Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


lederherstellung:pickel:pickel

Unterschiede

Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.

Link zu dieser Vergleichsansicht

Beide Seiten der vorigen RevisionVorhergehende Überarbeitung
Nächste Überarbeitung
Vorhergehende Überarbeitung
lederherstellung:pickel:pickel [2019/04/28 19:34] adminlederherstellung:pickel:pickel [2019/07/01 12:15] (aktuell) admin
Zeile 1: Zeile 1:
-====== Pickel ======+====== Pickel - Verfahren und Pickelsäuren ======
  
 ==== Verfahrensbeschreibung ==== ==== Verfahrensbeschreibung ====
Zeile 32: Zeile 32:
   - Die von den Blößen aus dem Pickel aufgenommene Säure soll ein gleichmäßiges Eindringen des Chromgerbstoffes in das Fasergefüge bewirken, wobei gleichzeitig die Basizität der Chrombrühe verringert und dadurch ein langsames, gleichmäßiges Angerben der Blöße herbeigeführt wird.   - Die von den Blößen aus dem Pickel aufgenommene Säure soll ein gleichmäßiges Eindringen des Chromgerbstoffes in das Fasergefüge bewirken, wobei gleichzeitig die Basizität der Chrombrühe verringert und dadurch ein langsames, gleichmäßiges Angerben der Blöße herbeigeführt wird.
  
-Allgemein besteht der Pickel aus einer Lösung von Salz und Säure, in der immer Kochsalz, als Säure Schwefel- oder Salzsäure, mitunter auch Ameisensäure, verwendet werden. Wichtig ist dabei eine ausreichende Salzzugabe (meist Natriumchlorid-Kochsalz), um die Schwellung des Hautmaterials zu verhindern. Die tierische Haut schwillt sowohl durch Alkali - im Äscher durch Schwefelnatrium und Kalk - als auch durch Säure. Erst bei einer Salzkonzentration von mindestens 6 % NaCl, berechnet auf die Flotte (Wassermenge), tritt keine Säureschwellung der Haut mehr ein.+Allgemein besteht der Pickel aus einer Lösung von Salz und Säure, in der immer Kochsalz, als Säure Schwefel- oder Salzsäure, mitunter auch Ameisensäure, verwendet werden. Wichtig ist dabei eine ausreichende Salzzugabe (meist Natriumchlorid-Kochsalz), um die Schwellung des Hautmaterials zu verhindern. Die tierische Haut schwillt sowohl durch Alkali - im Äscher durch Schwefelnatrium und Kalk - als auch durch Säure. Erst bei einer Salzkonzentration von mindestens 6 % <chem>NaCl</chem>, berechnet auf die Flotte (Wassermenge), tritt keine Säureschwellung der Haut mehr ein.
  
-Wichtig ist aber, dass die Blöße erst von der Salzlösung voll durchdrungen ist, bevor die Säure auf die Haut einwirkt. Daraus ergibt sich der Pickelansatz und die Reihenfolge der Zugabe. Zuerst wird die abgemessene Wassermenge vorgegeben, dann darin das Salz gelöst und gut verteilt. Danach werden die Blößen zugegeben und - nach einer der Stärke des Hautmaterials angepassten Laufzeit von 10 bis 20 Minuten - die verdünnte kalte Säure langsam bei ständiger Bewegung des gesamten Ansatzes zugesetzt. Ein normaler Pickelansatz besteht aus +Wichtig ist aber, dass die Blöße erst von der Salzlösung voll durchdrungen ist, bevor die Säure auf die Haut einwirkt. Daraus ergibt sich der Pickelansatz und die Reihenfolge der Zugabe. Zuerst wird die abgemessene Wassermenge vorgegeben, dann darin das Salz gelöst und gut verteilt. Danach werden die Blößen zugegeben und - nach einer der Stärke des Hautmaterials angepassten Laufzeit von 10 bis 20 Minuten - die verdünnte kalte Säure langsam bei ständiger Bewegung des gesamten Ansatzes zugesetzt.\\  
 + 
 +===== Pickelansatz und die besondere Rolle von Kochsalz gegen Säurequellung ===== 
 + 
 +Ein normaler Pickelansatz besteht aus:\\ 
  
   * 80 - 150 % Wasser (berechnet auf das Blößengewicht)   * 80 - 150 % Wasser (berechnet auf das Blößengewicht)
-  * 6 -  10 % NaCl  (berechnet auf die Wassermenge+  * 6 -  10 % NaCl   
-  * 0,5 - 2,0 % Schwefelsäure konzentriert (berechnet auf Blößengewicht).+<note important> 
 +**%-Angaben <chem>NaCl</chem> / Kochsalz sind gefährlich!**\\  
 +\\  
 +%-Angaben Kochsalz (<chem>NaCl</chem>) sind gefährlich, da die Flottenlänge möglicherweise individuell angepasst werden kann und dann die Salzmenge nicht mehr ausreicht um z.B. die für den Pickel notwendige Dichte von 6° Bé zu erhalten. Daher sollte die notwendige Menge an Kochsalz stets in g Kochsalz je Liter Wasser angegeben werden, wobei die Menge an Wasser aus der Flotte gemäß Rezepturangabe besteht und zustätzlich aus der Restflotte im Fass (10-20%und dem Wassergehalt der entkälkten und gebeizten Blöße (50-60%).\\  
 +\\  
 +10 g <chem>NaCl</chem> (Kochsalz) im Liter <chem>H2O</chem> (Wasser) = 1° Bé (Baumé)\\  
 +**60 g <chem>NaCl</chem> (Kochsalz) im Liter <chem>H2O</chem> (Wasser) = 6° Bé (Baumé)**\\  
 +\\  
 +**Rechenbeispiel:**\\  
 +50% Flotte gemäß Rezeptur + 20% Restflotte im Fass + 60% Wassergehalt der Haut = 130% Wasser im Pickelsystem\\  
 +\\  
 +**Beispiel mit Gewichtsangabe:**\\  
 +Blößengewicht: 500 kg\\  
 +Flottenlänge gemäß Rezeptur: 50% <chem>H2O</chem> = 250 Liter <chem>H2O</chem>\\  
 +Restflotte im Fass: 20% <chem>H2O</chem> = 100 Liter <chem>H2O</chem>\\  
 +Wassergehalt der Blöße: 60% <chem>H2O</chem>-Gehalt = 300 Liter <chem>H2O</chem>\\  
 +Gesamtwassermenge im Pickelsystem: 130 % <chem>H2O</chem> im Pickelsystem = 650 Liter <chem>H2O</chem> im Pickelsystem\\  
 +60 g/l <chem>NaCl</chem> (Kochsalz) * 650 Liter = 39 kg <chem>NaCl</chem> Kochsalz für 6° Bé\\  
 +</note> 
 +  * 0,5 - 2,0 % Ameisensäure und / oder Schwefelsäure konzentriert (berechnet auf Blößengewicht)
  
 Diese Rezeptur gilt für die Arbeit im Fass oder anderen bewegten Gerbgefäßen. Diese Rezeptur gilt für die Arbeit im Fass oder anderen bewegten Gerbgefäßen.
Zeile 58: Zeile 81:
 Zur besseren Durchpickelung bei starkem Blößenmaterial wird hierbei allerdings etwas Salz (Natriumformiat 1 - 2 %) verwendet. Das Pickeln verläuft bei 15 - 25° C. Als beendet kann der Pickelprozess angesehen werden, wenn die Blößen im Schnitt den gewünschten pH-Wert zeigen, was sich mit Indikatoren wie Bromkresolgrün bzw. Bromphenolblau leicht feststellen lässt. Im Endzustand können die Blößen in der Pickelbrühe oder über den Bock geschlagen beliebig lange gelagert werden. Zur besseren Durchpickelung bei starkem Blößenmaterial wird hierbei allerdings etwas Salz (Natriumformiat 1 - 2 %) verwendet. Das Pickeln verläuft bei 15 - 25° C. Als beendet kann der Pickelprozess angesehen werden, wenn die Blößen im Schnitt den gewünschten pH-Wert zeigen, was sich mit Indikatoren wie Bromkresolgrün bzw. Bromphenolblau leicht feststellen lässt. Im Endzustand können die Blößen in der Pickelbrühe oder über den Bock geschlagen beliebig lange gelagert werden.
  
 +===== Einfache "Schnellberechnung" der Säuremenge im Pickel (keine stöchiometrische Berechnung) ===== 
 +  
 +^  Beschreibung                                                        ^  Werte    ^  Bemerkungen / Rechenweg                                                ^ 
 +| End-pH-Wert Entkälkung:                                              | pH 8,0    |                                                                         | 
 +| Gewünschter Pickel-pH-Wert:                                          | pH 2,8    |                                                                         | 
 +| Differenzwert:                                                       | pH 5,2    | (pH 8,0 - pH 2,8 = pH 5,2)                                              | 
 +| Faktor für <chem>HCOOH</chem> Ameisensäure:                          | Faktor 2  |                                                                         | 
 +| Faktor für <chem>H2SO4</chem> Schwefelsäure:                         | Faktor 4  | bezieht sich auf den Ersatz von Ameisensäure                            | 
 +| Notwendige Menge <chem>HCOOH</chem> Ameisensäure in %:               | 2,6 %     | = pH 5,2 / Faktor 2 <chem>HCOOH</chem> = 2,6%                           | 
 +^ Einsatz / gewünschte Menge <chem>HCOOH</chem> Ameisensäure in %:     ^ 1,2 %     ^ Wunsch gemäß ledertechnologischer Entscheidung                          ^ 
 +| Rechnerische Restmenge an <chem>HCOOH</chem> Ameisensäure:           | 1,4 %     | notwendige Menge = 2,6 % - gewünschte Menge 1,2 % = 1,4 % Restmenge     | 
 +^ Einsatz / notwendige Restmenge an <chem>H2SO4</chem> Schwefelsäure:  ^ 0,35 %    ^ Restmenge 1,4 % / geteilt durch Faktor 4 (<chem>H2So4</chem>) = 0,35 %  ^
  
 ---- ----
Zeile 65: Zeile 99:
 ---- ----
 ===== Kategorien: ===== ===== Kategorien: =====
-{{tag>Alle-Seiten Gesamt lederherstellung ledertechnik pickel}}+{{tag>Alle-Seiten Gesamt lederherstellung ledertechnik pickel ausbildung}}
 ---- ----
 ==== Quellenangabe: ==== ==== Quellenangabe: ====
lederherstellung/pickel/pickel.txt · Zuletzt geändert: 2019/07/01 12:15 von admin