Versuchsgerbungen an Gegenhälften bei 40 °C und 45 °C unter sonst gleichen Bedingungen durchgeführt.

Verfahren I

Besonders bei diesem Verfahren wirken sich 5 ° Temperaturdifferenz in der Gerbung auf die Auszehrung positiv aus. Nach 8 Stunden Gerbzeit lag der Chromgehalt bei 40 °C Endtemperatur noch bei 900 mg Cr/l, bei 45 °C nur bei 590 mg Cr/l. Eine Verlängerung der Laufzeiten über Nacht brachte auch hier wieder eine drastische Abnahme der Chromkonzentration in den Restflotten. Bei 40 °C Endtemperatur sank der Chromgehalt von 900 auf 155 mg Cr/l, bei 45 °C Endtemperatur verminderte sich der Chromgehalt von 590 auf 94 mg Cr/l. Allein eine Temperaturerhöhung um 5 ° konnte die Chromfracht, bezogen auf mg Cr/kg Spaltgewicht, um 32% vermindern. Die Analysenergebnisse sind in Tabelle 13 aufgeführt. Die chemische Lederuntersuchung ergab keine wesentlichen Unterschiede zwischen den erhaltenen Ledern. Die bei 45 °C ausgegerbten Leder waren etwas unegaler, die Lichtechtheit war um 1 Note schlechter. Die Eindringtiefe der Färbung war bei beiden Temperaturen gleich. Eine Tendenz zu niedrigeren Rendementwerten war auch bei 45 °C nicht festzustellen (Tabelle 14).

Tabelle 13:

Tabelle 14:

Verfahren II

Hier ist die Temperaturabhängigkeit nicht so stark gegeben. Bei 40 °C gelangen pro kg Spaltgewicht 444 mg Cr ins Abwasser, bei 45 °C immerhin noch 423 mg, was einer prozentualen Abnahme von ca. 5% entspricht (Tabelle 13). Die physikalische und chemische Lederuntersuchung brachte keine signifikanten Unterschiede, lediglich die Lichtechtheit war bei 45 °C Gerbtemperatur geringer und die bei 45 °C ausgegerbten Leder waren etwas unegaler. Die Eindringtiefe der Färbung war bei 40 °C und 45 °C Endtemperatur gleich. Flächenverluste traten bei 45 °C nicht auf (Tabelle 15).

Tabelle 15:

Verfahren III

Bei Verfahren III bewirkte die Temperaturerhöhung von 40 °C auf 45 °C wieder eine deutliche Verringerung der Chromfracht von 508 auf 374 mg Cr/kg Spaltgewicht, das entspricht einer Abnahme von ca. 26% (Tabelle 13).

Die physikalische und chemische Lederuntersuchung ergab, dass die bei höherer Temperatur ausgegerbten Leder durchaus mit den bei 40 °C ausgegerbten Ledern vergleichbar waren. Weichheit und Egalität fielen sogar bei den 45 „C-Ledern besser aus. Die Eindringtiefe der Färbung war bei beiden Temperaturen gleich. Auch hier wurden bei 45 °C keine Tendenz zu geringeren Flächenausbeuten beobachtet. (Tabelle 16)

Tabelle 16:

Einfluss des pH-Wertes

Bei der Herstellung von Oberledern mit hochauszehrenden Gerbverfahren4) hat sich gezeigt, dass der pH-Wert ebenfalls einen entscheidenden Einfluss auf die Auszehrung hat. Werden die von den Firmen angegebenen End-pH-Werte nicht eingehalten, gelangen erheblich mehr Chromionen ins Abwasser als bei Einhaltung der geforderten pH-Bedingungen.

In Tabelle 17 sind die Chromfrachten gegenübergestellt, die bei Durchführung der hochauszehrenden Verfahren I, II und III in Abhängigkeit vom End-pH der Gerbung ins Abwasser gelangen. Es wurden die bei verschiedenen Partien anfallenden Chromfrachten verglichen. Dabei zeigte sich, dass trotz exakten Arbeitens nach Rezeptur pH-Abweichungen am Ende der Gerbung auftreten können; maximal wurden 5 Zehntel pH-Abweichung gemessen.

Bei Verfahren I werden am Ende der Gerbung pH-Werte von ca. 3,8 angestrebt. Eine Anhebung des pH-Wertes um 4 Zehntel auf pH 4,2 bewirkt eine Verringerung der Chromfracht um ca. 28%. Die bei pH 4,2 erhaltenen Leder waren von der äußeren Beschaffenheit mit den bei pH 3,8 erhaltenen Ledern durchaus vergleichbar.

Bei Verfahren II wird der optimale pH-Bereich am Ende der Gerbung zwischen 4,0 und 4,2 angegeben. Innerhalb dieser pH- Wert-Grenzen schwankt die ins Abwasser gelangende Chromfracht nur wenig.

Bei Vorfahren III werden End-pH-Werte 4,2 - 4,3 empfohlen. Werden die angegebenen pH-Werte nicht eingehalten, gelangen wesentlich mehr Chromionen ins Abwasser. Liegt der End-pH anstatt bei pH 4,3 bei 3,8, gelangt ungefähr die doppelte Chromfracht ins Abwasser.

Tabelle 17:

Zusammenfassung

Aufgrund der erhaltenen Ergebnisse können bei der Herstellung von Möbelledern für die drei hochauszehrenden Gerbverfahren folgende Aussagen getroffen werden:

  • Die Untersuchungen haben gezeigt, dass im Hinblick auf die Chromauszehrung und damit auf die bessere Bindung an die Faser Gerbverfahren unter Mitverwendung von Dicarbonsäuren gegenüber der normalen Chromgerbung wesentliche Vorteile bringen. Dabei unterscheiden sich die Verfahren dadurch, dass die Zugabe der Dicarbonsäuren zu unterschiedlichen Zeiten stattfinden. Bei Verfahren i wurde die Zugabe mit der 2, Gerbstoffrate zugesetzt, während bei Verfahren II das Dicarbonsäuregemisch erst zugegeben wurde, nachdem die gesamte Gerbstoffmenge vorgelaufen war. Bei Verfahren III wurde das Dicarbonsäureprodukt mit dem Vorabstumpfmittel eingesetzt und zusätzlich erfolgte hier noch die Zugabe von Alkalialuminiumsilikat. Mit den genannten Verfahren konnte die ins Abwasser gelangende Chrommenge im Vergleich zur herkömmlichen Arbeitsweise verringert werden. Da das angewandte Standardverfahren in Bezug auf die Chromauszehrung optimiert wurde - kurze Flottenlänge, hohe Endtemperatur, lange Laufzeit und pH-Wert am Ende mindestens 3,8 - waren die Unterschiede zu den hochauszehrenden Verfahren nicht so stark ausgeprägt, wie dies sonst der Fall ist, aber trotzdem noch deutlich.
  • Bei einem Chromoxidangebot von 1% lag bei den hochauszehrenden Verfahren der Chromgehalt der Restflotten zwischen 180 mg und 550 mg/l. Diese Auszehrung kann aber nur erhalten werden wenn die vorgeschriebenen Parameter, d. h. die Temperatur, der pH-Wert, die Zeitdauer der Gerbung und eine entsprechende Flottenmenge eingehalten werden.
  • Diese Ergebnisse konnten auch an den nachfolgenden Flotten festgestellt werden. Beim Abwelken, Nachgerben, Färben und Fetten gelangte wesentlich weniger Chrom in die Restflotten, da eine stärkere Bindung an die Faser vorliegt.
  • Bei den hochauszehrenden Verfahren sollen und müssen Endtemperaturen von 38-40 °C erreicht werden da bei niedrigen Temperaturen wesentlich schlechtere Auszehrungen erhalten werden. Höhere Temperaturen bis 45 °C am Ende der Gerbung wirkten sich positiv auf die Auszehrung aus. Wichtig war hierbei die Feststellung, dass weder die Lederqualitat noch das Rendement verschlechtert wurden.
  • Die gleiche Tendenz wie die Temperatur zeigt auch der pH-Wert Um mit den hochauszehrenden Verfahren gute Ergebnisse zu erhalten, ist die Einhaltung von bestimmten pH-Werten unerlässlich Eine Erhöhung ergab eine Verbesserung der Auszehrung eine Erniedrigung einen Anstieg des Chromgehaltes in den Restflotten. Allerdings war der Einfluss des pH-Wertes bei Erhöhung nicht so ausgeprägt wie bei der Temperatur.
  • Bezüglich des Rendements konnten zwischen den Standardverfahren und den hochauszehrenden Verfahren keine gesicherten Unterschiede festgestellt werden, auch nicht, wenn eine Temperatur- und pH-Erhöhung erfolgte.
  • Die Schichtanalyse ergab in der Chromverteilung zwischen den Standardledern und den Ledern, die mit dem hochauszehrenden Gerbverfahren erhalten wurden, keine Unterschiede, was bei den geringen Lederstärken nicht anders zu erwarten war.
  • Die Qualität der mit den hochauszehrenden Gerbstoffen erhaltenen Leder war durchaus mit den Standardledern vergleichbar. Dies zeigte sich sowohl in der äußeren Beschaffenheit als auch im Griff und der Weichheit.
  • Bei den physikalischen Prüfungen waren meist nur unbedeutende und nicht gesicherte Unterschiede vorhanden, so dass keine Tendenzen abgeleitet werden können.
  • Die noch in den Restflotten befindlichen Chrommengen ließen sich noch ausfällen und rückgewinnen.

Die Untersuchungen haben somit gezeigt, dass mit den hochauszehrenden Gerbverfahren im Hinblick auf die Abwasserqualität eine wesentliche Verbesserung erreicht werden kann ohne eine Verschlechterung der Lederqualität zu erhalten.

Es ist uns ein Bedürfnis, dem Ministerium für Wirtschaft. Mittelstand und Technologie des Landes Baden-Württemberg herzlich für die finanzielle Unterstützung dieser Arbeit zu danken. Weiter danken wir Frau Andrea Bröselge und Herrn Rolf Uhlig für ihre verständnisvolle Mitarbeit. Den Firmen Bayer. BASF und Henkel danken wir für die Zurverfügungstellung der Produkte und für die Diskussion der Arbeit und Ergebnisse.

Literaturverzeichnis:

  1. K. Bäcker, H. Heinze, W. Luck und H. Spahrkäs, Das Leder 31 (1977). S. 57; W. Luck, Das Leder 30 (1979) S. 142; K. Bäcker. H. Heinze, W. Luck und H. Spahrkäs, Das Leder 31 (1980) S. 142; A. Mayer, JALCA 76 (1981) S. 35; W. Luck, H. Heinze. und H. Spahrkäs, Revue Technique des Industries du Cuir 74 (1982) S. 154;
  2. B. Magerkurth, Das Leder 28 (1977) S. 155; A. Zissel, Gerbereiwissenschaft und Praxis 30 (1978) S. 72;
  3. J. Plapper, Das Leder 30 (1979) S. 23: E. Arndt, Das Leder 31 (1980) S. 179; H. H. Friese und E. Ruscheinsky, Gerbereiwissenschaft und Praxis 34 (1982) S. 244; H. H. Friese. W. Prinz und E. Ruscheinsky, Das Leder 34 (1983) S, 89;
  4. G. Schmid und W. Pauckner, Gerbereiwissenschaft und Praxis 14 (1984) S.5


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