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112 Können und müssen die behördlichen Vorschriften hinsichtlich des Chromgehaltes im Abwasser eingehalten werden? - aus dem Jahre 1974

Von Prof. Dr.-Ing. habil Hans Herfeld

Aus der Westdeutschen Gerberschule Reutlingen, Abteilung Forschung und Entwicklung

Unter den Anforderungen, die Gerbereiabwasser erfüllen muß, bevor es in öffentliche Abwasserreinigungsanlagen eingeleitet werden darf, bereitet die Forderung nach möglichster Chromfreiheit die größte Schwierigkeit. Es werden die Möglichkeiten diskutiert, die bestehen, um die Chromauszehrung möglichst zu verbessern und damit der behördlichen Forderung zu entsprechen, soweit das technologisch möglich ist und die finanzielle Belastbarkeit der Lederindustrie nicht über Gebühr strapaziert. Andererseits kann gezeigt werden, daß die behördlichen Grenzwerte wesentlich zu eng sind und weder die Verhältnisse bei der biologischen Abwasserreinigung noch die Verwendung chromhaltiger Schlämme als Düngemittel in der Landwirtschaft noch die ernährungsphysiologische Auswirkung eines erhöhten Chromgehaltes in Nahrungsmitteln solch enge Grenzen rechtfertigen. Das gilt selbstverständlich nur für dreiwertige Chromverbindungen, die Giftwirkung der Verbindungen des sechswertigen Chroms ist unbestritten, aber Gerbereiabwasser enthalten nur Verbindungen des dreiwertigen Chroms. Ein Grenzwert von 50-60 mg Cr/I Gerbereiabwasser wäre nach der erwiesenen Schädlichkeitsgrenze für dreiwertige Chromverbindungen gerechtfertigt und andererseits wirtschaftlich zumutbar.

One of the demands, the most problematic one, which should be fulfilled by the tannery waste water, before allowing it to run into the public sewage purification plants, is the demand of being chromium-free. Possibilities are discussed, how to improve the exhaustion of chromium-solutions, as far technically as possible without financial over costs for the leather industry. On the other hand it can be shown that the limits made by the public authorities are too narrow, and that neither the Situation by the biological sewage purification nor the use of chromium containing sludges as fertilizer, nor the physiological effects of an elevated chromium content in the foodstuffs would justify such narrow limits. This is obviously true for trivalent chromium-salts. The poisonousness of hexavalent chromium is undisputed, but the tannery waste waters contain only trivalent Chromium compounds. According to the proved limits of noxiousness of the trivalent chromium, a limit of 50-60 mg Cr/I tannery waste water would be sufficient enough, and economically bearable.

Können und müssen die behördlichen Vorschriften hinsichtlich des Chromgehaltes im Abwasser eingehalten werden?

Die behördlichen Vorschriften, die wir in Zukunft hinsichtlich des Abwassers zu erwarten haben, gehen in 2 Richtungen:

  1. Erhebung einer Abwassergebühr für das Ableiten und die Reinigung des Abwassers, die sich nach Abwassermenge und Abwasserfracht, also den Inhaltsstoffen richtet, wobei man sich zur Zeit noch um die zweckmäßigste Berechnungsformel streitet. Darauf will ich hier nicht weiter eingehen.
  2. Anforderungen, die jedes industrielle Abwasser hinsichtlich seiner Zusammensetzung erfüllen muß, bevor es überhaupt in öffentliche Abwasserreinigungsanlagen eingeleitet werden darf. Nach den Hinweisen

für das Einleiten von Abwasser aus gewerblichen und industriellen Betrieben in eine öffentliche Abwasseranlage, die der Husmann - Ausschuss erarbeitet hat, wird Gerbereiabwasser hier im wesentlichen folgende Forderungen zu erfüllen haben:

  • Gute Mischung der verschiedenen Abwässer, um in den öffentlichen Kläranlagen keine starken pH- Stöße zu verursachen.
  • Temperatur bis zu 35° C.
  • pH-Wert 6,5-9,5.
  • Absetzbare Stoffe, soweit biologisch nicht abbaubar, nicht über 1,0 mg/l, sonst ohne Grenzangaben.
  • Sulfide oxidieren oder in unlöslicher Form abführen, wobei der Schlamm unter Umständen in die Kanalisation eingeleitet werden kann.
  • Mit Petroläther extrahierbare Öle und Fette, soweit verseifbar, nicht über 100 mg/l, sonst nicht über 20 mg/l.
  • Gehalt an Chromverbindungen insgesamt, gelöst und ungelöst, höchstens 4 mg Cr/I, darunter Chromate höchstens 0,5 mg Cr/I.

Die Einhaltung der meisten Forderungen wird gewisse Kosten verursachen, ist aber technisch möglich. Die Forderung, einen Teil des Schlammes schon in der Gerberei zurückzuhalten, wird häufig gestellt und ist schon unangenehmer, weil seine Entfernung zusätzliche Schwierigkeiten bereiten kann. Sie erscheint mir auch unsinnig, denn da die Kläranlagen an und für sich den dort anfallenden Schlamm entfernen müssen, können sie auch den gesamten Schlamm abtransportieren, zumal die Schlammenge ja bei den heute diskutierten Formeln über die Berechnung der Abwassergebühren aus der Abwasserfracht mit berücksichtigt wird. Die Einhaltung der Forderung nach einem weitgehend chromfreien Abwasser bereitet zur Zeit aber den meisten Lederfabriken die größten Schwierigkeiten. Daher ergibt sich die Frage, ob man die diesbezügliche Anforderung des Husmann-Ausschusses überhaupt einhalten kann und ob andererseits die Forderung in dieser Höhe berechtigt ist. Mit beiden Fragen haben wir uns eingehend beschäftigt.

I. Ist die behördliche Forderung einzuhalten?

Dass bei der Chromgerbung die eingesetzten Chromsalze nicht restlos von der Haut aufgenommen und gebunden werden und damit gewisse Restmengen ins Abwasser gelangen, ist bekannt. Zur Beantwortung der Frage, wie man diese Restmengen vermindern kann, haben wir umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Ich will hier nicht auf technische Einzelheiten dieser Untersuchungen eingehen, sie werden in Kürze ausführlich veröffentlicht, sondern zusammenfassend nur folgendes feststellen:

  • Nach der klassischen Chromgerbung mit langen Restflotten von 100-120% und Einsatz von 2,5% Chromoxid werden etwa 2/3 der angebotenen Chrommenge von der Haut aufgenommen. 1/3 also 8,33 kg Cr2O3 = rund 5,6 kg Chrom/t, bleiben in der Flotte. Die Restflotte der Chromgerbung wird natürlich mit dem Abwasser aus den anderen Stadien der Herstellung verdünnt. Während in den 50er Jahren z. B. bei Chromoberleder noch ein Wasserverbrauch von 150 bis 220 m3/t eingearbeiteter Rohhaut als normal anzusprechen war, ist es im letzten Jahrzehnt gelungen, diese Menge entscheidend herabzusetzen, so dass die Werte heute etwa zwischen 40 und höchstens 100 m3/t schwanken dürften. Rechnet man mit 100 m3 Wasser, in der diese 5,6 kg Chrom gelöst bleiben, so ergibt das einen Chromgehalt des Mischabwassers von 56 mg Cr/I, bei 50 m3 Abwasser/t den doppelten Chromgehalt von 112 mg Cr/I. Das sind also Werte, die weit von den Forderungen des Husmann - Ausschusses entfernt sind.
  • Durch Arbeiten in kurzer Flotte mit Restbrühen - Mengen von 40-45% und durch Variation der Arbeitsbedingungen und Mitverwendung von Chemikalien, die die Badauszehrung verbessern, kann man die Auszehrung auf 75-80% verbessern. Beträgt die Ausbeute 80%, so würden 5 kg Cr2O3 = 3,34 Cr/t Rohware im Chromgerbbad verbleiben, und damit wäre bei 100 m3 Abwasser/t der Chromgehalt 33 mg Cr/I, bei 50 t Abwasser 67 mg Cr/I im Mischabwasser. Nach unseren Untersuchungen kann man durch Kombination der von Schorlemmer schon 1922 mitgeteilten Chromtrockengerbung mit einem Ameisensäure - Kurzpickel die Auszehrung eventuell bis zu 90% steigern, was die Chromgehalte im Mischabwasser weiter auf 17 bzw. 33 mg Cr/I senken würde. Alle diese Werte werden aber noch nicht den Forderungen des Husmann - Ausschusses gerecht.
  • Es ist jedoch möglich, eine 100%ige Chromauszehrung auf folgenden Wegen zu erreichen:

a) Die Chromrestbrühen werden als Pickelbrühe bei der folgenden Partie eingesetzt. Dieser Weg ist ohne weiteres gangbar, er setzt die Einhaltung gewisser Konzentrationsbedingungen bei Pickel und Chromgerbung voraus.

b) Das Chrom wird als Hydroxyd ausgefällt, absitzen gelassen, nach Dekantieren der überstehenden Flüssigkeit wieder mit Säure gelöst, und nach Zusatz von Pickelsäure und eventuell geringen Mengen an Kochsalz wird die entstehende Lösung als Pickel eingesetzt.

c) Das Chrom der Restbrühe wird als Hydroxyd ausgefällt und der Schlamm in Filterpressen weitgehend von Flüssigkeit befreit. Nach Wiederauflösen des Filterkuchens mit Säure kann die dann erhaltene Lösung entweder mit Pickelsäure, Kochsalz und Wasser versetzt als Pickel der nächsten Partie verwendet oder der Gerbflotte der nächsten Partie zugesetzt werden.

Alle 3 Methoden führen zu einer Einsparung von Chromgerbstoffen. Bei der ersten Methode fallen Chromrestbrühen völlig weg, bei den beiden anderen Methoden fallen zwar Restbrühen an, die aber nur sehr geringe Chrommengen von nicht mehr als 50 bis 70 mg Cr/I enthalten. Bei einer Verdünnung durch die anderen Spül- und Abwasser im Verhältnis von mindestens 1 : 100 würde das im Mischabwasser einen Gehalt an Chromverbindungen von weniger als 1 mg Cr/I entsprechen, und damit wären bei allen drei Methoden die behördlichen Vorschriften erreicht. Die Leder sind von guter Qualität, der Einsatz der Chromrestmenge im Pickel wirkt sich sogar insbesondere auf die Narbenbeschaffenheit günstig aus. Namentlich die beiden ersteren Methoden können ohne nennenswerte analytische Kontrolle durchgeführt werden, was uns besonders wichtig war, um die Verfahren auch für kleinere und mittlere Betriebe einfach zu gestalten.

  • Da nach dem unter 3. angeführten Verfahren keine oder fast chromfreie Restbrühen anfallen, ist damit das Problem aus der Sicht der eigentlichen Chromgerbung gelöst. Leider ist es insgesamt nicht gelöst, denn das von der Haut aufgenommene Chrom wird nicht restlos gebunden, es wird teilweise mechanisch beim Abwelken wieder abgepresst, teilweise beim nachfolgenden Spülen, Neutralisieren und den weiteren Prozessen der Nasszurichtung wieder aus der Haut ausgewaschen, zumal viele Nachgerbmittel auch das gebundene Chrom zu gewissen Anteilen wieder aus seiner Bindung an die Hautsubstanz verdrängen. Wir haben diese Chrommengen ebenfalls quantitativ erfasst und dabei festgestellt, daß im Mittel beim Abwelken bis zu etwa 8%, beim Spülen nach dem Falzen und den nachfolgenden Prozessen des Neutralisierens, Nachgerbens und Spülens insgesamt etwa 2-7% der eingesetzten Chrommenge wieder aus dem Leder ausgewaschen werden. Das bedeutet bei Einsatz von 25 kg Cr2O3/t Rohware zusammen rund 2,5 bis 3,75, im Mittel 3 kg Cr2O3 = 2,0 kg Cr/t und damit bei einem Wasserverbrauch von 100 m3/t 20, bei einem Wasserverbrauch von 50 m3/t 40 mg Cr/I im Mischabwasser. In der Praxis liegen die Werte noch höher, da noch gewisse Verluste beim Entleeren der Fässer und beim Abtropfen der nassen Leder auf Bock oder Palette hinzu kommen. Sie liegen auch höher, wenn nur vorgegerbte Ware (Wet blue - oder Crust-Ware) verarbeitet wird, da dann der Verdünnungsfaktor mit anderen betrieblichen Abwassern geringer ist. Die Werte überschreiten also insgesamt bereits die festgelegte Höchstgrenze der Husmann-Vorschriften erheblich, und man müsste damit auch die Abwässer vom Abwelken und aus allen Stadien der Nasszurichtung erfassen und das darin vorhandene Chrom ausfällen, um den Husmann-Anforderungen gerecht werden zu können. Das könnte man theoretisch natürlich tun, aber es wäre mit einem beträchtlichen finanziellen Aufwand verbunden, sowohl von der Einrichtung her, um alle diese dünnen Restbrühen auffangen und gesondert behandeln zu können, wie auch vom Arbeitsaufwand der Aufbereitung selbst her. Das würde die Belastbarkeit der Industrie in sehr starkem Maße strapazieren, und bevor man solche Maßnahmen wirklich ernstlich diskutiert, erhebt sich damit zwangsläufig die Frage, ob die jetzige Forderung des Husmann - Ausschusses bezüglich der Beschränkung des Gehaltes an Chromverbindungen in Abwässern überhaupt gerechtfertigt ist. Damit sind wir beim zweiten Teil dieses Referats.

II. Ist die behördliche Vorschrift richtig und notwendig?

Wo können die Chromverbindungen, die sich im Abwasser befinden, Schaden anrichten?

  • Das Abwasser kommt in die Kläranlage, und hier könnte die biologische Reinigung nach dem Belebtschlammverfahren bzw. die nachfolgende Schlammfaulung des abgesonderten Schlammes gestört werden. Zur Klärung dieser Frage hat Königfeld eingehende Untersuchungen durchgeführt und zeigen können, daß beim Belebtschlammverfahren die Chromkonzentration bis zu mindestens 500 mg Cr/I Abwasser gesteigert werden kann, ohne daß die Biologie irgendwie beeinflusst wird. Das gleiche gilt für den Zusatz von unlöslichem Chromleder-Schleifstaub, wobei sich Mengen bis zu mindestens 2500 mg Schleifstaub/l Abwasser nicht ungünstig auswirkten. Diese Werte liegen also wesentlich höher als die Chromgehalte, die man nach den obigen Berechnungen ungünstigstenfalls überhaupt in einem Gerbereiabwasser finden kann.

Beim Faulschlammverfahren traten bis zu mindestens 3200 mg Cr/I Faulschlamm = 10% Chrom, bezogen auf die Schlammtrockensubstanz, keinerlei Störungen der Bakteriologie auf. Wenn man berücksichtigt, daß der Chromgehalt in reinen Gerbereischlämmen nach eigenen Untersuchungen und dem Ergebnis von Rückfragen in der Praxis normalerweise zwischen 1,2-1,7% auf Trockensubstanz schwankt, liegen auch diese Werte erheblich niedriger, als der möglichen Grenzkonzentration entspricht, wobei berücksichtigt werden muß, daß bei den meisten Kläranlagen das Gerbereiabwasser zusammen mit häuslichen Abwässern oder anderen Industrieabwässern gereinigt wird, so daß der Chromgehalt je nach dem Mischungsverhältnis noch wesentlich niedriger liegen dürfte. Voraussetzung war allerdings in allen Fällen, daß die Chromverbindungen in unlöslicher Form dem Belebtschlammverfahren bzw. der Schlammfaulung zugeführt werden. Das ist durchaus verständlich. Die Verbindungen des dreiwertigen Chroms haben überhaupt keine Giftwirkung im eigentlichen Sinne des Wortes auf die Mikroorganismen bei der biologischen Abwasser- und Faulschlammbehandlung, aber sie vermögen die Enzyme, die ja auch Eiweißstoffe sind, zu gerben und damit unschädlich zu machen. Sind sie aber unlöslich, können sie nicht gerben, und damit sind die Ergebnisse von Königfeld völlig verständlich. Da nach den Hinweisen des Husmann-Ausschusses der pH-Wert des abgeleiteten Mischabwassers zwischen 6,5 und 9,5 liegen muß und sich etwa in diesem pH-Bereich auch das Optimum der Chromausfällung befindet, liegt der größte Teil der Chromverbindung dann in diesen Mischabwassern automatisch in unlöslicher Form vor, und damit können bei der biologischen Abwasser- und Schlammbehandlung keinerlei Schwierigkeiten auftreten. Gauglhofer und Weber haben zwar bei ihren Untersuchungen etwas niedrigere Grenzwerte als Königfeld gefunden, wenn sie stark maskierte Chrombrühen verwendeten, die im alkalischen Gebiet nicht so leicht ausfallen, aber sie verwendeten extrem hohe Neutriganmengen (auf 1 kg Cr2O3 in einem Falle 6,4 kg, im anderen Falle sogar 133 kg Neutrigan), die in der Praxis bei weitem nicht verwandt werden, da sonst auch das Gerbvermögen restlos unterbunden wäre. Königfeld hat bei seinen Faulschlammversuchen eine formiatmaskierte Chrombrühe verwendet, bei der auf 1 kg Cr2O3 0,658 kg Natriumformiat, entsprechend dem praktisch üblichen Maskierungsgrad, verwendet wurden, und dabei sogar noch eine Erhöhung der Grenzwerte erreicht. Es besteht demgemäß aus der Sicht der biologischen Abwasserreinigung kein Grund, an der vom Husmann-Ausschuss aufgestellten Begrenzung der Chromverbindungen im Abwasser festzuhalten. Es muß nur immer mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß alle Betriebe die Forderung des Husmann-Ausschusses hinsichtlich der Begrenzung des pH-Wertes unbedingt einhalten sollten, auch wenn sie vielleicht nur vorgegerbte Ware verarbeiten und damit nur saure Abwasser haben, da dies im Hinblick auf die Unschädlichkeit der abgeleiteten Chrommengen im ungelösten Zustand von entscheidender Bedeutung ist.

  • Die zweite Frage ist, ob der in den Kläranlagen anfallende Schlamm, der die Chromverbindungen vorwiegend in unlöslicher Form enthält, ohne Schädigungen in der Landwirtschaft zu Düngezwecken eingesetzt werden kann. Auch hier liegen bereits eine Reihe von Untersuchungen vor, die sich mit der speziellen Frage des Einflusses von Chromverbindungen auf das Wachstum und die Ernteerträge von Pflanzen beschäftigen, aber kein einheitliches Bild vermitteln. Die Dokumentationsstelle Bodenkunde, Bodenerhaltung und Pflanzenernährung Braunschweig-Völkerode, mit der wir darüber korrespondierten, vertrat mit Recht die Auffassung, daß jedes Element bei Mangel oder Überschuss spezifische Wirkungen an der Pflanze hervorruft und daß bei widersprechenden Ergebnissen mit großer Wahrscheinlichkeit andere Faktoren im Spiel sind, die die Aussagen leicht verfälschen können. Beim Chrom dürften in diesem Sinne insbesondere der pH-Wert und Kalkgehalt des Bodens, Phosphatdüngung und das Vorhandensein anderer Bestandteile in Industrieschlämmen eine Rolle spielen. Um die Frage des spezifischen Chromeinflusses weiter zu klären, hat Prof. Kick, Direktor des Agrikulturchemischen Institutes der Universität Bonn, auf unsere Veranlassung zu dieser Frage sehr umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Aus seinem zusammenfassenden Bericht sind die folgenden Ergebnisse zu entnehmen:

a) In allen Böden und ebenso in allen Pflanzen sind Chromverbindungen von Hause aus zu finden, in deutschen Böden bis zu 100 mg Cr/kg Boden, in Pflanzen durchschnittlich von 0,15-0,24 mg, in Heuproben bis zu 0,59 mg Cr/kg Trockenmasse. Theoretisch kann eine schädliche Wirkung von chromhaltigen Schlämmen in der Landwirtschaft daher nur dann zur Diskussion stehen, wenn deren Gehalt an Chrom über einige 100 mg Cr/kg Trockenmasse hinausgeht.

b) Die Einwirkung auf Pflanzen ist bei verschiedenen Pflanzenarten graduell unterschiedlich. Geringe Chromsalzmengen wirkten nie schädlich, in vielen Fällen wirkten sie sogar wachstumsfördernd und steigernd auf die Ernteerträge. Erst bei höheren Zusätzen trat ein störender Einfluss auf. In saurem Boden mit pH-Werten unter 5,5 war im Anwendungsjahr eine Ertragsminderung festzustellen, wenn die Chromzugabe über 500 mg Cr/kg Boden lag, was 1500 kg Cr/ha entspricht. Lag der pH-Wert des Bodens über 7,0, trat eine Ertragsminderung selbst dann noch nicht auf, wenn die Chromzugabe auf 1000 mg Cr/kg Boden = 3000 bis 3500 kg Cr/ha gesteigert wurde. Bei Weidegras konnten sogar bis zu 2000 mg Cr/kg Boden = 6000 kg Cr/ha zugesetzt werden, ehe eine deutliche Wachstumsdepression festzustellen war. Insgesamt beginnen nach den Versuchen von Prof. Kick die Grenzen einer Schädigung des Pflanzenwachstums bei einer laufenden Chromanreicherung durch Chromschlamm im Boden bei etwa 1200-1500 mg Cr/kg Boden unter den ungünstigsten Bedingungen fühlbar zu werden.

Dabei sind aber insbesondere noch folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

a) Die oben angeführten Grenzwerte wurden ermittelt, indem die jeweiligen Chromschlamm-Mengen auf einmal dem Boden zugesetzt wurden. Wichtig ist aber, daß im Boden noch ein fortschreitendes Unschädlichwerden des Chroms vermutlich infolge zunehmender Verolung der Chromkomplexe eintritt. So hatte zum Beispiel eine Gesamtchromgabe von etwa 3000 kg/ha unmittelbar verabreicht bei Senf eine Ertragsminderung ergeben, während im folgenden Jahr keine Ertragseinbusse mehr eintrat. Je länger also die Chromgabe vor der Bepflanzung liegt, um so geringer wird die Wirkung auf das Wachstum sein, und daher dürfte in der Praxis bei chromhaltigem Schlamm, der ja in einzelnen Portionen über viele Jahre verteilt zugegeben wird, die Grenze der Schädigung noch höher liegen, als die obigen Zahlen anzeigen.

b) Auch hier ist wichtig, daß die Schädigung besonders niedrig ist, wenn der Boden nicht sauer reagiert, das Chrom also in unlöslicher Form vorliegt und auch in der unlöslichen Form verbleibt. Der Gesamtgehalt des Bodens an Schwermetallen ist kein Maß für deren Aufnahme durch Pflanzen, sondern nur ihre Löslichkeit. Daher weist Prof. Kick auf die Bedeutung einer ausreichenden Kalkversorgung des Bodens hin, die aber auch unabhängig von der Chromverfügbarkeit in unseren Böden meist eine dringend notwendige Maßnahme darstellt.

c) Von verschiedenen Seiten wurde auch darauf hingewiesen, daß die Rolle des Phosphatgehaltes im Boden auf die Unwirksamkeit des Chroms von Bedeutung ist, da die Unlöslichkeit des Chroms durch phosphathaltige Dünger noch gesteigert wird und damit bei phosphathaltigem Dünger der Einfluss des Chroms noch geringer war, als bei entsprechenden Schnellversuchen ohne Grunddüngung mit Phosphat. Eine Ertragsminderung von chromhaltigen Schlämmen kann also noch durch gleichzeitige Phosphatdüngung günstig beeinflusst werden. Besonders empfohlen wird eine gleichzeitige Düngung mit Thomas-Phosphatmehl, da sie zugleich den Phosphatgehalt und die Alkalität im Boden steigert. Prof. Kick hat darauf hingewiesen, daß der Grenzwert von 3000 kg Cr/ha unter der Annahme eines Gehaltes von 1 g Cr/kg Trockenschlamm-Masse einer Menge von 3000 t Schlammtrockenmasse, bzw. etwa 43 000 t/ha Naßschlamm mit 7% Trockengehalt entsprechen würde. Bei einem Anwendungsturnus von 330 m3 Naßschlamm alle 3 Jahre könnte man 430 Jahre lang Naßschlamm dieser Gehaltslage verabreichen, bis eine fühlbare Schädigung erreicht würde, unter der Voraussetzung, daß der pH-Wert im Boden über 7 liegt. Reine Gerbereischlämme werden zwar einen höheren Chromgehalt aufweisen, aber wenn man berücksichtigt, daß bei der obigen Berechnung der erwähnte Alterungsfaktor nicht berücksichtigt wurde und andererseits in den Kläranlagen der Gemeinden oder Abwasserverbänden stets Mischschlämme mit wesentlich niedrigerem Chromgehalt anfallen, lassen diese Zahlen erkennen, daß auch eine Schädigung chromhaltiger Schlämme in der Landwirtschaft praktisch nicht zu befürchten ist, so daß auch unter diesem Gesichtspunkt die starke Begrenzung des Husmann-Ausschusses keinerlei Berechtigung finden kann.

  • In allen Fällen werden geringe Mengen an Chrom von den Pflanzen aufgenommen, und uns wurde von behördlicher Seite auf unsere Anregung, den Husmann-Wert zu erhöhen, entgegnet, daß die Möglichkeit bestünde, daß diese geringen Mengen an Chromverbindungen, die von den Pflanzen aufgenommen werden, unter Umständen die Nahrungsmittelqualität vermindern könnten. Man könne daher einer Heraufsetzung des Husmann-Wertes nicht zustimmen, ohne daß die ernährungsphysiologischen Auswirkungen eines erhöhten Chromgehaltes in Nahrungsmitteln auf Mensch und Tier bekannt seien. Prof. Kick weist auch auf das Einschleusen von Chrom in die Nahrungskette hin. Er hat bei seinen Untersuchungen z. B. bei einer Chromgabe von 1000 mg Cr/kg Boden eine Zunahme des Chromgehaltes in der Pflanze von 1-2 mg/kg Pflanzentrockenmasse festgestellt. Er lässt aber die Frage über die Chromverträglichkeit der Organismen offen. Zu dieser Frage lassen sich aber auch klare Aussagen machen. Die Literatur hierüber ist uns verständlicherweise nicht restlos verfügbar; soweit wir sie kennen oder von befreundeter Seite erhalten haben, lassen sich folgende Feststellungen treffen:

Chrom gehört zu den Spurenelementen, die überall in der Natur vorkommen und für das Leben ebenso wichtig sind wie beispielsweise Vitamine. Ein Mangel an Spurenelementen kann die Leistungsfähigkeit des Organismus in sehr starker Weise vermindern. Die Nahrung aus natürlichen gewachsenen Ernteprodukten führt an und für sich solche Mineralstoffe dem Körper des Menschen und Tieres in genügendem Maße zu; die heute durchgeführten modernen technologischen Verarbeitungsverfahren der Nahrungsmittel verursachen aber in allen Fällen erhebliche Mineralstoffverluste; und wenn diese Tendenz anhält, sind latente Mineralstoffmangelerscheinungen in den nächsten Jahrzehnten ebenso häufig anzutreffen wie Vitaminmängel. Die Weltgesundheitsorganisation hat sich daher im Rahmen einer Expertenkomiteesitzung im April 1973 in Genf eingehend mit der Bedeutung der Spurenelemente in der menschlichen Ernährung befasst. Dabei wurden die gesamten Spurenelemente in 3 Gruppen eingeteilt:

a) Essentielle, also nachgewiesenermaßen sehr wichtige Elemente.

Ein Element ist dann als essentiell zu bezeichnen, wenn sein Mangel in der Nahrung Funktion und Leistungsfähigkeit des Organismus in reproduzierbarer Weise vermindert. Sie sind meist Bestandteile von Metallproteinen und Enzymen oder Aktivatoren von Enzymsystemen. Latente Mineralstoffmängel durch das Fehlen solcher essentieller Mineralstoffe sind viel häufiger, als man meistens vermutet.

b) Möglicherweise essentielle Elemente.

c)Zufällig vorhandene Spurenelemente, die keine Bedeutung für den Organismus haben und von denen einige, wie die Verbindungen von Quecksilber, Blei, Cadmium und Arsen ausgesprochen toxisch wirken können. Das Chrom gehört in die erste Gruppe der essentiellen Mineralstoffe, die für das Wohlbefinden der Tiere und des Menschen dringend erforderlich sind. Dabei ist im Falle des Chroms die Notwendigkeit für den Menschen einwandfrei bewiesen und damit gesichert. Chromverbindungen wird z. B. eine große positive physiologische Bedeutung für den Enzymhaushalt zugeschrieben, da sie durch Komplexsalzbildung und intramolekulare Brückenbindungen einen stabilisierenden Einfluss auf viele Enzymaktivitäten ausüben sollen. Sie sind z. B. für das Zustandekommen der Wirkung des Insulins unerlässlich. Alle löslichen Salze des 3-wertigen Chroms sind hierbei wirksam. Auch auf den alles überragenden biologischen Wert des Chroms in Bierhefen wird besonders hingewiesen.

Für Chrom und einige andere Metalle wird besonders angeführt, daß sie viel weniger toxisch seien als allgemein angenommen wird. Da einige Schwermetallsalze, die ich oben anführte, toxisch wirken, sind auch andere Spurenelemente von Schwermetallen bei den gebildeten Laien vielfach vorbelastet und vielen Stellen verdächtig, obwohl dieser Verdacht völlig unbegründet ist. So kann der Körper über längere Zeit erstaunlich hohe Mengen an Chrom vertragen, ohne daß irgendein Schaden zu erwarten ist. Das Chrom ist also auf keinen Fall mit den angeführten toxischen Elementen in einem Atemzug zu nennen. Es gibt auch Elemente und deren Salze, die nicht grundsätzlich toxisch sind, in größeren Mengen aber eine beträchtliche toxische Wirkung haben können, wie die Salze von Kupfer, Molybdän, Selen, Fluor und Jod usw. Für das Chrom ist aber auch das nicht der Fall.

Sykes hat kürzlich eine interessante Arbeit veröffentlicht, die sich mit Umweltfragen aus der Sicht der Lederindustrie beschäftigt, und darin werden speziell im Hinblick auf die Chromverbindungen im Abwasser noch folgende Hinweise gegeben:

a) Mertz hat in einem ausführlichen Bericht über die biologische Wirksamkeit von Chrom gefunden, daß keine Berichte für die Giftigkeit 3-wertigen Chroms bekannt sind, wenn man es oral dem Organismus zuführt.

b) Untersuchungen über die Überlebenszeit von Lebewesen, bei welchen Chrom dem Trinkwasser zugegeben war, ergaben, daß man keinerlei Krankheitseffekte nachweisen konnte, die auf das Chrom zurückgeführt werden konnten.

c) Akatsuka und Fairhell fütterten Katzen mit bis zu 1g Chromverbindungen pro Tag während 3 Monaten, ohne daß Krankheitssymptome beobachtet wurden und auch ohne Retention des Chroms im Organismus festzustellen.

d) Cr2O3 wurde in England als inerter Marker für Unverdaulichkeitsuntersuchungen in Tieren benutzt und die F. D. A. der USA erlaubte, daß in Lederabfällen, die Chromverbindungen enthielten und zur Schweinefütterung verwendet werden, bis zu 270 mg Chrom/kg in der Mischung enthalten sein dürfen.

e) Chrom ist bewiesenermaßen für den menschlichen Stoffwechsel wichtig, gewisse Krankheiten können mit einem Chrommangel zusammenhängen. Obwohl noch nicht bestätigt, brauchen insbesondere alternde Menschen Chrom. Fanatiker für gesunde Nahrung haben dies schon als wünschenswert angenommen.Natürlich ist jede Toxidität von der aufgenommenen Stoffmenge abhängig, und man sagt vielfach, daß es kaum ein Element gäbe, das nicht von einer bestimmten Konzentration an gesundheitsschädigend wirken würde und damit gesundheitliche Probleme aufwerfe. Damit erhebt sich die Frage, welche Mengen an Chromverbindungen Menschen und Tiere aufnehmen können. Hier liegt eine umfassende Dokumentation vor, die das Hygienische Institut des Ruhrgebietes, Gelsenkirchen, im Auftrage des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Nordrhein-Westfalen über die Wirkungskonzentration eventuell gesundheitsschädlicher Stoffe in Wasser erstattet hat. Diese maximale Wirkungskonzentration liegt für Chromverbindungen bei oraler Aufnahme durch das Wasser (und das gleiche gilt sicher auch für die Aufnahme über die Nahrung), also nicht durch Inhalation oder Injektion, für Chromsulfat bei 0,5 bis 5 g/kg Körpergewicht, bei unlöslichem Chromoxid sogar bei 5-15 g/kg Körpergewicht. Bei einem Menschen von 70 kg Körpergewicht würde das absolut 35-350 g Chromsulfat bzw. 350-1050 g Chromoxid bedeuten. Wenn Prof. Kick bei seinen Versuchen Zunahmen der Chromgehalte in den Pflanzen von 1-2 mg/kg Pflanzentrockenmasse feststellte, so wird damit die völlige Unbedenklichkeit solcher Zunahmen eindeutig demonstriert. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die in der gleichen Dokumentation angegebene Verträglichkeitsgrenze von Chromverbindungen gegenüber Fischen. Diese Grenze liegt für Chrom-3-Salze allgemein bis zu 42 mg, für Chromsulfat bis zu 200 mg/l, also wesentlich höher als der Gehalt an löslichen Chromverbindungen in einem Gerbereiabwasser, wenn der pH-Wert nach den Forderungen des Husmann-Ausschusses auf pH 6,5-9,5 eingestellt wurde und damit das Chrom weitgehend ausgefällt wurde und nicht in den Vorfluter gelangt. Nach allen diesen Ergebnissen und Unterlagen muß man die zweite große Frage nach der Notwendigkeit der Begrenzung der Chromgehalte im Abwasser, wie sie die Hinweise des Husmann-Ausschusses vorsehen, mit einem klaren Nein beantworten. Wenn uns auch die Literatur zu dieser Frage nicht restlos zur Verfügung steht, so ergeben doch alle angeführten Literaturstellen eindeutig, daß Chromverbindungen in ernährungsphysiologischer Hinsicht unschädlich sind und daß sie andererseits als Verbindungen eines essentiellen Elementes sogar notwendig sind. Es wird in einem Aufsatz ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Essentialität des Chroms wie bei einer Reihe anderer Elemente heute nicht mehr bloß diskutiert wird, sondern ausreichend bewiesen worden ist. Der Autor fährt dann fort: Wenn die Weltgesundheitsbehörde das anerkennt, warum dann nicht auch die nationalen Gesundheitsbehörden? Das Verbot der Anreicherung in physiologisch vernünftigen Mengen hat in der Tat seine Bedeutung verloren. Für die deutschen Behörden können sich daraus, doch nur 2 Folgerungen ergeben. Entweder man akzeptiert die bisher getroffenen Feststellungen und dann ist unsere Schlußfolgerung, daß die Festlegung der Begrenzung von Chromverbindungen in Gerbereiabwässern unnötig scharf getroffen wurde, richtig. Oder man bezweifelt die bisherigen umfangreichen Feststellungen zu dieser Frage weiter, dann müsste man beschleunigt entsprechende Untersuchungen in Deutschland durchführen, bevor man eine Industrie zwingt, kostspielige Maßnahmen zu ergreifen, um den Gehalt an Chromverbindungen im Abwasser zu vermindern, ohne daß dazu unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes eine Notwendigkeit besteht. Im Bundesministerium für Forschung und Technologie wird unseres Wissens ein umfangreiches Forschungsprogramm über die Gesamtprobleme des Umweltschutzes geplant und unterstützt, und in diesem Rahmen könnten entsprechende Untersuchungen über die ernährungsphysiologische Bedeutung des Chroms in Lebensmitteln vorgenommen werden, wenn sie noch für nötig erachtet werden. Die Beweispflicht hierfür kann aber nicht der Lederindustrie aufgebürdet werden, sondern sie liegt bei der Vielzahl von Untersuchungen, die international bereits gegen eine Schädlichkeit des Chroms in Nahrungsmitteln sprechen, bei den maßgebenden Behörden. Milanl hat letzthin in einem Artikel Abwasserbeseitigung - pragmatisch oder strategisch? dazu gesagt: Will man angesichts einer so vielfältigen Ausgangssituation sehr strenge Vorschriften erlassen, dann sind möglichst sichere Grundlagen unerlässlich. Das bedeutet, daß vor jeder Festlegung ökologisch fundierte Daten über die Schadwirkung bestimmter Stoffe notwendig sind. Dort, wo zwar eine Reduktion der Belastung erwünscht, aber ökologisch noch nicht abschließend begründet ist, müssen bei der Festlegung von Grenzwerten die praktischen Möglichkeiten zu ihrer Einhaltung berücksichtigt werden.

Wir hoffen, damit einen Überblick über den Stand der Dinge gegeben zu haben. Wir möchten dabei abschließend ausdrücklich betonen, daß wir in keiner Weise beabsichtigen, etwa gegen vernünftige Vorschriften der Abwasserreinigung zu kämpfen. Jeder Mensch weiß heute, wie wichtig die Fragen des Umweltschutzes für die Menschheit sind, und daß daher diesen Gesamtproblemen insbesondere in hochindustrialisierten Ländern wie der BRD besondere Bedeutung zukommt. Kein Lederfabrikant wird sich entsprechend auch gegen eine sinnvolle Senkung der Chromgehalte in seinen Abwassern sträuben. Selbstverständlich sind solche Maßnahmen mit zusätzlichen Kosten verbunden, die die Industrie als Verursacher nun einmal übernehmen muß. Andererseits müssen aber die dadurch entstehenden Kosten in einem wirtschaftlich tragbaren Rahmen zur Belastbarkeit der Industrie bleiben, und die Forderungen auf Reinigung des Abwassers sollten sich in den Grenzen halten, die durch erwiesene Schädlichkeitsgrenzen gegeben sind, alles darüber hinaus stellt eine unnötige und damit unzumutbare Forderung dar. Wir glauben, alle Ergebnisse sprechen für einen vernünftigen Kompromiss, der unseres Erachtens bei einer Höchstgrenze von etwa 50-60 mg Cr/I Gesamtabwasser liegen sollte. Wir möchten diese Ausführungen nicht abschließen, ohne darauf hinzuweisen, daß immer wieder Verbindungen des 3-wertigen und des 6-wertigen Chroms in einen Topf geworfen werden. Die starke Giftwirkung der Verbindungen des 6-wertigen Chroms ist unbestritten, aber die Gerbwirkung ist an die Dreiwertigkeit des Chroms gebunden, und daher können auch nur 3-wertige Chromverbindungen in das Abwasser einer Lederfabrik gelangen, die nach den vorstehenden Darlegungen auch in größeren Mengen nicht nachteilig sind. Alle Ausführungen dieses Vortrages haben sich nur auf Verbindungen des 3-wertigen Chroms bezogen. Wenn man das endlich allgemein zur Kenntnis nähme, würden sich viele unnütze Diskussionen erübrigen. In diesem Sinne möchte ich auch schon hier möglichen Einsprüchen aus Kreisen der Gewerbehygieniker entgegentreten, bei denen Gesundheitsschädigungen durch Chromverbindungen (Schäden der äuße ren Haut und Nasenschleimhaut, Magen-Darm-Erkrankungen, Leberschäden) in regelmäßigen Zeitabständen immer wieder zur Diskussion stehen. Geht man den Dingen nach, so werden auch hier 3- und 6-wertige Chromverbindungen meist nicht exakt getrennt und Angaben der Fachliteratur, die sich, soweit klare Angaben gemacht werden, auf die Einwirkung 6-wertiger Chromverbindungen (Chromsäure, Chromat) etwa in Chromatfabriken, Galvanisierbetrieben usw. beziehen, bedenkenlos auf 3-wertige Chromverbindungen übertragen. Die meisten Autoren berufen sich dabei auf eine Veröffentlichung von Buess, in der über das Auftreten von Chromatschädigungen bei der Chromrückgewinnung aus Farbstoffrückständen während des letzten Krieges berichtet wird, wobei es sich also eindeutig um 6-wertige Chromverbindungen handelte. Es mag sein, daß gelegentlich Fälle von Idiosynkrasie gegen 3-wertige Chromverbindungen auftreten, aber das ist sehr selten, und wer würde schon Erdbeeren als gesundheitsschädigend bezeichnen, weil gelegentlich Menschen nach ihrem Genuss Ausschlagbildung zeigen. Dass 3-wertige Chromverbindungen unschädlich sind, beweist auch die Tatsache, daß es MAK-Werte nur für 6-wertige, nicht für 3-wertige Chromverbindungen gibt. Verwiesen sei schließlich noch auf das Merkblatt 7 des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung Erkrankungen durch Chrom und seine Verbindungen, in dem es auf Seite 63 heißt: Eine Gesundheitsgefährdung . . . durch Verbindungen des 3-wertigen Chroms wie Chromalaun, Chrom-3-chlorid, -sulfat, die z. B. in Gerbereien verwendet werden, sowie durch Chrom-3-oxid ist kaum gegeben. Dagegen sind Verbindungen des 6-wertigen Chroms eine Gefahrenquelle. Diesen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen.

Literaturangaben:

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  7. Siehe auch W. Mertz, Physiol. Rev. 49, 163 (1969); E. W. Toepher und W. Mertz u. a., J. Agric. Food Chem. 21, 69 (1973)
  8. K. Lang, Biochemie der Ernährung, 2. Auflage 1970; C. Kohen, Lancet 1, 1213 (1969); T. Hallböck und E. Lanner, Lancet 2, 780 (1972)
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  12. Grassland Research Institute, Hurley, England, Annual Report 1970. 132
  13. Howard und Baird, Nutritional Deficiencies in Modern Society, Newman Books, London 1973
  14. Good Health Magazine, Januar 1973
  15. B. Milanl, Schweizer Chem. Rundschau 1974, Nr. 5, S. 7
  16. H. Buess, Helvet. med. Acta Ser. A 17, 104-136 (1950)


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