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Inhaltsverzeichnis

04 Über den Einfluss verschiedener Vorgerbmittel auf die Gerbbeschleunigung bei der pflanzlichen Gerbung aus dem Jahr 1960

04 Über den Einfluss verschiedener Vorgerbmittel auf die Gerbbeschleunigung bei der pflanzlichen Gerbung aus dem Jahr 1960

Sonderdruck aus „LEDER- UND H Ä U T E M A R K T„, Beilage „Gerbereiwissenschaft und Praxis“, April und Mai 1960

(Untersuchungen zur Gerbung mit pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffen IV. 1) Von H. Herfeld und K. Härtewig

Aus der Versuchs- und Forschungsanstalt für Ledertechnik der Westdeutschen Gerberschule Reutlingen

Der eine von uns hatte kürzlich in einem Vortrag die Gesichtspunkte zusammengestellt, die bei Beschleunigung der pflanzlichen Gerbung ohne Lederqualitätsminderung berücksichtigt werden müssen, um eine „richtige„ Gerbstoffbindung, also eine bis in die feinsten Bausteine des kollagenen Fasergefüges hinab möglichst gleichmäßige Gerbstoffablagerung zu erreichen und die als Arbeitshypothese angenommene „Totgerbung der Fibrille“ zu vermeiden 2). Dabei war auch die Vorgerbung behandelt worden, die bei Schnellgerbungen die Aufgabe hat, Narbenzug und Übergerbung des Narbens trotz rascher Steigerung der Brühenkonzentration zu vermeiden und den Quellungszustand des Fasergefüges bis zur Fixierung durch die Hauptgerbung aufrecht zu erhalten, also eine Aufgabe, die bei den „alten„ Gerbungen der Aziditätseinstellung des Farbenganges zukam, während die pH-Einstellung bei der eigentlichen Gerbung jetzt ganz auf die Steuerung von Diffusion und Bindung abgestimmt werden kann. Es ist daher auch nicht grundsätzlich wichtig, ob die Vorgerbungsmittel noch im fertigen Leder vorhanden sind oder ob sie nachträglich ganz oder teilweise wieder entfernt werden, wie etwa bei der Gerbung mit Formaldehyd, der in nachfolgenden sauren Bädern zumindest teilweise wieder aus seiner Bindung an Hautsubstanz gelöst wird 3). Das gleiche gilt auch für die teilweise Wiederauslaugung gerbender Chromverbindungen bei der Hauptgerbung mit pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffen, die kürzlich wiederholt beschrieben und eingehend diskutiert wurde 4), und schließlich hat Lindner auch auf eine Verminderung des Phosphatgehaltes von mit Coriagen vorgegerbten Blößen bei der pflanzlichen Gerbung hingewiesen 5).

Von geeigneten Vorgerbmitteln ist zu fordern:

a) daß sie einen gewünschten Quellungszustand des Fasergefüges so lange zu fixieren gestatten, bis die Hauptgerbung diese Aufgabe übernommen hat,

b) daß sie selbst möglichst kurzfristig durchzuführen sind,

c) daß Diffusion und Bindung des pflanzlichen Gerbstoffs bei der Hauptgerbung günstig beeinflußt und loser Narben, Narbenzug, Übergerbung des Narbens und Totgerbung vermieden wird, auch wenn die Konzentration der Gerbbrühe rasch gesteigert wird und absolut höhere Gerbstoffkonzentrationen angewandt werden.

d) dass sie die Eigenschaften des Leders, soweit sie darauf neben der Hauptgerbung einen Einfluss haben, nicht ungünstig beeinflussen, möglichst sogar verbessern. Viele mögliche Vorgerbmittel erfüllen diese Forderungen ganz oder teilweise und es liegen unzählige Veröffentlichungen vor, in denen bestimmte Vorgerbmittel unter dem Hinweis vorgeschlagen werden, daß durch ihre Anwendung die Konzentration der Gerbbrühen der nachfolgenden Hauptgerbung rascher gesteigert werden könne, ohne die geschilderten Gefahren befürchten zu müssen. Dabei werden aber zumeist diese Schnellgerbungen mit

Vorgerbung einer mehr oder weniger langsamen Gerbung mit dünnen Brühen und ohne Vorgerbung gegenübergestellt, bei diesem Vergleich also tatsächlich zwei Faktoren, Konzentration und Vorgerbmittel, variiert. Es wäre uninteressant, solchen Vergleichen weitere gleichartige Versuche anzuschließen. Interessant erschien dagegen, unter einheitlichen Bedingungen die häufig gestellte Frage zu klären, welche Vor- und Nachteile die hauptsächlichsten Vorgerbmittel für den Ablauf der Gerbung und für die Eigenschaften des. Fertigleders bei gleicher Hauptgerbung besitzen. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war daher, diesen Vergleich auf möglichst breiter Basis durchzuführen, wobei die Vorgerbung variiert, die anschließende Hauptgerbung aber als reine Faßgerbung und als reine ruhende Gerbung bei allen Versuchen in gleicher Weise durchgeführt wurde, um auftretende Unterschiede eindeutig auf den Einfluß der Vorgerbung zurückführen zu können.

1. Durchführung der Vorgerbungen

Als Hautmaterial wurden Kernstücke von Rindhäuten der Gewichtsklasse 25 - 29,5 kg verwendet. Die Arbeiten der Waisserwerkstatt erfolgten in normaler Arbeitsweise unserer Lehrgerberei (Faßweiche über zwei Tage bei zeitweisem Bewegen und einmaligem Wasserwechsel, angeschärfter Faßäscher über zwei Tage bei gelegentlicher Bewegung, Spülen, Entfleischen, Streichen, Crouponieren). Das anschließend bestimmte Blößengewicht wurde für alle Mengenangaben der Vorgerbungen zugrunde gelegt und dann für die Faßgerbungen jeweils 30 kg, für die ruhenden Gerbungen jeweils 10 kg Blößengewicht einheitlich durchentkälkt, indem zunächst 30 Minuten mit Wasser bei steigender Temperatur von 20 auf 28° C gespült, dann bei 28° C mit 300 % Wasser und 0,3 % Salzsäure (1:10) 10 Minuten vorentkälkt, mit 1,6 % Ammoniumsulfat innerhalb von 4 Stunden völlig durchentkälkt und anschließend wieder 30 Minuten bei 20-22° C gespült wurde. Die so gerbfertigen Blößen wiesen einen pH-Wert zwischen 6,8 und 7,0 auf. Anschließend wurden 28 verschiedene Vorgerbungen für die beiden Hauptgerbungen immer im gemeinsamen Bad durchgeführt:

Versuch 1: ohne Vorgerbung

Die Blößen kamen ohne Vorgerbung unmittelbar nach dem Entkalken zur Hauptgerbung.

Versuch 2: Vorgerbung mit 0,5% Chromoxyd und 33% Basizität

Die Blößen wurden mit 100 % Wasser (20° C), 8% Kochsalz und 1% Schwefelsäure (1:10) gepickelt, Laufzeit 4 Stunden. Sie blieben über Nacht in der Pickelflotte und wurden dann mit 0,5% Chromoxyd in Form von Chromosal B (Bas. 33%) unter Zusatz von 2% Kochsalz gegerbt. Das Chromosal wurde am Tag zuvor 1 :4 heiß gelöst und diese Chrombrühe in einer Rate zugesetzt, Laufdauer 7 Stunden, anschließend Abstumpfen mit Soda auf 45 % Basizität bei einer Laufdauer von 90 Minuten. Die chromierten Leder blieben 24 Stunden auf dem Bock, wurden nach Bestimmung des Abtropfgewichts 1,5 Stunden bei 28° C gespült, mit 200% Wasser von 35° C und 1% Natriumbikarbonat über 3 Stunden neutralisiert, blieben über Nacht in der Neutralisationsflotte und wurden nochmals 30 Minuten bei 28° C gespült. pH-Werte der vorgegerbten Blößen 5,3; Schrumpfungstemperatur 81° C.

Versuch 3: Vorgerbung mit l,0% Chromoxyd und 33% Basizität

Durchführung wie bei Versuch 2, nur wurde die Chromoxydmenge auf 1,0% erhöht und in zwei Raten mit 30 Minuten Abstand zugegeben und für die Neutralisation 1,5% Natriumbikarbonat verwendet. pH-Wert der Blöße 5,4, Schrumpfungstemperatur 87° C.

Versuch 4: Vorgerbung mit 1,5%) Chromoxyd und 33% Basizität

Durchführung wie bei Versuch 2, nur wurde die Chromoxydmenge auf 1,5% erhöht und in drei Raten mit je 30 Minuten Abstand zugegeben und für die Neutralisation 2,0% Natriumbikarbonat verwendet. pH-Wert der Blöße 5,4; Schrumpfungstemperatur 94° C.

Versuch 5: Vorgerbung mit 0,5% Chromoxyd und 50% Basizität

Durchführung wie bei Versuch 2, die gesamte Chromoxydmenge wurde aber am Tag zuvor mit Soda auf 50% Basizität eingestellt. Auf ein Abstumpfen wurde verzichtet. pH-Wert der Blöße 5,4; Schrumpfungstemperatur 78° C.

Versuch 6: Vorgerbung mit 0,5% Chromoxyd und 33% Basizität, aber Neutralisation nur bis pH 4

Durchführung wie bei Versuch 2, für die Neutralisation wurden 0,5% Natriumbikarbonait verwendet, pH-Wert der Blöße 4,0; Schrumpfungstemperatur 78° C.

Versuch 7: Vorgerbung mit 0,5% Chromoxyd und 33% Basizität, aber ohne Neutralisation

Durchführung wie bei Versuch 2. Auf eine Neutralisation wurde verzichtet und die Blößen nach 24-stündiger Lagerung nur 30 Minuten bei 28° C gespült. pH-Wert der Blöße 3,4; Schrumpfungstemperatur 76° C.

==== Versuch 8: Vorgerbung mit 0,5% Chromoxyd und 33% Basizität, Neutralisation unter Mitverwendung von Tanigan extra spezial P 1 (Bayer) ====

Durchführung wie bei Versuch 6. Nach der Neutralisation mit 0,5% Natriumbikarbonat wurde ins gleiche Bad 2% Tanigan extra spezial P 1 zugegeben und weitere 45 Minuten bewegt. Anschließend wurde 30 Minuten bei 28° C gespült. pH-Wert der Blöße 4,2; Schrumpfungs temperatur 79° C.

Versuch 9: Vorgerbung mit Tanigan CU Pulver im Faß (Bayer)

Die Vorgerbung erfolgte mit 100% Wasser von 20° C und 5% Tanigan CU, einem chromhaltigen Vorgerbstoff, der am Tag zuvor mit der 1,5-fachen Wassermenge angeteigt, dann mit der dreifachen Menge heißen Wassers vermischt und zwei Minuten aufgekocht wurd'e. Zugabe in zwei Raten mit 30 Minuten Abstand, Gesamtlaufzeit fünf Stunden, dann 24 Stunden auf dem Bock und ohne Neutralisation in die Hauptgerbung, pH-Wert der Blöße 4,1; Schrumpfungstemperatur 72° C.

Versuch 10: Vorgerbung mit Tanigan CU Pulver (Bayer) in der Hängefarbe

Beim Frischansatz wurden 17 kg Taningan CU / m3 Flotte wie bei Versuch 9 gelöst. Zwecks besserer Stabilität der Vorgerbflotte wurden dem Wasser zuvor 0,5 % Ameisensäure konz. auf Blößengewicht zugegeben. Die Blöße wurde 40 Stunden in diese Blöße eingehängt und täglich zweimal aufgeschlagen. Vor dem Durchgang der 2. und 3. Partie wurde jeweils mit 0,4% Ameisensäure konz. und 4,0% Tanigan CU auf Blößengewicht zugebessert. Das Flottenverhältnis betrug 1 : 10 auf Blößengewicht. Dann 24 Stunden auf den Bock und ohne Neutralisation zur Hauptgerbung. pH-Wert der Blöße 3,8; Schrumpfungstemperatur 74° C.

Versuch 11: Vorgerbung mit Coriagen V (Benckiser)

Die Vorgerbung erfolgte mit 120 % Wasser (22° C) und 2 % Coriagen V, einem hochmolekularen kondensierten Phosphat, das bei 55 bis 60°C 1 : 10 gelöst wurde. Zum Ansäuern wurden insgesamt 0,75 % Schwefelsäure konz. (1 : 10) verwendet und davon sofort nach Beginn der Vorgerbung die Hälfte, nach 30 Minuten ein weiteres Viertel und nach weiteren 30 Minuten der Rest zugegeben, Gesamtlaufzeit vier Stunden. End-pH-Wert der Flotte 3,8. Die Blößen blieben über Nacht in der Flotte, wurden noch 30 Minuten bewegt und kamen ohne Spülen in die Hauptgerbung. pH-Wert der Blöße 3,7; Schrumpfungstemperatur 66° C.

Versuch 12: Vorgerbung mit Coriagen CR II (Benckiser) und Chromosal B

Coriagen CR II ist weniger hochmolekular als Coriagen V. Die Blößen erhielten einen Pickel mit 100% Wasser 20° C, 10% Kochsalz und 1% Schwefelsäure konz., Laufzeit vier Stunden. Sie blieben über Nacht in der Pickelflotte, am folgenden Tag wurde die Hälfte der Pickelflotte verworfen und in der restlichen Brühe die Vorgerbung mit 1 % Coriagen CR II (1 : 10 bei 50 bis 60° C gelöst) und 3 % Chromosal B (33% Bas.) = 0,78%> C2O3 durchgeführt. Das Chromosal B wurde am Tag zuvor 1 : 4 heiß gelöst und vor der Gerbung die Hälfte der Chrom-Stammlösung zum gelösten Coriagen CR II zugegeben, die Mischung zehn Minuten stehen gelassen und dann zugesetzt. Nach 30 Minuten wurde die zweite Hälfte der Ghrom-Stammlösung nachgesetzt. Gesamtgerbdauer sieben Stunden. Dann 24 Stunden auf den Bock, anschließend 30 Minuten bei 28° C gespült, mit 200<Vo Wasser von 35° C und l,0l0/o Natriumbikarbona» während drei Stunden neutralisiert und nochmals llt Stunde bei 28° C gespült. pH-Wert der Blöße 4,4; Schrumpfungstemperatur 72° C.

Versuch 13: Vorgerbung mit 0,5 % Formalin (100%ig)

Da nach früheren Gerbversuchen mit Formaldehyd leicht die Gefahr eines zu raschen Anfallend in den Außenschichten der Haut besteht6), wird die Gerbung zum besseren Durchreagieren zweckmäßig im sauiren Gebiet begonnen und erst nachträglich zur Erreichung der Bindung abgestumpft. Daher zunächst Pickel mit 100%) Wasser von 20° C, 8% Kochsalz und 0,5% Schwefelsäure. Laufdauer vier Stunden. Die Blößen blieben über Nacht im Pickel (End-pH-Wert 3,9 bis 4,0), anschließend Formalingerbung mit 100% Wasser von 25° C und 0,5% Formaldehyd (100%ig), der 1 : 5 verdünnt innerhalb von 15 Minuten zugesetzt wurde, Gesamtlaufzeit fünf Stunden. Dann wurde der pH-Wert der Flotte mit wiederholtem Zusatz von Soda (1 : 20) langsam auf 6,5 bis 6,6 gebracht. Nach zwei Stunden kamen die Blößen über Nacht auf den Bock und wurden zur Entfernung des überschüssigen Formaldehyds eine Stunde bei 25 bis 28c C gespült. pH-Wert der Blöße 6,5; Schrumpfungstemperatur 69° C.

Versuch 14: Vorgerbung mit 1,5% Formalin (100%ig)

Durchführung wie bei Versuch 13, nur wurde die Formaldehydmenge auf 1,5% (100 %ig) gesteigert und das Formalin 1 : 5 verdünnt in zwei Raten mit 30 Minuten Abstand zugegeben. pH-Wert der Blöße 6,5: Schrumpfungstemperatur 79° C.

Versuch 15: Vorgerbung mit Chinon

Pickel wie bei Versuch 13, dann Chinonvorgerbung mit 100% Wasser von 25° C und 1%> Chinon, das bei 35° C 1 : 10 gelöst und innerhalb von 15 Minuten zugegeben wurde. Gesamtlaufzeit fünf Stunden; End-pH-Wert 5,2. Dann wurde mit 0,25% Soda ealc. (1 : 20) langsam abgestumpft und zwei Stunden laufen gelassen. Die Blößen blieben über Nacht auf dem Bock und wurden dann eine Stunde gründlich bei 28° C gespült. pH-Wert der Blöße 5,8; Schrumpfungstemperatur 73° C.

Versuch 16: Vorgerbung mit Tanigan CH (Bayer)

Die Vorgerbung erfolgte mit 150% Wasser 20° C und 5% Tanigan CH (1:2), das in drei Baten mit 20 Minuten Abstand zugegeben wurde. Gesamtlaufzeit vier Stunden. pH-Wert der Blöße 4,9; Schrumpfungstemperatur 64° C.

Versuch 17: Vorgerbung mit Tanigan CM (Bayer)

Durchführung wie bei Versuch 16, aber Verwendung von 5% Tanigan CM. pH-Wert der Blöße 4,9; Schrumpfungstemperatur 64° C.

Versuch 18: Vorgerbung mit Basyntan P spezial (BASF)

Durchführung wie Versuch 16, aber Verwendung von 5'% Basyntan P spezial. pH-Wert der Blöße 5,0; Schrumpfungstemperatur 65° C.

Versuch 19: Vorgerbung mit Gerbstoff AL (BASF)

Die Blöße erhielt eine Vorgerbung mit 300% Wasser von 25° C und 5% Gerbstoff AL, einem aluminiumhaltigen synthetischen Gerbstoff. Zur pH-Einstellung wurden noch 5% Ameisensäure konz. auf das Gerbstoffgewicht bezogen zugesetzt. Gesamtgerbdauer 12 Stunden. pH-Wert der Blöße 4,5; Schrumpfungstemperatur 67° C.

Versuch 20: Vorgerbung mit Drasil V (Böhme Fettchemie)

Die Blöße wurde mit 200% Wasser, 4% Drasil V, einem anionaktiven Kondensationsprodukt und 0,3% Smenol D\ zwei Stunden gewalkt. Dann wurden 0,1% Ammoniak zugegeben und noch eine Stunde laufen gelassen. Dann ins gleiche Bad Zugabe von 0,5% Ameisensäure 85%ig (1 : 10), Laufzeit zwei Stunden und anschließend kurz spülen. pH-Wert der Blöße 4,4; Schrumpfungstemperatur 68° C.

Versuch 21: Vorgerbung mit Blankorol WL (Bayer)

Aus Amerika, Frankreich und auch aus England ist wiederholt über Vorgerbungen mit Zirkonsalzen zur Bodenlederherstellung berichtet worden, wobei es sich aber um nur teilweise lösliche, stark durch Kieselsäure verunreinigte basische Zirkonsulfate handelte. Blankorol WL ist dagegen ein sehr reines und daher teureres, vollständig wasserlösliches gerbendes Zirkonsalz. Die Blößen erhielten einen Pickel mit 100% Wasser, 4% Kochsalz und 6% Natriumsulfat. Nach 15 Minuten wurden 3,5% Ameisensäure 85%>ig (1 : 5) zugesetzt, drei Stunden laufen gelassen und über Nacht in der Pickelflotte belassen. End-pH-Wert der Flotte 3,5. Dann wurden 20% der Pickelflotte verworfen und 2,5% Blankorol WL (50% bas.) zugesetzt, das bei 40 bis 45° C 1 : 8 gelöst und dann mit konz. Schwefelsäure auf eine Basizität von 33% eingestellt wurde. Zugabe in drei Raten mit je 30 Minuten Abstand, Gesamtgerbdauer zwei Tage, anschließend 24 Stunden auf den Bock, dann eine Stunde bei 30° C gespült. pH-Wert der Blöße 4,5; Schrumpfungstemperatur 68° C.

Versuch 22: Vorgerbung mit Hansapulver D (Zellstoff-Fabrik Waldhof)

Die Vorgerbung erfolgte mit 100% Wasser von 20° C und 3,5% Reingerbstoff des Ligningerbextraktes Hansapulver D (70% Rg.). Der Extrakt wurde bei 65 bis 68° C 1 : 5 gelöst und in drei Raten mit je 20 Minuten Abstand zugegeben, Gesamtlaufzeit vier Stunden. pH-Wert der Blöße 4,3; Schrumpfungstemperatur 64° C.

Versuch 23: Vorgerbung mit Hansa DS flüssig (Zellstoff-Fabrik Waldhof)

Die Gerbung erfolgte mit 100% Wasser und 3,5% Reingerbstoff des Aluminium - Ligningerbextraktes Hansa DS (30,7% Rg.), der wie bei Versuch 22 gelöst wurde. Die Lösung wurde mit Ameisensäure konz. auf pH 3,2 eingestelt und dann in drei Raten mit je 20 Minuten Abstand zugegeben, Gesamtlaufdauer vier Stunden. pH-Wert der Blöße 3,9; Schrumpfungstemperatur 65° C.

Versuch 24: Vorgerbung CSV 39 (Zellstoff-Fabrik Waldhof)

Die Durchführung erfolgte wie bei Versuch 22, nur wurden 3,5% Reingerbstoff des chromhaltigen synthetischen Gerbstoffes auf Ligninbasis CSV (31,6% Rg.) verwendet. Gesamtlaufzeit vier Stunden. pH-Wert der Blöße 4,4; Schrumpfungstemperatur 67° C.

Versuch 25: Vorbehandlung mit Schäffersalz (ca. 88 %ig)

Nach Untersuchungen von Otto 7) erschien es reizvoll, einige Vorbehandlungen mit nichtquellenden Säuren durchzuführen, die nach seiner Auffassung für eine Vorbehandlung vor der pflanzlichen Gerbung unter Umständen geeignet sein könnten, da sie die Fixierung der pflanzlichen Gerbstoffe in die Hautfaser abbremsen und damit eine gleichmäßigere Verteilung im Fasergefüge bewirken. Daher wurde für diesen und die beiden nächsten Versuche drei Natriumsalze von aromatischen Sulfosäuren ausgewählt, von denen die erstere (Versuch 25) schon deutlich entquellend wirken soll, die zweite (Versuch 26) weder quellend noch entquellend wirkt und die dritte (Versuch 27) noch ein gewisses Quellungsvermögen besitzt In vorliegendem Versuch erfolgte die Vorbehandlung mit 100% Wasser, 1% Schäffersalz 100%ig = 2-NaphthoI-6-sulfosaures Natrium (1 : 5 gelöst) und der äquivalenten Schwefelsäuremenge. Die Mischung von Schäffersalz und Schwefelsäure wurde in zwei Raten mit 20 Minuten Abstand zugegeben, Gesamtlaufzeit fünf Stunden, über Nacht auf den Bock. pH-Wert der Blöße 4,8; Schrumpfungstemperatur 63° C.

Versuch 26: Vorbehandlung mit a-naphthalinsulfosaurem Natrium (~ 96%ig)

Vorbehandlung mit 100% Wasser von 20“ C, 1% Alphasalz (100%ig) und der äquivalenten Schwefelsäuremenge. Durchführung wie bei Versuch 25, dann über Nacht auf den Bock. pH-Wert der Blöße 4,7 Schrumpfungstemperatur 62° C.

Versuch 27: Vorbehandlung mit dem Neutralsalz der ß-SuIfophthalsäure (~ 40%ig)

Vorbehandlung mit 100% Wasser, 1% Neutralsalz der Sulfophthalsäuire (100%ig) in Form der technischen Sulfierungsmasse und der äquivalenten Schwefelsäuremenge. Durchführung wie bei Versuch 25, dann über Nacht auf den Bock. pH-Wert der Blöße 4,7; Schrumpfungstemperatur 62° C.

Versuch 28: Desamidierung mit Natriumnitril und Eisessig

Es erschien reizvoll, im Rahmen dieser Versuche auch eine Desamidierung der Blöße durchzuführen, da dadurch die Bindung pflanzlicher Gerbstoffe verringert wird8) und damit eine gleichmäßigere Gerbstoffverteilung erwartet werden konnte. Die Blößen wurden mit 300% Wasser (20° C) und 35% Natriumnitrit 24 Stunden behandelt, pH-Wert der Flotte lag anfangs bei 7, zum Schluß bei 6,1 bis 6,2. Anschließend wurde innerhalb einer Stunde 30% Eisessig zugegeben und nochmals 24 Stunden behandelt. Über Nacht auf dem Bock und am nächsten Tag 30 Minuten bei 28 bis 30° C gespült. pH-Wert der Blöße 4,3; Schrumpfungstemperatur 60° C. Die Blößen hatten einen wattigen Griff und mußten bei Einhängen in den Farbengang beschwert werden.

2. Durchführung der Hauptgerbungen

Bei allen Versuchen wurde das Hautmaterial nach Beendigung der Vorgerbung drei Stunden zum Abtropfen über dem Bock gelagert, gewogen und dann in die Hauptgerbung gebracht, die . ausschließlich mit Mimosarindenextrakt durchgeführt wurde, während andere Gerbextrakte erst später berücksichtigt werden sollen. Sie wurde einerseits als reine Faßgerbung, andererseits als ausschließlich ruhende Gerbung durchgeführt, wobei Konzentrations-, pH- und Temperatureinstellung sorgfältig überwacht und die Gerbbrühen der einzelnen Stadien regelmäßig untersucht wurden. Mit jeder Vorgerbung wurden drei hintereinanderfolgende Partien durchgeführt und insbesondere die dritte Partie für Untersuchung und Beurteilung verwertet, während die ersten beiden Partien nur als Vorlauf zur Einstellung auf die neue Vorgerbart dienten. Nach beendeter Hauptgerbung wurden alle Leder einheitlich in der Arbeitsweise unserer Lehrgerberei für Vacheleder fertig zugerichtet.

a) Faßgerbung

Die Faßgerbung erfolgte in vier Stufen bei der die 1., 2. und 4. Stufe je 24 Stunden, die 3. Stufe 48 Stunden, die Gesamtgerbdauer also fünf Tage betrug. Eine so kurze Gerbdauer wurde bewußt gewählt, um Unterschiedlichkeiten der verschiedenen Vorgerbungen deutlich erkennen zu können. Das Blößengewicht betrug für jede Partie 30 kg, die Brühenmenge war mit 160% auf Blößengewicht = 48 Liter sehr knapp gehalten. Die Gerbstoffzuführung erfolgte ausschließlich in der 4. (letzten) Stufe mit 29% auf Blößengewicht = 8,7 kg Reingerbstoff. Sie wurde absichtlich für eine Unterledergerbung verhältnismäßig niedrig gehalten, um Einflüsse der verschiedenen Vorgerbungen auf Brühenauszehrung, Gerbstoff auf nähme und Gerbstoffverteilung im Leder besser erkennen zu können. Im übrigen sind die Angaben der normalen Durchführung aus Tabelle 1 ersichtlich.

Die Frischbrühe, die für jede Partie neu angesetzt wurde, hatte eine Brühenstärke von 11,5 - 12,0° Be mit 180 - 185 g Reingerbstoff/Liter und einer Anteilzahl von 80 und wurde zunächst zur Ausgerbung des Leders verwandt, das bereits die Stufen 1 - 3 durchlaufen hatte. Der pH-Wert dieser Brühe, der 4,7 - 4,8 betrug, wurde zuvor mit Ameisensäure auf 3,6, die Temperatur auf 40 C eingestellt. Nach 24 Stunden war der Gerbstoffgehalt in der 4. Stufe auf 115 -125 g / Liter, die Temperatur auf 32 - 34° C abgesunken und der pH-Wert auf 4,1-4,3 angestiegen. Diese Brühe wurde als 3. Stufe der nächsten Partie verwendet, wobei irr unserem Fall wieder ein Anwärmen auf 38° C erfolgte. Am Ende der 3. Stufe lag der Gerbstoffgehalt bei 45 - 50 g / Liter, der pH-Wert war weiter auf 4,5 - 4,7 gestiegen und die Temperatur auf 30 - 32 C abgefallen. Diese Restbrühe wurde in der 2. Stufe der nächsten Partie verwendet und dabei sank der Gerbstoffgehalt auf 10 - 20 g / Liter und die Temperatur von 30° C auf 26 - 27° C ab und der pH-Wert stieg auf pH 5,2 - 5,4 an und diese Brühe wurde schließlich nach Anwärmen auf 28° C bei der folgenden Partie als erste, schlechteste Brühe der 1. Stufe verwendet und enthielt dann am Ende 1 - 3 g / Liter Gerbstoff bei einem pH-Wert von 5,4 - 5,6. Bei dieser Durchführung blieb das Hautmaterial während der ganzen Gerbung im gleichen Faß, die Brühe wurde von Partie zu Partie von einem Faß zum nächsten evtl. unter Zwischenschaltung von Vorratsgefäßen für jede Stufe, aber ohne Zubesserung weitergepumpt. Damit ist die Forderung des Gegenstromprinzips klar erfüllt und die Gerbstoffzahlen zeigen, daß in der Restbrühe praktisch kein Gerbstoff mehr vorhanden ist, die Restbrühenausnutzung also einwandfrei gewährleistet ist. Die pH-Einstellung, bei der bei 5,4 - 5,6 angegerbt und bei 3,6 ausgegerbt wurde, stellte sich normalerweise von selbst in den in Tabele 1 angegebenen Bereichen ein. Soweit das bei einigen Vorgerbungen nicht der Fall war, wurden die pH-Werte, die regelmäßig nach 3, 6 und 24 Stungen kontrolliert wurden, entsprechend korrigiert, wobei zur pH-Senkung Ameisensäure, zur pH-Steigerung Natriumsulfit verwendet wurde. Eine pH-Steigerung in den ersten Stadien der Gerbung war nötig, wenn die Häute sauer aus der Vorgerbung kamen, also insbesondere bei den weniger neutralisierten Chromledern der Versuche 6 - 8, die in den Anfangsstadien der pflanzlichen Gerbung größere Säuremengen an das Gerbbad abgaben, die jeweils durch Zusatz von Sulfit neutralisiert werden mußten. Ähnliche pH-Korrekturen waren auch bei den Versuchen 11 und 12 in der 1. Stufe erforderlich, während sie sich hei den Versuchen 6 und insbesondere 7 bis in die 3. Stufe erstreckten. Bei den meisten Vorgerbungen war dagegen eine besondere pH-Korrektur überhaupt nicht erforderlich. Die Temperatureinstellung entsprechend den Angaben der Tabelle 1 mußte bei unseren halbtechnischen Versuchen jeweils durch Erwärmen vorgenommen werden und bei der über zwei Tage gehenden 3. Stufe haben wir auch nach 24 Stunden nochmals auf 38° C angewärmt. Das ist bei großtechnischem Arbeiten normalerweise kaum erforderlich, während bei halbtechnischen Versuchen die Abkühlung viel größer ist, die Erwärmung der Faßfüllung durch Reibung ausscheidet, so daß hier zwangsläufig stärkere Temperatursenkungen als in der Praxis eintreten.


Tabelle 1


Wir haben in Tabelle 1 auch den Faktor angeführt, der durch Division der Reingerbstoffmenge / Liter durch die Beaumegrade erhalten wurde. Dieser Faktor wird von Stufe zu Stufe kleiner, weil die Beaumegrade mit zunehmender Auszehrung relativ mehr durch die Nichtgerbstoffe als durch die Gerbstoffe bestimmt werden. Diese Faktoren sind für die Betriebskontrolle interessant, weil sie ermöglichen, bei Festlegung für die einzelnen Stufen für ein bestimmtes Arbeitsverfahren aus den ermittelten Beaumewerten auf die Gerbstoffgehalte der Brühe Rückschlüsse zu ziehen und damit auch Schwankungen erfassen zu können, ohne daß bei jedem Durchgang eine Gerbstoffanalyse erforderlich wäre.

In Tabelle 2 sind die Werte für die Gerbstoffaufnahme in den einzelnen Stufen enthalten, die sich aus der mittleren Änderung der Reingerbstoffgehalte in Tabelle 1 von Stufe zu Stufe ergeben. Dabei kann nicht entschieden werden, inwieweit diese Verminderung des Gerbstoffgehaltes auf Gerbstoffaufnahme oder Gerbstoffverluste zurückzuführen ist, doch da bei einer Gerbung über nur fünf Tage Gerbstoffverluste durch äußere Einflüsse nur verhältnismäßig gering sind, dürften die Gerbstoffdifferenzen im wesentlichen der Gerbstoffaufnahme in den einzelnen Stufen entsprechen. Die Zahlen zeigen, daß von der insgesamt dargebotenen Gerbstoffmenge nur 1,1% noch in der Restbrühe vorhanden ist, während 7,1% in der 1. Stufe, 16,5% in der 2. Stufe, 41,1% in der 3. Stufe und noch 34,2% in der 4. Stufe aufgenommen werden. Das noch beträchtliche Aufnahmevermögen für Gerbstoff in der 4. Stufe mag zum Teil mit der etwas niedrigen Menge an dargebotenem Gesamtgerbstoff zusammenhängen und spätere Versuche werden zu zeigen haben, wie sich diese prozentuale Aufteilung bei höherem Gerbstoffangebot ändert.


Tabelle 2


Die Werte der Tabelle 1 zeigen eine sehr gute Auszehrung der Restbrühe. Dabei handelt es sich um Normalwerte und für den Restgerbstoffgehalt der ausgezehrten Flotte wurden teilweise noch günstigere Werte festgestellt, so bei den Chromvorgerbungen der Versuche 2 - 8, bei der Grubenvorgerbung mit Taningan CU (Versuch 10), bei der Vorgerbung mit Coriagen CR II + Chromosal B (Versuch 12) und bei der Vorgerbung mit Blankorol WL (Versuch 21). Andererseits wurden bei einigen Versuchen auch höhere Werte über 3g/ Liter erhalten, so bei der Vorgerbung mit Chinon (Versuch 15), bei Vorgerbungen mit den Ligninextrakten (Versuche 22 - 24), bei den Vorbehandlungen mit den nichtquellenden Säuren (Versuche 25 - 27) vmd bei der desamidierten Blöße (Versuch 28). In den letzteren Fällen lagen die Restgerbstoffgehalte der ausgezehrten Brühen zwischen 3 und 8g/ Liter, waren also auch noch durchaus normal, aber etwas ungünstiger als bei den anderen Versuchen. Dabei ist interessant, daß die besonders günstigen Werte vorwiegend bei kationischen Vorgerbungen erhalten wurden, der durch die Vorbehandlung erteilte Ladungscharakter also ohne Zweifel einen Einfluß auf die Auszehrung der Restbrühen besitzt.

b) Ruhende Gerbung

Die Gerbung in ausschließlich ruhendem Zustand erfolgte in sechs hintereinander geschalteten Farben mit je drei Tagen Dauer und anschließenden drei Hot-pit-Gruben mit je sechs Tagen Dauer, die Gesamtgerbzeit betrug also 36 Tage. Pro Partie wurden 10 kg Blößengewicht eingearbeitet, die Brühenmenge betrug 60 Liter je Gefäß = 600% vom Blößengewicht. Die Gerbstoffzuführung betrug pro Partie 3,8 kg Reingerbstoff = 38% vom Blößengewicht, lag also wesentlich höher als bei der Faßgerbung, so daß ein Vergleich der beiden Gerbarten gegeneinander nur mit gewissen Vorbehalten möglich ist. Das auch absolut relativ hohe Gerbstoffangebot hatte sich bei der Einspielung des Gerbganges automatisch ergeben und mußte dann in dieser Arbeit so weitgeführt werden, um vor allem einen exakten Vergleich der verschiedenen Vorgerbmittel zu gewährleisten. Wir werden auf den Vergleich der beiden Hauptgerbarten bei gleichem Gerbstoffangebot in anderem Zusammenhang zurückkommen.

Die Angaben über die Einstellung der ruhenden Gerbung sind aus Tabelle 3 zu entnehmen. Nach jeder Partie wurde von der schlechtesten Farbe ein Drittel der Brühmenge kanalisiert, von den anderen Brühen je ein Drittel auf die nächst schwächere weitergegeben und in der letzten Hot-pit-Grube das fehlende Drittel mit Frischbrühe so ersetzt, daß die Brühenstärke im Endstadium immer 13 Be betrug. Die 6 Farben waren auf 18 bis 20 eingestellt, die Temperatur wurde täglich kontrolliert und evtl. korrigiert. Die 3 Hot-pit-Gruben waren auf 38-40 C eingestellt, die Temperatur wurde durch elektrische Heizung mit Relaisschaltung konstant gehalten. Die pH-Einstellung wurde wie bei der Faßgerbung so vorgenommen, daß die beste Hot-pit-Brühe durch Zusatz von Ameisensäure konstant auf 3,5 gehalten wurde, während die übrigen pH-Werte sich bei den meisten Versuchen automatisch auf die in Tabelle 3 angegebenen Spannen einstellten. Soweit sich bei einzelnen Versuchen Abweichungen ergaben, wurden auch hier täglich mit Ameisensäure bzw. Natriumsulfit korrigiert, wobei die Zugabe von Natriumsulfit wieder bei den Versuchen nötig war, bei denen die Blößen verhältnismäßig sauer in die Hauptgerbung kamen und durch Säureabgabe in den ersten Gerbstadien stärkere pH-Senkungen eintraten und ausgeglichen werden mußten. Die vorgegerbten Blößen kamen also auch hier zunächst in Brühen mit verhältnismäßig hohem pH-Wert von 5,1-5,2, um in den ersten Stadien gute Diffusion zu erreichen, und der pH-Wert sank dann von Stufe zu Stufe bis zum Endwert von 3.5 ab.

Tabelle 3 läßt erkennen, daß die Brühenführung auch bei der ruhenden Gerbung unter klarer Einhaltung des Gegenstromprinzips erfolgte und eine einwandfreie Auszehrung der Restbrühe erreicht wurde. Da im Gegensatz zur Faßgerbung jeweils nur ein Drittel der Brühe erneuert wurde, konnte die Brühen

auszehrung in Abhängigkeit von der jeweiligen Vorgerbung nicht so eindeutig kontrolliert werden. Es zeigte sich bei den mit Ligninextrakten, nichtquellenden Säuren und durch Desamidierung vorbehandelten Blößen eine etwas geringere Auszehrung der Bäder, die Abweichungen waren, aber bei dem höheren Gerbstoffangebot und der längeren Gerbdauer nur gering.


Tabelle 3


3. Vergleich der äußeren Beschaffenheit der Leder

In der äußeren Beschaffenheit der Leder waren zwischen den verschiedenen Vorgerbungen charakteristische Unterschiede vorhanden. Die Leder der ruhenden Gerbung waren durchweg etwas heller und fester, wobei die festere Beschaffenheit teils mit dem höheren Gerbstoffangebot, teils aber mit der fehlenden Walkwirkung in den ersten Gerbstadien zusammenhängen dürfte, während die hellere Lederfarbe ohne Zweifel darauf zurückzuführen ist, daß Gefahren der Dunklung durch Oxydation und durch Einarbeitung schwerer löslicher Bestandteile der Gerbbrühen in die äußeren Schichten des Fasergefüges bei der bewegten Gerbung größer sind. Außerdem zeigten die Leder der Faßgerbung sehr häufig einen gewissen Narbenzug, der sich namentlich bei so geringer Flotte und Bewegung schon in den ersten Stadien nie ganz wird vermeiden lassen.

Vergleicht man die verschiedenen Vorgerbungen bei gleicher Hauptgerbung mit den Ledern des Versuchs 1 ohne Vorgerbung, so sind teils Aufhellungen, teils Dunklungen festzustellen. Insbesondere bei den Chromvorgerbungen der Versuche 2-5 war einwandfrei eine gewisse Dunklung der Lederfarbe zu erkennen, die mit der Chromgerbung als solcher in Zusammenhang steht, vielleicht aber auch mit der unten noch zu behandelnden Tatsache, daß der pflanzliche Gerbstoff bei Chromvorgerbungen stärker in den Außenschichten gebunden wird. Diese Dunklung trat bei Versuch 6 nur wenig und insbesondere bei den Versuchen 7 und 8 nicht in Erscheinung, also bei den Versuchen, bei denen vor der Hauptgerbung nicht oder nur beschränkt neutralisiert, die Neutralisation vielmehr in die ersten Gerbstadien verlagert wurde, so daß diese Arbeitsweise für die Lederfarbe ohne Zweifel Vorzüge bietet. Auch bei den Vorgerbungen mit Tanigan CU (Versuche 9 und 10) war sogar eine gewisse Aufhellung festzustellen, was mit dem Einbau des Chroms in ein anionisches System und der damit bewirkten gleichmäßigeren Gerbstoffverteilung (s. u.) in Zusammenhang stehen dürfte. Eine starke Dunklung war erwartungsgemäß bei der Vorgerbung mit Chinon (Versuch 15) festzustellen, so daß schon aus diesem Grunde eine Vorgerbung mit Chinon bei den heutigen Anforderungen kaum diskutabel sein dürfte. Schließlich war eine Dunklung bei Verwendung des chromhaltigen Ligninextraktes (Versuch 24) feststellbar. In allen anderen Fällen wurde die Farbe des Leders nicht ungünstig beeinflußt, bei den Vorgerbungen mit Coriagen V (Versuch 11), Formalin (Versuch 13 und 14), Gerbstoff AL, Drasil V und Blankorol WL (Versuch 19-21) war eindeutig eine Aufhellung vorhanden.

Sämtliche Leder waren relativ fest, was mit der Ausgerbung bei niedrigem pH-Wert und gleichzeitig höheren Temperaturen in Zusammenhang steht und die Mitteilungen von Hum phrey 9) bestätigen, daß unter diesen Bedingungen auch mit Mimosaextrakt hohe Festigkeiten erhalten werden können. Graduell waren gegenüber dem Versuch 1 bei keiner Vorgerbart weitere Verfestigungen aufgetreten, sondern die Leder wiesen entweder gleiche Beschaffenheit auf oder sie waren weicher und flexibler. Das letztere traf insbesondere bekanntermaßen für die Chromgerbung (Versuch 1-10) zu, ebenso aber auch für die Vorgerbungen mit Chinon (Versuch 15), den drei synthetischen Vorgerbstoffen (Versuch 16-18), Gerbstoff AL (Versuch 19), Drasil V (Versuch 20), den drei Ligninextrakten (Versuch 22-24) und für die Desamidierung (Versuch 28). Interessant waren die Feststellungen bezüglich Durchgerbung. Dabei waren alle ruhend gegerbten Leder in ihrer ganzen Dicke durchgegerbt, bei der Faßgerbung nur bei einem Teil der Versuche und diese Feststellung läßt bei dem geringeren und wahrscheinlich nicht ganz ausreichenden Gerbstoffangebot gewisse Aussagen über den Einfluß der Vorgerbungen auf die Gerbstoffverteilung in der Haut zu. Insbesondere bei den Chromvorgerbungen der Versuche 2-5 war eine nicht durchgegerbte Innenzone vorhanden, besonders ausgeprägt beim Versuch 5, bei dem die Vorgerbung von Anfang an höher basisch durchgeführt wurde und daher auch das Chrom stärker in den Außenschichten abgelagert war. Die bekannte Steigerung des Bindungsvermögens der Haut für pflanzliche Gerbstoffe durch eine Chromgerbung fördert also keinesfalls die gleichmäßige Ablagerung der pflanzlichen Gerbstoffe im Fasergefüge bis in die kleinsten Bausteine hinein, sie beeinträchtigt im Gegenteil eine genügende Diffusion. Bei den Versuchen 6 und 7 mit ungenügender Neutralisation und insbesondere bei den Versuchen 8-10, bei denen mit der Chromvorgerbung gleichzeitig eine anionische Gerbung verbunden war, trat diese Erscheinung dagegen nicht auf, während sie wieder in gewissem Umfang bei der Vorgerbung mit Blankorol WL (Versuch 21) festzustellen war. In der gleichen Richtung liegen auch neuere Feststellungen von Stather, Reich und Mitarbeitern 10), daß die Chromvorgerbung die Diffusion am geringsten fördert (Werte teils niedriger als bei der Blöße ohne Vorgerbung), Vorgerbungen mit Metallkomplexgerbstoffen sie dagegen steigern. Diese P'eststellung wirft zwangsläufig die Frage auf, ob überhaupt kationische Vorgerbmittel geeignet sind, da sie die Bindung für die nachfolgenden anionischen pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffe stark steigern und damit die Gefahr einer vorzeitigen Gerbstoffablagerung in den Außenschichten und der Übergerbung des Narbens erhöhen, die Diffusion verlangsamen und die Einhaltung der Forderung nach möglichst gleichmäßiger Durchgerbung bis in den Feinbau hinein erschweren. Wenn das bei der ruhenden Gerbung infolge längerer Gerbdauer und höheren Gerbstoffangebots nicht sichtbar wird, so spricht das doch nicht für grundsätzlich günstigere Verhältnisse bei dieser Gerbart. Otto 11) hat darauf hingewiesen, daß pflanzliche Gerbstoffe bei der Nachgerbung chromgarer Leder viel begieriger gebunden und dadurch in unerwünschter Weise in den Außenschichten des Leders angereichert würden und daß dies insbesondere bei Mimosarindenextrakt sehr stark der Fall sei. Er empfiehlt, für die Chromvorgerbung maskierte Chromsalze zu verwenden, und wir glauben, daß man bei Vorgerbungen, die nicht den Charakter des Leders beeinflussen, sondern lediglich eine Beschleunigung der nachfolgenden Hauptgerbung mit pflanzlichen und synthetischen Gerbstoffen erleichtern sollen, grundsätzlich anionischen Vorgerbungen den Vorzug geben sollte, da diese die Haut vor einem zu raschen Anfall der Gerbstoffe selbst bei höheren Brühenkonzentrationen schützen, so daß die Bindung verlangsamt, Totgerbung vermieden und die Diffusion des Gerbstoffes in Geschwindigkeit und Tiefe gefördert wird. Vielleicht ist dann, wie oben dargelegt wurde, die Auszehrung der Gerbbäder der Hauptgerbung nicht ganz so gut wie bei kationischen Vorgerbungen, aber diese bei sachgemäßer Führung des Gerbganges nur geringen Unterschiede sollten im Hinblick auf die „richtige Gerbstoffablagerung„ und eine dadurch bewirkte Verbesserung der Lederqualität in Kauf genommen werden.

4. Vergleich der chemischen Zusammensetzung der Leder

Der Fettgehalt der Leder lag zwischen 0,3 und 0,5%. der Mineralstoffgehalt nach Abzug gerbender Mineralstoffe zwischen 0,8 und l,2% und der Gehalt an auswaschbaren organischen Stoffen zwischen 7 und 9% ohne grundsätzliche Unterschiede zwischen Faßgerhung und ruhender Gerbung und zwischen den verschiedenen Vorgerbungen. Diese Daten liegen so niedrig, daß günstige oder ungünstige physikalische Eigenschaften der erhaltenen Leder nicht durch stärkere Fettung oder stärkere Einlagerung organischer oder mineralischer Stoffe bewirkt sein können. Ebenso wurde die Möglichkeit der Steigerung des Rendements durch stärkere Füllung und Fixierung bewußt nicht ausgenutzt, um die vergleichende Bewertung des Einflusses der verschiedenen Vorgerbungen nicht durch andere Faktoren zu überlagern. Bezüglich Rendements und Durchgerbungszahl sind verständlicherweise erhebliche Unterschiede zwischen Faßgerhung und ruhender Gerbung vorhanden, wobei die höheren Werte für die ruhende Gerbung nicht grundsätzlich mit dieser Gerbart als solcher in Zusammenhang zu stehen brauchen, sondern durch das hierbei vorhandene größere Gerbstoffangebot bewirkt sind. Hinsichtlich der pH-Werte sind grundsätzliche Unterschiede nicht vorhanden, was bei der Ausgerbung bei gleichem pH-Wert der Endbrühe verständlich ist. Die bereits eingangs angeführte Tatsache des Auswaschens von Chromverbindungen während der pflanzlichen Gerbung wurde insofern bestätigt, als die Leder der länger dauernden ruhenden Gerbung in allen Fällen niedere Chromoxydgehalte als die der Faßgerhung aufwiesen.

Beim Vergleich der Durchgerbungszahlen der verschiedenen Gerbungen mit den Werten der Gerbung 1 ohne Vorgerbung sind die Schwankungen für viele Vorgerbungen so gering, daß daraus grundsätzliche Folgerungen über einen Einfluß der Vorgerbung nicht gezogen werden können. Sie liegen bei der Faßgerbung zwischen 64 und 67, bei der ruhenden Gerbung zwischen 72 und 75. Die chromvorgegerbten Leder der Versuche 2-5 zeigen mit 68-70 bzw. 76-78 durchweg etwas höhere Werte, also erwartungsgemäß und in Übereinstimmung mit der besonders guten Auszehrung eine etwas stärkere Gerbstoffbindung. Sie lassen damit erkennen, daß die Durchgerbungszahlen allein nichts über eine genügend gleichmäßige Gerbstoffverteilung in der Gesamtdicke des Leders aussagen und daß die bei diesen Ledern festgestellte ungegerbte schmale Innenzone nicht mit einer absolut geringeren Gerbstoffbindung in Zusammenhang steht, sondern eben infolge der kationischen Vorgerbung die Gerbstoffverteilung eine etwas andere ist. Höhere Werte ergaben ferner die Versuche 13 und 14 mit Formalinvorgerbung mit 68 und 72 für die Faßgerhung bzw. 76 und 78 für die ruhende Gerbung, was sicherlich damit zusammenhängt, daß Formaldehyd in saurer Lösung wieder ganz oder teilweise aus der Bindung an Hautsubstanz gelöst wird und dadurch eine zunächst gute Diffusion des Gerbstoffs ins Innere der Haut mit einer nachfolgenden stärkeren Bindung verbunden ist. Eine gesteigerte Bindung war auch bei Versuch 19 bei Vorgerbung mit Gerbstoff AL (69 bzw. 79) festzustellen, während niedrigere Werte bei den Vorgerbungen mit den beiden Ligninextrakten der Versuche 22 und 23 (58 und 60 bzw. 69 und 71), den drei nichtquellenden Säuren (Versuch 25 bis 27) mit 60-61 bzw. 69-70 und der desamidierten Haut (Versuch 28) mit 62 bzw. 69 erhalten wurden.

5. Vergleich der physikalischen Eigenschaften der Leder

Für die Bestimmung der physikalischen Eigenschaften

der verschiedenen Leder wurden Proben aus mehreren Kernstücken und hier wieder an verschiedenen Stellen entnommen, um ein möglichst gutes Durchschnittsergebnis zu erhalten. Die Untersuchungen ergaben beim Raunige wicht für die reine Faßgerbung einen Mittelwert aller Versuche von 1,03, für die ruhende Gerbung von 1,07, wobei die niederen Werte der Faßgerbung mit der geringeren Gerbintensität, aber auch mit einer gewissen Auflockerung des Gefüges durch die mechanische Bearbeitung im Faß während der ganzen Gerbdauer in Zusammenhang stehen können. Im übrigen sind die Schwankungen zwischen den verschiedenen Versuchen nur gering und lassen irgendwelche Rückschlüsse auf den Einfluß der Vorgerbung nicht zu, vielleicht mit Ausnahme der Vorgerbung mit den verschiedenen Ligninextrakten (Versuch 22-24) mit etwas niedrigeren Werten von 0,97-0,98 bzw. 1,00-1,02.

Für die Zugfestigkeit

betragen die Mittelwerte für die Faßgerbung 225, für die ruhende Gerbung 238 kg/cmJ (Tabelle 4). Hier wären bei der höheren Gerbintensität der Leder der ruhenden Gerbung niedere Werte zu erwarten gewesen, zumal auch die Dicke der Leder dieser Gerbart höher war. Da die Zugfestigkeit ein Maß für die Beschaffenheit des Fasergefüges darstellt, deutet diese Feststellung eindeutig auf eine stärkere Beanspruchung des Fasergefüges bei der reinen Faßgerbung hin. Beim Vergleich der verschiedenen Vorgerbungen miteinander können Werte für die Faßgerbung zwischen 225 und 234, für die ruhende Gerbung zwischen 233 und 250 als normal angenommen werden und entsprechen damit den für Unterleder üblichen Daten. Unter diesen Grenzen liegende niedrigere Werte zeigen die Versuche 13-15 unter \ orgerbung mit Formalm und Chinon und die Versuche 22-24 unter Vorgerbung mit den drei verschiedenen Ligninextrakten.

Die Stichausreißfestigkeit

liegt im Mittel bei der Faßgerbung bei 137, bei der ruhenden Gerbung bei 156 kg/cm. Hier gelten für die Beurteilung die gleichen Gesichtspunkte, daß die höhere Gerbintensität und höhere Dicke der Leder der ruhenden Gerbung hätte niedere Werte ergeben müssen, so daß das starke Absinken auch hier auf eine Beeinträchtigung des Fasergefüges bei der reinen Faßgerbung hindeutet. Außer den Versuchen 22 - 24 mit den drei verschiedenen Ligninextrakten mit etwas niedrigeren Werten sind im übrigen alle Befunde als normal anzusprechen.


Tabelle 4


Die Bruchdehnung

liegt für die ruhende Gerbung durchweg etwas niedriger als die Werte der Faßgerbung (im Mittel 24 gegen 26) doch kann diese Erscheinung wieder mit der höheren Gerbintensität in Zusammenhang stehen. Zwischen den verschiedenen Ledern sind die Unterschiede nur gering, so daß die Einzelwerte nicht besonders angeführt sind. Alle Leder zeigen etwa mindestens die Dehnbarkeit des Versuchs 1, zumeist aber in Zusammenhang mit der gesteigerten Flexibilität etwas höhere Werte.

Die Wasseraufnahme

beträgt bei der ruhenden Gerbung nach 2 bzw. 24 Stunden im Mittel 26 bzw. 36%, bei der Faßgerbung 33 bzw. 43% und die Wasser durchlässigkeitsquotienten liegen im Mittel bei 0,80 bzw. 0,66. Auch hier dürften die ungünstigeren Werte der rein faßgegerbten Leder zumindest teilweise mit der geringeren Gerbintensitäl dieser Leder in Zusammenhang stehen. Beim Vergleich der Werte der verschiedenen Vorgerbarten (Tabelle 4) zeigen alle Vorgerbungen mit Chromsalzen (Versuche 2 - 8) bei beiden Hauptgerbarten höhere Werte als bei dem Versuch 1. Dieser Einfluß nimmt mit zunehmender Intensität der Chromvorgerbung zu, ist aber auch bei den Versuchen mit geringer Chrommenge eindeutig, und bestätigt, daß bei Chromvorgerbung immer die Gefahr einer Steigerung der Wasserzügigkeit besteht. Sie tritt dagegen bei der Vorgerbung mit Tanigan CU (Versuch 9 und 10) nicht auf. Ein ähnlicher Einfluß ist weiter bei der stärkeren Formalinvorgerbung des Versuchs 14 festzustellen, nicht dagegen bei der nur mäßigen Formalinvorgerbung des Versuchs 13, so daß geringe Formalinmengen bei einer genügend satten nachträglichen Ausgerbung keinerlei nachteilige Wirkung auf das Verhalten gegen Wasser haben, zumal der Formaldehyd in saurer Gerbstofflösung zumindest teilweise wieder aus der Bindung an die Hautsubstanz entfernt wird. Höhere Werte sind weiter für die Vorgerbung mit Blankorol WL (Versuch 21) festzustellen und machen sich eindeutig bei den Vorgerbungen 22 - 24 mit den verschiedenen Ligninextrakten bemerkbar, ein Zeichen dafür, daß die Ligninsulfosäure infolee ihres stark hydrophilen Charakters das Verhalten gegen Wasser ungünstig beeinflußt. Der gleiche ungünstige Einfluß ist auch bei den Vorbehandlungen mit den drei nichtquellenden Säuren (Versuch 25 bis 27) und bei Versuch 28 mit desamidierler Blöße festzustellen. In den meisten Fällen werden allerdings die heute üblichen Gütebegrenzungen von 35 bzw. 45% nicht überschritten.

Die Werte für Luftdurchlässigkeit und Wasserdampfdurchlässigkeit

sind nicht besonders angeführt. Sie lagen für die Luftdurchlässigkeit stets über 20, für die Wasserdampfdurchlässigkeit alle über 250 und entsprechen daher den normalerweise gestellten Anforderungen für diese Eigenschaften. Schwankungen sind in erster Linie auf strukturelle Unterschiedlichkeiten zurückzuführen, ein Einfluß der Vorgerbung war nicht festzustellen.

Für den Abnutzungswiderstand

wurden bei allen Ledern besonders günstige Werte erhalten, was mit der an und für sich fester strukturierten Beschaffenheit dieser Leder in Zusammenhang steht, aber eindeutig erkennen läßt, daß auch moderne Gerbungen mit nur wenigen Tagen bzw. wenigen Wochen Gerbdauer Leder mit ausgezeichnetem Abnutzungswiderstand zu liefern vermögen, wenn die Gerbung richtig geführt wird. Die erhaltenen Werte der Tabelle 4 sind so günstig, wie sie nur bei wirklich guten Unterlederqualitäten erhalten werden. Auch hier geben die ruhend gegerbten Leder mit einem Mittelwert von 0,54 gegenüber den faßgegerbten Ledern mit einem Mittelwert von 0,70 einen günstigeren Befund, der zweifelsohne nicht mit der höheren Gerbintensität, sondern nur mit der Beschaffenheit des Fasergefüges erklärt werden kann. Der Vergleich der verschiedenen Vorgerbungen zeigt besonders günstige Werte für die Vorgerbungen mit Chromverbindungen (Versuch 1 -10) und bei den Versuchen 11 und 12 für die Vorgerbung mit Coriagen, während in allen anderen Fällen die Einflüsse so gering sind, daß daraus grundsätzliche Folgerungen nicht gezogen werden können. Bei den extrem guten Ergebnissen der laboratoriumsmäßigen Untersuchungen haben wir praktische Trageversuche eingeleitet, um festzustellen, ob sich diese Befunde hierbei bestätigen lassen.

6. Zusammenfassung

Die durchgeführten Untersuchungen lassen für das Problem der Gerbbeschleunigung eine Reihe wichtiger Feststellungen zu:

1. Die unter den gewählten Bedingungen

in reiner Faßgerbung mit relativ geringer Flottenmenge hergestellten Leder unterscheiden sich von den Ledern der ruhenden Gerbung ungünstig durch dunklere Lederfarbe, Gefahr eines gezogenen Narbens, geringeres Raumgewicht, geringere Zugfestigkeit und Stichausreißfestigkeit, ungünstigeres Verhalten gegen Wasser und ungünstigeren Abnutzungswert. Diese Unterschiede sind teilweise durch die höhere Gerbintensität der ruhenden Gerbung als Folge des höheren Gerbstoffangebots bedingt, insbesondere die schlechteren Festigkeitswerte und der ungünstigere Abnutzungswiderstand sprechen aber auch für eine gewisse Beeinträchtigung des Fasergefüges, so daß wir folgern möchten, daß eine ruhende Gerbung zumindest in den Anfangsstadien der Gerbung der Faßgerbung vorzuziehen ist.

2. Vorgerbungen vor der pflanzlichen Gerbung

haben im Rahmen der Gerbbeschleunigung die Aufgabe, einen bestimmten Quellungszustand des Fasergefüges zum mindesten zeitweise zu fixieren, die Diffusion und richtige Gerbstoffablagerung der nachfolgenden Hauptgerbung auch bei rascher Konzentrationssteigerung günstig zu beeinflussen, Narbenzug, losen Narben und Übergerbung der Außenschichten zu verhindern und möglichst auch die Ledereigenschaften zu verbessern.

3. Kationische Vorgerbungen

(Cr, Zr erhöhen bekanntlich das Bindungsvermögen für pflanzliche und synthetische Gerbstoffe und bewirken daher deren rasche und intensivere Bindung. Sie erhöhen aber andererseits die Gefahr einer Diffusionsverzögerung und einer grundsätzlich ungleichmäßigeren und damit falschen Gerbstoffablagerung im Fasergefüge und damit zusammenhängend die Gefahr einer Übergerbung der Außenschichten des Leders und höherer Wasseraufnahme. Anionische Vorgerbungen verzögern im Gegensatz dazu die Bindung und fördern dadurch eine raschere und bessere Durchdringung des Fasergefüges und eine gleichmäßigere Gerbstoffverteilung bis in den Feinbau. Dadurch wird gleichzeitig auch eine hellere Lederfarbe und ein besseres Verhalten gegen Wasser bewirkt. Daher geben wir auf Grund der durchgeführten Untersuchungen grundsätzlich anionischen Vorgerbungen den Vorzug.

4. Vorgerbungen mit Chromsalzen

werden in der Praxis vielfach verwendet, ihr haften aber grundsätzlich die dargelegten Nachteile einer kationischen Vorgerbung; also Förderung einer ungleichmäßigen Gerbstoffverteilung an. Als Vorteile sind höhere Flexibilität und besserer Abriebwert anzuführen, als Nachteile ein ungünstigeres Verhalten gegen Wasser und dunklere Lederfarbe, die aber durch entsprechende pH-Führung, insbesondere Neutralisation erst in den ersten Gerbstadien beeinflußt werden kann. Der chromhaltige synthetische Gerbstoff CU bewirkt die gleichen Vorteile der Chromvorgerbung, doch haften ihm als anionischem Gerbstoff nicht die Nachteile einer Dunklung der Lederfarbe und einer Steigerung der Wasserzügigkeit an, und er gibt gleichmäßigere Durchgerbung.

5. Bei der Vorgerbung mit polymeren Phosphaten

wurden in Übereinstimmung mit Angaben von Shuttleworth1') eine Aufhellung der Lederfarbe und gleichzeitig eine Verbesserung des Abriebwertes bei sonst einwandfreien Ledereigenschaften festgestellt.

6. Eine Vorgerbung mit geringeren Mengen Formalin

verbessert die Lederfarbe und gestattet, eine gleichmäßigere Gerbstoffverteilung zu erreichen, wobei allerdings die Zugfestigkeit etwas vermindert wird. Bei höheren Formalinmengen wird auch das Verhalten gegen Wasser ungünstig beeinflußt, nicht dagegen bei niederer Formalinmenge.

7. Die Chinonvorgerbung

scheidet wegen der sehr ungünstigen Beeinflussung der Lederfarbe unter den heutigen Marktbedingungen als Vorgerbmittel aus. Sie bewirkt eine Steigerung der Flexibilität, andererseits aber eine gewisse Verminderung der Zugfestigkeit.

8. Bei der Vorgerbung mit den ausgewählten synthetischen Vorgerbmitteln

wurden flexiblere Leder mit im übrigen einwandfreien Eigenschaften erhalten.

9. Der aluminiumhaltige synthetische Gerbstoff

AL und das anionische Kondensationsprodukt Drasil V bewirken Aufhellung der Lederfarbe und flexiblere Lederbeschaffenheil bei sonst einwandfreien Eigenschaften.

10. Vorgerbung mit dem Zirkongerbstoff

Blankorol WL ergibt Aufhellung der Lederfarbe, während eine Verbesserung des Abriebwertes nicht festgestellt und die Wasserzügigkeit gesteigert wurde. Als kationischem Vorgerbstoff haften auch dieser Vorgerbung die oben dargelegten Nachteile kationischer Vorgerbungen an.

11. Bei den Vorgerbungen mit den verschiedenen Ligninextrakten

wurden die Leder flexibler, während andererseits unter den gewählten Versuchsbedingungen die Gerbstoffbindung der Hauptgerbung etwas vermindert, die Wasseraufnahme gesteigert und die Festigkeitswerte etwas ungünstiger wurden. Der chromhaltige Ligninextrakt bewirkt außerdem eine gewisse Dunklung des Leders.

12. Die Vorbehandlungen mit nichtquellenden Säuren

und durch Desamidierung der Blöße bewirken etwas geringere Gerbstoffbindung und damit in Zusammenhang stehend höhere Wasseraufnahme des Leders.

Die Untersuchungsergebnisse beziehen sich auf die für alle Vorgerbarten einheitlichen Versuchsbedingungen. Über weitere Untersuchungen, bei denen die Hauptgerbung bei gleichem Gerbstoffangebot bei Faßgerbung und ruhender Gerbung unter Variation von Temperatur, Konzentration, pH-Wert und Brühenmenge geprüft wurde und über Gerbungen mit anderen Gerbmaterialien statt Mimosaextrakt wird in späteren Veröffentlichungen berichtet.

Wir danken dem Wirtschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg für die finanzielle Unterstützung dieser Arbeit. Weiter danken wir Fräulein Barbara Babucke für ihre verständnisvolle Mitarbeit.


Literatur:

1. 3. Mitteilung: H. Herfeld und K. Schmidt, Über den Einfluß von Salzen organischer Säuren auf die Gerbung mit Mimosarindenextrakt, Das Leder 11, im Druck. (1960)

2. H. Herfeld, Das Leder 10, 285 (1959)

3. H. Herfeld und K. Sohre, Ges. Abhandl. d. Deutsch. Lederinstituts Heft 5, 78 (1950)

4. Vergl. z.B. St. Feher und St. Kerese, Das Leder, 10, 78 (1959); F. Stather, G. Reich, J. Überla und H. Moser, Ges. Abhandl d. Deutsch. Lederinst. Heft 14, 53 1959); P. Erdi, Das Leder 10, 171 (1959); R. Ferebauer,Das Leder 10, 307 (1959) und die zugehörigen Diskussionsbeiträge

5. K. Lindner, Das Leder 1, 203, 233 (1950)

6. F. Stather, H. Herfeld und S. Beyer, Ges. Abhandl. d. Deutsch. Lederinst. Heft 11, 60 (1955)

7. G. Otto, Das Leder 8, 100 (1957)

8. A. W. Thomas und St. B. Faster, J. Amer. Chem. Soc 48, 489 (1926); Ref. Collegium 1926, 334; J. W. Bowes und R. H. Kenton, Ref. JSLTC 1949, 341

9. G. H. W. Humphireys, Das Leder 4, 97 (1953)

10. F. Stather, G. Reich und S. Walther, Ges. Abhandl. d. Deutsch. Lederinst. Heft 15, 40 (1959); G. Reich, M. Wassiljew und F. Stather, ebenda, Heft 15, 93 (1959)

11. G. Otto, Das Leder 9, 299 (1958)

12. S. G. Shuttleworth, Rev. Techn. des Ind. du Cuir 50, 243 (1957), Das Leder 10, 97 (1959)



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