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138 über den Einfluss der Lagerdauer von Leder nach den einzelnen Fabrikationsstadien auf die Qualität des Fertigproduktes

138 über den Einfluss der Lagerdauer von Leder nach den einzelnen Fabrikationsstadien auf die Qualität des Fertigproduktes

SONDERDRUCK aus LEDER- UND HÄUTEMARKT „Gerbereiwissenschaft und Praxis„ Dezember 1977 und Januar 1978

Von H. Herfeld und K. Schmidt

Aus der Abteilung Forschung und Entwicklung der Westdeutschen Gerberschule Reutlingen

Den durchgeführten Untersuchungen war die Aufgabe gestellt zu klären, wie sich die Lagerzeiten zwischen den einzelnen Produktionsstadien bei der Lederherstellung auf die Eigenschaften des Fertigleders auswirken. Dabei waren im Hinblick auf Bestrebungen der Rationalisierung Verkürzungen bisher üblicher Lagerzeiten von Interesse, unter verkaufsmäßigen Aspekten (Arbeiten auf Zwischenlager) oder in Fällen, in denen Gerbung und Zurichtung in verschiedenen Ländern durchgeführt werden, aber auch Verlängerungen der Lagerzeiten zu berücksichtigen. Im Rahmen der Untersuchungen wurde der Einfluss unterschiedlicher Lagerzeiten für 5 Stadien eingehend geprüft.


The influence of storage time at individual process stages during manufacture on the quality of the finished leather. The purpose of the investigations was to establish how the storage period at individual production stages during leather manufacture influenced the properties of the finished leather. In the light of efforts in rationalisation, any possible reduction of conventional storage periods was of interest from the commercial aspect, (e. g. working from intermediary warehouses). In those cases, in which the tanning and finishing is carried out in different countries, the effect of extended storage periods during transit must be considered. In the course of these investigations the influence of different storage periods at five process stages was thoroughly examined.


Im Rahmen der Bestrebungen zur Rationalisierung der Herstellungsprozesse bei der Lederherstellung spielt insbesondere bei modischen Lederarten mit kurzfristig wechselnden Modetendenzen die Frage der Verkürzung der Produktionszeit eine wichtige Rolle. Dabei werden verständlicherweise insbesondere die Zwischenzeiten zwischen den einzelnen Produktionsstadien immer mehr abgekürzt. Dagegen werden aber in vielen Fachdiskussionen immer wieder Bedenken angemeldet mit dem Hinweis, dass die Lagerzeiten zwischen den einzelnen Produktionsstadien nicht als unnütze „Totzeiten“ zu gelten hätten, sondern sich während dieser Lagerung sekundäre Änderungen abspielen würden, die für die Qualität des Fertigproduktes von großer Bedeutung sein können. Dabei dürfte es sich teilweise um chemische Umwandlungen handeln, z. B. um zusätzliche Bindungen an die Hautsubstanz oder eine zusätzliche Verolung der Chromsalze nach der Chromgerbung, teilweise aber auch nur um physikalische Änderungen der schichtmäßigen Verteilung oder um Aushärtungsvorgänge. Aber es ist bisher nicht exakt bekannt, in welchem Umfange solche Umwandlungen stattfinden und wie sie sich auf die Qualität des Fertigproduktes auswirken. Dazu kommt als weiteres Problem, dass in immer stärkerem Maße aus den Entwicklungsländern statt Rohhäuten Häute und Felle eingeführt werden, die schon im Ursprungsland eine Teilbehandlung meist bis zum Abschluss der eigentlichen Gerbung erfahren haben. Diese Entwicklung ist nicht zu begrüßen, weil dadurch Gerbung und Zurichtung nicht mehr in sachgemäßer Weise aufeinander abgestimmt werden können, aber

sie wird bei der internationalen Gesamtentwicklung nicht aufzuhalten sein. Auch hier erhebt sich die Frage, wie sich die mehr oder weniger lange Lagerung von der Beendigung des ersten Fabrikationsteils im Ursprungsland bis zur Weiterverarbeitung in Europa auf die Qualität des Leders auswirkt bzw. ob während dieser Transport- und Lagerzeiten Veränderungen eintreten, die erforderlich machen, die nachfolgenden Arbeitsgänge entsprechend abzuwandeln. Auch hierüber liegen bisher keine Untersuchungen vor und die Auffassung der Praxis darüber, welche Konsequenzen aus dieser Arbeitsteilung im Hinblick auf den Erhalt einer optimalen Lederqualität gezogen werden müssen, sind geteilt.

Schließlich wäre noch zu erwähnen, dass sich insbesondere bei modischen Ledern zwangsläufig immer mehr eingeführt hat, vor der Endzurichtung auf ein Zwischenlager zu arbeiten, um von dort bei Vorliegen der Farbwünsche des Verarbeiters die Auslieferung möglichst rasch vornehmen zu können. Auch hier ist nie geklärt worden, ob die Zwischenlagerung in diesem Stadium einen Einfluss auf den Ablauf der weiteren Zurichtung und auf die Eigenschaften des Fertigproduktes hat. Damit ist das gestellte Problem umrissen. In den durchgeführten Untersuchungen sollte geklärt werden, wie sich Veränderungen der Lagerzeiten zwischen den einzelnen Produktionsstadien bei der Lederherstellung auf die Eigenschaften des Fertigproduktes auswirken, wobei die Art der Auswirkungen festzustellen ist und die Zeitdauer, innerhalb derer diese Umwandlungen zu einem Abschluss kommen.

Systematische Untersuchungen sind zu dieser Frage bisher nicht durchgeführt worden, aber es finden sich in der Literatur manche Ansätze, von denen wir bei unseren Untersuchungen ausgehen konnten. So ist bekannt, dass die Bindung pflanzlicher und synthetischer Gerbstoffe an die Hautsubstanz während der Lagerung des Leders verstärkt wird, wobei der Grad dieser Zunahme von der Art der Gerbstoffe und der Durchführung des Gerbprozesses selbst beeinflusst wird 1). Für chromgegerbte Leder wissen wir, dass die durch das Abstumpfen eingeleitete Verolung mit der Gerbung nicht abgeschlossen ist, sondern während der Lagerung zunächst weitergeht 2). Dabei findet gleichzeitig eine Hydrolyse statt, und es spaltet sich Säure ab. Dass die Lagerung von Chromleder bei zu hohem Säuregehalt zu mehr oder weniger ausgeprägten Schädigungen des Lederfasergefüges führen kann, haben Herfeld, Steinlein und Königfeld 3) eindeutig zeigen können. Vom Praktiker wird zudem häufig behauptet, Chromleder würden bei längerer Lagerung in diesem Stadium weicher, doch wurde diese Behauptung nie durch systematische Untersuchungen untermauert.

Weiter ist anzunehmen, dass auch eine Lagerung nach Beendigung der Nasszurichtung sekundäre Veränderungen verursacht, indem die Bindung der Färb- und Fettstoffe an die Ledersubstanz gefestigt wird und dadurch die Echtheitseigenschaften gesteigert würden 4). Darüber hinaus ist auch möglich, dass die schichtmäßige Verteilung der Fettstoffe im Leder durch eine Lagerung in diesem Stadium verändert wird. Herfeld und Pauckner 5) haben bei ihren Untersuchungen über das Trocknen von Leder solche Verschiebungen der schichtmäßigen Verteilung der Fettstoffe festgestellt. Natürlich findet die Ledertrocknung bei höheren Temperaturen statt, aber es erscheint durchaus möglich, dass sich auch bei Lagerungen bei Raumtemperaturen im Grundsatz ähnliche Vorgänge abspielen.

Nach den in den vorstehenden Abschnitten gemachten Angaben war den durchgeführten Untersuchungen die Aufgabe gestellt, für die verschiedenen in Frage kommenden Stadien entsprechende Leder herzustellen, einer mehr oder weniger langen Lagerung zu unterziehen und festzustellen, wie sich die Lagerzeiten zwischen den einzelnen Produktionsstadien bei der Herstellung des Leders auf dessen Qualität auswirken, welche Änderungen dabei auftreten, in welcher Zeit sie zum Abschluss kommen und wie weit auf bisher übliche Lagerzeiten verzichtet werden kann, ohne dass dadurch die Qualität des Fertigproduktes beeinträchtigt wird.

1. Lagerung von Chromleder im nassen Zustand nach der Chromgerbung

Die Lagerung der Leder in diesem Stadium spielt in der Praxis eine wichtige Rolle. Alle Chromleder werden nach beendeter Chromgerbung in feuchtem Zustand gelagert. Die Lagerdauer beträgt in Betrieben, die die Leder selbst weiterarbeiten, normalerweise wenige Tage, wobei im Hinblick auf mögliche Veränderungen von Ledereigenschaften natürlich auch die Zeitspanne als Lagerzeit zu werten ist, während der die Leder mechanische Bearbeitungen durch Spalten oder Falzen erfahren. Die Lagerdauer kann aber länger dauern, wenn z. B. die Weiterverarbeitung in anderen Betrieben erfolgt (z. B. bei Chromspalten), und sich über viele Wochen erstrecken, wenn im Falle der Wetblue-Leder die Gerbung in überseeischen Ländern, die Weiterverarbeitung in Europa erfolgt. Dass sich bei der Lagerung in diesem Stadium wesentliche Veränderungen ergeben können, kann nach allen Erfahrungen der Praxis als sicher angenommen werden. Oben wurde bereits auf die Möglichkeit einer fortschreitenden Verolung hingewiesen, die gleichzeitig infolge der Verschiebung des Hydrolysengleichgewichtes mit einer Abspaltung von Säure verbunden sein kann. Herfeld, Steinlein und Königfeld 3) haben bereits früher zeigen können, dass auch Chromleder gegen Säuren nicht resistent sind, sondern im pH-Bereich zwischen 2 und 3 Schädigungen erfahren und auch bei pH-Werten zwischen 3 und 3,5 bei feuchter Lagerung noch eine eindeutige Schädigung der Faserstruktur eintritt. Sie empfahlen daher, bei der Neutralisation einen Mindest-pH-Wert des wässrigen Auszugs von 3,5 zu fordern, und wir möchten bei Ledern, die ohne Neutralisation längere Zeit gelagert werden, diese Forderung auch auf den Prozess des Abstumpfens am Ende der Chromgerbung übertragen, auch wenn neuerdings Russell und Cooper 6) bei Lagerung von Wet-blue-Ledern bei pH 3 noch keine Schädigung feststellten. Wir haben entsprechend bei unseren Lagerversuchen alle Leder so abgestumpft, dass der pH-Wert des wässrigen Auszugs über 3,5 lag und damit Säureschädigungen für die von uns festgestellten Veränderungen mit Sicherheit ausschieden.

Für unsere Lagerversuche verwendeten wir Hechte von Rindhäuten 25 bis 29,5 kg, führten die Wasserwerkstattarbeiten einheitlich nach unserer üblichen Normaltechnologie 7) durch, wobei allerdings nach dem Äscher gespalten wurde, und wendeten dann 4 verschiedene Variationen der Chromgerbung an, da anzunehmen war, dass ein Lagereinfluss nicht in allen Fällen gleich deutlich ausgeprägt war. Der Pickel wurde als Kurzpickel stets gleichmäßig mit 3% Kochsalz, 2,3% Ameisensäure und 0,5% Formalin durchgeführt, die Gerbung unter Verwendung von 2,5% Cr2O3 in Form von Chromosal B vorgenommen, am Ende der Chromgerbung auf pH 3,8 abgestumpft.


Im übrigen wurden folgende Variationen ausgewählt:

1. Gerbung in klassischer Form. Der Pickel wurde abgelassen, zur Gerbung eine neue Flotte mit 80% Wasser und 2% Kochsalz vorgelegt. Das Chromsalz wurde am Tag zuvor in 25% Wasser gelöst und am nächsten Tage in 3 Portionen im Abstand von 20 Minuten zugegeben.

2. Gerbung nach dem Ungelöstverfahren direkt in der Kurzpickelflotte.

3. Gerbung nach Schorlemmer in kurzen Flotten, wobei nach Ablassen des Pickels die Chromsalzlösung in Form der konzentrierten Stammlösung (2,5% Cr2O3 in 25% Wasser) auf einmal ins Fass gegeben und ohne weiteren Flüssigkeitszusatz ausgegerbt wurde.

4. Gerbung nach Verfahren 1 mit dem Unterschied, dass die Chromsalzlösung beim Auflösen am Tag zuvor zusätzlich mit 1% Natriumformiat maskiert wurde.

Nach beendeter Chromgerbung wurden alle Leder so geteilt, dass die einen Hälften direkt weiterbehandelt wurden, die Gegenhälften dagegen 1, 4, 14 und 28 Tage und 6 Monate gelagert wurden. So lagen für die späteren Untersuchungen stets unmittelbar benachbarte Nullproben vor, so dass der Einfluss struktureller Unterschiedlichkeiten weitestmöglich ausgeschieden war und durch unmittelbaren Vergleich klare Aussagen zu den gestellten Fragen möglich waren.

Die Lagerung der Leder nach beendeter Chromgerbung erfolgte in unterschiedlicher Weise und zwar:

a)Die Leder wurden nur abtropfen gelassen und dann nass gelagert, ohne dass ein Abwelken oder Auswaschen erfolgte (Wassergehalt 66 bis 68%).

b)Die Leder wurden nach der Gerbung zunächst abgewelkt und in diesem Zustand gelagert (Wassergehalt 53 bis 56%).

c)Die Leder wurden nach der Chromgerbung 1/2 Stunde bei 30° C ausgewaschen und dann abgewelkt und gelagert (Wassergehalt 53 bis 56%).

In allen Fällen erfolgte die Lagerung nach schwacher Behandlung mit Preventol in Plastikbeuteln, um ein weiteres Austrocknen und einen Schimmelbefall zu vermeiden. Nach beendeter Lagerung wurden vor der weiteren Zurichtung zunächst Proben für die chemische Untersuchung entnommen und in dieser Form untersucht, um zu vermeiden, dass etwa durch die Lagerung verursachte Veränderungen durch sekundäre Veränderungen während der nachfolgenden Trocknung überlagert wurden. Im übrigen wurden die Leder ebenso wie die Nullproben nach beendeter Lagerung gefalzt, gespült, einheitlich mit 100% Wasser von 35° C und 2% Neutrigan 1 Stunde neutralisiert, im gleichen Bad mit 2% Mimosaextrakt nachgegerbt, mit 300% Wasser von 60° C erneut 15 Minuten gespült, gefärbt und anschließend 1 Stunde bei 60° C einheitlich gelickert. Sie wurden dann 3 Stunden auf Stangen abtropfen lassen, unter mäßiger Spannung getrocknet, vom Narben leicht angefeuchtet, auf der Molisetta einheitlich gestollt, wieder getrocknet und dann vergleichsweise hinsichtlich äußerer Beschaffenheit und einiger physikalischer Eigenschaften untersucht.

Im Rahmen der chemischen Untersuchungen wurde der pH-Wert des wässrigen Auszugs bestimmt und ferner der Säuregehalt titriert, indem 2 g des feuchten geschnittenen Leders mit 50 ml n/10 NaOH Übergossen, 2 Stunden unter wiederholtem Schwenken stehen gelassen und dann ein aliquoter Teil mit n/10 HCl gegen Phenolphthalein zurücktitriert wurde. Berechnet wurden die von 1 g Ledertrockensubstanz verbrauchten ml NaOH. Ferner wurde der Mineralstoff und der Chromoxidgehalt sofort und nach gründlichem Auswaschen der Leder bestimmt, wobei die Differenz zeigt, inwieweit ursprünglich noch lösliche Chromverbindungen während der Lagerung gebunden wurden. Alle Leder waren nach der Chromgerbung kochgar und blieben es auch während der Lagerung.


Tabelle 1


Die pH-Werte, Titrationswerte und die Chromoxidgehalte vor und nach dem Auswaschen sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Auf die Wiedergabe der Mineralstoffgehalte haben wir verzichtet, da sich hier keine grundsätzlichen Unterschiede ergaben. Sie schwankten bei den Ledern der Lagerung a zwischen 14,6 und 15,9%, bei der Lagerung b zwischen 10,7 und 11,7%, bei der Lagerung c zwischen 6,9 und 7,3% und nach dem gründlichen Auswaschen vor der Analyse einheitlich zwischen 6 und 7%.

Die Werte in Tabelle 1 ergeben zwei Feststellungen:

1. Unsere Annahme, Chromleder würden während der Lagerung durch die fortschreitende Verolung und dadurch sekundär bewirkte Verschiebung des Hydrolysengleichgewichtes saurer, konnte unabhängig von der Art der Gerbung und der Art der Lagerung in keinem Falle bestätigt werden. Im Gegenteil, soweit eine Tendenz erkennbar war, stieg der pH-Wert mit zunehmender Lagerdauer in allen Fällen langsam an und in Übereinstimmung damit nahmen die Titrationswerte zur Bestimmung der im Leder vorhandenen Restsäure geringfügig, aber eindeutig ab. Das spricht dafür, dass anionische Gruppen, die am Ende der Gerbung noch ionogen gebunden vorlagen, während der Lagerung unter Verdrängung von Aquogruppen im Zusammenhang mit einer stärkeren zusätzlichen Bindung des Chroms bzw. stärkeren Fixierung der Chrombindung an die Hautsubstanz in den Chromkomplex eintraten. Die Erscheinung des geringfügigen Ansteigens des pH-Wertes und der Verminderung der Titrationswerte trat beim Gerbverfahren 4, bei dem mit stärker maskierten Chrombrühen gegerbt wurde, am wenigsten, beim Gerbverfahren 1 mit am wenigsten maskierten Chrombrühen am stärksten auf. Sie zeigte sich am stärksten bei der Lagerung a) mit dem nicht ausgewaschenen nassen Leder, weniger stark bei den Lagerungen b) (Abwelken) und insbesondere c) (Auswaschen und Abwelken). Dass im letzteren Falle fast keine Änderung auftritt, läßt die Parallele zu dem Gehalt an auswaschbaren Chromverbindungen deutlich erkennen.

2. Die Leder erhalten nach der Gerbung noch gewisse Mengen löslicher Chromverbindungen, die natürlich bei den Ledern der Lagerung a) am höchsten sind, etwas niedriger bei den abgewelkten Ledern (Lagerung b) und am geringsten bei den ausgewaschenen Ledern (Lagerung c). Mit zunehmender Lagerung tritt eine zusätzliche Bindung der Chromverbindungen ein, was sich in einer Verminderung der Abnahme der Chromoxidgehalte beim gründlichen Auswaschen (Wert A in Tabelle 1) deutlich zeigt. Natürlich wirkt sich diese Abnahme bei den Ledern der Lagerung a) mit ursprünglich höchstem Gehalt an nichtgebundenen Chromverbindungen am stärksten aus. Die vergleichende Prüfung der äußeren Beschaffenheit der Leder erfolgte natürlich erst an den gestollten Proben. Alle Leder besaßen gute Weichheit und Geschmeidigkeit und gute Narbenfestigkeit, zwischen den direkt verarbeiteten Nullproben und den gelagerten Ledern waren meist keine Unterschiede festzustellen. Soweit gelegentlich Unterschiede auftraten, waren die gelagerten Proben etwas weicher. Durchweg waren die Leder der Lagerung a) etwa weicher als die der Lagerung b) und c), doch waren auch hier die Unterschiede nur gering.


Tabelle 2


Die physikalischen Untersuchungen bezogen sich auf die Bestimmung der Zugfestigkeit und Weiterreißfestigkeit, der Dehnung bei geringer Belastung (10 und 20 kp), der Wölbhöhe im Lastometer und der flächenhaften Verdehnung im Tensometer nach 10maliger Belastung bis zu 3 Atü. Strukturbedingt ergeben sich beim Vergleich der Werte der gelagerten Leder und der zugehörigen Nullproben gewisse Unterschiede, die nichts mit einem Lagereinfluss zu tun haben. Die Werte konnten nur dann für die Beurteilung des Einflusses der Lagerdauer von Interesse sein, wenn ein eindeutiger Trend nach allen Lagerzeiten vorlag.

Hier ergaben die vorliegenden Zahlen folgende Feststellungen:

1. Für die Festigkeitseigenschaften (Tabelle 2) zeigte sich durchweg eine Verminderung der Werte, diese Verschlechterung wirkt sich bei der Weiterreißfestigkeit deutlicher als bei der Zugfestigkeit aus. Nach der Höhe der pH-Werte kann es sich hierbei nicht um eine Säureschädigung handeln. Diese Verminderung tritt bei allen Gerbarten auf, bei den Gerbarten 1 und 2 eindeutig stärker als bei der Gerbart 3 und insbesondere der mit stärker maskierten Gerbbrühen durchgeführten Gerbart 4. Bei der Lagerung a) ist die Verminderung erheblich deutlicher als bei den Lagerungen b) und c) mit abgewelkten Ledern.

2. Die Werte für die Dehnung bei geringer Belastung, die Wölbhöhe und die flächenhafte Verdehnung (Tabelle 3) zeigen trotz aller strukturbedingten Schwankungen die Tendenz einer Steigerung bei allen 4 Gerbarten, auch hier wieder bei der Lagerung a) stärker als bei den Lagerungen b) und c). Es ist anzunehmen, dass die Verminderung der Strukturfestigkeit und die Steigerung der Dehnbarkeit in ursächlichem Zusammenhang stehen. Diese Steigerung bestätigt auch die Erfahrung der Praxis, dass in diesem Stadium längere Zeit gelagerte Chromleder weichere Leder ergeben.


Tabelle 3


Um Nachteile für die Lederqualität bei längerer Lagerung in diesem Stadium der Produktion zu vermeiden, empfiehlt sich aufgrund der vorliegenden Untersuchungen:

1. Die Leder am Ende der Chromgerbung so abzustumpfen, dass der pH-Wert des wässrigen Auszuges über 3,5 liegt, um Säureschäden auf alle Fälle auszuschließen,

2. die Leder nach der Chromgerbung bald abzuwelken (Lagerung b) oder noch besser auszuwaschen und abzuwelken (Lagerung c), um Strukturverschlechterungen auf ein Mindestmaß zu beschränken.

3. Um sekundäre Veränderungen zu vermeiden, sollten die Leder nach der Chromgerbung, wenn es sich eben einrichten läßt, möglichst bald gespalten bzw. gefalzt und der nachfolgenden Nasszurichtung zugeleitet werden.


2. Lagerung von Chromleder im nassen Zustand nach der Nasszurichtung

Das zweite Stadium, in dem Chromleder im nassen Zustand mehr oder weniger lange Zeit gelagert werden könnte, wäre nach der Nasszurichtung, also nach den Prozessen des Neutralisierens, Nachgerbens, Färbens und Fettens. Auch hier können während der Lagerung im feuchten Zustand noch Veränderungen erfolgen, die sich auf die Qualität des Fertigleders auswirken, etwa durch Veränderung der schichtmäßigen Fettverteilung, durch Verstärkung der Bindung der Färb- und Fettstoffe usw. Allerdings kann die Lagerdauer hier kürzer gehalten werden, sie braucht maximal 14 Tage nicht zu überschreiten. Verwendet wurden für diese Versuche auch wieder Rindhauthechte. Die Arbeiten der Wasserwerkstatt und der Chromgerbung wurden einheitlich nach unserer Standardrezeptur 7) durchgeführt, dann wurden die Leder 2 Tage gemeinsam gelagert und während dieser Zeit gespalten und gefalzt und für die anschließende Nasszurichtung auf 3 verschiedene Nachgerbungen aufgeteilt. Außerdem wurden für jede Nachgerbung 2 verschiedene Fettungsmittelgemische eingesetzt.

1. Nachgerbung mit Mimosaextrakt. Spülen mit 300% Wasser 10 Minuten. Neutralisation mit 20% Wasser von 40° C, 1% Natriumformiat und mit Natriumbicarbonat mit pH-Dosierung auf pH 5,0. Nach 1 Stunde Nachgerbung im gleichen Bad mit 1% Optimalin S und 3% Rg Mimosaextrakt 30 Minuten. Flotte ablassen, 10 Minuten mit 300% Wasser von 60° C spülen. Färbung mit 100% Wasser von 60° C und 0,75% Luganilbraun N3G und nach 10 Minuten 6% Reinfett des jeweiligen Lickergemisches zugeben. Nach weiteren 30 Minuten mit 0,3% Ameisensäure absäuern, nach 20 Minuten 300% Wasser von Zimmertemperatur zugeben und nach weiteren 5 Minuten Flotte ablassen.

2. Nachgerbung mit Zirkonsalz. Ohne Spülen 10 Minuten mit 60% Wasser von 30° C und 0,3% Ameisensäure laufen lassen. Dann 1% Eucoriol KSP (1 : 4; Kationisch) und nach weiteren 10 Minuten 3% Blancorol ZB ungelöst zugeben. Nach 1 Stunde Flotte ablassen, mit 300% Wasser von 40 ° C 10 Minuten spülen, Flotte ablassen und Neutralisation mit 20% Wasser, 1% Natriumformiat und mit Natriumbicarbonat mit pH-Dosierung auf pH 5,0. Dann im neuen Bad färben und fetten wie unter 1.

3. Nachgerbung mit Glutaraldehyd. Spülen mit 300% Wasser von 50° C 10 Minuten.Im frischen Bad Nachgerbung mit 30% Wasser von 60° C und 10% Glutaraldehyd 25%ig, und mit Ameisensäure mit automatischer pH-Steuerung auf konstant pH 3,7 dosieren. Nach 1 Stunde zum Abneutralisieren im gleichen Bad mit Soda mit Automatik auf pH 4,5 dosieren und noch 1 Stunde laufen lassen. Dann mit 300% Wasser von 60° C 20 Minuten spülen und im frischen Bad färben und fetten wie unter 1.

Insgesamt lagen also für die Lagerung 6 verschiedene Ledertypen vor. Sie wurden im nassen Zustand für die Lagerungen wieder so aufgeteilt, dass von jeder Herstellungsart Proben 1, 3, 7 und 14 Tage nach kurzem Abtropfen, aber ohne Abwelken in Plastikbeutel eingeschlagen nass gelagert wurden, während die jeweils unmittelbar benachbarten Nullproben sofort weiter verarbeitet wurden. Diese Weiterverarbeitung nach der Lagerung bzw. bei den Nullproben direkt bestand in einem Ausrecken, Vakuumtrocknen und anschließender Hängetrocknung, Anfeuchten, einheitlichem Stollen auf der Molisetta und Wiederauftrocknen der Leder.

Der Umfang der Untersuchungen war im wesentlichen der gleiche wie bei den in Abschnitt 1 beschriebenen Versuchsreihen. Die Muster für die chemischen Untersuchungen wurden wieder an den feuchten Proben vor dem Auftrocknen entnommen, um sekundäre Veränderungen durch das nachfolgende Trocknen zu vermeiden. Für pH-Wert und Säuretitration wurden die nassen Proben abgewogen, für die Bestimmung der Fettverteilung wurden die Leder nass gespalten und dann aufgetrocknet und abgewogen und in den einzelnen Schichten die Menge extrahierbaren und nichtextrahierbaren Fettes bestimmt. Wir wissen zwar, dass der Methode für die Bestimmung des nichtextrahierbaren Fettes Mängel anhaften 8), doch da im vorliegenden Falle stets die gleichen Fette verwendet wurden und nicht die absoluten Werte, sondern nur die Verschiebungen interessierten, glauben wir trotzdem, sie hier verwenden zu können.


Die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen lassen folgende Feststellungen zu:

1. Für die pH-Werte im wässrigen Auszug und die Titrationswerte mit n/10 NaOH ergab sich bei den verschiedenen Nachgerbungen ein unterschiedliches Verhalten (Tabelle 4). Bei den mit Mimosaextrakt nachgegerbten Ledern tritt mit zunehmender Lagerdauer eine eindeutige Erhöhung des pH-Wertes und gleichzeitig eine Verminderung der Titrationswerte zur Bestimmung der im Leder vorhandenen Restsäure ein, und wir möchten daraus schließen, dass hier eine zusätzliche Wechselwirkung zwischen den sauren Gruppen der pflanzlichen Gerbstoffe und der Hautsubstanz oder den Chromkomplexen eintritt. Bei den mit Zirkongerbstoffen und den mit Glutaraldehyd nachgegerbten Ledern blieben dagegen die pH-Werte und die Titrationswerte, von geringfügigen Schwankungen abgesehen, praktisch konstant.


Tabelle 4


2. Um das Verhalten der Fettstoffe der Leder während der Lagerung beurteilen zu können, haben wir, in Narben-, Fleisch-und Mittelspalt getrennt, Bestimmungen des Gehaltes an extrahierbaren und nichtextrahierbaren Stoffen durchgeführt. Hierbei überlagern sich natürlich der Einfluss der Art der Fettstoffe, der Einfluss der unterschiedlichen Nachgerbungen auf die Ladungsverhältnisse des Leders und der Einfluss der Lagerung selbst, was das anfallende Zahlenmaterial sehr unübersichtlich machte. Da im Rahmen dieser Arbeit aber nur der Einfluss der Lagerung interessiert, haben wir für alle gelagerten Proben und demgegenüber für alle zugehörigen Nullproben die Mittelwerte errechnet und für die 6 Ledertypen gegenübergestellt (Tabelle 5). Dabei zeigte sich, dass in allen Fällen -wenn auch in unterschiedlicher Größenordnung- während der Lagerung eine Wanderung der extrahierbaren Fette eintritt mit einer durchweg beträchtlichen Erhöhung in der Narbenschicht und einer geringfügigen Veränderung in der Mittelzone bei gleichzeitiger Verminderung der Fleischseitenzone. Damit im Zusammenhang war eine Verbesserung des Griffs und ein geschmeidigerer Narben festzustellen. In allen 3 Zonen erfolgte mit zunehmender Lagerung eine Steigerung des Gehaltes an nicht extrahierbaren Stoffen, die auf eine Bindung der Fettstoffe an die Hautsubstanz oder die Chromkomplexe oder sekundäre Veränderungen der Extrahierbarkeit zurückzuführen sein dürfte. Ein Nachteil für die Lederqualität ist in all diesen Veränderungen nicht zu erblicken.


Tabelle 5


Die Proben für die Untersuchungen der physikalischen Eigenschaften wurden wieder erst nach dem Stollen und Wiederauftrocknen entnommen, zusätzlich wurden auch Untersuchungen über die Farbechtheit durchgeführt.

Der Vergleich der zusammengehörigen gelagerten Proben und Nullproben ergab folgende Feststellungen (Tabelle 6):


Tabelle 6


1. Die Werte für die Zugfestigkeit und Weiterreißfestigkeit erfuhren bei den mit pflanzlichen Gerbstoffen nachgegerbten Ledern, unabhängig von der Art der Fettung, eine nicht unbeträchtliche Verminderung, die bei den verschiedenen Lagerzeiten etwas schwankt, aber insgesamt so eindeutig ist, dass eine Verschlechterung der Strukturfestigkeit während der Lagerung als gesichert angesehen werden muss. Bei der Höhe der pH-Werte über 3,5 kann sie nicht auf einen Säureangriff zurückzuführen sein. Der Grund für eine solche Verminderung müsste durch weitere Untersuchungen geklärt werden. Bei den mit Zirkonsalzen und mit Glutaraldehyd nachgegerbten Ledern sind dagegen die Differenzen zwischen den Werten der gelagerten Leder und der Nullproben wesentlich geringer und teils positiv, teils negativ, so dass hier nur strukturelle Schwankungen vorliegen dürften, und wir die Lagerbeständigkeit als einwandfrei ansprechen möchten.

2. Die Werte für die Dehnung bei geringer Belastung, die Wölbhöhe und die flächenhafte Verdehnung schwanken auch in gewissen Grenzen, für die Beurteilung des Einflusses der Lagerung überwiegen aber die positiven Werte, die im feuchten Zustand mehr oder weniger lange gelagerten Leder weisen also eine etwas größere Dehnbarkeit und Geschmeidigkeit auf als die direkt weitergearbeiteten Leder. Das dürfte mit den oben geschilderten Veränderungen der schichtmäßigen Fettverteilung während der Lagerung im Zusammenhang stehen und ist für die Lederqualität als günstig zu bewerten.

3. Die Prüfung der Farbechtheit ergab in allen Fällen günstigere Werte für die gelagerten Proben im Vergleich zu den Nullproben. Auch hier hat also während der Lagerung im feuchten Zustand eine Verbesserung der Bindungsfestigkeit stattgefunden. Insgesamt haben sich also für eine Lagerung der Leder im feuchten Zustand nach Beendigung der Nasszurichtung keine nachteiligen Einflüsse ergeben, in Bezug auf Griff, Dehnbarkeit und Geschmeidigkeit des Narbens hat sie sich günstig ausgewirkt. Als nachteiliger Einfluss ist lediglich bei den mit pflanzlichen Gerbstoffen nachgegerbten Ledern eine gewisse Verminderung der Strukturfestigkeit festzustellen.


3. Lagerung von nicht zugerichteten pflanzlich gegerbten Ledern nach der Gerbung im trockenen Zustand

Während im Inland hergestellte pflanzlich gegerbte Leder normalerweise nach der Gerbung ohne nennenswerte Lagerung weitergearbeitet werden, war diese Versuchsreihe von Interesse für diejenigen Leder vorwiegend aus Kleintierfellen, die von Übersee in erheblichem Umfange pflanzlich vorgegerbt und dann aufgetrocknet eingeführt werden, ohne eine weitere Zurichtung erhalten zu haben (Crust-Leder). Hier ergibt sich insbesondere die Frage, in welchem Umfange sich während der Lagerung die Gerbstoffbindung steigert und ob die heutige Handhabung zweckmäßig ist, die Leder ohne ein Auswaschen nach der Gerbung aufzutrocknen, oder ob es für die Weiterverarbeitung und die Qualität des Fertigproduktes vorteilhafter ist, die Leder schon im Ursprungsland vor dem Auftrocknen auszuwaschen. Die Entstehung von Flecken dürfte im letzteren Falle wesentlich geringer sein.

Für die Durchführung dieser Versuchsreihen wurden Leder aus gepickelten Ziegenblößen eingesetzt. Die Blößen wurden zunächst unter automatischer pH-Steuerung auf pH 5 entpickelt und dann unter Verwendung von Mimosaextrakt mit 2 Gerbintensitäten mit 10% und 30% Reingerbstoff ausgegerbt, wobei in beiden Fällen die Gerbung zunächst bei pH 5 begonnen und die Flotte am Ende mit Ameisensäure auf pH 4 abgesäuert wurde. Nach der Gerbung wurden alle Leder 24 Stunden gelagert und dann von jeder der beiden Gerbungen die Hälfte der Felle sofort aufgetrocknet, die andere Hälfte dagegen zunächst gründlich ausgewaschen und erst dann aufgetrocknet. Dann wurden alle Felle in der Rückenlinie geteilt und die einen Hälften als Nullproben sofort weitergearbeitet, die Gegenhälften dagegen 1/2, 1, 3 und 6 Monate gelagert. Nach der Lagerung wurden Proben entnommen und hinsichtlich des pH-Wertes, Gehaltes an auswaschbaren Stoffen und Durchgerbungszahl untersucht, um vor allem eine mögliche Änderung der Gerbintensität zu erfassen (Tabelle 7).

Unabhängig von der Intensität der Gerbung und unabhängig davon, ob ein Auswaschen erfolgte, waren hinsichtlich des pH-Wertes nur geringfügige Unterschiede festzustellen. Das gleiche gilt auch für den Gehalt an auswaschbaren Stoffen und die Durchgerbungszahl bei den Ledern, die vor dem Auftrocknen ausgewaschen wurden. Bei den nicht ausgewaschenen Ledern trat dagegen während der Lagerung in zunehmendem Maße eine zusätzliche Gerbstoffbindung ein, was sich in einer Verminderung des Auswaschverlustes und Steigerung der Durchgerbungszahl auswirkt. Dieser Einfluss ist graduell bei den Ledern, die mit 30% Reingerbstoff gegerbt wurden und damit auch einen wesentlich höheren Auswaschverlust aufwiesen, erheblich stärker ausgeprägt als bei den mit nur 10% Reingerbstoff gegerbten Ledern. Im übrigen wurden alle Leder nach beendeter Lagerung ebenso wie die nicht gelagerten Gegenhälften (Nullproben) wie in der Praxis auf Bekleidungsleder weiterverarbeitet. Sie wurden dabei broschiert, zweimal mit Soda bei pH 8 unter automatischer pH-Kontrolle entgerbt und dann nach einheitlicher Rezeptur 9) gepickelt, chromgegerbt, gelagert, gefalzt, neutralisiert, gefärbt, gefettet, wieder getrocknet, angefeuchtet, auf der Molisetta einheitlich gestollt und wieder getrocknet. In diesem Zustand erfolgte die vergleichende Enduntersuchung, die sich wieder auf die vergleichende Prüfung von Griff, Narbenfeinheit und Narbenelastizität, Bestimmung der Durchgerbungszahl und die Ermittlung der Zugfestigkeit, Weiterreißfestigkeit und der Dehnung bei geringer Belastung erstreckte.


Tabelle 7


In der chemischen Zusammensetzung waren die Unterschiede bei den meisten Daten nur gering. Der organische Auswaschverlust lag bei 0,6 bis 0,8%, der Fettgehalt bei 5,9 bis 6,7% und der pH-Wert bei 4,0 bis 4,2, ohne dass sich Parallelen zur Vorgeschichte der Leder, insbesondere der Lagerdauer, ergeben hätten. Wohl aber traten wieder Unterschiede in der Durchgerbungszahl auf (Tabelle 7). Die intensiver ausgegerbten Leder ergaben nach wie vor eine höhere Durchgerbungszahl, die stärkere Gerbstoffbindung wurde also durch die nachträgliche Entgerbung nicht ausgeglichen, und außerdem blieb bei den nicht ausgewaschenen Ledern auch die stärkere Gerbstoffbindung mit zunehmender Lagerung erhalten. Das machte sich auch in der äußeren Beschaffenheit der fertigen Bekleidungsleder bemerkbar. Alle Bekleidungsleder, die aus den nicht ausgewaschenen Proben hergestellt waren, wiesen auch im gefärbten Zustand eine dunklere Lederfarbe und eine geringere Lichtechtheit der Färbung auf

als die Bekleidungsleder aus den ausgewaschenen Proben und zwar bei den mit 30% Rg ausgegerbten Ledern stärker als bei den mit 10% ausgegerbten, bei den gelagerten Ledern stärker als bei den ungelagerten. Das ist ein Zeichen dafür, dass die nachträgliche Entgerbung umso schlechter möglich ist, je intensiver die pflanzliche Gerbung erfolgte und je mehr während der Lagerung die Gerbstoffbindung gesteigert und auswaschbare Gerbstoffanteile zusätzlich gebunden wurden.

Natürlich wären diese Unterschiede weitgehend ausgleichbar, wenn bei der Entgerbung mit höheren Alkalimengen gearbeitet worden wäre, aber frühere Untersuchungen 9) haben gezeigt, dass damit auch die Gefahr einer stärkeren Verminderung der Festigkeitswerte zu erwarten ist. Im Hinblick auf eine gute Qualität des Fertigproduktes erscheint es daher zweckmäßiger, bei der Herstellung von Crustleder die Ausgerbung mit pflanzlichen Gerbstoffen nicht zu intensiv vorzunehmen und vor dem Auftrocknen der Leder vor dem Versand bzw. längere Lagerung ein gutes Auswaschen vorzunehmen, zumal dann auch eine klarere Verkaufsbasis geschaffen würde.

Bei den physikalischen Eigenschaften (Tabelle 8) waren keine grundsätzlichen Einflüsse der mehr oder weniger langen Lagerung festzustellen.


Tabelle 8


Natürlich lagen die absoluten Werte für Zugfestigkeit und Weiterreißfestigkeit bei den mit 30% Rg gegerbten Ledern niedriger als bei den mit 10% Rg gegerbten, eine Bestätigung der allgemein bekannten Tatsache, dass die Festigkeitseigenschaften mit zunehmender Gerbintensität absinken. Aber die Änderungen der Werte während der Lagerung waren nur relativ gering und zeigten keinen eindeutigen Trend, vielleicht mit Ausnahme der Werte der mit 30% Rg gegerbten und dann vor der Lagerung nicht ausgewaschenen Proben, bei denen die Festigkeitswerte am Fertigleder durchweg etwas niedriger lagen.


4. Lagerung der Leder vor dem Stollen

In der Praxis wird vielfach behauptet, dass man insbesondere Chromleder vor dem Stollen einmal gründlich austrocknen müsste, um eine gute Lederqualität zu erhalten. Vom Gesichtspunkt der Rationalisierung des Arbeitsablaufes wäre es andererseits zweckmäßiger, die Leder in diesem Fabrikationsstadium nicht auftrocknen und dann wieder anfeuchten zu müssen, sondern lediglich den Feuchtigkeitsgehalt zu egalisieren und die Leder dann direkt dem Stollprozeß zu unterziehen. Das Problem hat 2 Aspekte, ein technologisches und ein qualitätsmäßiges.

Zunächst das technologische Problem. Alle heute in der Praxis üblichen Trockenverfahren (Hängetrocknung, Klebetrocknung, Vakuumtrocknung) gestatten nicht, eine einheitliche Egalisierung des Wassergehaltes der Leder über die ganze Fläche zu erreichen. Der Wassergehalt ist in den einzelnen Regionen des Leders sehr unterschiedlich und daher trocknen die Kernteile mit geringerem Wassergehalt viel schneller aus als die wasserhaltigeren abfälligen Teile, insbesondere Bauch und Flämen. Würde man die Leder in diesem halbfeuchten Zustand Stollen, so würden entweder die zu trockenen kernigen Anteile zu fest bleiben oder, wenn man den Trockenprozess früher beendet, die abfälligen und feuchten Teile durch die starke mechanische Beanspruchung beim Stollen zu locker und losnarbig werden. Daher muss man die Leder völlig austrocknen und dann vorsichtig wieder anfeuchten, um den Stollprozeß einheitlich durchführen zu können. Besonders deutlich werden diese Unterschiede bei der Vakuumtrocknung. Würde man die Leder auf der heißen Platte völlig austrocknen, so würden die kernigen Teile übertrocknet und dann beim Stollen nur schwer wieder die gewünschte Weichheit und Geschmeidigkeit zurückerlangen. So ist es in der Praxis üblich, den Trockenprozess im Vakuumapparat bei einem mittleren Wassergehalt vorzeitig abzubrechen und die Leder dann zur Nachtrocknung der abfälligen Anteile noch einer Hängetrocknung zu unterziehen, bevor man sie wieder anfeuchtet, ein langwieriger und vor allem arbeitsaufwendiger Prozess, auf den man aber nicht verzichten kann, um ein für die ganze Fläche einheitliches Stollergebnis zu erhalten. Dieses völlige Austrocknen hat aber nur indirekt etwas mit einer Verbesserung der Qualität zu tun, wie sie der Praktiker behauptet, sondern ist nur erforderlich, um einen einheitlichen Stollprozeß zu ermöglichen.

Nun gibt es eine Möglichkeit, den Feuchtigkeitsgehalt vor dem Stollen zu egalisieren, ohne die Leder völlig auszutrocknen, das ist die Einschaltung der Hochfrequenztrocknung. Sie kommt nicht als Haupttrocknung infrage, dafür wäre sie zu teuer, aber sie kann im Anschluss an die Vakuumtrocknung eingesetzt werden, um den nach der Vakuumtrocknung innerhalb der Fläche ungleichmäßigen Wassergehalt auf eine über die ganze Fläche einheitliche, für den Stollprozeß geeignete Höhe einzustellen. Über die Durchführung der Hochfrequenztrocknung und ihre Vor- und Nachteile haben wir in einem gesonderten Forschungsvorhaben umfangreiche Untersuchungen durchgeführt, über deren Ergebnisse in Kürze ebenfalls ausführlich berichtet wird. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit haben wir ein umfangreiches Ledermaterial, sowohl Kleintierfelle für Bekleidungs-, Handschuh- und Futterleder wie Rindlederhälften für Oberleder untersucht, indem wir die Leder nach der Vakuumtrocknung, nach der die Leder noch einen in der Fläche stark schwankenden Wassergehalt in Spannen von 20 bis 25% aufwiesen, in der Hochfrequenzanlage im Wassergehalt so vereinheitlichten, dass die Schwankungen nur noch 2 bis 3% betrugen und sie dann stollten und wieder auftrockneten. Die Gegenhälften wurden nach der Vakuumtrocknung in Hängetrocknung völlig aufgetrocknet, dann 1, 7 bzw. 14 Tage gelagert, wieder angefeuchtet und ebenfalls gestellt und wieder aufgetrocknet.

Die Vergleichsproben wurden eingehenden Untersuchungen unterzogen, die sich bei der chemischen Untersuchung insbesondere auf Fettgehalt und Fettverteilung und hinsichtlich der physikalischen Untersuchungen auf die Bestimmung der Zugfestigkeit, bleibenden Dehnung im Lastometer, Narbenabrieb, Benetzbarkeit des Narbens, Wasseraufnahme und Wasserdampfverhalten erstreckten. Dabei waren aber in allen Fällen, abgesehen von normalen strukturellen Schwankungen, keine grundsätzlichen Unterschiede festzustellen. Wir haben diese Untersuchungen teilweise auch nach halbjähriger Lagerung der Leder wiederholt, weil vielleicht anzunehmen war, dass bei längerer Lagerung der Leder doch noch Unterschiede auftreten könnten, doch haben auch diese Untersuchungen keine Anhaltspunkte für einen derartigen Einfluss ergeben.

Auch in der äußeren Beschaffenheit der Leder waren praktisch keine Unterschiede festzustellen. Daraus kann gefolgert werden, dass in Bezug auf die Lederqualität ein Einfluss der Lagerung der Leder vor dem Stollen in getrocknetem Zustand nicht vorhanden ist. Gegenteilige Annahmen in der Praxis sind lediglich auf das oben geschilderte technologische Problem zurückzuführen.


5. Lagerung der trockenen Leder nach dem Stollen und Wiederauftrocknen

Es hat sich insbesondere bei modischen Ledern immer mehr eingeführt, die Leder nach dem Stollen nicht kontinuierlich weiter zu arbeiten, sondern zunächst auf ein Zwischenlager zu bringen, um von dort bei Vorliegen der gewünschten Farbtöne die Auslieferung möglichst rasch vornehmen zu können. Es wurde aber bisher nie geklärt, ob diese Lagerung auf dem Zwischenlager einen Einfluss auf den Ablauf der weiteren Zurichtung und auf die Eigenschaften des Fertigproduktes hat. Auch hier waren also entsprechende Untersuchungen durchzuführen, wobei nach der Vorgeschichte die gleichen Ledertypen verwendet werden konnten wie bei der 2. Versuchsreihe, also Leder, die eine Nachgerbung mit Mimosaextrakt, Zirkongerbstoff oder Glutaraldehyd erhalten hatten und nach beendeter Nasszurichtung sofort aufgetrocknet, angefeuchtet, gestollt und wieder aufgetrocknet wurden. Während die 0-Proben sofort weiter verarbeitet wurden, wurden die Gegenproben vor der gleichen Weiterverarbeitung zunächst 1, 3 und 6 Monate gelagert. Dann wurde ein Teil der Leder wie bei der 2. Versuchsserie hinsichtlich der physikalischen Eigenschaften untersucht. Im übrigen erhielten die verschieden lange abgelagerten Leder und die zugehörigen 0-Proben 2 verschiedene Deckfarbenaufträge unter Zugrundelegung bewährter Rezepturen, wurden nochmals eine Woche gelagert und dann vergleichsweise hinsichtlich Haftfestigkeit und Dauerbiegefestigkeit der Deckschichten geprüft.

Die Ergebnisse der verschiedenen Untersuchungen (Tabelle 9) zeigten, dass die physikalischen Eigenschaften der Leder durch Lagerung in diesem Stadium keine grundsätzlichen Änderungen erfahren haben. Die Differenzen zwischen den Werten der gelagerten Leder und der Vergleichsleder sind nur gering und von unterschiedlicher Tendenz, so dass sie nur auf strukturelle Unterschiedlichkeiten zurückzuführen sind. Auch beim Auftragen der Deckschichten haben sich keine Schwierigkeiten ergeben, bei der Prüfung der Deckschichten hinsichtlich Dauerbiegefestigkeit traten bis zu 50 000 Knickungen keinerlei Beschädigungen auf und die Werte für die Haftfestigkeit differierten nur geringfügig und nicht mit einheitlicher Tendenz, so dass auch hier kein grundsätzlicher Einfluss der Zwischenlagerung auf die Ledereigenschaften ersichtlich ist. Leder können also in diesem Stadium der Herstellung ohne Bedenken für die Lederqualität beliebig lange gelagert werden.


Tabelle 9


6. Zusammenfassung

Untersuchungen über den Einfluss einer Lagerung der Leder während der Herstellung auf die Lederqualität haben die folgenden Feststellungen ergeben:

1. Lagerung von Chromleder im nassen Zustand nach der Chromgerbung. Die Lagerzeiten sollten möglichst kurz gehalten werden. Lassen sich längere Lagerzeiten nicht vermeiden so empfiehlt sich, die Leder am Ende der Chromgerbung gut abzustumpfen (Vermeidung von Säureschäden) und dann möglichst bald abzuwelken bzw. noch besser auszuwaschen und abzuwelken, um Strukturverschlechterungen auf ein Mindestmaß zu beschränken.

2. Lagerung von Chromleder im nassen Zustand nach der Nasszurichtung. Hier haben sich mit zunehmender Lagerdauer keine nachteiligen Einflüsse ergeben, Griff, Dehnbarkeit und Geschmeidigkeit wurden durch eine bessere Fettverteilung günstig beeinflusst. Nur bei den mit pflanzlichen Gerbstoffen nachgegerbten Ledern trat mit zunehmender Lagerung eine gewisse Verminderung der Strukturfestigkeit ein.

3. Lagerung nicht zugerichteter pflanzlich gegerbter Leder im trockenen Zustand. Längere Lagerung in diesem Zustand ergibt für die Lederqualität keine Vorteile. Ist sie aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich (Crustleder), so ist zweckmäßig, die Ausgerbung mit pflanzlichen Gerbstoffen nicht zu intensiv vorzunehmen und die Leder vor dem Auftrocknen gut auszuwaschen, da sich sonst nachteilige Einflüsse auf die spätere Entgerbbarkeit und damit auf Farbton und Lichtechtheit der fertigen Leder ergeben.

4. Lagerung der Leder vor dem Stollen. Vom Standpunkt der Lederqualität ist ein gründliches Auftrocknen und eine Trockenlagerung vor dem Stollen nicht erforderlich, im Hinblick auf die Rationalisierung des Arbeitsablaufes wäre zweckmäßiger, vor dem Stollen lediglich den Feuchtigkeitsgehalt zu egalisieren. Wenn in der Praxis heute vor dem Stollen völlig aufgetrocknet und dann wieder angefeuchtet wird, so nur, um eine einheitliche Stollfeuchte zu erreichen.

5. Lagerung der trockenen Leder nach dem Stollen und Wiederauftrocknen. Die Leder können in diesem Stadium auf einem Zwischenlager beliebig lange gelagert werden, ohne dass sich daraus Vor- oder Nachteile für die spätere Endzurichtung und für die Lederqualität ergeben würden.

Wir danken dem Bundesministerium für Wirtschaft herzlich für die uns über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AIF) zur Verfügung gestellte finanzielle Unterstützung dieser Arbeit.


Literaturverzeichnis

1. Eine gute Zusammenfassung der verstreut zu findenden Literatur gibt F. Stather, Gerbereichemie und Gerbereitechnologie, Berlin 1967, 331—342.

2. F. Stather, ebenda S. 438-439 und 499-500.

3. H. Herfeld, I. Steinlein und G. Königfeld, Gerbereiwissenschaft und -praxis November 1962.

4. F. Stather, ebenda S. 554—563.

5. H. Herfeld und W. Pauckner, Das Leder 1968, 84, 101.

6. A. E. Russell und D. R. Cooper, JSLTC 1975, 41.

7. Vergl. z. B. H. Herfeld, K. Schmidt und J. Muser, Gerbereiwissenschaft und -praxis September/Oktober 1973.

8. Vergl. z. B. Das Leder 1967, 212.

9. W. Pauckner, Das Leder 1972, 192.



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