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Inhaltsverzeichnis

153 Beschreibung der Regeln der Technik bei der Behandlung von Abwasser aus der Lederindustrie im Rahmen des § 7a,Abs. 1, Wasserhaushaltsgesetz aus dem Jahre 1981

Dr. W. Pauckner

Aus der Abteilung Forschung und Entwicklung der Westdeutschen Gerberschule Reutlingen

In der vorliegenden Arbeit wird über systematische Untersuchungen berichtet, die sich mit den Verunreinigungen der Teilablaufe einer Oberlederproduktion befassen. dassei wurden die Ablaufe der Wasserwerkstatt, der Chromgerbung und der Nasszurichtung (Nachgerbung, Färbung und Fettung) auf für alle Industriebranchen geltende und zusätzlich die für Gerbereien spezifischen Verunreinigungsparameter hin untersucht und diese ermittelt. Anhand dieser Ergebnisse wurden in den zwei in der Bundesrepublik ansässigen Lederfabriken, die über eine eigene Abwasserreinigungsanlage verfügen und Direkteinleiter sind, die Reinigungsleistung der Anlagen und die zu erreichenden Ablaufwerte ermittelt. Die dassei erhaltenen Werte dienten als Grundlage für die Aufstellung der Mindestanforderungen für Gerbereiabwasser nach § 7 a, Abs. 1, Wasserhaushaltsgesetz (WHG) für das Einleiten in öffentliche Gewässer.

Description of the rules of the technique in the treatment of effluent from the leather industry within the limits of Articie 7 a, Part 1, Domestic Water Law.

The following report deals with systematic investigations connected with the contamination of effluent streams from an upper leather production. In this work the streams from the beamhouse, the chrome tannage and the dressing processes (retannage, dyeing and fatliquoring) were collected and analysed for their contaminating parameters, some specific to tanneries and others to all branches of industry. In line with these results the effluent treatment plants of two german tanneries, which have a direct discharge, were designed so that their treatment capacities were sufficient to meet the established values. The values thereby attained served as a basis for the drawing up of specific limits for tannery effluent for discharge into public sewers, according to the requirements of Article 7a, Part 1, Domestic Water Law.

Die Ablaufe der Wasserwerkstatt

Die Ablaufe der Wasserwerkstatt bestehen aus den Weich-flotten, der Äscherflotten, den Flotten der Entkalkung und Beize sowie den dazugehörenden Waschflotten. Dies ist auch aus der Abbildung 1 zu ersehen, die ein Arbeitsschema, das die Herstellung von Oberleder von der rohen Haut bis zum fertigen Leder hinsichtlich ihres Abwassers aufzeigt, darstellt. In allen Flotten sind nun Stoffe enthalten, die eine mehr oder weniger starke Belastung des Abwassers hinsichtlich der einzelnen allgemeinen und gerbereispezifischen Parameter hervorrufen.

Beschreibung der Ablaufe der Wasserwerkstatt

Das bei der Weiche der Rohhäute anfallende Wasser enthält im wesentlichen die Bestandteile, die zuvor an der Rohhaut vorhanden waren, z. B. Anteile von Blut, Dung und natürlich das Konservierungsmittel, das praktisch heute noch ausschließlich Natriumchlorid darstellt. Dazu kommen ein geringer Anteil an löslichen Hautproteinen und in noch geringerem Umfang an Weichhilfsmitteln.

Am stärksten wird das Abwasser der gesamten Lederherstellung durch die Arbeiten der Haarentfernung und des Hautaufschlusses, d. h. des Äschers, beeinflusst. Diese Brühen reagieren stark alkalisch, so da(3 der pH-Wert des gesamten Abwassers aus einer Lederproduktion, bei der von der Rohware aus gearbeitet wird, deutlich im alkalischen Bereich liegt. Daneben sind in den Äscherflotten in den meisten Fallen Sulfide sowie kolloidaler Haarschlamm durch das Auflösen der Haare enthalten. Die Hauptschlammteile, die ein Gerbereiwasser enthält, stammen daher aus diesem Prozess und bestehen hauptsächlich aus dem Haarschlamm und unlöslichen Calciumverbindungen.

Abbildung 1:

Die nachfolgenden Prozesse des Entkalkens und Beizens erbringen Ablaufe mit pH-Werten in den Bereichen zwischen 6 und 8. Sie sind nur relativ gering durch lösliche Calcium und Ammonsalze, sowie in geringem Umfange durch enzymatische Abbauprodukte von Eiweißstoffen belastet.

Bestimmung der allgemeinen Parameter (Grundparameter) der Ablaufe der Wasserwerkstatt

Temperatur

Die Temperatur der Wasserwerkstattflotten liegt aufgrund der vielen durchgeführten Temperaturmessungen innerhalb eines Bereiches von 28 bis 32° C. Höhere Temperaturen kommen bei der Herstellung von Oberleder in der Wasserwerkstatt nicht in Frage, zum Teil sind sie niedriger. Die Messung der Temperatur erfolgte vor dem Entleeren der Gefäße in der jeweiligen Flotte.

PH-Wert

Der pH-Wert bewegt sich bei den Flotten der Wasserwerkstatt zwischen einem pH-Wert von 7 und nahezu 14. dassei ist der fast neutrale pH-Wert bei der Weiche festzustellen, während der hohe pH-Wert von ca. 14 im Äschert vorliegt. Die Entkalkung- und Beizflotten zeigen einen pH-Wert, der um 8,5, also im Optimum der Enzymwirkung liegt. Diese Werte entsprechen den normalen Gegebenheiten einer Oberlederherstellung in der Wasserwerkstatt. Bestimmung des pH-Wertes erfolgte elektrometrisch.

Absetzbare Stoffe

Die Menge der absetzbaren Stoffe ist aus Abbildung 2 zu ersehen, und anhand der Kurven lässt sich unschwer erkennen, dass die Äscherflotte beträchtliche Mengen an absetzbaren Stoffen enthält, wobei diese Stoffe hauptsächlich aus Haarschlamm und unlöslichen Kalksalzen bestehen. Die Menge kann selbstverständlich deutlich variieren, da der unterschiedliche Haargehalt der einzelnen Haute dafür ausschlaggebend ist. Eine gewisse Menge an absetzbaren Stoffen ist auch in der Weichflotte enthalten. Diese Mengen rühren insbesondere von anhaftendem Dung her und werden um so hoher liegen, je starker der Dungbehang ist. Dies kann ebenfalls unschwer aus der Abbildung 2 festgestellt werden. In der Entkalkungs- und Beizflotte dagegen liegen keine nennenswerten Mengen an absetzbaren Stoffen vor.

Chlorid (CI-)

Wie aus Abbildung 3 zu ersehen ist, liegt der Chloridgehalt in den Weichbrühen am höchsten, wobei große Unterschiede vorhanden sind. Diese kommen dadurch zustande, da3 das anhaftende Kochsalz an der Oberfläche und auch das im Inneren der Haut befindliche Natriumchlorid deutlich von Rohware zu Rohware variiert. Der noch hohe Chloridgehalt in der Äscherflotten ist darauf zurückzuführen, dass durch die verhältnismäßig kurze Weiche nicht alles Natriumchlorid ausgewaschen wird und somit ein beträchtlicher Anteil in den Äscher gelangt. Der Chloridgehalt in der Entkalkungs- und Beizflotte entsteht durch die Anwendung von Ammonchlorid als Entkälkungsmittel.

Abbildung 2:

Abbildung 3:

Elektrische Leitfähigkeit

Parallel mit dem Chloridgehalt verlaufen auch die Kurven der elektrischen Leitfähigkeit, wie Abbildung 4 zeigt. Auch hier ist die höchste elektrische Leitfähigkeit bei den Wasserwerkstattflotten im Falle der Weiche gegeben, während sie in den Waschwassern nach dem Äscher deutlich absinkt und dann wieder in der Entkalkung leicht ansteigt.

Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB)

Der Chemische Sauerstoffbedarf liegt allgemein bei den Flotten der Wasserwerkstatt, mit Ausnahme des Äschers, verhältnismäßig niedrig, wie auch aus Abbildung 5 zu ersehen ist. Selbstverständlich kann durch hohen Dungbehang der Sauerstoffbedarf auch in der Weiche merklich ansteigen, wie dies der höchste Wert in der Abbildung 5 zeigt. Die beträchtlichen Unterschiede in den Werten der Äscherflotten ergeben sich dadurch, dass der Gehalt an abgebautem Keratin deutlich variiert, denn von Haut zu Haut ist der Haargehalt, d. h. die Menge an Haaren stark unterschiedlich. Der Chemische Sauerstoffbedarf der Entkalkungs- und Beizflotte ist ähnlich der Weiche gering und rührt hauptsächlich von Hautfasern und abgebautem Kollagen her.

Die Bestimmung des Chemischen Sauerstoffbedarfes erfolgte nach 2 Methoden und zwar nach der Methode Wagner und nach der sonst allgemein üblichen Bestimmungsmethode.

Abbildung 4:

Zwischen beiden Methoden bestehen gewisse Unterschiede, wobei die Methode nach Wagner grundsätzlich etwas höhere Werte ergibt.

Quecksilber (Hg) und Cadmium (Cd)

Die Bestimmung von Quecksilber und Cadmium mittels des Atom-Absorptions-Spektrofotometers (AAS) in den Rohabläufen der Wasserwerkstatt verlief vollkommen negativ. Das bedeutet, dal3 weder das Rohmaterial noch die eingesetzten Chemikalien diese beiden Metalle enthalten.

Fischgiftigkeit (Fg)

Die Fischgiftigkeit wurde in den Rohabläufen nicht geprüft, da z. B. im Fall der Äscherflotte der hohe Sulfidgehalt eine Vernichtung der Goldorfen herbeigeführt hatte. Die Fischgiftigkeit wurde erst im gereinigten Abwasser bestimmt.

Bestimmung der spezifischen Gerbereiparameter in den Ablaufen der Wasserwerkstatt

Sulfid (S2-)

Abbildung 5:

Ein Sulfidgehalt liegt im Falle der Wasserwerkstattablaufe nur in der Äscherflotte und in den nachfolgenden Waschwassern vor. dassei sind die Mengen in den Waschwassern gegenüber dem Gehalt an Sulfid in der Äscherflotte verhältnismäßig gering, wie Abbildung 6 zeigt. Auch hier ist zu erkennen, dass starke Schwankungen im Sulfidgehalt vorliegen. Dies ist wiederum darauf zurückzuführen, dass durch den unterschiedlichen Gehalt an Haaren der Sulfidverbrauch bei stärkerer Behaarung wesentlich höher liegt als bei nur geringem Haargehalt.

Die Bestimmung des Sulfidgehaltes erfolgte über eine Fällung und anschließende Titration.

Biochemischer Sauerstoffbedarf (BSBS)

Ähnlich wie der Chemische Sauerstoffbedarf nur mit geringeren Werten verlauft der Biochemische Sauerstoffbedarf. Dies lässt sich aus Abbildung 7 entnehmen. Aus dem Kurvenbild ist deutlich zu erkennen, dass hier ebenfalls im Äscher der höchste Biochemische Sauerstoffbedarf gegeben ist. Daneben tritt bei den Wasserwerkstattflotten vor allem noch in der Weiche durch den Gehalt an Dung und Blut sowie löslichen Albuminen und Globulinen und in der Entkalkung durch Abbau von Proteinen ein gewisser Sauerstoffverbrauch auf.

Die Bestimmung des Biochemischen Sauerstoffbedarfes (BSB5) erfolgte nach den Deutschen Einheitsverfahren (DEV).

Ammoniak (NH3)

Abbildung 6:

Die Bestimmung des Stickstoffes in Form von Ammoniak zeigt Abbildung 8. Hier ist bei den Wasserwerkstattflotten nur in der Entkalkung und Beize anorganischer und technischer Ammoniak gegeben. Dieser Gehalt kommt dadurch zustande, dass für die Umwandlung der unlöslichen Kalksalze Ammonsalze in Form von Ammonchlorid oder Ammonsulfat verwendet werden und außerdem die Beizenzyme Ammonsulfat enthalten. Hier konnte jedoch durch Einsatz nicht ammonhaltiger Salze oder Sauren, die jedoch wesentlich teurer sind und dassei eine finanzielle Belastung der Betriebe ergeben, der Ammoniak bzw. Stickstoffgehalt deutlich gesenkt werden.

Abbildung 7:

Abbildung 8:

Gleichzeitig lässt sich aus der Abbildung noch ersehen, dass auch ein gewisser Ammoniakgehalt im Äscher vorliegt. Dieser rührt jedoch nicht von „anorganischen„ Ausgangsprodukten her, sondern ist auf den Abbau von Eiweißsubstanzen zurück-zuführen. Daher wird auch ein Teil des gefundenen Ammoniaks in der Entkalkung und Beize ein nicht anorganischer Stickstoff sein. Die Bestimmung des Ammoniumstickstoffes erfolgte ebenfalls nach den Deutschen Einheitsverfahren.

Wasserverbrauch bei den Prozessen der Wasserwerkstatt

Der Wasserverbrauch pro t eingearbeiteter Rohware ist aus Abbildung 9, welche den Wasserverbrauch in den einzelnen Stadien der Lederherstellung zeigt, zu ersehen. dassei sind die 60 m3 an Abwasser für die gesamte Lederherstellung als oberste Grenze anzusehen. In den meisten Fallen liegt der Wasserverbrauch deutlich niedriger. Dies hangt teilweise von der Art der verwendeten Gefäße und der Anzahl der Waschvorgange ab. lm Falle der Wasserwerkstattarbeiten ist ein Verbrauch von ca. 20 m3 gegeben.

Die Ablaufe der Chromgerbung

Die Ablaufe der Chromgerbung bei der Herstellung von Oberleder bestehen aus der Pickelflotte, der Chromrestflotte, der Neutralisationsflotte, den Waschwässern. In diesen Flotten sind teilweise die gleichen Stoffe, teilweise jedoch andere Stoffe enthalten, die eine Verunreinigung der Ablaufe herbeiführen.

Beschreibung der Ablaufe der Chromgerbung

Diese Ablaufe sind dadurch gekennzeichnet, dass sie einen sehr hohen Neutralsalzgehalt, der hauptsächlich in Form von Natriumchlorid vorliegt, einen hohen Chromgehalt und einen niedrigen pH-Wert aufweisen. Die Art und die Menge der Ablaufe der Chromgerbung sind in den Abbildungen 1 und 9 dargestellt.

Bestimmung der Grundparameter der Ablaufe der Chromgerbung

Abbildung 9:

Temperatur

Die Temperatur der Ablaufe der Chromgerbung schwankt in Grenzen zwischen 25 und 40° C. Die niedrigste Temperatur ist im Pickel und zu Beginn der Chromgerbung gegeben. Am Ende der Chromgerbung und in der Neutralisation tritt eine Erhöhung ein, und es wird hier die angegebene Endtemperatur von 40° C erreicht.

PH-Wert

Der pH-Wert der Ablaufe der Chromgerbung bewegt sich überwiegend in den Grenzen zwischen pH 3 und pH 6. dassei liegt der niedrigste pH-Wert im Pickel bei etwa 3, er steigt dann zu Ende der Chromgerbung auf 3,8-4 an und befindet sich nach der Neutralisation bei einem pH-Wert zwischen 5 und 6. Insgesamt gesehen, sind daher die Ablaufe der Gerbung deutlich sauer. Die Bestimmung des pH-Wertes erfolgte wieder elektrometrisch.

Absetzbare Stoffe

Die Bestimmung der absetzbaren Stoffe zeigt Abbildung 10. Daraus ist zu ersehen, dass in der Chromgerbung und auch in der Neutralisation eine deutliche Zunahme der absetzbaren Stoffe erfolgt. Dies rührt davon her, dass sich während der Gerbung und auch in der Neutralisation Fasern von dem gegerbten Leder ablösen oder, wie im Falle der Neutralisation, noch Falzrückstände am Leder anhaften und damit in die Flotte gelangen. Diese unlöslichen Lederfasern vor allem bedingen diesen hohen Gehalt an absetzbaren Stoffen. Im Pickel selbst und in den Waschwassern ist der Gehalt an absetzbaren Stoffen dagegen verhältnismäßig gering. Die Bestimmung der absetzbaren Stoffe erfolgte wieder nach den Deutschen Einheitsverfahren.

Abbildung 10:

Chlorid (CI-)

Bei der Bestimmung des Chloridgehaltes konnte wieder fest-gestellt werden, wie die Abbildung 11 zeigt, dass nur in der Pickelflotte und in der Chromgerbung ein hoher Salzgehalt gegeben ist. Dies ist verständlich, da im Pickel eine mindestens 5%ige Natriumchloridlösung vorliegt, um eine Quellung der Blöße zu verhindern. Da in den meisten Fallen in dieser Pickelflotte gleichzeitig die Gerbung durchgeführt wird, bleibt dieser hohe Salzgehalt erhalten, und es zeigt sich somit auch in der Chromgerbflotte ein hoher Chloridgehalt. In der Neutralisation und in den Waschwässer ist dagegen der Salzgehalt im Vergleich zu diesen beiden oben genannten Flotten verhältnismäßig gering und fallt kaum ins Gewicht. Der hohe Chloridgehalt im Pickel entspricht in etwa dem Gehalt an Salz, wie er im Weichwasser vorhanden ist. Die Bestimmung des Chloridions erfolgte wieder maßanalytisch nach den Deutschen Einheitsverfahren.

Elektrische Leitfähigkeit

Abbildung 11:

Die elektrische Leitfähigkeit gibt ein ähnliches Bild wie der Chloridgehalt und lauft mit diesem parallel. Durch den hohen Salzgehalt im Pickel und in der Chromgerbung liegt auch dort eine hohe Leitfähigkeit vor, während sie in der Neutralisationsflotte und in den Waschwässer wieder verhältnismäßig gering ist. Dies ist auch deutlich aus der Abbildung 12 zu erkennen. Die Bestimmung der Leitfähigkeit erfolgte ebenfalls nach den Deutschen Einheitsverfahren.

Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB)

Abbildung 12:

Abbildung 13:

Der Chemische Sauerstoffbedarf ist, wie Abbildung 3 zeigt, gegenüber der Äscherflotte deutlich kleiner. Die trotzdem im Pickel, in der Chromgerbung und in der Neutralisation vor-liegenden Werte sind darauf zurückzuführen, dass in diesen Flotten Haut- und Lederfasern vorhanden sind. Wird hier eine weitgehende mechanische Entfernung durchgeführt, ist kaum ein Sauerstoffbedarf gegeben.

Die Bestimmung des Chemischen Sauerstoffbedarfes erfolgte wieder nach Wagner und der normalen Methode, wobei, wie schon bei den Wasserwerkstattflotten angeführt, die Methode nach Wagner grundsätzlich höhere Werte ergibt als die Parallelmethode.

Quecksilber und Cadmium

Die Bestimmung von Quecksilber und Cadmium ergab auch bei diesen Ablaufen wieder ein negatives Ergebnis, obwohl mit dem Atom-Absorptions-Spektrofotometer die Untersuchung durchgeführt wurde.

Bestimmung der spezifischen Gerbereiparameter der Ablaufe der Chromgerbung

Biochemischer Sauerstoffbedarf (BSBS)

Abbildung 14:

Die Bestimmung des Biochemischen Sauerstoffbedarfes ließ erkennen, wie auch aus Abbildung 14 zu ersehen ist, dass hier genau die gleichen Tendenzen vorliegen wie beim Chemischen Sauerstoffbedarf. Das bedeutet, dass im Pickel, in der Chromgerbung und in der Neutralisation eine gewisse Erhöhung der Werte erfolgt, die allerdings bei weitem nicht den in den Wasserwerkstattflotten entsprechen. Der Sauerstoff-bedarf rührt auch hier davon her, dass im Pickel Fasern der Blößen, in der Gerbung und Neutralisation Lederfasern vorliegen.

Der Biochemische Sauerstoffbedarf wurde wieder nach den Deutschen Einheitsverfahren durchgeführt.

Gesamtchrom (Cr3+)

Der Chromgehalt ist insbesondere in der Chromrestflotte beträchtlich. Hier liegt der Chromgehalt zwischen 3-4 g/l. Dies zeigt auch Abbildung 15. Im anschließenden Waschwasser und in der Neutralisationsflotte sind dagegen die Chromgehalte nur noch minimal und liegen zwischen 10 und 80 mg/l. Daher sollte vor allem versucht werden, den Chromgehalt der Chromrestflotte zurückzugewinnen.

Die Bestimmung des Chromgehaltes erfolgte mit dem Atom-Absorptions-Spektrofotometer.

Ammoniak (NH3)

Abbildung 16 lässt erkennen, dass im Pickel und in der Chromgerbung noch beträchtliche Mengen an Ammoniumionen vorhanden sind, während im Waschwasser und in der Neutralisationsflotte nur noch geringe Stickstoffbestandteile vorliegen. Im Falle der Pickel- und Chromgerbflotte durfte dieser Stickstoffgehalt davon herrühren, dass gewisse Anteile an Ammoniumsalzen in den Pickel und in die Chromgerbung mit hineingeschleppt werden und dann gleichzeitig Proteinabbauprodukte aus dem Pickel vorhanden sind, die auch in der Chromgerbflotte in Erscheinung treten.

Abbildung 15:

Wasserverbrauch bei den Prozessen der Chromgerbung

Der Wasserbedarf in den Stadien der Gerbung, also im Pickel, in der Chromgerbung, der Neutralisation und den Waschvorgängen, ist mit ca. 10-11 m3 anzunehmen, wie auch aus Abbildung 9 zu ersehen ist.

Die Ablaufe der Nasszurichtung (Nachgerbung, Färbung, Fettung)

Die Flotten der Nasszurichtung bestehen heute zum großen Teil aus einer einzigen Flotte, so dal3 Nachgerbstoffe, Farbstoffe und Fettungsmittel in einem Ablaut vorhanden sind. Allerdings wird sehr oft nach der Nachgerbung die Flotte gewechselt und ein Waschvorgang eingeschaltet und erst dann Färbung und Fettung im gemeinsamen Bad durchgeführt. Anschließend daran erfolgt ein weiterer Waschvorgang, der den Abschluss der Nasszurichtung darstellt.

Abbildung 16:

Die Beschreibung der Ablaufe der Nasszurichtung

Die Flotten der Nasszurichtung sind dadurch gekennzeichnet, dass sie hauptsächlich organische Verbindungen enthalten, die oxidativ leicht abbaubar sind und nach Art und Menge einen mehr oder weniger hohen Sauerstoffverbrauch ergeben. Außerdem weisen sie durch die Anwesenheit von Farbstoffresten eine gewisse Eigenfärbung auf. Daneben sind noch gewisse Mengen an Neutralsalzen in den Flotten enthalten, die teil-weise von dem Stellmittelgehalt der Farbstoffe und Nachgerbstoffe herrühren. Der pH-Wert der Flotten liegt im leicht sauren Gebiet.

Bestimmung der Grundparameter der Ablaufe der Nasszurichtung

Temperatur

Die Temperatur der Waschwasser und der Nasszurichtungsflotten liegt zwischen 20 und 60° C, wobei die Flotten der Färbung und Fettung meist 60° C, die Waschflotten insbesondere nach der Färbung 20-25° C aufweisen.

PH-Wert

Abbildung 17:

Der pH-Wert der Nachgerb-, Farbe- und Fettungsflotte bleibt in den Bereichen von 4,5-6 bestehen. Die Schwankungen bei diesem Herstellungsprozess hängen davon ab, welche Nachgerbung und Färbung vorgenommen wird und wie stark die Absäuerung am Ende des Prozesses stattfindet. Durch ein nachfolgendes Waschen kann der pH-Wert am Ende sogar auf 7 im Waschwasser, falls das Wasser einen pH-Wert um den Neutralbereich besitzt, ansteigen.

Absetzbare Stoffe

Der Gehalt an absetzbaren Stoffen ist in der Nasszurichtungsflotte im Gegensatz zu den Wasserwerkstatt- und Gerbabläufen verhältnismäßig gering, wie Abbildung 17 zeigt. Diese geringen Mengen an absetzbaren Stoffen sind vor allem darauf zurückzuführen, dass sich Lederfasern aus dem Leder heraus-lösen und in die Flotte gelangen. Die Bestimmung der absetzbaren Stoffe erfolgte in der gleichen Art2) wie schon bei den anderen Ablaufen angegeben.

Chlorid (Cl-)

Der Chloridgehalt in diesen Ablaufen schwankt beträchtlich und liegt zwischen 900 und 1 600 mg. Diese Schwankungen kommen dadurch zustande, dass die Nachgerbstoffe und die Farbstoffe Stellmittel unterschiedlicher Menge und Art enthalten und dadurch diesen Chloridgehalt bedingen. Er ist jedoch im Gegensatz zu den Weich- und Gerbflotten sehr klein und ergibt daher keine Schwierigkeiten (Abbildung 18). Die Bestimmung erfolgte wieder nach den Deutschen Einheitsverfahren.

Abbildung 18:

Elektrische Leitfähigkeit

Entsprechend dem Salzgehalt verlauft auch die elektrische Leitfähigkeit (Abbildung 19) diesem parallel. Allerdings ist sie ebenfalls verhältnismäßig gering, da der Salz- bzw. Chloridgehalt nicht sehr hoch liegt. Die Messung der Leitfähigkeit erfolgte wie üblich nach den Deutschen Einheitsverfahren.

Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB)

Der Chemische Sauerstoffbedarf variiert bei den Flotten Der Nasszurichtung sehr deutlich und schwankt daher in weiten Grenzen. Dies hängt besonders von der Art der Nachgerbung, den Einsatz an Farbstoffen und Fettungsmitteln ab. Auch hier ergibt die Methode nach Wagner durchweg wieder höhere Werte als die normale Methode. Der Chemischer Sauerstoffbedarf ist aus Abbildung 20 zu ersehen.

Cadmium und Quecksilber

Die Untersuchungen mittels des Atom-Absorptions-Spektrofotometers auf Cadmium und Quecksilber waren auch im Falle der Nasszurichtung negativ.

Abbildung 19:

Bestimmung der spezifischen Gerbereiparameter der Ablaufe der Nasszurichtung

Biochemischer Sauerstoffbedarf (BSBS)

Der Biochemische Sauerstoffbedarf ist ebenfalls durch die Art der Nachgerbstoffe, der Farbstoffe und Fettungsmittel bestimmt und schwankt daher in weiten Grenzen. Dies lässt sich auch aus Abbildung 20 erkennen. - Die Bestimmung er-folgte wieder nach den Deutschen Einheitsverfahren.

Gesamtchrom (Cr3+)

In den Nasszurichtungsflotten ist nur ein geringer Gehalt an Chrom festzustellen, wie auch Abbildung 22 zeigt. Diese geringe Menge an Chrom ist dadurch gegeben, dass das Chrom entweder durch den Nachgerbstoff oder durch den Farbstoff aus seiner Bindung an der Faser verdrängt wird und dann in die Flotten gelangt. Einen großen Einfluss auf diese Verdrängung des Chroms hat dassei die Art der Nachgerbstoffe und Farbstoffe, und daher liegt auch eine gewisse Schwankung in den Werten vor.

Abbildung 20:

Ammoniak (NH3)

Je nach Art der synthetischen Nachgerbstoffe werden in den Flotten der Nasszurichtung Ammoniumionen festgestellt Dies last sich aus Abbildung 21 deutlich erkennen. Der Grund hier für dürfte der sein, dass viele synthetische Gerbstoffe organische Ammoniumverbindungen vorliegen, oder auch stickstoffhaltige Gruppen enthalten, die dann einen Gehalt an Stickstoff aufzeigen. Die Bestimmung des Ammoniumstickstoffes erfolgte wieder nach den Deutschen Enheitsverfahren.

Wasserverbrauch bei den Prozessen der Nasszurichtung

Der Wasserverbrauch pro t Rohware bei der Nasszurichtung, d. h. bei den Arbeiten der Nachgerbung, Färbung und Fettung ist wieder aus Abbildung 9 zu ersehen. Die hier angeführte Menge von 7 5 m3 kann natürlich schwanken, wobei insbesondere kleinere Mengen gegeben sein können. Dies hängt davon ab in welchen Gefäßen gearbeitet wird und w,e oft em Waschvorgang erfolgt.

Diskussion der Ergebnisse und Folgerungen aus den Ergebnissen

Abbildung 21:

Wie aus den Untersuchungen der einzelnen Teilablaufe der Lederherstellung und aus den Abbildungen festgestellt werden kann, sind in den Flotten Produkte enthalten, die eine große Menge an absetzbaren Stoffen und einen hohen Biochemischen Sauerstoffbedarf ergeben. Daneben sind Schwermetallionen in Form von Chrom (Cr3+) und außerdem Sulfidionen (S2-) enthalten. Erstere bringen den Gehalt an Schwer-metallen in Schlamm, so dal3 nach den heutigen Gesichtspunkten seine landwirtschaftliche Nutzung in Frage gestellt ist, und bei letzterem besteht die Gefahr, dass bei Senkung des pH-Wertes unter 10, was im Fall der Einleitung in Kläranlagen Oder öffentliche Gewässer verlangt wird, sich Schwefelwasserstoff bildet, der sehr intensiv und unangenehm riecht. Aus den Ergebnissen lässt sich weiter erkennen, dass insbesondere 2 Arbeitsprozesse eine entscheidende Rolle bei der Verunreinigung spielen, und zwar die Arbeiten der Wasserwerkstatt und hier insbesondere der Prozess des Äschers sowie die Chromgerbung. Den Prozessen der Weiche, der Entkalkung und Beize und der Nasszurichtung (Nachgerbung, Färbung und Fettung) kommt dagegen in der Verschmutzung keine so entscheidende Bedeutung zu. Daraus kann geschlössen werden, dass durch Vorbehandlung der Teilablaufe dieser beiden erwähnten Prozesse der größte Teil der Belastung aus dem Gerbereiabwasser entfernt und der Reinheitsgrad verbessert werden kann.

Abbildung 22:

Bei dem Ablauf des Äschers haben wir es insbesondere mit 2 Substanzen zu tun, die die Verunreinigungen bedingen, und zwar die Sulfide und die Proteine. Letztere entstehen durch die Zerstörung der Haare und einen gewissen Abbau der Haut, während die Sulfide als Natriumsalz dem Äscher zugeführt werden. Beide Substanzen lassen den CSB sehr stark ansteigen, wie aus den Kurven der Abbildung 5 ersehen werden kann, da sie große Sauerstoffverzehrer darstellen. Weiter-hin wird durch die Proteine in Form von Haarschlamm auch der Gehalt an absetzbaren Stoffen (Abbildung 2) wesentlich beeinflusst. Im Fall des Sulfidschwefels kann, wie schon erwähnt wurde, die Bildung von Schwefelwasserstoffgas bei Unterschreiten eines pH-Wertes von 10 erfolgen, wobei es zu Geruchsbelästigungen kommen kann.

Die Entfernung von Sulfiden aus dem Abwasser stellt heute kein Problem mehr dar, sie kann grundsätzlich nach mehreren Methoden erfolgen. Die schon langer bekannten Verfahren sind einmal die Fällung mit Eisensulfat und das sog. Rauchgasverfahren. Bei der Fällung mit Eisensulfat kann sämtliches Sulfid aus dem Abwasser entfernt werden. Ein Nachteil dabei ist die große Schlammbildung, die durch die Fällung entsteht, denn das gebildete Eisensulfid wird durch Oxidation in 3-wertiges Eisen umgewandelt und als Hydroxid ausgefällt, wobei gleichzeitig das Sulfid ebenfalls zu verschiedenen Oxidationsstufen weiter oxidiert wird. Im Falle des Rauchgasverfahrens wird das Abwasser mit kohlendioxid- und schwefeldioxidhaltigen Abgasen behandelt. dassei erfolgt eine Erniedrigung des pH-Wertes und gleichzeitig eine Oxidation des Sulfidschwefels. Im Falle der Rauchgasbehandlung ist es meist jedoch so, dass nicht genügend Schwefeldioxid im Abgas vorhanden ist, so dass noch 20-30 mg/l Sulfidschwefel im Abwasser bleibt. In diesem Fall muss dann das Rauchgasverfahren entweder mit einem anderen Verfahren kombiniert oder durch Zuführung von Schwefeldioxid der Gehalt an diesem Abgas erhöht werden.

Abbildung 23:

Ein anderes Verfahren, den Sulfidschwefel zu entfernen, bildet die Behandlung des Abwassers mit Luft unter Zusatz von Mangan-ll-Salzen als Katalysator. dassei wird das Sulfid ebenfalls in die verschiedenen Oxidationsstufen umgewandelt und somit unschädlich gemacht. Dieses Verfahren hat sich sehr bewahrt und durfte heute die beste Methode darstellen. Es besteht auch noch die Möglichkeit, mit Natriumbisulfit das Sulfid zu entfernen. Allerdings muss hier vor allem darauf geachtet werden, dass kein Schwefeldioxid entsteht, das ebenfalls physiologisch wirksam ist.

Der zweite und der wesentlich größere Schmutzfaktor sind die im Äscher enthaltenen Proteine, die bei der Haarzerstörung und beim Hautaufschluss in das Abwasser gelangen. Diese Proteine bleiben bei einigen der angeführten Methoden der Sulfidentfernung jedoch zurück. Sie werden zwar bei Vereinigung mit den sauren Gerb- und Nasszurichtungsflotten oder bei der Behandlung mit Eisensulfat durch Senkung des pH-Wertes auf 6,5-9 zu einem gewissen Teil ausgefällt, der restliche Anteil, der im Abwasser verbleibt, ist jedoch so groß, dass noch eine erhebliche Belastung des Abwassers gegeben ist.

Aus diesem Grund muss eine weitere Behandlung erfolgen, und zwar durch Ansauern auf einen pH-Wert von 4-5 mit eventuell vorheriger Zugabe z. B. von Natriumbicarbonat, um die Flotation zu verbessern. Auf diese Art und Weise lässt sich nach Absitzenlassen, Dekantieren und Filtrieren eine 80-85%ige Entfernung erreichen. Der dassei erhaltene Schlamm, der zu 65% aus Eiweißsubstanz besteht und an Salzen Calciumsulfat enthält, kann ohne weiteres als biologisches Düngemittel eingesetzt und verwendet werden.

Die zweite große Belastung des Abwassers in den Lederfabriken ist durch die Gerbung und zwar vor allem durch die Chromgerbung gegeben. Hier ist es das Chrom, wie auch aus der Abbildung 15 zu ersehen ist, das Schwierigkeiten bereitet, denn es gehört zu den Schwermetallsalzen, die im Abwasser nicht vorhanden sein dürfen, obwohl Chrom zu den Spurenelementen zahlt, die überall in der Natur vorkommen, und darüber hinaus den essentiellen Elementen zugeordnet wird, die für das Wohlbefinden der Tiere und Menschen erforderlich sind.

Bei einer normalen Chromgerbung, wie sie in unserem Fall gegeben ist, erhält man eine Auszehrung, die bei ca. 65% liegt, d. h., dass mindestens ein Chromgehalt von 110-120 mg/l vorliegt. Dies ist nach den heute üblichen Grenzwerten jedoch wesentlich zu hoch. Durch Variation der Arbeitsweise lässt sich eine etwas bessere Auszehrung erreichen, trotzdem ist der dann im Abwasser vorliegende Wert noch wesentlich hoher als der geforderte. Daher muss und sollte eine Wiederverwendung der Chrombrühen oder eine Ausfällung derselben durchgeführt werden.

Da die Wiederverwendung eine bestimmte Flottenlänge voraussetzt, ist es oft sehr schwer möglich, dieses Verfahren einzusetzen, daher ist die Ausfällung die gangbarste Methode und kann ohne Schwierigkeiten durchgeführt werden. Hier werden die Chromrestflotten auf einen pH-Wert von 9-9,5 eingestellt, und bei diesem pH-Wert fällt das gelöste Chrom in Form von Hydroxid aus. Der Schlamm kann nun durch Abdekantieren, durch Zentrifugieren oder durch Filter- pressen weitgehend von Flüssigkeit befreit und nach Auflösen wiederverwendet, oder auf Deponien gebracht werden, was jedoch wirtschaftlich nicht vertretbar ist.

Es stellt sich selbstverständlich die Frage, ob es unbedingt notwendig ist, das Chrom vollkommen aus dem Abwasser zu entfernen und ob und wo das Chrom Schaden anrichten kann. Dies wäre einmal in der biologischen Reinigung nach dem Belebtschlammverfahren bzw. der nachfolgenden Schlammfaulung des gesamten Schlammes und außerdem beim Einsatz des anfallenden Schlammes zu Düngezwecken in der Landwirtschaft.

Untersuchungen haben dassei jedoch zeigen können, dass das Chrom weder die Biologie noch das Faulschlammverfahren in den Konzentrationen negativ beeinflussen kann, in denen es im Abwasser vorhanden ist. Bezüglich der Verwertung von Chromschlamm zu Düngezwecken haben Untersuchungen an landwirtschaftlichen Hochschulen ebenfalls gezeigt, dass bis zu 1 200 mg Chrom/kg Boden gegeben werden können, ohne dass nachteilige Einflüsse auf Pflanzen und Ertrage auftreten. Diese Zahlen beweisen damit, dass eine Schädigung in der Landwirtschaft nicht eintritt, auch wenn chromhaltige Schlämme eingesetzt werden. Daher scheint diese starke Begrenzung von Chrom im Abwasser nicht berechtigt zu sein. dassei sollte vor allem auch beachtet werden, dass hier zwischen dem verfügbaren und dem Gesamtchrom unterschieden werden muss. In chromhaltigen Schlämmen ist die Löslichkeit des Chroms je nach Alterung verhältnismäßig gering, was ebenfalls systematische Untersuchungen bewiesen haben.

Im Gegensatz zu diesen beiden beschriebenen Teilabwässern sind die Flotten der Weiche, Entkalkung und Beize sowie auch der Nasszurichtung verhältnismäßig wenig belastet und können ohne weiteres einer Reinigung zugeführt werden. Vielleicht bildet eine Ausnahme das Wasser der Weiche, in dem übermäßig hohe Anteile an Natriumchlorid enthalten sind, jedoch lässt sich dieses nicht ohne weiteres aus dem Abwasser entfernen.

Reinigung von Gerbereiabwasser in einer mechanisch, chemisch und biologisch arbeitenden bzw. nur mechanisch und biologisch arbeitenden Abwasserreinigungsanlage

Bei den beiden in der Bundesrepublik ansässigen Lederfabriken, die mit einer eigenen Kläranlage ausgestattet sind, wurden über ein halbes Jahr lang Untersuchungen durchgeführt, um festzustellen, weiche Wirksamkeit Kläranlagen, die nach dem heutigen Stand der Technik ausgestattet sind, im Hinblick auf Mindestanforderungen bei der Reinigung von Gerbereiabläufen zeigen. Aufgrund dieser Untersuchungen sollten dann für die Ablaufe der Lederherstellung, falls sie direkt in öffentliche Gewässer gelangen, Mindestanforderungen erarbeitet und vorgeschlagen werden.

Die in den beiden Lederfabriken zur Klärung gelangenden Ablaufe sind nicht ausschließlich Gerbereiabläufe, sondern sind Mischabläufe, die in einem Fall Wasser anderer Industriebereiche enthalten, im zweiten Fall Mischabläufe aus Gerberei und Pelzherstellung darstellen.Allerdings sind die Ablaufe der Lederfabrikation stets der dominierende Anteil im Mischabwasser und somit kann ohne weiteres auf die Wirksamkeit der Reinigung im Hinblick auf Gerbereiabläufe in diesen Kläranlagen geschlossen werden.

In den Tabellen 1 und 2 sind 7 Monatswerte der chemischen und physikalischen Untersuchungen zusammengefasst. Daraus ist zu ersehen, dass der pH-Wert im fast neutralen bis schwach-alkalischen Bereich liegt und somit einem häuslichen Abwasser entspricht.

Tabelle 1:

Tabelle 2:

Auch die Temperatur mit ca. 20° C liegt im normalen Bereich. Was den Gehalt an absetzbaren Stoffen betrifft, so differieren die Werte der beiden Kläranlagen bei diesen geringen Mengen beträchtlich, doch nehmen wir an, dass diese Unterschiede auch zum Teil darauf zurückzuführen sind, dass man bei der Abmessung im Imhoff-Trichter im unteren Konus solche Differenzen ohne weiteres erhalten kann, da eine genaue Ablesung nicht möglich ist. Wir halten daher die Messmethode für die Bestimmung der absetzbaren Stoffe als nicht geeignet, denn es treten hier auch bei der gleichen Untersuchungsperson zu viele Messungenauigkeiten auf. Dies gilt insbesondere dann, wenn voluminöse absetzbare Stoffe vorliegen. Der unterschiedliche Chloridgehalt der gereinigten Wasser in den beiden Kläranlagen lässt sich dadurch erklären, dass bei der einen Lederfabrik ein Mischabwasser aus Gerberei und Pelzveredlung gegeben ist und dadurch ein um fast das 4-fache höherer Wert erhalten wird. in der Pelzveredlung wird bei der Herstellung wesentlich mehr Natriumchlorid den Flotten zugesetzt als in der Gerberei und anderen Industrien, daher ist der höhere Chloridgehalt verständlich.

Parallel mit dem Chloridgehalt ist auch die Leitfähigkeit zu sehen. Auch hier liegt diese bei der Klärung des Mischabwassers aus Gerberei und Pelzveredlung wesentlich hoher, aber trotzdem noch in einem tolerierbaren Bereich. Ein Sulfidgehalt ist in beiden geklärten Abwässern nicht mehr festzustellen. Das ist einzusehen, da ja durch die Ausfällung bzw. Oxidation das Sulfid vollständig aus dem Wasser verschwunden ist. Der chemische Sauerstoffbedarf und der biochemische Sauerstoff-bedarf liegen bei der schon über Jahre laufenden Kläranlage deutlich besser, doch durfte dies auch für die neue Anlage in Zukunft zu erwarten sein. Trotzdem liegen die Werte der letzteren schon äußerst günstig. Im Falle des Gesamtchroms sind in den gereinigten Wassern nur noch Spuren vorhanden, so dass dadurch keine Belastung der öffentlichen Gewässer mehr gegeben ist. Chrom-IV konnte in keinem Fall nachgewiesen werden, das gilt auch für Cadmium und Quecksilber.

Die Prüfung der Fischgiftigkeit in den geklärten Gewässern hat ergeben, dass im Mittel eine Giftigkeit von 2 vorliegt, wo-bei im Falle des Mischwassers aus Lederfabrikation und Pelzzurichtung auch Werte von 3 erhalten, jedoch nicht überschritten wurden. Hier durfte ein gewisser Einfluss durch den höheren Chloridgehalt dieses Mischabwassers gegeben sein. Damit haben die Untersuchungen gezeigt, dass Gerbereiabwasser allein und mit anderen Abwässern gemischt, ohne spezifische Schwierigkeiten - gegebenenfalls nach Vorbehandlung - vollbiologisch gereinigt werden kann, wobei das Belebtschlammverfahren sich als äußerst günstig erweist.

Mindestanforderung für geklärtes Wasser aus der Lederherstellung bei der Verarbeitung von Rindhäuten zu Chromoberleder

Aufgrund der erhaltenen Ergebnisse aus den Untersuchungen der geklärten Abwasser durfte die von der Abwassergruppe 29 (Lederherstellung) vorgeschlagene Mindestanforderung nach § 7 a, Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz bei Gerbereiabwasser erreichbar sein. Das bedeutet, dass folgende Daten und Parameter für Gerbereiabwasser, die in den Vorfluter gehen, gelten können:

24-Stunden-Mischprobe

PH-Wert 6,5-8,5

Temperatur bis 30° G

Absetzbare Stoffe 0,3 ml/l

Sulfid 1mg/l

Chrom-lll 1 mg/l

Chrom-VI 0,05 mg/l

CSB 200 mg O2/l

BSB5 20 mg O2/l

2-Stunden-Mischprobe

PH-Wert 6,5-8,5

Temperatur bis 30° C

Absetzbare Stoffe 0,3 ml/l

Sulfid 1 mg/l

Chrom-lll 2 mg/l

Chrom-VI 0,05 mg/l

CSB 250 mg O2/l

BSBS 25 mg O2/l

Frachtwerte

Die nachstehend angegebenen Frachtwerte beziehen sich auf 1 t Rohware und auf einen Wasserverbrauch von 60 m3. Sie stellen keine eindeutige Funktion dar und sind aus den Zah-len des Reutlinger Modells extrapoliert.

Absetzbare Stoffe 30 l/t

CSB 12 kg/t

BSB5 1,2 kg/t

Zusammenfassung

Die systematischen Untersuchungen über die Teilablaufe und das geklärte Abwasser aus Gerbereien haben folgende Ergebnisse erbracht:

  • Bei der Herstellung von Rindoberleder bedingen 2 Teilprozesse die Hauptverunreinigung der Gerbereiabläufe und zwar der Äscher und die Chromgerbung. Dabei sind in einem Fall gelöste Proteine durch die Haarentfernung und den Hautaufschluss sowie das Sulfid, im anderen Fall nicht-gebundene Chrom-lll-Salze die Verursacher.
  • Die Flotten der Weiche, Entkalkung und Beize sowie der Nasszurichtung bringen im Gegensatz dazu nur eine geringe Schmutz-Fracht mit sich.
  • Toxische Schwermetallionen, wie Cadmium und Quecksilber, sind im Gerbereiabwasser nicht enthalten.
  • Gerbereiabwasser allein und mit anderen Abwässern gemischt kann ohne spezifische Schwierigkeit - gegebenen-falls nach Vorbehandlung - vollbiologisch gereinigt werden. Dabei durfte das Belebtschlammverfahren am besten geeignet sein.
  • Der bei der Klärung erhaltene Schlamm kann ohne Vorbehandlung Chromhydroxid enthalten, das den zugelassenen Wert übersteigt. Es muss jedoch hier zwischen Gesamt-chrom und löslichem Chrom unterschieden werden, da sich gezeigt hat, das sowohl bei der biologischen Klärung, wie auch beim Faulprozess keine Schwierigkeiten durch das Chrom gegeben sind.
  • Einer landwirtschaftlichen Nutzung des Schlammes steht nichts im Wege, wenn der pH-Wert des Chromschlammes nahe dem Neutralpunkt liegt und der Chromschlamm in basischen Boden verarbeitet wird. Auch hier sollte wieder der Unterschied zwischen Gesamtchrom und löslichem Chrom gemacht werden, da insbesondere bei der Alterung die Löslichkeit von Chrom zurückgeht.
  • Es sollte trotzdem versucht werden, das Chrom bzw. den Hauptteil des Chroms durch eine Vorbehandlung aus dem Gerbereiabwasser zu entfernen.

Wir danken dem Bundesministerium des Innern für die uns über das Umweltbundesamt zur Verfügung gestellte finanzielle Unterstützung dieses Forschungsvorhabens. Ferner danken wir allen Mitgliedern der Arbeitsgruppe 29, insbesondere dem Obmann, Herrn Regierungsbaudirektor Dipl.-lng. Zimpel, Stuttgart, für viele Anregungen und tatkräftige Mitarbeit. Weiterhin danken wir Herrn Ernst Rein, Herrn Wolfgang Hertz und Frau Eva Scheufele für die Durchführung der analytischen Untersuchungen.

Literaturverzeichnis

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