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Bestimmung der Zugfestigkeit und Dehnung:

Mit diesem Verfahren, das als DIN 53328 und als IUP 6 beschrieben worden ist, können alle Leder geprüft werden.

Danach sind die Messwerte wie folgt anzugeben:

  • Die Höchstkraft, als die bei dem Zugversuch gemessene maximale Kraft in Newton = N. Die Zugfestigkeit, die als Quotient aus der Höchstkraft und dem Anfangsquerschnitt des Probekörpers berechnet wird, in N/cm². Da die Breite des Probekörpers festliegt, wird dieser Wert durch die Lederdicke entscheidend beeinflusst.
  • Die Bruchdehnung wird aus der Längenänderung des Probekörpers, gemessen im Augenblick des Durchreißens der Probe im Verhältnis zu dem Ausgangslängenmaß berechnet, Die Angabe erfolgt in %.
  • Die Kraft-Längenänderungs-Kurve ist die Aufzeichnung der Beziehung zwischen der angewandten Kraft und der Längenänderung, die der Probekörper dabei erfahren hat.

Herstellung der Probekörper:

Aus den klimatisierten Probestücken werden die Probekörper parallel zur Rückenlinie ausgestanzt. Die Probekörper können in drei Größen zur

Anwendung kommen (Abb. 26), wobei die Größe Nr. II im Normalfall verwendet wird. Der Probekörper I wird bevorzugt zu Dehnungsmessungen (Dehnung bei niederer Belastung) und die Nr. III nur dann eingesetzt, wenn Sonderfälle vorliegen (zur direkten Prüfung der Festigkeit im Schadensbereich bei fertigen Teilen usw.). Es sind mindestens fünf Probekörper zu prüfen.

Die Leder sind vor der Entnahme der Probekörper zu klimatisieren, da die Fläche eines Leders von dessen Feuchtigkeitsgehalt abhängt. Trotzdem sollte die Breite eines jeden Probekörpers an drei Stellen (F, E, G siehe Probenahme) gemessen werden. Zur Bestimmung des Querschnittes wird die Dicke ebenfalls an den Punkten F, E und G (siehe Probenahme) bei dem Probekörper III vor der Entnahme am Leder und bei I und II nach dem Herausschneiden gemessen. Der Mittelwert wird als Anfangsquerschnitt festgelegt.

Geräte:

Dickenmesser, Schieblehre auf 0,1 mm genau, Zugprüfmaschine der Klasse 1 nach DIN 51221 T1 mit einer Schreibvorrichtung.

Abb. 26: Probekörper zur Bestimmung der Zugfestigkeit und Dehnung

Durchführung der Prüfung:

Die Einspannklemmen der Zugprüfmaschine werden auf einen Abstand von 100, 50 oder 20 mm bis auf 0,5 mm genau für große, mittlere bzw. kleine Probekörper eingestellt. Der Probekörper wird so in die Einspannklemmen eingelegt, dass die Kanten der Klemmen entlang der Strecken A-B, C-D (Abb. 23) liegen. Nach dem Einspannen soll die Narbenfläche des Probekörpers in einer Ebene liegen. Die Längsachse der Probekörper muss in der Zugrichtung liegen. Die Trenngeschwindigkeit der Einspannbacken muss (100 ± 10) mm / min betragen. Es wird die Höchstkraft beim Bruch des Probekörpers und dessen Längenänderung festgestellt. Die Kraft-Längenänderungs-Kurve wird nur in besonderen Fällen aufgenommen.

Auswertung:

Die Angabe der Höchstkraft erfolgt als Mittelwert aus den fünf Prüfungen in N.

Die Zugfestigkeit errechnet sich wie folgt:

(Längenangaben in mm)

Im Prüfbericht wird die Zugfestigkeit auf 0,01 N/cm² als arithmetischer Mittelwert aus mindestens drei Proben und die Bruchdehnung in % auf 1 % gerundet angegeben.

Die Probekörper werden zur Prüfung parallel zur Rückenlinie ausgestanzt. Die Zugfestigkeit von Leder ist in der Längs- und Querrichtung der Haut unterschiedlich, wobei in der Längsrichtung die Werte meist höher liegen.

Die Reißfestigkeit des Fasergefüges ist, über die gesamte Hautfläche gesehen, am größten, wenn die Beanspruchung in der Faserrichtung der jeweiligen Hautteile geprüft wird. Abb. 27 zeigt den bevorzugten Faserverlauf in der Hautfläche. Ist ein Lederabschnitt zu prüfen, dessen Entnahmestelle aus der Haut nicht bekannt ist, oder ein bereits verarbeitetes Leder, so sind die Proben so auszustanzen, dass sie im Winkel von 90 Grad zueinander stehen.

Abb. 27: Schema des bevorzugten Faserverlaufs in der Hautfläche

Die Breite der Probekörper sollte bei der normalen Lederprüfung 10 mm betragen. Bei Probekörpern, die im Prüfbereich nur 5 mm Breite aufweisen, ist die Gefahr größer, dass die durch das Ausstanzen bewirkten Beschädigungen im Verhältnis zu der Fläche einen zu großen Einfluss gewinnen. Für Schwerleder sind sie vollständig abzulehnen.

Bei der Angabe des Prüfergebnisses muss entschieden werden, ob die Höchstkraft als absoluter Wert, unabhängig von der Lederdicke, angegeben wird oder die Zugfestigkeit, die den Anfangsquerschnitt und damit die Lederdicke berücksichtigt. Obwohl von den Verarbeitern, meist maschinentechnisch bedingt, bestimmte Mindestwerte gefordert werden, für die die Angabe der Höchstkraft ausreicht, ist der Wert der Zugfestigkeit immer dann aussagekräftiger, wenn für den gleichen Verwendungszweck Leder sehr unterschiedlicher Dicken eingesetzt werden. Dies ist vor allen Dingen bei der Festlegung von Mindestanforderungen wichtig, da der Wert, der für das dünnste noch in Frage kommende Leder im Normalfall so niedrig sein muss, dass ein dickeres Leder, das im gleichen Bereich verwendet wird, trotz möglicher vorhandener Schädigungen den Wert noch spielend erreicht.

Für die Eigenschaft des Leders ist nicht nur die absolute Festigkeit von Bedeutung, sondern vielmehr das Gesamtverhalten eines Leders beim Angreifen einer Kraft. Die Hauptrolle spielt hier die Faserverflechtung, da die Kollagenfaser selbst mit einer Zugfestigkeit von etwa 500 N/mm² und einer Bruchdehnung von rund 35 % nicht als hoch elastische Faser anzusprechen ist. Sie steht mit ihren mechanischen Eigenschaften der Seiden- oder Polyamidfaser nahe. Weichheit, Dehnbarkeit, aber auch Festigkeit sind damit ausschließlich eine Folge der Hautstruktur. Bei der Zugbeanspruchung tritt zuerst eine Dehnung ein, wobei bei weiterer Belastung die Dehnungszunahme geringer wird. Erst in der Schlussphase, kurz vor Erreichen der Bruchdehnung, ist abermals eine stärkere Zunahme der Dehnung feststellbar. Das Kraftlängenänderungsdiagramm (Abb. 28) erbringt beim Zugversuch eine charakteristische S-Kurve. Die Erklärung dafür ist darin zu suchen, dass die Fasern im Hautfasergefüge bestimmte Winkel - Verwebungswinkel - bilden.

Bei Zugbeanspruchung erfolgt eine Annäherung der Fasern unter der Verkleinerung des Verwebungswinkels Es tritt eine netzartige Verformung des Maschenwerkes ein, d h. eine Längenzunahme auf Kosten von Breite und Dicke. Dies kann nur dann geschehen, wenn die Fasern nicht verklebt sind, wie z B bei der getrockneten Rohhaut oder wenn die Zwischenräume zwischen den Fasern nicht zu stark ausgefüllt sind, so dass die Fasern in ihrer Beweglichkeit gehemmt werden Auch eine Lederfaser, die nicht ledertypgerecht gefettet ist, wird der Bewegung dieser ersten Phase nicht ausreichend folgen können. Erst wenn die Maschenstruktur gestreckt ist, werden die Fasern selbst zunächst eine elastische Dehnung erfahren. Die Erklärung dafür ist im Feinstbau der Haut zu suchen, d. h. dass auch die Fibrillen als Bausteine der Fasern nicht streng parallel orientiert sind, so dass innerhalb der Fasern die gleichen Vorgänge ablaufen wie vorher für das Gesamtleder beschrieben. Es wird auch ein gewisses partielles Abgleiten der einzelnen Fasern und Fibrillen voneinander angenommen. Im oberen Teil der Kurve, in der Zerstörungsphase, liegt ein quasiplastisches Verhalten vor, d. h. die jetzt messbare, größere Dehnung ist durch das rasche Aufeinanderfolgen von Reißprozessen der Einzelfasern zu erklären.

Sehr wichtig für die Beurteilung eines Leders im Hinblick auf seinen Verwendungszweck ist neben den bisher genannten Begriffen für die Festigkeit vor allem auch die Zerreißarbeit, d. h. das Produkt aus Kraft und Dehnung über den gesamten Belastungsvorgang (Abb. 29). Sie ist bei gleicher Zugfestigkeit selbstverständlich wesentlich größer, wenn die Dehnungskurve breit und flach, als wenn sie schmal und spitz ist. Dies erklärt die Tatsache, dass Leder mit Festigkeiten, die unter dem Maximum einer möglichen angreifenden Kraft liegen, doch für diesen Zweck eingesetzt werden können, da das Leder dem meist kurzzeitigen, stärksten Angriff erst einmal durch seine Dehnungseigenschaften ausweicht, bevor es der dann bereits wieder abklingenden Beanspruchung seine volle Festigkeit entgegensetzt (z. B. Motorradbekleidungsleder im Augenblick eines Unfalls) Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die Frage zu beantworten, warum nicht alle Leder, die stärkeren Beanspruchungen ausgesetzt werden sollen, im gespannten Zustand gegerbt werden, obwohl die Festigkeiten dadurch wesentlich erhöht werden könnten. Neben der Veränderung von Griffeigenschaften des Leders wird auch das Dehnungsverhalten durch eine derartige Arbeitsweise sehr stark beeinflusst, was sich vor allen Dingen in den Anfangsbereichen im Kraftlängenänderungsdiagramm auswirken wird. Trotzdem sollte die Arbeitsweise der Gerbung unter Spannung der Leder stärker berücksichtigt werden, z. B. bei der Herstellung von Fußball-Ledern.

Beginnend mit der Rohhautauswahl hängt die Zugfestigkeit von vielen Faktoren ab, die durch die Lederherstellung in starkem Maße beeinflusst werden können. Fester strukturierte Hautarten erbringen höhere Zugfestigkeitswerte und haben auch eine größere Festigkeitsreserve, so dass die stark in das Hautfasergefüge eingreifenden, mechanischen Bearbeitungen des Spaltens und Falzens von ihrer Intensität her auf die vorliegende Hautart abgestimmt werden müssen. Eine herausragende Stellung hat hier die Känguruhaut, die bei der Lederherstellung daher immer dort eingesetzt wird, wo bei geringer Dicke hoch reißfeste Leder benötigt werden. Innerhalb einer Tierart spielen die einzelnen Zuchtrassen eine große Rolle und selbstverständlich auch das Geschlecht des Tieres, das Alter und die Lebensbedingungen. Ober die Fläche der Haut hinweg gesehen, wird der Kern bei geringerer Dehnung höhere Festigkeiten besitzen als die Teile zu den Seiten hin, die deutlich eine stärkere Dehnung zeigen.

Abb. 28 Kraft-Längenänderungs-Diagramm

Abb. 29 Dehnungsdiagramm

Alle Hautfehler, die zu einer Schädigung des Fasergefüges geführt haben, bringen eine Verringerung der Festigkeit mit sich, besonders aber der Dehnfähigkeit. Während der Wundheilung, die als Reaktion auf die Verletzung der Haut zu Lebzeiten des Tieres eintritt, kommt es nach einem Verkleben der Wundränder miteinander zur Ausbildung einer Narbe aus sich neu bildendem Bindegewebe, die als Wundverschluss andere Strukturen aufweist als das umgebende gesunde Bindegewebe (Abb. 30 und 31). Zu den Hautfehlern, die die Festigkeit vermindern, gehören auch die Schäden, die der Haut beim Abzug zugefügt werden, sowie durch zu späte oder unsachgemäße Konservierung eintretende Fäulnisschäden.

Abb. 30 Schnitt durch ein pflanzlich gegerbtes Leder (normal)

Abb. 31 Schnitt durch ein pflanzlich gegerbtes Leder (mit Vernarbung)

Die Wasserwerkstattarbeiten führen zu einer Steigerung der Dehnbarkeit, besonders in der netzartigen Phase. Sie können im Extremfall aber auch eine Verminderung der Zugfestigkeit herbeiführen, wenn der Angriff auf die Hautsubstanz zu stark ist, wobei sich die enzymatische Beize stärker auswirken kann als der eigentliche Äscher. Die mechanischen Arbeiten, die in das dreidimensionale Fasergeflecht der Haut mit einer Teilzerstörung eingreifen, wie das Spalten, Falzen und Schleifen, setzen die Festigkeit des späteren Fertigleders merklich herab.

Die Einstellung einer sachgerechten Lederdicke hat größeren Einfluss auf die Festigkeit des Endproduktes als die technologischen Prozesse der Lederherstellung insgesamt.

Gegenüber der ursprünglichen Haut werden die Festigkeiten der Lederfaser durch die Gerbung herabgesetzt. Dabei führen verschiedene Gerbstoffarten zu unterschiedlichen Lederfestigkeiten. Eine Chromgerbung gibt meist bessere Festigkeiten als eine Aldehydgerbung. Die Werte einer vegetabilen Gerbung liegen normalerweise dazwischen. Selbstverständlich ist auch die Intensität der Gerbung zu beachten, so dass Leder, die hohe Festigkeiten haben müssen, - z. B. Fettgarleder - nur eine ganz leichte echte Gerbung erhalten dürfen.

Mit jeder Füllwirkung wird die Lederfaser in ihrem Feinstbau mehr belastet, so dass es zu einer Versprödung kommen kann. Daher sind die in das Leder eingebrachten Fettstoffe sowie die im Feinstbau verbleibende Restfeuchtigkeit sehr wichtig, da damit die Bewegung und die Gleitfähigkeit der Fibrillen entscheidend beeinflusst werden kann. Bei zu geringer Gesamtfettung oder zu schlechter Durchfettung des wirklichen Feinstbaus der Haut wird ein Leder nicht die seinem Faserzustand entsprechende Höchstfestigkeit erreichen können. So werden umgekehrt neue Fettstoffe, die in der Lederindustrie eingesetzt werden sollen, im Vergleich zu Fettungsmitteln mit bekannter Wirkung getestet. Es zeigt sich, ob bei gleichem Fettgehalt auch vergleichbar hohe Festigkeiten erzielt werden können oder ob durch zu geringe Durchfettungswirkung die Festigkeit des mit dem zu prüfenden Fettungsmittel gefetteten Leders zurückbleibt.

Der bereits genannte Restwassergehalt im Leder spielt aber vor allen Dingen bei der Verarbeitung, bei der es zu schnellen und starken Dehnprozessen des Leders kommen kann - der Schuhherstellung-, eine für das Leder und besonders für seine Narbenschicht entscheidende Rolle. Nur die richtige Vorbereitung des Leders durch eine über die Einwirkung von Wasserdampf eingebrachte Feuchtigkeit bis in den Feinstbau des Leders hinein erbringt die höchste Dehnfähigkeit des Leders und die gleichzeitig optimale Sicherheit für den Verarbeiter.



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lederpruefung_lederbeurteilung/bestimmung_der_zugfestigkeit_und_dehnung.txt · Zuletzt geändert: 2019/04/28 11:45 von admin