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Lederdeckfarben (Pigmentzubereitungen)

Als farbgebende Substanz für Leder werden sowohl lösliche Farbstoffe als auch unlösliche Pigmente herangezogen. Die bei der Lederfärbung im Zug der Naßarbeiten vor der Zurichtung angewendeten Lederfarbstoffe sind befähigt, mit der Ledersubstanz durch chemische Wechselwirkung eine mehr oder weniger feste Bindung einzugehen und das Leder entsprechend farbecht zu machen. Diese Fähigkeit der chemischen Bindung geht durch das Trocknen und bedingt durch die Anwendungstechnik der Zurichtverfahren weitgehend verloren, so dass lösliche Farbstoffe unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen bei der Lederzurichtung angewendet werden müssen.

Einfacher, bei weitem jedoch nicht problemlos, ist der Einsatz unlöslicher Pigmente als Farbkörper. Sie sind die Ausgangsstoffe für Lederdeckfarben. Die verwendeten Pigmente sind in Wasser und organischen Lösemitteln unlöslich. Sie neigen daher bei Einwirkung von Wasser oder Lösemitteln auf das zugerichtete Leder nicht zum Ausbluten. Die pigmentierte Farbschicht des zugerichteten Leders ist gegenüber einer mit Farbstoffen angefärbten Schicht besser lichtbeständig. Das ist vor allem bedeutsam bei helleren Farbtönen, für die im allgemeinen geringere Mengen an Farbkörper auf das Leder aufgebracht werden, mit Ausnahme ausgesprochener Pastelltöne mit hohem Anteil von Weißpigment. Pigmente wirken deckend, sie egalisieren den Farbton der gesamten Lederfläche und sind in dieser Hinsicht auch als transparente, organische Pigmente den löslichen Farbstoffen überlegen.

Man kann daher bei pigmentierter Zurichtung auf Leder mit unruhiger Oberfläche, welche zu wolkiger Färbung führen würde, einen einheitlicheren Farbton erzielen. Sortiment und Ausschnittsrendement des zugerichteten Leders können dadurch verbessert werden. Außerdem erfolgt die Farbgebung mit Pigmentfarben im Gegensatz zur Flottenfärbung erst im Endstadium der Lederherstellung. Man braucht sich daher nicht bereits während der Naßprozesse auf einen bestimmten Farbton des Leders festzulegen. Man kann vielmehr größere Lederposten einheitlich auf Vorrat arbeiten und die endgültige Farbgestaltung erst nach Sortieren bei der Zurichtung vornehmen.

Pigmente besitzen allerdings nicht nur Vorteile. Die lebhaften, leuchtenden Farbtöne einer Lederfärbung werden durch pigmentierte Zurichtung in den meisten Fallen nicht erreicht. Ein weiteres, ausschlaggebendes Moment ist, dass Pigmente pulverförmige Substanzen sind, welche vom Leder nicht aufgenommen und nicht gebunden werden. Sie müssen vielmehr mit geeigneten Bindemitteln auf der Lederoberfläche befestigt werden. Jede Pigmentanwendung bedeutet daher, dass die Lederoberfläche mit einer lederfremden Schicht bedeckt werden muss, mit deren Hilfe die Pigmente beständig auf dem Leder haften. Die Schicht muss dem Verhalten des Leders und der Beanspruchbarkeit der Lederoberfläche für den jeweiligen Verwendungszweck bestmöglich angepasst werden.

Die Pigmentfarbkörper werden in der Lederfabrik nicht in ihrer ursprünglichen Form als trockenes Pulver mit den übrigen Zurichtmitteln vermischt. Das liegt daran, dass sie im Gang ihrer Herstellung während des Trockenprozesses aus den feinsten Primärteilchen zu gröber aggregierten Sekundarteilchen aneinander haften und zu groben Agglomeraten von Tertiärteilchen zusammenballen können. Die Teilchenfeinheit des Pigmentpulvers entscheidet über das optische Verhalten der Deckfarbe. Starke Agglomeration führt zu hoher Deckkraft, ergibt aber geringe Farbintensität und oftmals stumpfe Farbtöne. Optimale Feinverteilung der Agglomerate zu Primärteilchen erfordert intensive Dispergierarbeit durch Vermahlen, Kneten oder Abreiben auf Farbwalzen. Es muss auch gewährleistet sein, dass der erzielte Verteilungsgrad aufrecht erhalten bleibt und dass die dispergierten Teilchen nicht wieder agglomerieren und ausflocken. Pigmentfarben für die Lederzurichtung werden daher von den Farbenfabriken als gebrauchsfertige Zubereitungen zur Verfügung gestellt. Die Hersteller von solchen als Lederdeckfarben bezeichneten Pigmentzubereitungen verfügen über langjährige Erfahrungen, welche Verteilungsaggregate der Kornhärte und dem Dispergierverhalten der einzelnen Pigmente am besten angepasst sind und mit welcher Verteilungsintensität die günstigste optische Wirkung erzielt werden kann.

Die Flockungsbeständigkeit der Pigmentzubereitungen ist nicht allein eine Frage der Rezeptur für die Herstellung der Lederdeckfarben. Die Stabilität hängt auch davon ab, dass die Farben mit den für die Weiterverarbeitung der Zurichtflotte zugesetzten weiteren Zurichtmitteln voll verträglich sind. Aus diesem Grund werden der Lederindustrie von den meisten Herstellern von Lederzurichtprodukten umfassende Sortimente der verschiedenen Hilfsmittel angeboten, welche aufeinander und auf das vorhandene Deckfarbensortiment abgestimmt sind. Die Gefahr der Flockung und damit der veränderten Farbnuance besteht vor allem dann, wenn das Bindemittel, in dem das Pigment zur Farbpaste angeteigt ist, mit einem anderen Bindemittel zusammengemischt wird. Feinteilige organische Pigmente sind meistens flockungsempfindlicher als gröbere anorganische Pigmente.

Die für die Lederzurichtung eingesetzten Pigmente werden auf anorganischer oder auf

organischer Basis synthetisch hergestellt. Mit der Herstellungsweise werden Reinheitsgrad, Farbnuance, Pigmentfeinheit, Dispergierverhalten und bestimmte Echtheitseigenschaften gezüchtet. Durch Vermahlen von Mineralien gewonnene, natürliche Erdfarben, z. B. Zinnober, Rötel, Ocker, Umbra, Eisenglimmer, werden für die Lederzurichtung nicht verwendet, da sie zu stumpfe und trübe Farbtöne ergeben.

Die hauptsächlich verwendeten anorganischen Pigmente sind:

  • Titandioxid, das am stärksten deckende Weißpigment. Es wird sowohl in der cremestichigen Form des Anatas als auch in der des etwas schwächer deckenden, blaustichigen Rutil eingesetzt.
  • Zinkweiß, ein Gemisch aus Zinkoxid und -sulfid. Es deckt wesentlich weniger als Titandioxid, neigt aber nicht zum Aufkreiden und zur Bildung dunkler Striche bei Berührung mit Weichmetall. Es ist in den Deckfarbensortimenten nur selten anzutreffen, allenfalls in weißen Appreturen, die als Schutz auf die deckende Titanweißgrundierung aufgetragen werden.
  • Bleichromat-Verbindungen als orangestichiges Chromgelb oder als Chromorange. Sie sind weit verbreitet.
  • Cadmiumsulfid-Verbindungen als leuchtendes, grünstichiges Zitronengelb oder als farbintensives, ziemlich brillantes Rot. Beide Pigmente werden nur vereinzelt herangezogen, da sie sehr teuer sind. Sie zeichnen sich aber durch sehr hohe Echtheitseigenschaften aus.
  • Molybdatrot oder Molybdatorange als komplexe Metallsalze der Molybdansäure. Molybdatrot ist zwar nicht so kräftig leuchtend wie Cadmiumrot, hat dieses aber infolge des günstigeren Preises weitgehend verdrängt.
  • Eisenoxid-Verbindungen als ockerfarbiges Gelb, als braunstichiges Rot, als gelb- bis rotstichiges Braun oder auch als Schwarz. Eisenoxidpigmente können je nach Herstellungsweise und Dispergierfeinheit bis zu transparenten, ziemlich reinen Farbtönen der Deckfarbe variieren. Sie sind aber meistens auf stärkere Deckwirkung ausgerichtet.
  • Ultramarin, ein mittelblaues, schwefelhaltiges Natrium-Aluminium-Silikat, ist weitgehend durch organisches, im Farbton reineres, tieferes, mehr transparentes Blaupigment verdrängt worden.
  • Organische Pigmente auf der Basis komplexer unlöslicher Verbindungen, ursprünglich wasserlöslicher synthetischer Farbstoffe, finden vor allem Verwendung für klare, transparente Gelb-, Orange-, Rot-, Blau- und Grün-Töne. In erster Linie werden Phthalocyanin- Komplexe verwendet, die sich durch hohe Brillanz und sehr gute Echtheitseigenschaften auszeichnen.
  • Schließlich wird Ruß in großem Umfang für schwarze Lederdeckfarben verbraucht Dabei muß auf hohen Reinheitsgrad und Säurefreiheit geachtet werden. Aschebestandteile können den gesuchten tiefen Schwarzton nach unerwünschtem Grau drucken. Anwesenheit von Säure kann die Stabilität der Farbzubereitung beeinträchtigen.

Als Grundregel für das Verhalten der Pigmente bzw. der daraus hergestellten Lederdeckfarben kann gelten.

  1. Anorganische Pigmente decken im allgemeinen stärker als organische.
  2. Der Farbton organischer Pigmente ist reiner, leuchtender als der anorganischer Pigmente.
  3. Organische Pigmente lassen infolge ihres stärker transparenten Verhaltens das natürliche Aussehen des zugerichteten Leders besser erhalten als anorganische.
  4. Anorganische Pigmente sind besser lichtbeständig als organische.
  5. Organische Pigmente können infolge ihrer sehr feinteiligen Struktur zum Migrieren neigen, z B. unter dem Einfluss von Weichmachern und Hitze.

Die Sortimente der Lederdeckfarben umfassen im allgemeinen weitgehend die gesamte Farbskala, zumindest in den Grundtönen. Sie enthalten damit zwangsläufig sowohl anorganisch als auch organisch pigmentierte Einstellungen. Aus den Grundtönen werden bei der Lederzurichtung weitere Farbtoneinstellungen durch Abmischen nuanciert. Hierbei ist das Verhalten der einzelnen Farbkomponenten zu beachten. So läßt sich z. B. die Transparenz organisch pigmentierter Farben mit der Deckwirkung anorganisch pigmentierter ausbalancieren oder der etwas stumpfe Farbton anorganisch pigmentierter Farben durch organisch pigmentierte in seiner Lebhaftigkeit steigern. Die gegenüber anorganischen Pigmenten geringere Lichtbeständigkeit der organischen Pigmente kann sich bei Mischungen kritisch auswirken, wenn die Farbnuance stark von dem organischen Pigment abhängt. Es zeigt sich nämlich, dass die Lichtempfindlichkeit eines Pigments um so mehr in Erscheinung treten kann, je geringer die Pigmentkonzentration ist. Wird z B. ein grüner Farbton durch Mischen einer nuancierschwachen anorganisch pigmentierten Gelbfarbe mit geringen Anteilen einer nuancierstarken organisch pigmentierten Blaufarbe eingestellt, so kann der Farbton durch Lichteinfluss immer stärker nach Gelb umschlagen, auch dann, wenn die Blaufarbe bei Alleinanwendung, also in höherer Konzentration, nur wenig lichtempfindlich ist. Gelb- und Orangefarben auf der Basis von Bleichromatpigment können schwefel- bzw. sulfidempfindlich sein. Die Anwendung solcher Farben auf Chromleder, das mit Natriumthiosulfat neutralisiert worden ist, kann bei feuchtwarmer Lagerung dazu führen, dass sich Bleisulfid bildet.

Tabelle 3: Zurichteigenschaften von Pigmenten und Farbstoffen

PigmentePigmenteFarbstoffen
anorganischorganisch
Brillanzmäßiggutsehr gut
Deckkraftsehr gutgutgering
Farbintensität beim Nuancierenmäßiggut bis sehr gutsehr farbintensiv, Nuancieren nicht ratsam
Lichtbeständigkeitsehr gutgutmäßig
Migrierechtheitsehr gutgut bis mäßigmäßig bis gut

Das äußert sich in brauner bis schwarzer Verfärbung mit teilweise metallischem Glanz. Die gleiche Erscheinung kann bei Anvulkanisieren von Gummisohlen an den Schuhschaft auftreten. Ultramarin ist säureempfindlich. Der blaue Farbton kann im Extrem zu milchigem Grau ausbleichen, wenn das zuzurichtende Leder ungenügend neutralisiert ist und noch Reste nicht flüchtiger Säuren enthält. Diese Erscheinung macht sich besonders krass bei grünen Farbtönen bemerkbar, die in vielen Fällen aus Blau- und Gelbfarbe eingestellt werden. Ausbleichen der Blaufarbe verschiebt den Grünton immer stärker nach Gelb. Organische Pigmente können gegenüber Komplexbildnern empfindlich sein. Wenn das zum Zubereiten der Zurichtflotten verwendete Wasser nicht mit Ionenaustauscher entsalzt, sondern mit Komplexbildner behandelt worden ist, können sich diese mit dem Komplex des organischen Pigments umsetzen und den synthetischen Ausgangsfarbstoff teilweise zurückbilden. Das verursacht eine Änderung des Farbtons, die sich in Farbflecken bemerkbar macht, und im Extremfall zu Ausbluten der wasserlöslich gewordenen Komponente bei Nässeeinwirkung führen kann. Die Migrationsneigung ist in erster Linie bei organischem Rotpigment gegeben. Wenn bei heißem Abbügeln Weichmacher aus der Zurichtschicht an die Oberfläche wandert, nimmt er Anteile des Pigments mit. Bei Abkühlen geht der Weichmacher größtenteils in die Zurichtschicht zurück, das Pigment verbleibt dagegen an der Oberfläche. Die Folge ist, dass das zugerichtete Leder bronziert. Organisches Rotpigment kann auch bei heißem Bügeln des Leders vom klaren Rot in eine blaustichige Nuance umschlagen. Wenn solche Erscheinungen auftreten, wie sie vorstehend geschildert worden sind, dann müssen Deckfarben auf der Basis anderer Pigmente eingesetzt werden. Die für die Lederzurichtung verwendeten Deckfarben sind im Hinblick auf leichtes Hantieren bei der weiteren Verarbeitung zubereitet. Im Hinblick auf Transport und Vorratshaltung sind sie auf hohe Konzentration eingestellt, weitaus höher konzentriert als sie für den Gebrauch eingesetzt werden. Zur Einstellung der farbigen Zurichtflotte werden sie mit den jeweils erforderlichen Zurichtmitteln vermischt und zu gebrauchsfertiger Konsistenz verdünnt. Das Dispergiermittel der Deckfarbe und die filmbildende Substanz des Zurichtbindemittels müssen in ihrem Verhalten voll verträglich aufeinander abgestimmt sein. Das gilt besonders hinsichtlich ihrer Löslichkeit, von der die Auswahl des Verdünnungsmittels abhängt. Im Lauf der Entwicklung von Lederzurichtmitteln haben sich zwei Hauptgruppen herausgebildet, die auch bei den Deckfarben gleichermaßen anzutreffen sind. Die eine Gruppe bilden die mit Wasser verdünnbaren Produkte, die andere die nicht mit Wasser Verträglichen, welche mit organischen Lösemitteln verdünnt werden müssen. Unabhängig davon, ob sie mit Wasser oder mit Lösemitteln verdünnt werden, sind Lederdeckfarben für beide Systeme auf der Basis der gleichen Pigmente aufgebaut. Unterschiedlich sind je nach Verdünnungsmittel die Dispergier- oder Pigmentbindemittel und von diesen hängen wiederum die angewendeten Weichmachungsmittel ab.



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lederherstellung/zurichtung/lederdeckfarben_pigmentzubereitungen.txt · Zuletzt geändert: 2019/04/28 14:28 von admin