veroeffentlichungen:bestimmung_aromatischer_amine_aus_azo-farbstoffen_aus_dem_jahre_1999

Bestimmung aromatischer Amine aus Azo-Farbstoffen aus dem Jahre 1999

Von Dr. H.-J. Kellert, R Maier, B. Delor

Einleitung und Problemstellung

Seit im Jahre 1996 mit der 5. Verordnung zur Änderung der Lebensmittel- und Bedarfsgegenständeverordnung (LMBG) ein Verbot für Azo-Farbstoffe ausgesprochen wurde, die bestimmte aromatische Amine reduktiv abspalten können, hat eine hektische Betriebsamkeit (1-4) eingesetzt, die auch heute noch nicht völlig abgeklungen ist, sondern lediglich an Aufsehen verloren hat. Alle namhaften Untersuchungslabors in Deutschland versuchten im Eilverfahren analytische Methoden zu entwickeln, um die verbotenen Azo-Farbstoffe nachzuweisen.

Unter Federführung der Bundesanstalt für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgW Berlin) wurde schließlich eine Arbeitsgruppe gebildet, in der die spontanen Aktivitäten gebündelt wurden. Auch das Labor des LGR gehörte dieser Arbeitsgruppe an. Nach umfangreichen Vorarbeiten und zwischenzeitlichen durchgeführten Ringversuchen entstand so eine Vorschrift zum „Nachweis der Verwendung verbotener Azo-Farbstoffe auf gefärbten textilen Bedarfsgegenständen„, die in der Amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren nach § 35 LMBG veröffentlicht wurde. Im Normenausschuss Materialprüfung (NMP 552) des DIN Berlin wurde davon abgeleitet die DIN.

Determination of Aromatic Amines from Azo Dyes

After in 1996 azo dyes that may cleave certain aromatic amines by reduction were prohibited by the 5th Ordinance Changing the Food and Necessaries Ordinance (LBMG), hectic activi-ties were developed, which have not yet been finished fully even today, but have lost a certain pari of their echo, only. All notable testing laboratories in Germany quickly tried to devel-op analytical methods in order to detect the prohibited azo dyes. Although the legislator has formulated an absolute ban on azo dyes

that may cleave certain aromatic amines (see table 1), the existing analytical methods do not allow to control the ban so strictly. The methods mentioned only permit the relatively safe detection of those amines that are cur-rently prohibited down to a detection thresh-old value of 30 ppm. If less than these 30 ppm are found, it is assumed that no banned dyestuffs were used to dye the necessaries. This Situation, which is unsatisfactory from an analytical point of view, is caused by the necessity to determine a big number of aromatic amines differing clearly in their Chemical properties (e. g. polarity, volatility, boiling point, et al.) by one Single analytical method. Furthermore, impurities in the coloured leather

matrix make problems in identification and quantitative determination of the amines. Both of these two factors together cause very different recovery rates for the individual amines (recovery rate = RR [%]). Moreover, the recovery rates are inf luenced considerably also by co-eluating disturbing matters, which are released or formed in the running analytical process.

Besides this, the Chromatographie conditi-ons for the HPLC, GC-MSD, and DC analytical methods were improved, and investigations of the detectibllity of the isomers of the protec-ted amines were made. The results obtained for these complexes of problems can be found in the original report and studied at LGR.

53316 für die Matrix Leder erarbeitet und im März 1997 verabschiedet. Die Arbeitsvorschrift in dieser DIN ist weitgehend identisch mit der Verfahrensweise zur Bestimmung der Amine in textilen Materialien. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Verfahren ist die Einführung eines Entfettungsschrittes am Anfang der nasschemischen Aufbereitung des Probenmaterials zur besseren Benetzung der Ledermatrix mit der zur Reduktion des Farbstoffes verwendeten wässrigen Lösung.

Obwohl der Gesetzgeber ein absolutes Verbot für Azo-Farb-stoffe ausgesprochen hat, die bestimmte aromatische Amine abspalten können (siehe Tabelle 1), ist die Kontrolle des Verbotes in dieser Schärfe mit den derzeit verfügbaren Analysenmethoden nicht möglich. Die angesprochenen Methoden gestatten lediglich den relativ sicheren Nachweis der derzeit verbotenen Amine bis zu einem Erkennungsschwellenwert von 30 ppm. Werden weniger als diese 30 ppm ermittelt, wird davon ausgegangen, dass keine verbotenen Farbstoffe zur Färbung der Bedarfsgegenstände verwendet wurden. Ursache für die aus analytischer Sicht unbefriedigende Situation ist, dass eine große Zahl aromatischer Amine, die sich in ihren chemischen Eigenschaften deutlich unterscheiden (zum Beispiel Polarität, Flüchtigkeit, Siedepunkt und andere), mit einem einzigen analytischen Verfahren bestimmt werden müssen. Hinzu kommt, dass die gefärbte Ledermatrix durch Verunreinigungen zu Problemen bei der Erkennung und quantitativen Erfassung der Amine führt. Beide Faktoren zusammen verursachen sehr stark unterschiedliche Wiederfindungsraten der einzelnen Amine (Recovery rate = RR [%]). Darüber hinaus werden die Wiederfindungsraten aber auch erheblich durch koeluierende Störsubstanzen beeinflusst, die während der Durchführung des Analysenverfahrens freigesetzt oder gebildet werden. Bei kritischer Betrachtung der einzelnen Analysenschritte fällt auf, dass die Messlösungen von Lederproben sehr viel mehr Verunreinigungen enthalten als die Messlösungen, die aus textilen Stoffen resultieren (vergleiche dazu Abbildung 1). Der Vergleich der Chromatogramme legt den Verdacht nahe, dass die Vielzahl der chromatographischen Peaks durch die zur Lederherstellung verwendeten Hillsstoffe verursacht werden Da am LGR die Gesamtentwicklung der LMBG-Methode und der DIN 53316 aktiv begleitet wurde und ein sehr hohes Erfahrungspotential bei der Bestimmung aromatischer Amine besteht, wurde versucht, im Rahmen einer umfangreichen Forschungsarbeit, zwei mit dem Gesagten in Verbindung stehende Fragen zu klären. Welche Hilfsstoffe der Lederherstellung verursachen die relativ starken Verunreinigungen der Messlösungen? Welche Möglichkeiten gibt es, die Messlösungen ohne unvertretbar hohen Verlust an Analyt zu reinigen, um die Erkennung und mengenmäßige Erfassung der Amine sicherer zu machen (Entwicklung eines Clean-up-Verfahrens)?

Darüber hinaus wurden die chromatographischen Bedingungen für die Analysenverfahren HPLC, GC-MSD und DC verbessert und Untersuchungen zur Nachweisbarkeit der Isomere der verbotenen Amine durchgeführt. Die Ergebnisse zu diesen Problemkreisen sind im Originalbericht zugänglich und können am LGR eingesehen werden.

Methoden und Vorgehensweise

Zur Vorbereitung der Arbeiten wurde eine Recherche an Lederanalysen durchgeführt, um festzustellen, welche aromatischen Amine in Leder gefunden werden können, da aus der Vielzahl möglicher Azo-Farbstoffe insgesamt nur einige wenige für die Lederfärbung in Frage kommen. Dazu wurden die am Lederinstitut bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführten Analysen untersucht (zirka 800). Dabei wurde festgestellt, dass nur acht der insgesamt 20 verbotenen Amine gefunden wurden. Nach statistischen Gesichtspunkten kann aus der Zahl der insgesamt durchgeführten Untersuchungen geschlossen werden, dass die gefundene Zahl von Aminen als repräsentativ für die Gesamtheit der Leder gelten kann.

Die 8 Amine sind in Tabelle 1 zusammen mit den übrigen verbotenen Aminen und einem hausinternen Kürzel aufgeführt und durch einen Index kenntlich gemacht. Aus den vielfaltigen Untersuchungen am LGR ging weiter hervor, dass es sehr sinnvoll ist, in alle Arbeiten das Amin Anilin mit einzubeziehen, da es sehr häufig als Spaltprodukt bei der Reduktion entsteht und durchaus in der Lage ist, die Bestimmung der verbotenen Amine nachhaltig zu stören.

Tabelle 1:

Abbildung 1:

Zur Aufklärung der ersten Fragestellung wurden in der Lehr-und Versuchsgerberei des Instituts unterschiedliche Lederarten mit den dafür heute üblichen Gerbrezepturen hergestellt.

Zunächst wurden Wetblue-Leder hergestellt, wobei in einem Falle auf den Einsatz von Fettungsmitteln bei der Gerbung verzichtet wurde. Somit standen ungefettete als auch vorgefettete Wetblue-Leder zur Verfügung. Diese Leder wurden nach DIN 53316 behandelt und chromatographisch untersucht. Danach wurden aus den gefetteten Wetblue zunächst Crustleder unter Verwendung von Rezepturen hergestellt, die für die Herstellung von Möbelleder, Bekleidungsleder und Water Proof Leder (hydrophobierte Leder) üblich sind. Auch diese Crustleder wurden nach DIN 53316 aufbereitet und untersucht. Im Anschluss an die Crustledererzeugung wurden dieselben einer Färbung unterzogen, wobei Farbstoffe verwendet wurden, die nach geltendem Recht zu den verbotenen Azo-Farbstoffen zählen, da sie unter reduktiven Bedingungen in der Lage sind, die verbotenen aromatischen Amine abzuspalten.

Zur Entwicklung eines geeigneten Clean-up-Verfahrens (2. Fragestellung) wurden säulenchromatographische Reinigungsverfahren und moderne Verfahren der Flüssig-Flüssig-(liquid/liquid) und der Festphasen-Extraktion (SPE) angewandt.

Zur Beurteilung der Verluste an Analyt, die bei Anwendung der Reiniungsverfahren auftreten, wurde die Wiederfindungsrate in Prozent bestimmt.

Zur Prüfung der Leistungsfähigkeit der Reinigungsverfahren bezüglich ihrer Reinigungswirkung wurden Meßlösungen verwendet, die aus anünfreien Archivledern des LGR stammten.

Das Clean-up-Verfahren wurde schließlich an mit verbotenen Farbstoffen gefärbten Versuchsledern (s.o.), an mit Aminen dotierten, ursprünglich aber anünfreien Archivledern, und letztlich an aminhaltigen Archivledern, getestet.

Als Analysenverfahren diente in allen Fällen die HPLC, da dieses Verfahren nach DIN 53316 zur Quantifizierung des Amingehaltes festgelegt ist Die chromatographischen Bedingungen zur Trennung der Amine waren bereits im Vorfeld der Untersuchungen optimiert worden, so dass auf bewährte chromatographische Bedingungen zurückgegriffen werden konnte.

Die untersuchten Lederproben wurden in allen Fällen gemahlen, da diese Proben- Aufbereitungsart auch zur Bestimmung der Präzision des DIN-Verfahrens verwendet wurde.

Ergebnisse

Untersuchung des Einflusses von Lederhilfsmitteln auf die Reinheit der Probelösungen

In Abbildung 1 ist das HPLC-Chromatogramm einer Lederprobe, der eines textilen Materials gegenübergestellt. Wie unschwer ersichtlich ist, ist die Zahl der chromatographischen Peaks in der Lederprobe sehr viel höher als in der textilen Probe. Die dargestellten Chromatogramme sind kein Einzelfall und stellen im Falle der Lederprobe eine eher noch positive Ausnahme dar.

Bei Anwendung von Dioden-Array-Detektoren in der HPLC ist die spektralphotometrische Auswertung der Peaks zur Erkennung der Reinheit (Unterscheidung zwischen eventuell koeluierenden Substanzen und aromatischen Aminen) zwar zeitaufwendig aber relativ sicher möglich. Bei Anwendung von Zweikanal-Geräten, bei denen nur mit zwei verschiedenen Wellenlängen gemessen werden kann, erhöht sich der Zeitbedarf erheblich und die Unsicherheit bezüglich der quantitativen Auswertung steigt beträchtlich an.

Unabhängig von den für die Analyse eingesetzten Detektoren wäre eine Aufreinigung der Messlösungen bereits deshalb von Vorteil, um die Standfestigkeit der HPLC - Vor- und Hauptsäulen zu erhöhen.

Wie bereits unter Punkt 2 erläutert, wurden zunächst Wetblue-Leder untersucht.

Bei der chromatographischen Untersuchung der ungefetteten Wetblue-Leder wurden lediglich zwei deutliche Peaks nach Retentionszeiten (Laufzeit bis zum Erscheinen der Substanz im Chromatogramm) von 17,344 min. und 23,839 min. festgestellt. Die

Peakflächen dieser Peaks bewegten sich zwischen 0,9 x 106 (Peak bei 17,344 min.) und 1,4 x 106 Counts (Peak bei 23,839 min.).

Abbildung 2:

Die Untersuchung des unter Fettungsmittelzusatz gegerbten Wetblue-Leders ergab überraschend ein völlig anderes Bild. Die beiden erwähnten Peaks waren nicht vorhanden. Anstelle dessen zeigte sich ein sehr kleiner Peak bei 16,430 min. mit einer Peakfläche von 0,05 x 106 Counts. Die Retentionszeit des Peaks liegt damit (unter den verwendeten chromatographischen Bedingungen) in der Nähe des Amins o-Toluidin (2MA), das bei einer Retentionszeit von 15,710 min. gefunden wird. Insgesamt waren die Chromatogramme aber überraschend sauber. Das Crust-Möbelleder wurde unter Einsatz von insgesamt (Nachgerbung und Fettung) 10 % eines Fettungsmittels hergestellt, das nicht identisch mit dem Fettungsmittel zur Wetblue-Herstellung war. Trotzdem zeigte das Chromatogramm einen massiven Peak bei 16,362 min. (Peakfläche 10,2 x 106 Counts). Zusätzlich wurden nennenswerte Peaks bei 19,302 min. und 33,235 min. festgestellt, die aber nicht annähernd mit verbotenen Aminen kollidieren. Wie sich später herausstellte, konnten mit dem unten beschriebenen modifizierten Cleanup-Verfahren diese Peaks vollständig beseitigt werden. Zur Herstellung des Crust-Bekleidungsleders wurden insgesamt 8 % des gleichen Fettungsmittels wie bei Crust-Möbelleder verwendet, eingesetzt. Das Chromatogramm zeigte ebenfalls den Peak bei 16,338 min., allerdings mit einer stark verkleinerten Peakfläche (1,98 x 106 Counts).

Die Untersuchung des Crustwaterproof-Leders zeigte erstaunlicherweise keinerlei herausragende Peaks, obwohl etwa 11 % Fettungs- und Hydrophobierungsmittel bei seiner Herstellung eingesetzt wurden. Alle Peaks lagen im Bereich des sogenannten Rauschens (Peakflächen < 0,005 x 106 Counts).

Nach Herstellung der Crustleder folgte die Färbung mit verbotenen Azo-Farbstoffen, die ebenfalls aus Archivproben des LGR stammten (siehe unten). Stellvertretend für alle gefärbten Proben, zeigt Abbildung 2 das nahezu peakfreie Chromatogramm des ungefärbten Crust - waterproof - und das Chromatogramm nach der Färbung dieses Materials mit einer Farbstoffmischung, deren Farbstoffe Benzidin (B) und 4,4'-Diairünodiphenylmethan (PM) abspalten. Die Zahl der Peaks ist enorm angestiegen. Das Chromatogramm ist vergleichbar mit der in Abbildung 1 gezeigten Fertiglederprobe. Der Benzidin-Peak (B) ergibt einen Wert von 5,6 ppm. Der PM-Peak verkörpert 69,1 ppm Amin.

In Abbildung 3 ist links das gleiche Chromatogramm nach Anwendung des unten beschriebenen modifizierten Clean-up-Verfahrens dargestellt. Das Chromatogramm ist eindeutig sauberer, die Peaks für Benzidin und PM besser auswertbar. Für Benzidin wird nach Anwendung des Clean-up-Verfahrens ein Wert von 5,3 ppm und für PM ein Wert von 64,4 ppm ermittelt.

Abbildung 3:

Das rechte Chromatogramm in Abbildung 3 zeigt das nach DEN 53316 aufbereitete Farbstoffgemisch. Es zeichnet sich aus durch breite, unscharfe Peakformen, die weder bei Benzidin (B) noch bei PM eine Auswertung zulassen. Der PM-Peak ist nicht aufgetrennt und lässt sich leicht übersehen. Mit diesen Untersuchungen kann gezeigt werden, dass die Verursacher der Verschmutzungen der Messlösungen nicht eigentlich die Hilfsstoffe der Lederherstellung sind, sondern in erster Näherung aus den zur Färbung des Leders verwendeten Farbstoffen stammen.

Entwicklung eines clean up Verfahrens

Vorbemerkung

Tabelle 2:

Die Reinigung einer Messlösung nach Durchführung eines an sich sehr aufwendigen Analysenverfahrens ist prinzipiell ein unbeliebter Prozess. Zunächst verursacht jedes Reinigungsverfahren Arbeitsaufwand und unvermeidliche Substanzverluste, die das Ergebnis negativ beeinflussen können. Aus diesem Grunde sollten Reinigungsverfahren so einfach wie nur möglich sein, um den Arbeitsaufwand, aber auch den Verlust an Analyt, so Mein wie möglich zu halten. Hinzu kommen die Kosten für die Reinigungssubstanzen, die die Gesamtkosten einer Analyse erhöhen. Aus ökologischer Sicht sind Reinigungsverfahren durch einen Mehranfall an zu entsorgenden Chemikalien und Hilfsstoffen gekennzeichnet, die eigentlich vermieden werden sollten.

Abbildung 4:

Eine akzeptable Clean-up-Technologie sollte deshalb alle genannten Punkte berücksichtigen und prinzipiell nur dann angewandt werden, wenn dadurch ein Sicherheitsgewinn für das analytische Ergebnis erreicht werden kann.

Clean-up-Verfahren

In Abbildung 4 wird das Analysenschema der DIN 53316 in Kurzform dargestellt. Daraus geht hervor, dass nach einer Entfettung des Leders mit Hexan eine Reduktion des/der Farbstoffe(s) mit Natriumdithionit erfolgt. Das Reaktionsgemisch wird anschließend in einer Flüssig/Flüssig-Extraktion mit 2 mal 40 ml tert.-Butylmethyläther extrahiert. Danach wird das Äthervolumen am Rotationsverdampfer bis nahezu zur Trockene (zirka 1 ml) eingeengt, Lösungsmittelreste im Stickstoffstrom vertrieben und der Rückstand in genau 2 ml Methanol aufgenommen. Diese Lösung dient als Messlösung für die Analysenverfahren GC-MSD,HPLCundDC.

Zur Reinigung der nach DIN 53316 anfallenden Messlösung wurden drei säulenchromatographische Reinigungsverfahren (Florisil, Celite 545 und Aluminiumoxid), ein Verfahren der Flüssig-Flüssig-Extraktion (Extrelut 20) und drei Verfahren der Festphasen-Extraktion (Festphase C 18, HR-P und CN) untersucht.

Zur Bestimmung der Wiederfindungsraten wurden Lösungen exakt bekannter Konzentration von allen 20 verbotenen Aminen hergestellt und mit den oben genannten Sorbentien behandelt.

Bei den säulenchromatographischen Reinigungsverfahren erwies sich Aluminiumoxid als weniger gut geeignet, da die Wiederfindungsraten von einigen Aminen weit unter 70 % lagen. Die beiden anderen Säulenmaterialien Florisil und Celite 545 lieferten vergleichbar gute bis sehr gute Wiederfindungsraten. Sie lagen zwischen 80 und 100 % (mit Ausnahme der Amine Toluidin (2MA) und Anilin (A)). Ebenso gute Ergebnisse wurden erwartungsgemäß bei Anwendung der Flüssig/Flüssig-Extraktion an handelsüblichen Extrelut 20-Säulen erzielt (siehe Tabelle 2).

Zur Prüfung der Reinigungswirkung der Säulenmaterialien wurden 15 Archivleder, die besonders stark verunreinigte Messlösungen nach der nasschemischen Aufbereitung ergaben, untersucht. Als Maß für den Reinigungseffekt wurde die prozentuale Flächenabnahme der Summe aller Peaks eines Chromatogramms vor und nach der Reinigung herangezogen.

Tabelle 3:

Die Reinigung der Messlösung an Celite 545 ergab einen Reinigungseffekt von lediglich zirka 20 %. An Florisil wurde ein Effekt von durchschnittlich 30 % erzielt. Der höchste Reinigungseffekt wurde bei Verwendung von Extrelut 20 mit durchschnittlich 55 % ermittelt. Das bedeutet, dass nach einer erneuten Flüssig/Flüssig-Extraktion mehr als die Hälfte aller verunreinigenden Stoffe aus der Messlösung entfernt werden konnten. Unter dem Gesichtspunkt der sehr guten Wiederfindungsraten aller Amine bei Flüssig/Flüssig-Extraktion an Extrelut 20-Säulen, wurde deshalb dieses Verfahren in die engere Wahl für ein Clean-up-Verfahren genommen.

Tabelle 4:

Die Flüssig/Flüssig-Extraktion an Extrelut hat allerdings einige Nachteile. Sie ist arbeits- und zeitaufwendig, da neben der Einwirkungszeit der Messlösung auf das Sorbens die Extraktion mit 2 mal 40 ml tert.-Butylmethyläther erforderlich ist. Anschließend muss der Äther am Rotationsverdampfer eingeengt, Lösungsmittelreste abgeblasen und der Rückstand in einem definierten Methanolvolumen gelöst werden (gleiche Prozedur wie in DIN 53316 beschrieben). Neben den nachteiligen ökonomischen Aspekten ist aus analytischer Sicht diese Prozedur speziell für die Wiederfindungsrate leicht flüchtiger Amine zumindest bedenklich. Aus diesem Grunde wurde versucht, kommerziell angebotene Festphasen-Extraktions-Systeme (SPE) für das Clean-up einzusetzen.

Untersucht wurden folgende Produkte:

SPE mit C18 Sorbens, -octadecyl-modifiziertes Kieselgel, stark unpolar (Varian).

SPE mit HR-P-Sorbens, - hochporösesAbsorberharz auf Basis Polystyrol-Divinylbenzol (Macherey+Nagel).

SPE mit CN-Sorbens, -cyanopropyl-modifiziertes Kieselgel, polar bis mittelpolar (Merck).

Nach Herstellerangaben wurden zunächst wieder Aminstandard-Lösungen zur Bestimmung der Wiederfindungsrate untersucht.

Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in Tabelle 2 zusammen mit den Ergebnissen der Extrelut 20-Reinigung dargestellt. Als völlig ungeeignet vom Standpunkt der Wederfindung erweist sich das CN-Sorbens. Die Sorbentien C18 und HR-P zeigen stark unterschiedliche Ergebnisse. Neben einigen wenigen sehr guten Wiederfindungsraten treten eine Reihe absolut unannehmbarer Wiederfindungsraten auf. Beim Vergleich der Werte in Tabelle 2 fallt auf, dass speziell bei den besonders wichtigen Aminen, die nach der Recherche in Lederfarbstoffen vorkommen können, sehr unterschiedliche Ergebnisse vorliegen. Aus dieser Sicht fällt die Entscheidung für die Verwendung als Reinigungsverfahren erneut auf das Flüssig/Flüssig-Ebdxaktionsverfahren mit Extrelut 20.

Aus diesem Grunde wurden alle weiteren Untersuchungen an diesem Material vorgenommen.

Zur Absicherung des Extrelut Clean-up wurden 6 verschiedene aminfreie Leder aus Archivbeständen bis zum Erhalt der Messlösung nach Abbildung 2 aufgearbeitet und die Originalmesslösungen mit Aminen so dotiert, dass jeweils 50 ppm der acht ausgewählten Amine im Leder gefunden werden mussten. In Tabelle 3 sind die Ergebnisse dargestellt Durch Koelution mit Störsubstanzen wurden überdurchschnittlich häufig Wiederfindungsraten von sehr viel >100 % ermittelt. DAT konnte nicht quantifiziert werden, da es vollständig in einem Schmutzpeak lag. Auffällig ist weiter die sehr niedrige Wiederfindungsrate von Benzidin an ungefärbtem Crustleder, die nicht erklärt werden kann. Im Anschluss an diese Untersuchungen wurden neu hergestellte Messlösungen der Archivleder (inklusive Dotierung) mit genau 20 ml Wasser verdünnt und erneut auf eine Extrelut 20-Säule aufgegeben. Der Messkolben wurde mit 5 ml tert-Butylmethyläther gespült und die Spülflüssigkeit ebenfalls auf die Extrelutsäule gegeben. Nach 15 min. Einwirkungszeit wurde mit 2 mal 40 ml Butylmethyläther eluiert und entsprechend der DIN-Norm weitergearbeitet.

Die Ergebnisse, die nach dieser Arbeitsweise erzielt wurden, sind in Tabelle 4 zusammengefasst.

Die Zahl der >100 % Wiederfindungsraten hat deutlich abgenommen. Insgesamt sind die Wiederfindungsraten aber ebenfalls teilweise erheblich gesunken und DAT konnte erneut nicht abgetrennt werden. Ein wiederum extremer Verlust an Aminen wird bei Crustleder registriert. In einem nächsten Arbeitsschritt wurde die Reinigungsprozedur durch Einstellung der verdünnten Messlösung auf pH >10 modifiziert (modifiziertes Clean-up). Die Originalmesslösungen der Archivleder wurden erneut dotiert und anschließend mit Wasser verdünnt. Vor Auffüllen der Lösung auf die 20 ml-Marke des Messkolbens wurde die verdünnte Messlösung mit methanolischer Natronlauge (20 g NaOH auf 100 ml Methanol) auf einen pH-Wert von >10 eingestellt. Anschließend wurde zunächst wie oben angegeben weiter gearbeitet und nach Elution entsprechend des DIN-Verfahrens.

Aus den Chromatogrammen wurden die in Tabelle 5 aufgelisteten Wiederfindungsraten berechnet. Wie aus der Tabelle hervorgeht, sind die Wiederfindungsraten bedeutend gestiegen, ohne dass sich die Zahl der >100 % Befunde erhöht hätte.

Überraschenderweise wurde das Amin DAT so vollständig von seiner koeluierenden Substanz getrennt, dass eine noch befriedigende Wlederfindungsrate erzielt werden konnte. Hervorzuheben ist das Ergebnis an dem Leder mit der Nr. 2508. In allen vorhergehenden Versuchen waren auffällig niedrige Wiederfindungsraten festgestellt worden. Nach Anwendung des modifizierten Clean-up ergaben sich fast ausnahmslos deutliche Steigerungen und ein zufriedenstellendes Gesamtergebnis.

Zur weiteren Überprüfung des Reinigungsverfahrens wurden die am LGR hergestellten und mit Amin-abspaltenden Azo-farbstoffen gefärbten Leder untersucht.

Bei den verwendeten Azo-Farbstoffen handelte es sich um Typen, die folgende Amine abspalten konnten:

  1. Farbstoff A: Diaminodiphenylmethan (PM)
  2. Farbstoff B: Benzidin (B)
  3. Farbstoff C: 4-Chloranilin (4CA)
  4. Farbstoff D: o-Toluidin (2MA)
  5. Farbstoff E: 4-Aminobiphenyl (ABP)

Die unterschiedlichen Ledertypen wurden mit folgenden Farbstoffkombinationen gefärbt:

  1. Water proof - Crust mit Farbstoff A und B (Farbstoffmischung 1)
  2. Bekleidungsleder - Crust mit Farbstoff A und E (Farbstoffmischung 2)
  3. Möbelleder - Crust mit Farbstoff C und D (Farbstoffmischung 3).

Stellvertretend für diese Versuche werden die Ergebnisse an Möbelleder in Tabelle 6 zusammengestellt.

Tabelle 5:

Aus der eingesetzten Crustledermenge und dem Farbstoffangebot, war theoretisch mit Aminwerten von 17 ppm für 4-Chloranilin (4CA) und 10 ppm für o-Toluidin (2MA) zu rechnen. Wie aus Tabelle 6 hervorgeht wurden die theoretischen Werte ohne zusätzlichen Reinigungsschritt bei weitem überschritten. Nach Durchführung des modifizierten Clean-up-Verfahrens wurde eine sehr gute Übereinstimmung zwischen theoretischer Vorhersage und analytisch erfassbarem Wert erreicht. Nach diesem Befund wäre das Leder für den Handel zugelassen.

Abschließend wurden Archivleder, die mit verbotenen Azo-farbstoffen gefärbt waren, nach dem entwickelten Clean-up-Ver-fahren untersucht. In Tabelle 6 sind die Werte mit und ohne Clean-up zusammengefasst.

Zusammenfassung

Die Bestimmung aromatischer Amine, die bei Reduktion von Azo-Farbstoffen entstehen, ist ein sensibler analytischer Prozess. Es konnte überraschenderweise festgestellt werden, dass die mehr oder weniger starken Verunreinigungen der nach DIN 53316 resultierenden Messlösungen nicht, wie angenommen, durch die Anwesenheit von Gerbereihilfsmitteln, sondern im wesentlichen durch die zur Färbung der Leder eingesetzten Farbstoffe verursacht werden.

Im Rahmen der Arbeiten zur Entwicklung eines Clean-up-Verfahrens für die verschmutzten Messlösungen wurden eine Reihe von Reinigungsverfahren erprobt.

Ein optimales Ergebnis zur Reinigung der Messlösung wird erreicht, wenn die in DIN 53316 vorgeschriebene Flüssig/Flüssig-Extraktion ein zweites Mal angewendet wird. Aus den Untersuchungen geht zweifelsfrei hervor, dass Festphasen-Extraktionen, die zu einer Verringerung des analytischen Aufwandes führen würden, nicht besonders gut geeignet sind.

Nach einem halben Jahr praktischer Erprobung des modifizierten Extrelut-Clean-up kann dieses Verfahren zur Anwendung empfohlen werden. Es ist nicht notwendig, diesen Arbeitsgang jeder Analyse folgen zu lassen.

Das Clean-up kann aber speziell in Zweifelsfällen mit großem Erfolg eingesetzt werden. Aus Sicht der Autoren stellt das entwickelte Clean-up-Verfahren, eine wertvolle Ergänzung des Analysenverfahrens „Nachweis verbotener Azo-Farbstoffe in Leder“ dar.

Tabelle 6:

Die Autoren danken dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie für die anteilige Finanzierung des Forschungsprojektes. Ohne diese Förderung wären derart ausführliche Untersuchungen nicht möglich gewesen. Unser Dank gut auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des LGR, die an den Untersuchungen beteiligt waren.

Literatur

  1. Sewekow, U.: Ledererzeugnisse im Zeichen der deutschen Verbraucherschutzgesetzgebung, Das Leder 9,187(1997)
  2. Püntener, A. et al.: Verwendungsverbote bestimmter Azo-Farbstoffe, Das Leder 10,208 (1997)
  3. Pianettes, F. et ed.: Detection of carcinogenicamines in azo dyes, JSLTC Vol. 82,45 (1998)
  4. Püntener, A. et ed.: Side reactions from thereduetion of azo dyes with dithiorüte, JSLTC Vol.80,1, (1996)

Veröffentlichung:

H.J. Kellert, R. Maier, B. Delor, Bestimmung aromatischer Amine aus Azo-Farbstoffen, Leder + Häutemarkt, 5/1999, Nr. 5, S. 25-36



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