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11 Verwertungsmöglichkeiten von Leimleder aus dem Jahre 1961

11 Verwertungsmöglichkeiten von Leimleder aus dem Jahre 1961

Sonderdruck aus „LEDER- UND H Ä U T E M A R K T„, Beilage „Gerbereiwissenschaft und Praxis“, Januar und Februar 1961

Untersuchungen über die Verwertung von Gerbereiabfallprodukten I

Von H. Herfeld und W. Pauckner

Aus der Versuchs- und Forschungsanstalt für Ledertechnik der Westdeutschen Gerberschule Reutlingen

Der Absatz von Leimleder hat in den letzten Jahren zeitweise erhebliche Schwierigkeiten bereitet, da der Anfall höher lag, als er dem Bedarf der Hautleimfabriken entsprach. Außerdem ist zu befürchten, daß im Laufe der Jahre pflanzliche und synthetische Klebstoffe dem Hautleim zunehmende Konkurrenz bereiten. Während handgeschorenes Leimleder, Spaltabfälle und Hautabschnitte stets absetzbar waren, bezogen sich die zeitweisen Schwierigkeiten in erster Linie auf Maschinenleimleder mit seinen geringeren Leimausbeuten und seiner schwierigeren Handhabung. Daß trotzdem noch große Mengen Leimleder eingeführt werden, steht damit nicht im Widerspruch, da es sich hierbei vorwiegend um handgeschorenes Leimleder handelt. Andererseits müssen die in der Bundesrepublik anfallenden beträchtlichen Mengen an Maschinenleimleder, die mit 400 t im trockenen Zustand monatlich geschätzt wurden 1), unbedingt entfernt werden, zumal eine Stapelung oder Verkippung auf Halden für ein so fäulnisfähiges Produkt ausscheidet. Daher war zu klären, ob andere Verwendungsmöglichkeiten unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen Aussicht auf Erfolg haben könnten.

Dabei war in erster Linie an die Verarbeitung zu Düngemittel oder Tierfuttermittel und eine Vergärung zur Methangasgewinnung zu denken, während alle anderen Möglichkeiten wie die Gewinnung bestimmter Aminosäuren, Mitverwendung zur Herstellung von Emulgatoren usw., wenn überhaupt möglich, nie gestatten, die großen anfallenden Mengen abzusetzen. Die Verwendung als Düngemittel lag auf der Hand.

Über die Verwendung als Tierfuttermittel lagen Angaben vor, daß in Japan Leimleder mit Getreide vermischt und fermentiert für Futterzwecke verwendet wird 2), und daß in Amerika aus Leimleder pastenförmige Protein-Fett-Emulsionen zur Geflügelfütterung hergestellt und mit sehr gutem Erfolg verwendet werden. Für die Vergärung seien schließlich die in der Landwirtschaft verwendeten Biogasanlagen zur Vergärung von Stallmist als Beispiel angeführt. Aufgabe der durchgeführten Untersuchungen war, zu prüfen, welche der angeführten drei Möglichkeiten für eine Verwertung von Leimleder überhaupt möglich und unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen gangbar sind.

1. Beschaffenheit von Maschinenleimleder

Um einen Überblick über die nach Rohhautbeschaffenheit und betrieblichen Äscherbedingungen stark wechselnde Zusammensetzung des Maschinenleimleders zu erhalten, wurde die Zusammensetzung von 17 Produkten unterschiedlicher Herkunft untersucht. Die erhaltenen Werte, die bei dem außerordentlich unterschiedlichen Material stets Mittelwerte mehrerer Untersuchungen darstellen und nur als ungefähre Durchschnittswerte gewertet werden können, sind in Tabelle 1 nach steigendem Trockensubstanzgehalt geordnet und zeigen außerordentlich starke Schwankungen von 11-54% Trockensubstanz. Die starken Schwankungen im Wassergehalt laufen im wesentlichen mit dem Fettgehalt (6 - 78%) parallel, mit zunehmendem Fettgehalt sinkt erwartungsgemäß der Wassergehalt ab. In Übereinstimmung damit lag innerhalb der Trockensubstanz naturgemäß auch der prozentuale Anteil an Hautsubstanz zwischen 8 und 81% um so niedriger, je höher der Fettgehalt war, also auch das Verhältnis von Eiweißsubstanz und Fett zueinander schwankt in ganz erheblichen Grenzen. Die Stickstoffwerte sind in Tabelle 1 sowohl als Hautsubstanz mit dem Umrechnungsfaktor von 5,62 als auch als Proteingehalt nach dem in der Futtermittelindustrie üblichen Umrechnungsfaktor von 6,25 ausgewertet, obwohl der letztere Faktor bei Leimleder eigentlich nicht gerechtfertigt ist.

Je nach den betrieblichen Arbeitsbedingungen schwanken die Aschegehalte in weiten Grenzen zwischen 3 und 33% auf Trockensubstanz, wobei es sich im wesentlichen um Äscherchemikalien handelt. Die Werte liegen tatsächlich noch höher, da der Kalk in der Asche als Oxyd erfaßt wird, in den Trockenprodukten aber im wesentlichen als Karbonat vorliegen dürfte. Die pH-Werte des wässrigen Auszugs zeigen Schwankungen zwischen 6 und 12. Der Gehalt an Schwefelnatrium lag bei den meisten Proben nicht über 0,1% und nur bei der Probe Nr. 1 (Kalbleimleder) war ein sonst bei keiner Probe wieder gefundener höherer Sulfidgehalt von 0,43% festzustellen. Diese Feststellung war zunächst unerwartet, bestätigte sich aber auch bei allen späteren Aufbereitungsversuchen und rechtfertigt die Folgerung, daß die Sulfide schon beim Trocknen des Leimleders bei erhöhter Temperatur praktisch vollständig zu Sulfat oxydiert werden.

In diesem Zusammenhang sei besonders auf die Proben 13, 14 und 17 hingewiesen, bei denen es sich um sogenanntes Streckfleisch (Schabefleisch, Schabsel) handelt, das beim Strecken zwischen oder nach dem Weichen anfällt. Diese Produkte besitzen eine besonders günstige Beschaffenheit, weil die Äscherchemikalien fehlen, die Fettgehalte relativ hoch liegen, und das Fett vor allem in noch unverseifter und damit leicht extrahierbarer und technisch gut verwertbarer Form vorliegt, während es in den Leimledern zum erheblichen Teil in der schlecht verarbeitbaren Form der Kalkseife vorhanden ist. Außerdem zeigte sich bei den später zu behandelnden Aufbereitungsversuchen, daß die Gefahr der Verleimung bei Wärmetrocknung wegen des fehlenden Äscheraufschlusses wesentlich geringer war, was die Aufbereitung erheblich erleichterte, während aus dem gleichen Grunde Schabefleisch von den Leimfabriken nicht gern übernommen wird, zum mindesten nicht im Gemisch mit Leimleder, da es länger gekalkt werden muß. Soweit es möglich ist, Leimleder bereits in Form des Streckfleisches zu gewinnen, ist das für die Aufbereitung von wesentlichem Vorteil. Die Werte der Tabelle 1 charakterisieren die Aufgaben bei der Aufbereitung von Leimleder für die eingangs angeführten Verwendungszwecke, wobei betont sei, daß in Deutschland für pastenförmige Emulsionen für Futterzwecke kaum Absatzmöglichkeiten bestehen, sondern die Mehlform wegen ihrer besseren Haltbarkeit, des leichteren Transportes und der eleganteren Handhabung in der Landwirtschaft bevorzugt wird. Das bedeutet, daß beträchtliche Mengen an Wasser entfernt werden müssen, und die Ausbeute bei gleichem Arbeitsaufwand je nach Trockensubstanzgehalt in weiten Grenzen schwankt, wodurch die wirtschaftliche Seite des Problems charakterisiert ist. Zum anderen ist eine Entfettung erforderlich, da in Deutschland bei Tierkörpermehlen für Fütterungszwecke der Fettgehalt nicht über 10% liegen darf8), und bei Düngemitteln sogar Fettgehalte nicht über 3-4% erwünscht sind, da sonst bei wiederholter Verwendung unter Umständen mit einer Verfettung des Bodens und dadurch mit einer Verminderung der Atmungsfähigkeit und der Bakterienentwicklung im Boden gerechnet werden muß. Schließlich war zu prüfen, wie sich die teilweise hohen pH-Werte und hohen Mineralstoffgehalte bei den verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten auswirken, ob eine besondere Reinigung (Waschen, Neutralisieren) notwendig ist, und ob der nur noch sehr geringe Gehalt an Schwefelnatrium noch zu Schwierigkeiten Veranlassung geben kann. Diese Aufzählung zeigt die vielseitigen Probleme einer Aufbereitung des Leimleders für Dünge- und Futterzwecke, und es lag daher nahe, zunächst die Frage der Methangasvergärung zu prüfen, da für sie eine besondere Aufbereitung nicht erforderlich sein würde.

2. Methangasvergärung

Es war zu klären, ob Leimleder durch Vergärung zur Gewinnung von Methangas für Heiz- und Kraftzwecke verwendet werden kann. Solche Verfahren liegen bereits für die Verarbeitung von Stallmist und anderen landwirtschaftlichen Abfallprodukten auf landwirtschaftlichen Gütern in Biogasanlagen, für die Aufbereitung von städtischem Abwasserschlamm und für die Verwertung bestimmter organischer Abfallstoffe der Industrie namentlich mit hohem Kohlehydratgehalt vor, während eindeutige Erfahrungen mit vorwiegend eiweißhaltigen Abfällen nicht in Erfahrung gebracht werden konnten. Die vorgenommenen Versuche, die in Zusammenarbeit mit dem Institut für Wasser-, Boden- und Lufthygiene in Berlin - Dahlem (Prof. Dr. Meinck) durchgeführt wurden, sollten daher klären, ob ein solches Verfahren bei Leimleder möglich ist und wirtschaftlich gestaltet werden kann, wobei festzustellen war, ob und wie das Leimleder vorbehandelt werden muß, welches Zumischungsverhältnis bei kontinuierlicher Arbeitsweise zu der in Faulung begriffenen Mischung nicht überschritten werden darf, ob sich die Anwesenheit von unneutralisiertem Kalk und Schwefelnatrium ungünstig auswirkt, wie das Faulgas nach Menge und Zusammensetzung beschaffen ist, welche Mengen an Rückständen entstehen und welche Eigenschaften sie besitzen.

Für die Faulversuche wurde ein normales unbehandeltes Leimleder mit einem Wassergehalt von 85%, einem pH-Wert um 11 und 16-17% Asche (Glührückstand) auf Trockensubstanz bezogen verwendet. Voruntersuchungen auf Fäulnisfähigkeit ergaben, daß das Leimleder sehr keimarm und in der vorliegenden alkalischen Form der fauligen Zersetzung nicht ohne weiteres zugänglich war. Erst wenn bei längerer Lagerung der freie Kalk in Karbonat übergeführt, und damit die alkalische Reaktion vermindert war, war eine eindeutige Fäulnisfähigkeit festzustellen.

Bei den durchzuführenden Versuchen war das Leimleder in der angelieferten Form wegen seiner großlappigen Beschaffenheit und heterogenen Zusammensetzung für Faulversuche im Kleinen unbrauchbar, und auch für das Arbeiten im großtechnischen Maßstab, bei dem es auf eine rasche Durchdringung der Masse mit der am Abbau mitwirkenden Bakterienflora ankommt, dürfte es sich ohne Vorbehandlung nicht eignen. Daher wurde es bei allen Versuchen zunächst mit einer abgemessenen Wassermenge erhitzt, und dabei eine weitgehende Verflüssigung zu einer stark trüben, an suspendierten Teilchen reichen Lösung erhalten, die sich durch kräftiges Schütteln für den praktischen Zweck ausreichend homogenisieren ließ. Für eine großtechnische Verwendung dürfte dieses Verfahren allerdings zu kostenaufwendig sein. Wir glauben, daß das Problem einer genügenden mechanischen Zerkleinerung durchaus lösbar ist, haben aber bei den erhaltenen ungünstigen Ergebnissen der Faulungsversuche diesen Weg nicht weiter verfolgt.

Bei den ersten Faulungsversuchen wurde das Leimleder zur Klärung der Frage etwaiger störender Einflüsse bei der Faulung ohne vorherige Neutralisation in Mischung mit ausgefaultem, nicht mehr gasendem Abwasserklärschlamm in verschiedenem Mischungsverhältnis der Faulung unterworfen, und die entwickelte Gasmenge gemessen. Dabei wurde indessen praktisch keine Gasentwicklung erreicht, wenn das Leimleder für sich oder in Mischung von nur 5 bzw. 10 Teilen Faulschlamm mit 90 bzw. 95 Teilen der wäßrigen Leimlederdispersion verwandt wurde, da die puffernde Wirkung dieser geringen Faulschlammmengen nicht ausreichte, um die Hemmwirkung der im Leimleder enthaltenen Chemikalien genügend abzuschwächen und die Faulung in Gang zu bringen. Bei größeren Faulschlammzusätzen war dagegen eine Gärung zu erreichen. Die aus Bild 1 ersichtlichen Gasmengen nach verschiedenen Zeiten, die im ml auf gleiche Gewichtseinheit Leimleder bezogen sind, zeigen, daß in der Mischung von 75 Teilen Leimlederbrühe und 25 Teilen Faulschlamm die Faulung, an der Gasentwicklung gemessen, erst am 6. Tag einsetzte, bei den übrigen Ansätzen mit höherer Faulschlammenge schon rascher. Die Gasmengen liegen um so günstiger, je mehr Faulschlamm gleichzeitig anwesend war, je weiter also durch die Verdünnung mit Faulschlamm der fäulnishemmende Einfluß der alkalischen Reaktion des Leimleders zurücktritt. Gemessen an der Gasbildung lief die Faulung aber erst bei dem Versuch h mit nur 5% Leimleder und 95%) Faulschlamm ungehemmt. Aus diesen Feststellungen ergab sich die Frage, ob durch vorherige Neutralisation des Leimleders dessen Hemmwirkung vermindert und die Faulung so weit verbessert werden kann, daß, abgesehen von der anfänglichen Impfung, auf eine Zumischung wesentlicher Mengen von Faulschlamm verzichtet werden könne. Das Leimleder wurde daher bei weiteren Versuchen nach dem Aufkochen mit Wasser mit Salzsäure neutralisiert und nach Beimpfung mit nicht mehr gasendem Faulschlamm (1 : 20) einer Faulung bei konstanter Temperatur von 30 C unterzogen. Die Ganglinie der Gasentwicklung zweier Parallelansätze (Bild 2, Ansatz I und II), zeigt nach einer kurzen Periode der Adaptation den üblichen steilen Anstieg und ein sich über mehrere Wochen erstreckendes allmähliches Abfallen, wie es für Faulvorgänge ohne ständige Zumischung charakteristisch ist. Das Leimleder ist also nach Neutralisation leicht zersetzlich und der Faulung zugänglich. Allerdings lag die pro kg trockener organischer Substanz erreichte Gasmenge wesentlich unter 0,1 m3 und damit wesentlich niedriger als bei den normalen Ausbeuten in städtischen Klärschlammanlagen (0,35 - 0.55 m3/kg). Offenbar findet unter diesen Bedingungen der Faulung nur eine Teilzersetzung des Leimleders statt, und in Verbindung damit wies das Endprodukt der Fäulnis einen jaucheartigen Charakter von übelkeitserregendem Gestank auf, worauf wir unten noch zurückkommen. Schließlich wurde in einem weiteren Versuch über mehrere Monate die Faulung bei kontinuierlicher Einspeisung von Leimleder untersucht. Dabei wurden täglich abgemessene Mengen der Leimlederbrühe in einen nur anfänglich mit Faulschlamm beschickten Faulraum eingespeist und andererseits entsprechende Mengen des Faulrauminhalts abgezogen. Die Leimlederbrühe wurde nicht vorher neutralisiert, um festzustellen, ob unter Bedingungen der Praxis die Pufferwirkung des Faulrauminhalts und die neutralisierende Wirkung der gebildeten Kohlensäure auf die Dauer ausreichen, um den hemmenden Einfluß des hohen pH-Wertes zu überwinden. Die Faultemperatur betrug wieder 30 C. Während der ersten 23 Tage des Versuchs wurden täglich 50 ml Leimlederbrühe eingespeist, die Menge wurde dann in den folgenden 22 Tagen auf 100 ml und während der letzten 33 Tage auf 200 ml erhöht, um festzustellen, mit welcher Belastung des Faulraumes gearbeitet werden kann, ohne die kontinuierliche Faulung zu stören. Die entwickelten Gasmengen, die pH-Werte, der Permanganatverbrauch und der biochemische Sauerstoffbedarf des Faulschlamms sind in Bild 3 dargestellt. Aus diesen Werten ergeben sich wesentliche Folgerungen:

1. Die alkalische Reaktion der Leimlederbrühe macht sich bei der kontinuierlichen Faulung nicht störend bemerkbar, der pH-Wert lag schon nach einem Tag bei 6,8 und hielt sich während der ganzen Versuchsdauer auch bei gesteigerter Einspeisung im Bereich von pH 6.8 - 7,5.

2. Gemessen am biochemischen Sauerstoffbedarf, der in der ursprünglichen Brühe 47000 mg/1 betrug, ging die Abbauleistung der Faulanlage selbst während der geringsten Belastung kaum über 40% hinaus. Beim Permanganatwert, der anfangs 32 800 mg/1 betrug, war die Abnahme zwar etwas günstiger, aber auch hier blieb noch ein extrem hoher Endwert erhalten. Die BSB 5 - Werte waren etwa 100 mal, die Permanganatwerte etwa 25 mal höher als in normalen städtischen Abwasserschlammanlagen. Das Leimleder unterliegt also nur einem Teilabbau, größere Mengen zersetzungsfähiger Stoffe ließen sich unter den Versuchsbedingungen nicht biologisch abbauen. In Übereinstimmung mit diesem geringen Wirkungsgrad der Faulung war die ausgefaulte Leimlederbrühe im Gegensatz zu ausgefaultem städtischem Klärschlamm, der praktisch geruchlos ist, sehr übelriechend und ähnelte der Jauche von Dunglegen, so daß eine Verwertung erneute Schwierigkeiten bewirken würde.

3. In Zusammenhang mit dem verhältnismäßig geringen Wirkungsgrad der Faulung waren auch die entwickelten Gasmengen sehr klein und wurden mit zunehmender Belastung des Faulraums kaum gesteigert. Sie lagen zwischen 7 und 30 1 je kg organischer Trockensubstanz, während die entsprechenden Gasausbeuten in Klärschlammfaulanlagen zwischen etwa 350 und 550 1 je kg organischer Substanz liegen. Das entwickelte Gas bestand zu etwa 40% aus Kohlensäure und 60% aus Methan, was etwa der Zusammensetzung normaler Faulgase entspricht. Daneben waren aber 3-5% Schwefelwasserstoff im Faulgasgemisch vorhanden. Schließlich bildeten sich bei der Faulung beträchtliche Mengen an Ammoniak, die allerdings durch die entwickelte Kohlensäure neutralisiert wurden. Während des letzten Versuchsstadiums traten sehr starke Schwankungen der täglichen Gasmenge ein, was als erstes Anzeichen des beginnenden Versagens der Anlage bei höheren Leimlederzusätzen zu werten ist.

4. Im Laufe der Zeit setzte sich auf der Sohle des Faulraumes ein schwerer und dichter Sinkschlamm vorwiegend aus Calciumkarbonat ab, der sich durch Umsetzung des im Leimleder enthaltenen Äscherkalkes mit der Kohlensäure der Faulgase bildete. Bei Abbruch der Versuche war der Inhalt des Faulraumes etwa zur Hälfte mit diesem grau-weißen kompakten und biologisch inerten Schlamm angefüllt. Außerdem bildete sich auf der Oberfläche des Faulrauminhalts eine an Stärke immer mehr zunehmende Schwimmdecke aus Fettsubstanzen, die zwar durch Schütteln und Umschwenken regelmäßig zerstört wurde, sich aber immer wieder ausbildete, so daß die Anlage im praktischen Betrieb mit Umwälzeinrichtung versehen oder das Fett vorher entfernt werden müßte.

Bei der geringen Menge an entwickeltem Gas und dem gleichzeitigen Anfall eines stark riechenden Endproduktes der Faulung, das in dieser Form wegen seines üblen Geruchs und seines hohen Sauerstoffbedarfs nicht ohne weiteres in öffentliche Gewässer eingeleitet werden kann, sondern, wenn es nicht als Jauche verwendet werden kann, nochmals einer besonderen Reinigung unterzogen werden müßte, schien der Weg einer Methangasgewinnung aus Leimleder unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen nicht gangbar zu sein, zum mindesten nicht bei Alleinverwendung. Die Verhältnisse liegen hier grundsätzlich anders als bei der Verarbeitung von Stallmist in Biogasanlagen, wo es sich um eine bakterielle Vergärung der Zellulose des Streues unter Abbau zu Methan und Kohlensäure handelt, während die gleichzeitig anwesenden Stickstoffsubstanzen teils in wasserlösliche Form umgewandelt werden, an der eigentlichen Vergärung aber nur beschränkt teilnehmen und nachher für Düngezwecke verwendet werden, so daß Stickstoffverluste überhaupt unerwünscht sind 4). Es mag möglich sein, Leimleder anteilig zusammen mit kohlehydratreichen Abfällen oder mit Abwasserschlamm in städtischen Schlammfaulanlagen zu verarbeiten, aber dieser Weg wird nur in seltenen Fällen praktisch gangbar sein, so daß wir ihn nicht weiter verfolgt und die Möglichkeit einer Vergärung von Leimleder zur Methangasgewinnung bei den weiteren Betrachtungen ausgeschieden haben.

3. Aufbereitung des Leimleders für Dünge- und Futtermittel

Nachdem die Versuche der Methangasvergärung nicht befriedigten, mußte die Aufbereitung für Dünge- und Tierfuttermittel untersucht werden, wobei aus preislichen Gründen der Verarbeitung zu Futtermitteln der Vorzug zu geben ist. Für diese Aufbereitung war die Umwandlung des Leimleders in ein handliches pulverisiertes Produkt anzustreben, wobei der Fettgehalt verhältnismäßig niedrig liegen muß, und zwar bei Futtermitteln nicht über 10% 3), bei Düngemitteln nicht über 3-4%. Außerdem müssen die Futtermittel mindestens 50% Protein (Umrechnungsfaktor 6.25) enthalten, und die vorhandenen Proteine müssen bei der laboratoriumsmäßigen Verdaulichkeitsprüfung mit Pepsin zu mindestens 85% verdaulich sein 3). Schließlich war zu prüfen, inwieweit Restgehalte an Äscherchemikalien und eine mehr oder weniger hohe Alkalität von Nachteil für diese Verwendungszwecke sein können. Unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit mußte die Frage der Verminderung der beträchtlichen Wassergehalte nach den Werten der Tabelle 1 erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Bei Produkten mit über 25% Trockensubstanz kann eine wirtschaftlich tragbare Aufbereitung als mit Sicherheit gewährleistet angenommen werden, während sie bei Leimledern, deren Trockensubstanzgehalt unter 20% oder gar 15% liegt, zunächst fraglich erscheinen mußte. Wir haben daher zahlreiche Versuche mit dem Ziel durchgeführt, den Wassergehalt vor der Verarbeitung herabzusetzen. Alle Versuche, dieses Ziel durch mechanisches Abpressen zu erreichen, verliefen indessen negativ. Wir haben ferner das Leimleder zunächst neutralisiert, um eine mit der Quellung verbundene Wasserbindung aufzuheben, und wir haben die Proben mit Formalin behandelt, ohne daß sich dadurch eine nennenswerte Verbesserung beim nachfolgenden mechanischen Abpressen erreichen ließ. Die mit Formalin behandelten Proben waren zwar als Folge einer Formalinhärtung leichter zu handhaben, nicht mehr so glitschig und schienen sich auch trockener anzufühlen, doch bewies die Wasserbestimmung das Gegenteil. Verwendung von Wärme zur Trocknung in den Lederfabriken würde dagegen nur eine Verlagerung der Mehrkosten des Trocknens von den Verwertungsstellen in die Lederfabriken bedeuten und preislich kaum vergütet werden. Ein wesentlicher Fortschritt wurde dagegen bei Versuchen von Küntzel und Heidemann 5) mit einer Schneckenpresse der Firma Kraus-Maffei 6) erreicht. Ohne auf die Einzelheiten dieser Versuche hier einzugehen, sei lediglich erwähnt, daß nach uns gemachten Mitteilungen dabei der Wassergehalt von 83% auf 66-67'%. in einem anderen Versuch sogar auf 62% vermindert werden konnte. Dieser Effekt würde voll ausreichen, um auch Leimleder mit höherem Wassergehalt unter wirtschaftlichen Bedingungen aufbereiten zu können. Die Anschaffungskosten der Presse in kleiner Ausführung liegen in Eisenausführung bei DM 6 280,-, bei V2A - Stahlausführung bei DM 9 250,- bei einer Stundenleistung von 150-200 kg. Es wird zu prüfen sein, ob die anfallenden Kosten an Strom und Arbeitslohn den erreichten Mehrwert und die Einsparung an Transportkosten aufwiegen. Weitere laboratoriumsmäßige Aufbereitungsversuche hatten das Ziel, die Beschaffenheit unterschiedlicher Aufbereitungsprodukte zu ergründen. Die Ansätze von 12 verschiedenen Versuchen, bei denen das Leimleder stets ohne vorheriges Waschen mit verschiedener Vorbehandlung verarbeitet und nach Trocknung und Entfettung zu einem feinen Pulver vermählen wurde, sind aus Tabelle 2 ersichtlich. Die Werte zeigen, daß alle Produkte mit Ausnahme des Versuches 1, bei dem nicht entfettet wurde, den oben angeführten Forderungen hinsichtlich Fett- und Proteingehaltes für Futterzwecke entsprechen, die Proteinwerte lagen sogar zumeist erheblich über den geforderten Mindestwerten. Die Aschewerte schwankten je nach der Vorbehandlung zwischen 13 und 29%, und lediglich bei Versuch 11 mit einem nach dem Weichen gewonnenen Schabefleisch lag er bei nur 4,4%, wodurch gleichzeitig der Proteingehalt sogar über 90% erhöht wurde. Die Sulfidmenge wurde während des Trocknens praktisch restlos oxydiert. Die Restmengen lagen stets unter 0,1% und sind in dieser Höhe, wie spätere Dünge- und Fütterungsversuche gezeigt haben, nicht zu beanstanden. Die pH-Werte schwankten im Bereich von 6-9. Die Verdaulichkeit mit Pepsin lag bei allen Produkten über 90% der insgesamt vorhandenen Proteine, nur bei den wegen unserer Entwässerungsversuche mit Formalin behandelten Proben 2 und 3 trat ein sehr starkes Absinken der Verdaulichkeit ein. Eine Formalinbehandlung muß daher für Futterzwecke grundsätzlich ausscheiden. Der etwas geringere Proteingehalt der Probe 12 resultiert daraus, daß die im Sterilisator erhaltene Flüssigkeit nicht eingedampft, sondern abgegossen wurde.

Die Produkte der 12 laboratoriumsmäßigen Aufbereitungen wurden für die ersten Dünge- und Fütterungsversuche verwendet. Über die Ergebnisse dieser Versuche wird später berichtet, hier sei lediglich so viel angeführt, daß die geringen Sulfidmengen dabei keinen nachteiligen Einfluß ergaben und daß auch die verschiedenen Vorbehandlungen keinerlei Vorteile erkennen ließen. Auch höhere pH-Werte haben sich nicht nachteilig ausgewirkt, zumal im Falle des Einsatzes als Futtermittel nur eine anteilige Mitverwendung in Betracht kommt. Das bestätigte unsere Auffassung, daß auf eine vorherige Reinigung der aufzubereitenden Leimleder und auf pH-Einstellungen verzichtet werden kann, so daß die weiteren halbtechnischen und großtechnischen Aufbereitungsversuche sich nur mit der Entwässerung und einer genügenden Entfettung zu befassen hatten. Für die großtechnische Aufbereitung unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen war es naheliegend, sich der Methoden und Einrichtungen der Tierkörperverwertungsanstalten zu bedienen, die über das ganze Gebiet der Bundesrepublik verstreut, also für die meisten Lederfabriken relativ frachtgünstig liegen, und deren Aufgabe es ist, Tierkörper, die nicht für die Ernährung geeignet sind, unter Gewinnung wirtschaftlich verwertbarer Erzeugnisse (Tierkörperfett und Tierkörpermehl) zu verarbeiten 3). Sie besitzen entsprechende Apparaturen, sind über die Anforderungen an das Fertigprodukt unterrichtet und verfügen über entsprechende Verkaufsorganisationen. Sie arbeiten mit Gewinn, wobei bei der Verarbeitung von Tierkörpern die Ausbeute an lufttrockenem Tierkörpermehl und Tierkörperfett zusammen mindestens 30% beträgt, während bei geringeren Ausbeuten die Rentabilität der Aufbereitung leiden muß, da die anfallenden Kosten für gleiche Mengen an Rohmaterial unabhängig von deren Wasser- und Festsubstanzgehalt etwa die gleichen bleiben. Die Frage der rentablen Aufbereitung hängt daher mit dem Wassergehalt des zu verarbeitenden Leimleders engstens zusammen, weshalb der erwähnten mechanischen Entwässerung mittels Maffei-Presse besondere Bedeutung zukommt.

Wir haben zunächst tastende Großversuche mit 2 to Leimleder in einer HEB-Anlage 3) durchgeführt, in der auf dem Prinzip der Naßextraktion unter Verwendung von Perchloräthylen zugleich entfettet und entwässert wird. Dabei wird der Behandlungskessel nach Einfüllen des Rohmaterials mit Perchloräthylen gefüllt, unter ständigem Rühren auf 80-90° erhitzt, und dabei ein beträchtlicher Teil des vorhandenen Fettes gelöst. Es bilden sich dabei im Kessel drei Schichten, als unterste Zone die Fett-Perchloräthylen-Micella, darüber schwimmend das feste Leimleder und als leichteste Phase eine geringe Wasserzone. Nachdem die Micella abgelassen ist und nach Filtration in besonderen Apparaten zur Fettgewinnung und Rückgewinnung des Perchloräthylen verarbeitet wird, wird erneut Perchloräthylen zugegeben, und durch Erhitzen ein azeotropes Gemisch von Wasser und Perchloräthylen, das bei etwa 85 C übergeht, abdestilliert. Sobald die Temperatur der übergehenden Dämpfe 100 übersteigt, ist mit Sicherheit alles Wasser entfernt, die Erhitzung wird abgebrochen, die sich als unterste Schicht erneut angesammelte Fett-Perchloräthylen-Micella abgelassen und das nunmehr entwässerte und entfettete Leimleder durch Ausdampfen vom restlichen Perchloräthylen befreit, so daß ein fett- und wasserfreies Produkt zurückbleibt, das nach der Entleerung lediglich noch gemahlen werden muß.

Die ersten großtechnischen Tastversuche haben gezeigt, daß Leimleder in dieser Apparatur einwandfrei aufbereitet werden kann, wobei ein normales Mehl erhalten wurde, das, wie die Werte der Tabelle 4 zeigen, eine einwandfreie Zusammensetzung aufwies. Allerdings war die Fettbeschaffenheit schlecht, worauf unten noch eingegangen wird. Grundsätzlich ist aber die Aufbereitung in solchen Anlagen möglich. Im Anschluß an diese Feststellung waren zunächst halbtechnische Versuche durchzuführen, um für die Aufarbeitung von Leimleder in HEB-Anlagen den Einfluß verschiedener variabler Faktoren zu klären, bevor weitere Großversuche durchgeführt wurden. Diese halbtechnischen Versuche wurden bei den Harburger Eisen- und Bronzewerken in Hamburg-Harburg durchgeführt, die die HEB-Anlage herstellen und eine halbtechnische Anlage mit einem Fassungsvermögen von 2 kg besaßen, die in Aufbau und Arbeitsweise den großtechnischen Anlagen entsprach und halbtechnische Aufbereitungsversuehe unter entsprechenden Variationen durchzuführen gestattete. Für diese Versuche wurden 4 verschiedene Maschinenleimleder, ein Spaltleimleder und ein nach der Weiche gewonnenes Schabefleisch herangezogen, und zwei grundsätzlich verschiedene Arbeitsweisen angewandt, wobei die Gesamtdauer der Aufbereitung stets bei 2-3 Stunden lag.

1. Das Rohmaterial wurde zunächst 1/2 Stunde bei 130° und 2 Atü Druck gekocht, erst dann das Perchloräthylen zugegeben und in üblicher Weise entfettet und entwässert.

2. Das Perchloräthylen wurde sofort zugegeben und erhitzt, bis die Temperatur auf etwa 105° gestiegen war, ein Zeichen dafür, daß alles Wasser entfernt war. Erst dann wurde entfettet.

Insgesamt wurden 14 verschiedene Aufbereitungsversuche durchgeführt, die Art der Durchführung, die Ausbeuten und die Beschaffenheit der Tierkörpermehle sind aus Tabelle 3 ersichtlich, zugleich mit einem Hinweis auf die Zusammensetzung der verarbeiteten Rohmaterialien in Tabelle 1, wobei deren Trockensubstanzgehalte zwischen 13 und 39% schwankten. Die ersten drei Versuche, die sich auf die Verarbeitung von Schabefleisch beziehen, ließen in der Durchführung keine grundsätzlichen Unterschiede der beiden Arbeitsverfahren erkennen. Die Ausbeute entsprach bei allen drei Versuchen mit rund 40% dem theoretischen Wert und war daher wirtschaftlich sehr günstig. Die Mehle waren von einwandfreier Beschaffenheit, und ihre analytischen Daten entsprachen den geforderten Werten. Der verhältnismäßig hohe Fettgehalt bei Versuch 2 ist darauf zurückzuführen, daß bei diesem Versuch die Intensität der Entfettung zur Kosteneinsparung zurückgesetzt wurde, was sich indessen nicht bewährte. Die extrahierten Fette waren von schöner hellgelber Farbe, hatten eine sehr geringe Säurezahl und sind leicht abzusetzen. Hier wären beide Arbeitsweisen anzuwenden, das Schabefleisch ist, da es keine alkalische Behandlung erfahren hat, gegenüber der Einwirkung höherer Temperatur viel resistenter als Leimleder. Bei der Verarbeitung der verschiedenen Leimlederproben war dagegen die Ausbeute je nach dem Wassergehalt des Leimleders stark unterschiedlich. Sie lag teilweise, wie bei den Versuchen 6, 11-13 günstig, bei den Versuchen 9 und 10 war sie wegen des hohen Wassergehaltes des verarbeiteten Leimleders (87,4%) außerordentlich gering, in allen anderen Fällen kann sie als normal bezeichnet werden. Dabei wurden grundsätzlich bessere Ausbeuten erhalten, wenn nach Arbeitsweise 2 sofort Perchloräthylen zugegeben und entwässert wurde, da durch den raschen Wasserentzug Verleimungserscheinungen vermieden wurden, während bei vorherigem längeren Erhitzen mit Wasser (Arbeitsweise 1) bei geäschertem Material starke Verleimungen eintraten, die die Ausbeute verminderten und ein normales Entleeren der Kessel nach dem Ausdampfen fast unmöglich machten. Diese Erscheinung war bei den Versuchen 7 und 8 noch kaum festzustellen, doch glauben wir, daß bei diesem Leimleder nach dem geringen Aschegehalt und dem relativ niedrigen pH-Wert dieser Proben der vorherige Äscheraufschluß verhältnismäßig gering war, und daher ähnlich wie beim Schabefleisch Verleimungen nicht oder nur geringfügig eintraten. Bei den Versuchen 4, 10 und 12 war dagegen eine sehr starke Verleimung festzustellen, und damit war auch die Ausbeute erheblich niedriger als bei den Vergleichsversuchen 9, 11 und 13 der Arbeitsweise 2, so daß aus wirtschaftlichen und arbeitstechnischen Gründen bei Leimleder im Gegensatz zum Schabefleisch nur die zweite Arbeitsweise gangbar ist, Perchloräthylen sofort zuzusetzen. In allen diesen Fällen war die Beschaffenheit und Zusammensetzung der erhaltenen Mehle einwandfrei, die Fettgehalte liegen unter 10%, der Proteingehalt zumeist wesentlich über 50% und die Verdaulichkeit stets über 90% der insgesamt vorhandenen Proteine. Daß die Proteinmenge bei den Versuchen 13 und 14 unter 50% lag, hängt mit den relativ hohen Aschegehalten dieser Proben zusammen, so daß bei stark aschehaltigen Leimledern ein gewisses Vorwaschen zweckmäßig sein dürfte, obwohl es den Arbeitsprozeß verteuert und erschwert. Schwierigkeiten ergaben sich bei den aus den Leimledern erhaltenen Fetten, die eine sehr ungünstige, körnige Beschaffenheit zeigten, da das Hautfett im Äscher und wohl auch während der Aufbereitung der alkalischen Produkte teilweise verseift wird, und die sich dabei bildenden unlöslichen Kalkseifen die weitere Verarbeitung sehr erschweren. Das ist ein Grund mehr, grundsätzlich dem nach dem Weichen oder bereits in den Schlachthöfen gewonnenen Schabefleisch für die Weiterverarbeitung zu Dünge- und Futtermitteln den Vorzug zu geben. Anschließend wurden wieder Großversuche in verschiedenen HEB-Anlagen mit einer jeweiligen Kesselfüllung von 1 to je Versuch und einer Aufbereitungsdauer von 4 Stunden mit Schabefleisch und Maschinenleimleder durchgeführt. Auch hier bestätigte sich für das Schabefleisch, daß die Verarbeitung ohne Schwierigkeiten durchführbar war und keinerlei Verleimungen eintraten, insbesondere dann nicht, wenn das Perchloräthylen von Anfang an zugegeben und ohne vorheriges längeres Erhitzen die Entwässerung durch Abdestillieren des azeotropischen Gemischs von Wasser und Perchloräthylen vorgenommen wurde. Die erreichte Ausbeute war mit rund 20% Leimledermehl und rund 17% Fett sehr günstig. Ein starkes Erhitzen vor dem Abdestillieren des azeotropen Gemischs bei 3 Atm. Druck über eine Dauer von 1/2 Stunden führte dagegen auch bei dem Schabefleisch zu unerwünschten Verleimungen. Die Werte der Tabelle 4 ergaben für die Produkte 4 und 5 eine völlig einwandfreie Zusammensetzung mit guter Verdaulichkeit. Wenn in einem Falle der Wassergehalt noch verhältnismäßig hoch lag, so hing das mit der Art der Durchführung dieses Versuches zusammen und hätte ohne weiteres vermieden werden können, wenn die Entwässerung noch etwas länger fortgeführt worden wäre. Ebenso war das erhaltene Fett von sehr günstiger, hellgelber und klarer Beschaffenheit. Bei der Verarbeitung von Maschinenleimleder verlief die Aufbereitung ebenfalls normal, wenn auch hier das Perchloräthylen von Anfang an zugegeben und sofort getrocknet wurde. Die Ausbeute an Mehl betrug 15-16%, das Mehl war bereits bei dem Entleeren aus dem Kessel ziemlich feinkörnig, ließ sich gut vermählen und ergab nach den Angaben der Tabelle 4 (Nr. 3) ebenfalls eine normale Zusammensetzung. Außerdem wurden bei der Aufarbeitung der Micella noch 10-20 % Fett erhalten, das allerdings wegen der Anwesenheit beträchtlicher Mengen an Kalkseifen klumpig und fest war. Die Kalkseifen lassen sich zwar nach unseren Versuchen durch Behandeln mit Schwefelsäure wieder zersetzen, doch sind die Absatzmöglichkeiten hierfür erheblich schwieriger.

Da in den Tierkörperverwertungsanstalten neben den HEB-Anlagen auch andere Apparatetypen verwendet werden, haben wir weitere Großversuche mit je 1,2 to Füllung in einer Anlage durchgeführt, die nach dem Hartmann-Prinzip ohne Mitverwendung von Perchloräthylen arbeiten 7). In dieser Anlage wird das zu verarbeitende Gut in einem von außen beheizten Kessel mit Rührwerk ohne Entfettung getrocknet und dann, falls notwendig, durch Auspressen entfettet. Die Aufbereitung dauerte bei unseren Versuchen, die in mehreren Partien unter Variation der Durchführung vorgenommen wurden, 3-4 Stunden pro Partie. Bei Verarbeitung von Schabefleisch wurde das Material zunächst ih Std. bei 130 C und 2 Atü Druck zur Sterilisierung erhitzt und dann das Wasser verdampft, wobei ein völlig einwandfreies, nicht verleimtes Mehl erhalten wurde, das in der äußeren Beschaffenheit und in der Zusammensetzung (Tabelle 4, Probe 2) einwandfrei war. Die Ausbeute betrug rund 29% an Mehl und 7-8 % an Fett, wobei das hydraulisch ausgepreßte Fett wieder eine völlig einwandfreie, klare, hellgelbe Beschaffenheit aufwies. Die Verarbeitung von Schabefleisch ist also auch in dieser Anlage einwandfrei möglich, die Ausbeute wieder günstig. Bei Leimleder ergaben sich dagegen unter den gleichen Bedingungen wieder Schwierigkeiten durch das Verleimen des Leimleders, so daß sich im Kessel und insbesondere am Rührwerk starke Klumpen bildeten, die die Entleerung außerordentlich erschwerten. Ein positives Ergebnis konnte erhalten werden, wenn die Aufbereitung in Mischung mit anderen Materialien erfolgte. Bei unseren Versuchen wurden beispielsweise Knochen und Leimleder im Verhältnis 1 : 1 verarbeitet, wobei ein gutes Produkt erhalten wurde, das sich gut abpressen und mahlen ließ und, wie die Ergebnisse in Tabelle 4 für die Probe 1 zeigen, eine normale Zusammensetzung aufwies. Die Ausbeute betrug rund 26%.

In gleicher Weise dürften auch Aufbereitungen im Gemisch mit anderen Materialien, auch im Gemisch mit Tierkörperabfällen, möglich sein. Solche Mischaufbereitungen erscheinen völlig unbedenklich, da das Leimledermehl bei der Verfütterung nicht als Alleinfutter, sondern nur als Anteil in Mischfuttern eingesetzt wird. Allerdings bleibt beim Abpressen ein Teil der Kalkseifen im Mehl, und es war durch Tierversuche zu prüfen, ob sich dadurch Nachteile ergeben.

4. Zusammenfassung

1. Die Leimleder des Handels weisen je nach Rohhautbeschaffenheit und Äscherbedingungen stark unterschiedliche Zusammensetzung auf, wobei die Trockensubstanzgehalte zwischen 11 und 54%, der Fettgehalt zwischen 6 und 78% des Trockenrückstandes, der Proteingehalt zwischen 8 und 81% der Trockensubstanz, der Aschegehalt zwischen 3 und 33% der Trockensubstanz und der pH-Wert zwischen 6 und 12 schwanken kann. Der Sulfidgehalt liegt bei den getrockneten Proben normalerweise nicht über 0,1% der Trockensubstanz, die Sulfide werden beim Trocknen praktisch vollständig zu Sulfat oxydiert.

2. Schabefleisch, das unmittelbar nach dem Weichen gewonnen wird, weist nur einen geringen Aschegehalt auf und besitzt einen relativ hohen Fettgehalt, wobei sich die Fette wegen des Fehlens von Kalkseifen sehr gut zur Weiterverarbeitung eignen. Die Verleimungsgefahr bei der Aufbereitung ist verhältnismäßig gering.

3. Eine Vergärung von Leimleder zur Methangasgewinnung hat sich als undurchführbar erwiesen, da die Ausbeute an Gas außerordentlich gering war, der biologische Abbau des Leimleders nur unvollständig erfolgte und ein stark riechendes Endprodukt der Faulung erhalten wurde, das wegen seines üblen Geruchs und seines hohen biochemischen Sauerstoffbedarfs und hohen Permanganatwertes noch einer besonderen Reinigung unterzogen werden müßte.

4. Die Verarbeitung von Leimleder und Schabefleisch zu pulverförmigen Produkten für Dünge- und Viehfutterzwecke ist möglich und wird zweckmäßig in den Anlagen der Tierkörperverwertungsanstalten durchgeführt. Auf eine vorherige Reinigung kann verzichtet werden, da sich die in dem Leimleder vorhandenen Mineralstoffmengen und ebenso ein höherer pH-Wert nicht nachteilig auf die Verwendung auswirken, und ebenso die nur sehr geringen Sulfidgehalte nach dem Trocknen ohne Nachteile sind. Die Aufgabe der Aufbereitung besteht daher darin, das Produkt zu entwässern und genügend zu entfetten. Die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens hängt dabei entscheidend von dem Wassergehalt des Leimleders ab. Produkte mit über 25% Trockensubstanz geben günstige Ausbeuten, bei 20-25% Trockensubstanz ist die Ausbeute normal, unter 15% ist die Wirtschaftlichkeit in Frage gestellt. Im letzteren Falle kann durch mechanische Entwässerung mittels Schneckenpresse (Maffei-Presse) eine so weitgehende Vorentwässerung erreicht werden, daß auch Produkte mit geringem Trockensubstanzgehalt unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen aufbereitet werden können.

5. Leimleder läßt sich sachgemäß verarbeiten, wenn verstärkte Verleimungen ausgeschlossen werden. Daher muß beim Arbeiten in der HEB-Anlage Perchloräthylen von Anfang an zugegeben und sofort entwässert werden, während in der Hartmann-Apparatur Leimleder nicht für sich allein, sondern nur anteilig in Gemisch mit genügenden Mengen anderer Abfallprodukte aufbereitet werden kann. Das letztere bereitet keine Schwierigkeiten, da Leimledermehle nicht als Alleinfutter, sondern nur als Mischfutter eingesetzt werden. Schwierigkeiten bestehen bei der Aufbereitung des Leimleders wegen der im Fett vorhandenen beträchtlichen Mengen an Kalkseifen, die die Weiterverarbeitung des Fetts erschweren.

6. Schabefleisch kann sowohl in HEB-Anlagen wie in Hartmann-Apparaturen ohne weiteres verarbeitet werden, wobei neben einer günstigen Ausbeute an Leimledermehl ein sehr gut verwertbares einwandfreies Fett erhalten wird. Daher ist im Hinblick auf die Rentabilität der Weiterverarbeitung dem Schabefleisch ein grundsätzlicher Vorzug vor bereits entkalktem Leimleder einzuräumen, so daß die Frage einer Gewinnung des Leimleders bereits nach dem Weichen ernstlich geprüft werden müßte. In diesem Zusammenhang sei auch die bereits in Amerika eingeführte Arbeitsweise erwähnt, die saubere Entfleischung der Häute schon auf dem Schlachthof vorzunehmen und das anfallende Leimleder zusammen mit den übrigen Schlachthausabfällen bereits dort zu verarbeiten.

Über die Ergebnisse von Dünge- und Fütterungsversuchen mit den aus Leimleder gewonnenen Mehlen werden wir gesondert berichten.

Wir möchten den Wirtschaftsministerien der Länder Bayern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz für die finanzielle Unterstützung dieser Arbeit unseren herzlichen Dank zum Ausdruck bringen. Ferner danken wir Herrn Prof. Dr. Meinck für die Durchführung der Faulungsversuche und Fräulein Eva Henschel und Fräulein Ingrid Hertzsch für ihre verständnisvolle Mitarbeit bei unseren Untersuchungen.

Literaturverzeichnis

1. Vergl. Leder- und Häutemarkt 3958 Nr. 22 (1. 6. 58);

2. Ref. Gerbereiwissenschaft und -praxis 1958, 443 (Dezember);

3. F. Ostertag, E. Moegle und S. Braun, Die Tierkörperbeseitigung, Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1958;

4. Vergl. z. B. M. Müller, Untersuchungen über die biologische Gaserzeugung bei der Methangasvergärung von Stallmist und Stroh, Dissertation 1955, Landwirtschaftliche Hochschule, Hohenheim;

5. nach mündlich gemachter Mitteilung;

6. Lieferfirma Kraus-Maffei-Imperial, München-Obermenzing, Tannenweg 4;

7. Lieferfirma Rud. A. Hartmann GmbH. & Co., Berlin-Rudow, Kanalstr. 53/71.

Abbildungen und Tabellen



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