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127 Anforderungen an das Leder aus der Sicht der Materialprüfung

SONDERDRUCK aus LEDER- UND HÄUTEMARKT „Gerbereiwissenschaft und Praxis„, April 1976 Anforderungen an das Leder aus der Sicht der Materialprüfung. Vorgetragen anläßlich der Feier des 25jährigen Bestehens der Westdeutschen Gerberschule in Reutlingen am 2. Oktober 1975.

Joachim Lange Aus der Abteilung Materialprüfung der Westdeutschen Gerberschule

Leather properties from the materials' testing aspect

The ränge of uses for leather are continually growing wider. From the extreme limits of high fashion leathers for the shoe and clothing industries to leather for protective wear in industry, the requirements, which are expected of leather, must frequently be reconsidered and revised to suit new uses. On the one hand it is important to realise quickly from complaints the faults arising in the manufacture and the wear of fashion leathers,so that prompt action can be taken to overcome the teething problems of a new product. On the other hand one should collate the properties, which are demanded of safety-wear leathers under different conditions, to produce a comprehen-sive catalogue, so that leathers with certain specific properties can be manufactured and tested according to their end use.

Les exigences requises pour le cuir, vues sous l'angle des contröles de materiaux

Les domaines d'utilisation du cuir ne cessent de se diversifier; de ce fait, les exigences requises pour le cuir, depuis les articles de mode en chaussure ou vetement jusqu'aux articles de securite, doivent regulierement etre repensees et redefinies. Pour ce faire, il convient, dans le cas des articles de mode donnant Neu ä un retour de fabrication, de definir tres rapidement ses causes afin de remedier par avance ä certaines difficultes qui pourraient surgir sur de nouveaux articles; dans le cas des articles de securite, de collecter les specifications requises pour les divers domaines d'utili¬sation en vue d'etablir un catalogue, afin que soient fabriques des cuirs repondant ä des proprietes bien precises qui pourront ensuite etre testees.

Exigencias establecidas para el cuero desde el punto de vista de los ensayos

Los campos de aplicaciön del cuero se van ensanchando constante-mente. Desde el campo de los curtidos para aEta moda en los sectores de calzado y de la confecciön hasta los cueros para vestuario de seguridad en el trabajo, deben revisarse y replantearse las exigencias establecidas para el cuero. Por una parte es impor-tante determinar rapidamente los casos de reclamacion de curtidos de moda en la industria transformadora y en la aplicaciön de los curtidos, con el fin de poder superar rapidamente las eventuales dificultades iniciales de un nuevo articulo; por otra parte, deben reunirse las exigencias que se establecen para los cueros destinados a vestuario de seguridad en el trabajo, con el fin de elaborar un catälogo, de modo que puedan elaborarse cueros con unas propie-dades bien concretas y que puedan ser adecuadanente controladas.

Leder

Mit dem Wort Leder verbinden sich seit alten Zeiten bis heute die Begriffe Zähigkeit, Zuverlässigkeit und Qualität. Man denkt dabei unwillkürlich an eine Schutzwirkung und geht heute so weit, daß Leder zu modischsten Vorstellungen gehört über Schuhe, Lederbekleidung bis hin zu Polstermöbeln. Trotzdem muß man bis jetzt sagen, daß man die Eigenschaften und die Möglichkeiten, die Leder bietet, noch nicht voll erkannt und entsprechend ausgenutzt hat. Es werden ständig neue Verfahren entwickelt, so daß Leder folgerichtig immer weiteren Einsätzen zugeführt werden kann. Die Gebiete, die sich das Leder erschlossen hat, reichen von neuesten Modeartikeln bis hin zur Sicherheit bei der Arbeitskleidung. In allen Fällen ist aber entscheidend, daß Qualität und Zuverlässigkeit des Leders garantiert und gesichert sind. Es müssen die richtigen Einstellungen der Eigenchaften des Leders erfolgen, so daß das Eindringen in Bereiche, in denen Leder gar nicht zur Diskussion stand, fortgesetzt werden kann, eine Aufgabe, die heute besonders wichtig ist.

Prüfungen von modernen Schuhoberledern

Bei den Schuhoberledern sind es heute die wichtigen Fragen der hochmodischen Schuhe, zu deren Oberlederherstellung man Rohwaren verwendet, die früher dem Schuhsektor eigentlich fremd waren. Es hat mit den Stretchstiefeln begonnen, für deren Herstellung praktisch Handschuhleder eingesetzt wurden, und setzt sich heute fort über die Schuhe aus weichem nicht zugerichtetem Narbenleder. Wichtig ist hier die schnelle Überwindung der anfänglichen Verarbeitungsschwierigkeiten dieser Leder und das weitreichende Erfassen und Auswerten der ersten Reklamationen, um für das Leder einmal erreichte Positionen weiter zu halten. Gewisse Grundgrößen bei den Anforderungen bleiben aber auch für diese Schuhleder gültig, während andere wesentlich angepaßt werden mußten. Daher geht der Trend weiter, daß der Materialprüfer gleichzeitig auch beratend tätig sein muß, daß also nicht nur eine Einteilung des Leders in gut oder schlecht vorgenommen werden darf, sondern daß die Einstellung auf den Verarbeitungszweck erfolgt.

==== Für die modischen Leder steht im Vordergrund ====, daß sie eine ausreichende Festigkeit besitzen. Hier wird die Prüfung der Weiterreißfestigkeit wichtige Aufschlüsse geben und es ermöglichen festzustellen, inwieweit dieses Leder zur Herstellung von ungefütterten Schuhen verwendet werden kann, oder ob eine verstärkende und stützende Unterfütterung stattfinden muß, um dem Schuh die für das Tragen verlangte Festigkeit zu geben. Dazu kommt speziell für diese Leder die Prüfung des Verhaltens gegenüber Wasser und Pflegemitteln. Beim Wasserverhalten dieser Leder ist nicht an die Penetrometerprüfung zu denken, sondern es ist die wichtige Frage, wie sich diese Leder, nachdem sie einmal feucht geworden sind, beim Trockenprozeß verhalten, und ob Verfleckungen oder Randbildungen zurückbleiben. Hier liegen immer wieder erhebliche Reklamationen vor, so daß klargestellt werden sollte, daß auch diese Leder vor allen Dingen dann, wenn sie z. B. zu Stiefeln verarbeitet werden, auch bei schlechterem Wetter getragen werden können, so daß sie durchaus mit Feuchtigkeit in Berührung kommen werden.

Lederpflege

Daher muß darauf geachtet werden, daß die Leder einen gewissen Schutz aufweisen, d. h. eine Hydrophobie der Faser zeigen, die ein sofortiges Aufnehmen von Wasserspritzern von der Oberfläche her eine Zeitlang verhindert, und die zum anderen dafür garantiert, daß nach dem Auftrocknen der Schuhe diese wieder ihr ursprüngliches Aussehen haben. Diese Frage der wasserabstoßenden Ausrüstung ist auch wichtig im Hinblick auf die Schuhpflege, so daß Feinlederpflegemittel verwendet werden können, ohne daß die Gefahr einer Fleckenbildung entsteht, die ebenfalls schon zu Reklamationen geführt hat. Auch bei diesem modischen Schuh muß also darauf geachtet werden, daß eine gewisse grundsätzliche Schutzwirkung da ist, ohne daß nun daraus abgeleitet werden muß, daß diese Schuhe unter den strapazierendsten Bedingungen getragen werden sollen. Eine nach wie vor wichtige Prüfung stellt selbstverständlich die Untersuchung der Narbendehnfähigkeit im Lastometer dar. Es hat sich dabei ein Wert herauskristallisiert, der unabhängig vom Ledertyp, d. h. also von ganz leichten bis zu schweren Oberledern eingehalten und nicht unterschritten werden sollte. Die geforderten 7,0 mm in der Wölbhöhe bis zum Auftreten der ersten Narbenplatzer haben sich als richtig erwiesen unter der Voraussetzung, daß diese Leder ordnungsgemäß konditioniert verarbeitet werden. Unabhängig von der gewählten Schuhform - d. h. also vom ganz spitzen Schuh bis zum Schuh mit der Ballonkappe oder auch für den Sicherheitsschuh mit der Stahlkappe — hat sich immer wieder bestätigt, daß Leder, die Narbenplatzer unter der genannten Mindestwölbhöhe zeigen, zu Schwierigkeiten Anlaß geben können. Für die Verarbeitung aller Oberleder ist weiterhin erforderlich, daß der Gehalt an mit Dichlormethan extrahierbaren Stoffen untersucht wird, so daß es möglich ist, Verarbeitungshinweise auch hier zu geben. Dabei ist es unwichtig, ob es sich dabei um Fette oder Hydrophobierungsmittel oder ähnliche Substanzen handelt.

Bis zu 9% an diesen Stoffen im Leder kann ein Einkomponentenkleber verwendet werden, bis zu 14% ein Zweikomponentenkleber und darüber muß schon ein Polyurethanspezialkleber zum Einsatz kommen, um noch entsprechend feste Verklebungen zu erzielen.

Zugerichtete Leder

Für zugerichtete Leder wird die Dauerbiegeprüfung eine entscheidende Rolle spielen, die im trockenen und nassen Zustand der Leder durchgeführt wird. Verbunden damit wird man auch die Haftung der Zurichtung untersuchen, um aus diesen beiden Werten im Zusammenspiel zu sehen, ob diese Leder den Anforderungen, die an sie während der Verarbeitung und des Tragens gestellt werden, gerecht werden können. Dabei ist es einmal wichtig, ob es sich hier auf der einen Seite um vollnarbige und auf der anderen Seite um tiefgeschliffene Leder handelt, oder ob es ausgesprochen modische Leder sind, die nur sehr dünne Zurichtungen tragen. Bei diesen letztgenannten Ledern wird man mit 200 p/cm bei der Haftfestigkeit auskommen, während man für vollnarbiae normal zuaerichtete Leder schon 300 p/cm verlangen sollte und für die kompaktere und in sich festere Zurichtung eines tiefgeschliffenen Leders bereits 500 p/cm. Auch aus dieser Prüfung zusammen mit dem Dauerbiegeverhalten der Zurichtung können ebenfalls Verarbeitungshinweise gegeben werden. So sollten Leder, die gute Flexometerwerte erbringen, aber eine etwas verminderte Haftfestigkeit aufweisen, nur mit dem Hinweis zum Verarbeiten kommen, daß hier keine Finishprodukte verwendet werden dürfen, die einen geschlossenen Film bilden, um dadurch keine zusätzliche Belastung der Zurichtung entstehen zu lassen. Die Prüfung der Reibechtheit von Schuhoberledern sollte sowohl von der Narben- als auch in speziellen Fällen, in denen die Leder ohne Futter verarbeitet werden sollen, von der Fleischseite vorgenommen werden, um mögliche Abfärbungen auch im feuchten oder gar schweißfeuchten Zustand zu untersuchen. Auch hier ist es wiederum wichtig, Verarbeitungshinweise zu geben und evtl. den Einsatz von Unterfütterungen dringend zu empfehlen.

Beeinflussungen des Trageverhaltens und des Oberleders durch den Schuhinnenbau

Hinter dem Oberleder sollte aber die wichtige Frage des Schuhinnenbaues nicht zurückstehen. Neben gewissen Echtheiten, die sowohl Futter, als auch Brandsohlenleder erbringen sollten, um kein Abfärben auf den Strumpf oder den Fuß des Trägers zu erzeugen, ist vor allen Dingen das Verhalten gegenüber Wasserdampf hervorzuheben. Das gesunde Fußklima ist davon abhängig, daß die Feuchtigkeit, die von der Haut des Fußes abgeschieden wird, in der Form von Wasserdampf abtransportiert werden kann. Dafür ist wichtig, daß die Wasserdampfaufnahme und die Wasserdampfdurchlässigkeit der Materialien untersucht werden, die den Fuß direkt und indirekt umgeben. Es hat sich bei der Bearbeitung vieler Reklamationsfälle, bei denen Verfleckungen der unterschiedlichsten Art im Oberleder aufgetreten sind, gezeigt, daß eine vermehrte Schweißentwicklung durch die Verwendung von falschen Materialien vor allen Dingen für den Schuhinnenbau Ursache für diese Reklamationen war. Sobald der Fußschweiß nicht mehr in Form von Wasserdampf abgegeben wird, sondern direkt in seiner flüssigen Form mit allen Substanzen, die darin enthalten sind, in das Oberleder übergeht, kann es zu weißen Ausschlägen und bei den modischen weichen Narbenledern auch zu Durchschlägen von Feuchtigkeit von innen her kommen, so daß daraus Flecke der unterschiedlichsten Art resultieren. Im Hinblick darauf wird es also notwendig sein, neben dem eingangs erwähnten Prüfungen eine Behandlung mit saurer und alkalischer Schweißlösung bei diesen Oberledern vorzunehmen, um zu sehen, wie sich vor allen Dingen nach dem Auftrocknen verhalten.Man wird zweckmäßigerweise hier diese Lösungen von Lederstreifen bis zu einer gewissen Steighöhe ansaugen lassen und dann nach der Trocknung die Leder erneut begutachten. In sehr vielen Fällen zeigt sich, daß vor allen Dingen durch die alkalische Schweißlösung eine dunkle Randbildung in den verschiedenartig gefärbten Ledern auftritt.

Zur Entwicklung der Sicherheitsschuhleder

Die richtige Auswertung der Erkenntnisse über das tragehygienische Verhalten von Leder hat dazu geführt, daß die heutigen Sicherheitsschuhe, wie sie für die Herstellung vorgeschlagen werden, bei den wesentlichen Schuhtypen im Innen- und Oberbau aus Leder bestehen. Wurden früher zur Herstellung von Arbeitsschuhen noch minderwertige Leder eingesetzt, so sind die heutigen bei der Arbeit getragenen Sicherheitsschuhe ausgesprochene Spezialartikel geworden mit vorgeschriebenen Eigenschaften, die in der DIN-Norm 4843 festgelegt sind Es hat sich dabei gezeigt, daß zur Herstellung derartiger Schuhe nur Leder verwendet werden dürfen, deren Eigenschaften man in ganz bestimmten Punkten genau kennt. Zu den bereits genannten Prüfungen der Weiterreißfestigkeit, der Wasserdampfdurchlässigkeit, der Wasserdampfaufnahme und der Narbendehnfähigkeit im Lastometer wird auch hier neben den chemischen Prüfungen des Chromoxydgehaltes und den Aziditätsverhältnissen die Wasserdurchtrittszeit im Penetrometer eine entscheidende Rolle spielen. Da es beim Herstellen der Schuhe zu Veränderungen gewisser Eigenschaften kommen kann, wurde es nötig, spezielle Werte für das unverarbeitete Leder festzulegen und in diese bereits die möglichen Veränderungsspannen einzugeben. Da es sich bei der DIN 4843 um die Normung eines Fertigartikels - also des Schuhes - handelt, ist damit dem Schuhhersteller die Sicherheit gegeben, daß im Normalfall die endgültig geforderten Werte durch das Leder auch erreicht werden.

Sicherheitshandschuhe

Bei der Herstellung von Ledern für Sicherheitshandschuhe spielt für die weiteren Spezialschuhe das Erkennen der Anforderungen, die an dieses Material gestellt werden, die entscheidende Rolle. Als Beispiel dafür kann die Herstellung des calziumchloridbeständigen Leders angeführt werden. Durch eine intensive firmeneigene Forschung ist es gelungen, Leder zu erzeugen, die unter den Bedingungen getragen werden können, die unter Tage im Bergbau herrschen, ohne daß es zu den gefürchteten Schrumpfungen und Verhärtungen kommt. Damit wurde es möglich, gerade den unter oft extremen Bedingungen arbeitenden Menschen ein gesundes Schuhwerk zu erhalten, und es hat sich hier sehr deutlich gezeigt, daß Leder durch die entsprechende Bearbeitung anpassungsfähig blieb, so daß die dort gestellten Forderungen voll erfüllt werden können. In der weiteren Ausarbeitung von Schuhwerk dieser DIN 4843 wird sich zeigen, welche Anforderungen aus den einzelnen Sparten an das Obermaterial der Schuhe gestellt werden, so daß auch hier Leder durch eine Anpassung weiteren Einsatz erfahren wird.

Was beim Schuh gerade auf dem Gebiet der Sicherheit schon erreicht worden ist, zeichnet sich auf den anderen Ledergebieten erst ab.

Prüfungen von Bekleidungsleder

Ein weiterer Sektor, der außerordentlichen Aufschwung erfahren hat - mit den wohl auch deutlichsten Wandlungen —, ist der des Bekleidungsleders. Nach dem Velourleder, dessen Eigenschaften man insgesamt sehr gut in der Hand hatte, folgte die Nappalederwelle mit den zuerst meist zugerichteten Ledern, die heute zunehmend durch reines Narbenleder von sehr weicher Qualität ersetzt werden. Insgesamt sollte aber jeder Hersteller derartiger modischer Bekleidungsleder sich darüber im Klaren sein, daß auch hier die Qualität und die Schutzwirkung des Leders vom Endverbraucher als selbstverständlich vorausgesetzt und notfalls auch gefordert werden. Damit sollten diese Leder trotz aller Weichheit eine ausreichende Narbenfestigkeit besitzen, da die Reklamationen immer wieder zeigen, daß leichte Abstoßungen des Narbens bei ganz normalem Gebrauch eintreten können. Die Auswahl der Rohware gerade bei Schaf- und Lammfellen sollte dahingehen, daß besonders locker strukturierte Provenienzen nicht zum Einsatz kommen.

==== Weitere Reklamationen ====, die in diesem Zusammenhang genannt werden sollen, beziehen sich auf das oft sehr unzureichende Lichtverhalten der Leder. Es zeigt sich in verstärktem Maße, daß es einmal zu schnellen Ausbleichungen von Farbstoffen unter Lichteinwirkung kommt, und daß zum anderen Leder verwendet werden, die pflanzlich vorgegerbt worden sind, ohne daß eine genügende Entgerbung durchgeführt wurde. Wenn diese Leder dann in Farbtönen eingefärbt werden, die von Braun abweichen, sind Reklamationen in den meisten Fällen unausbleiblich. Besonders bei den stahlblauen und grünen Ledern entstehen dann große Schwierigkeiten. Die Lichtechtheit sollte also hier bei der Prüfung möglichst auf die Stufe 4 ausgerichtet sein, um diesen Erscheinungen vorzubeugen.

Diese Tatsache sollte sich der Lederhersteller klar vor Augen führen und dafür sorgen, daß das Leder eine gewisse hydrophobierende Ausrüstung bekommt, ähnlich wie sie schon zuvor bei dem modischen Schuhwerk erwähnt worden ist. Das Leder soll also für eine gewisse Zeit aufkommende Wassertropfen abperlen lassen und soll dann, nach dem es doch feucht geworden ist, auftrocknen, ohne Verfleckungen oder Randbildungen zurückzubehalten. Dies sagt natürlich nicht, daß jede modische Lederjacke ebenso wie bei den Schuhen nun unter jeden extremen Bedingungen getragen und benutzt werden kann. Neben diesen Untersuchungen sollte auch die Reibechtheit der Leder von der Narben- wie auch von der Fleischseite getestet werden, um Abfärbungen auf andere Materialien vor allen Dingen auch in den Bereichen, in denen eine Schweißeinwirkung auf das Leder erfolgen kann, zu verhindern. Sehr oft werden Reklamationen vorgetragen, bei denen in den Kragenbereichen Verfärbungen von textilem Material eingetreten sind. Mit der Neigung zu immer weicheren und anschmiegsameren Ledern spielt die Prüfung der Weiterreißfestigkeit bei diesen Ledern eine zunehmende Rolle, da sich immer wieder zeigt, daß auch hier bei einer entsprechenden Unterfütterung und Nahtunterklebung ein Einreißen des Leders eintreten kann, wobei vor allen Dingen die Bereiche der Taschen und der Knöpfe und Knopflöcher in Mitleidenschaft gezogen werden. Dabei ist weiterhin zu bedenken, daß sehr oft durch die Reinigungsbehandlung derartige Unterklebungen gelöst werden, so daß es schon während der Reinigung oder aber im Anschluß daran beim Tragen zum Einreißen des Leders kommt. Bei der Lederreinigung hat eine Anpassung in der Lösungsmittelbehandlung bei den Nappaledem in starkem Maße stattgefunden. Die Reiniger sind von dem bei Velourledern am meisten verwendeten Perchlorathylen, das eine sehr starke Lösekraft besitzt, zu Fluorchlorkohlenwasserstoffen übergegangen, die eine geringere Aggressivität zeigen, die fast dem Schwerbenzin, das heute kaum noch Anwendung finden kann, ähnelt. Dadurch und durch die Einhaltung niedrigster Reinigungstemperaturen ist es möglich geworden, viele Zurichtungen auf dem Leder zu erhalten, so daß eine Nacharbeitung nur in geringem Maße erfolgen muß. Obwohl auch die vollständigen Neuzurichtungen, die oft nötig werden, insgesamt in den meisten Fällen zu einem guten Erfolg führen, treten doch hier Reklamationen dadurch auf, daß diese Zurichtungen das Leder in seinen grifflichen Eigenschaften verändern können.

Diese Schwierigkeit tritt besonders hervor, wenn es sich um die mehrfach beschriebenen reinen Anilinleder handelt, die durchgehende starke Verfleckungen während des Tragens erfahren haben, die sich durch die Reinigung nicht mehr in ausreichendem Maße entfernen lassen. Dann wird der Reiniger genötigt sein, eine Zurichtung auf das Leder aufzubringen, die einen Ausgleich schafft, so daß es damit möglich wird, die vorhandenen Restverfleckungen zu überdecken. Diese Leder sollten daher einmal wasserabstoßend ausgerüstet sein, sie sollten aber auch zu einem Teil oleophob sein, um eine bessere Schmutzabweisung zu geben, so daß auch nachher eine Reinigung besser und gleichmäßiger möglich sein wird.

Lederbekleidung im Sicherheitsbereich

Während also auf dem normalen modischen Bekleidungssektor das Leder voll etabliert ist, sind die Fortschritte bei der Arbeitsschutz- und Sicherheitskleidung noch als gering anzusehen. Hier zeichnet sich ein Gebiet ab, von der Hitzeschutzkleidung über den Chemikalien- und auch feuerfesten Anzug, so daß sich nach den Forschungsarbeiten und tastenden Vorversuchen neue Perspektiven eröffnen, wobei das Leder von Haus aus schon Eigenschaften mitbringt, die andere Produkte erst durch wesentliche Veränderungen und Spezialbehandlungen erreichen. In dem Zusammenhang mit der Schutzwirkung muß aber auch wiederum die Tragehygiene, die Leder bieten kann, genannt werden. Es ist unsinnig, Schutzanzüge herzustellen, die den Körper des Menschen völlig dicht umschließen, so daß zwar keine äußeren Einflüsse auf den Träger einwirken können, daß es aber andererseits nicht möglich ist, die sich auf der Haut bildende Körperfeuchtigkeit in ausreichendem Maß abzutransportieren, was bei Leder durch Wasserdampfaufnahme und Wasserdampfdurchlässigkeit als weitestgehend gesichert angesehen werden kann. Auch bei Ledern, die spezielle Beschichtungen erfahren müssen, um die nötige Schutzwirkung vor allen Dingen auch gegen das Aufkommen von ätzenden oder giftigen Flüssigkeiten zu haben, wird die Wasserdampfaufnahme eine entscheidende Rolle spielen. Damit wird es möglich sein, auch bei dieser Bekleidung einen guten Tragekomfort zu erzielen, der bei vielen anderen Bekleidungsarten nicht vorhanden sein kann. Eine wichtige Aufgabe für die Materialprüfung ist daher heute darin zu sehen, die Anforderungen, die in bestimmten Berufszweigen gestellt werden, für Spezialsicherheitskleidung zu verfolgen und dafür Prüfungsmethoden gegebenenfalls neu zu überarbeiten.

Anforderungen an Sicherheitsbekleidung

Bei der Gegenüberstellung der Anforderungen aus vielen verschiedenen Arbeitszweigen 1) sieht man sehr schnell, daß sich ein bestimmter Katalog erarbeiten läßt, der die wichtigsten Punkte enthält, die hier kurz behandelt werden sollen. Sehr oft wird gefordert, daß die Bekleidung aus einem nicht entflammbaren Material hergestellt sein soll, das auch einer vorhandenen Flamme für eine gewisse Zeit keine Nahrung bietet und das auch nicht weiterglimmt. Es ist aus vielen vergleichenden Versuchen zwischen Leder und anderen Materialien bekannt, daß die Neigung zur

Entflammbarkeit

von Leder gegenüber den Austauschmaterialien sehr gering ist, und daß ebenfalls auch schon ohne eine besondere Ausrüstung das alleinige Weiterbrennen und das Nachglimmen nur ganz kurzzeitig ist. Durch Spezialbehandlungen des Leders läßt sich diese Brennbarkeit noch weiter verringern, so daß es unter den Bedingungen, zu denen ein Mensch überhaupt Überlebenschancen hat, nicht zum Brennen des Leders kommt. Es ist in diesem Zusammenhang wichtig, daß der Widerstand gegen Extremeinflüsse in den meisten Fällen nur kurzzeitig zu sein braucht, um damit einen gewissen Schutz zu geben. Es wird nicht nötig sein, Bekleidungsmaterialien, die während der täglichen Arbeit getragen werden sollen, und die verständlicherweise leicht sein müssen, einer Langzeiteinwirkung von extremen Einflüssen auszusetzen, z. B. sehr hohen Temperaturen oder Flammeneinwirkungen, wenn das Isoliervermögen dieser Materialien im normalen Bereich liegt, so daß damit zu rechnen ist, daß die Hitze, die außen herrscht, auch durch das Kleidungsstück schon hindurchgegangen ist, ohne daß das Material selbst brennt. Wichtig ist allein, daß das Material eine gute Tragefähigkeit besitzt, und daß es für den Katastrophenfall und damit für eine ganz begrenzte Zeit, d. h. evtl. nur für Sekunden, den Träger schützt, bis er sich dieser Gefahrenquelle entziehen konnte. Diese Eigenschaften hat ebenfalls normales Leder bereits, das aber durch Spezialausrüstungen noch wesentlich verbessert werden kann.

Die Atmungsaktivität

die ebenfalls als Grundforderung aufgestellt wird, wurde schon mehrfach erwähnt. Es ist wichtig, daß kein Wärmestau zwischen Haut und Bekleidung entsteht, und daß ein zusätzlicher Kräfteverbrauch durch zu starkes Schwitzen vermieden wird. Auch diesen Forderungen wird Leder von sich aus bereits gerecht.

Strapazierfähigkeit

Motorradleder

Der nächste Punkt der Strapazierfähigkeit wird von Leder im Normalfall voll erfüllt. Es ist bekannt, daß auch bei Unfällen, wie sie z. B. bei Motorradfahrern heute auftreten können, das Leder als schützende zweite Haut sehr oft die Haut der Menschen, die diese Unfälle erleiden, vor stärkeren Abschürfungen bewahrt, da es auf der einen Seite geschmeidig und auf der anderen Seite aber außerordentlich widerstandsfähig ist, so dass die Höchstbeanspruchungen, die bei derartigen Unfällen gegeben sind, vom Leder meist ohne ein Aufreißen ertragen werden. Weiterhin sind unter dem Punkt Strapazierfähigkeit die Widerstände gegen Lösungsmittel, Öl, Säuren, Laugen usw. mit aufgeführt, die sich durch normale Beschichtungen gut erreichen lassen, so daß diese Flüssigkeiten am Leder herunterlaufen, ohne eine schädigende Einwirkung auf den Träger ausüben zu können. Auch hier haben Versuche an ganz normalen Ledern schon gezeigt, daß Säuren und Laugen auch in konzentrierter Form das Leder über eine längere Zeit hinweg nicht durchdringen können, so daß dem Träger Gelegenheit gegeben ist, diese ätzenden Flüssigkeiten abzuwaschen und damit unschädlich zu machen, ohne daß die Schutzanzüge Schäden selbst erleiden.

Schmelzen von Leder

In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, daß durch hitzereflektierende Beschichtungen eine Gesamterwärmung des Leders so weit verringert werden kann, daß Schrumpfungen über eine gewisse Zeit hinweg nicht auftreten werden. Die Gefahr des Schmelzens ist bei Leder ohnedies nicht gegeben. Natürlich ist Leder reinigungsfähig, und dies gilt auch für die jeweiligen Beschichtungen, so daß jegliche Bekleidung daraus auch in hygienischer Hinsicht einwandfrei gehalten werden kann. Wie bei dem Sicherheitsschuh so ist auch bei dem Handschuh der Übergang vom billigen Arbeitshandschuh, den man kurzzeitig trägt und dann wegwirft, zum Spezialhandschuh mit besseren Sicherheits- und Trageeigenschaften gegeben. Von einem derartigen Handschuh wird eine hohe Strapazierfähigkeit verlangt, an die sich die Forderungen nach guter Griffsicherheit und Schnittfestigkeit ebenso anschließen wie insgesamt gutes Trageverhalten, so daß auch hier der wichtige Punkt des Abtransportes von Hautfeuchtigkeit eine entscheidende Rolle spielt. Dazu ist natürlich auch auf diesem Sektor wichtig, daß das Leder mit praktisch jeder Art von Beschichtung versehen werden kann, um Spezialzwecken zu dienen. Es steht auch hier also weitere Entwicklungsarbeit bevor, die dem Leder Bereiche eröffnet oder erhält. Bei diesen ganzen Spezialartikeln, die sich mit Arbeitssicherheit befassen, ist es natürlich von Bedeutung, daß diese Materialien einer ständigen Überprüfung unterliegen, die sich vor allen Dingen natürlich auf die Festigkeitseigenschaften, gegen Zug- und Weiterreißbeanspruchung sowie auf das Abriebverhalten gegen reibende Flächen stützt. Auch unter extremen Beanspruchungen beim Eintreten von besonderen Gefahren muß das Leder seine Eignung unter Beweis stellen, so daß auch hier die eingangs erwähnten Begriffe Zähigkeit, Zuverlässigkeit und Qualität im Vordergrund stehen.

Literaturverzeichnis: 1) Heinz Seegers, Bekleidungsmagazin 15, Nr. 3, 2—6 (1975)



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