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Nachgerbung - Betonung besonderer Merkmale einer Lederart durch Nachgerbung

So wie die Gerbung nicht ausreicht, die farblichen Wünsche zu erfüllen, so reicht die Gerbung auch nur sehr selten aus, all die äußeren und inneren Merkmale einer ganz bestimmten Lederart zu vermitteln. Die Farbstoffe und die Fettungsmittel leisten schon einen erheblichen Teil, doch bleiben einige typische Forderungen offen, die durch eine Nachgerbung erfüllt werden müssen. Bevor wir uns die zur Verfügung stehenden Nachgerbstoffe ansehen, wollen wir uns klar machen, was heute von der Nachgerbung erwartet wird. Sie soll es dem Gerber erleichtern, sein Leder den Wünschen der Verarbeiter und Verbraucher anzupassen und es dadurch leichter verkaufen zu können. Diese Wünsche kann man in folgende Punkte fassen und sagen:

Die Nachgerbung soll bewirken eine Änderung oder Steuerung der:

  • Weichheit
  • Färbbarkeit
  • Fülle
  • Narbenfeinheit
  • Narbenfestigkeit
  • Lichtechtheit
  • Aufhellung der Lederfarbe (Bleichwirkung)
  • Zurichtbarkeit
  • Verarbeitungsbezogenen Eigenschaften, z.B. Formhaltevermögen
  • Gebrauchsbezogenen Eigenschaften, z.B. tragehygienische Eigenschaften, Gewicht
  • Gesamten Arbeitsabläufe. Wir wollen einfache Arbeitsweisen auch bei schlechter Rohware.

Das sind Aufgaben, die nur durch ein Wunderprodukt alle erfüllt werden könnten. In der Praxis wird man für jede Lederart die wichtigsten Aufgaben heraussuchen und bemüht sein, diese zu erfüllen, ohne dabei andere wichtige Ledereigenschaften zu verschlechtern. Dabei müssen wir noch berücksichtigen, dass diese Nachgerbstoffe ganz unterschiedliche Bedingungen brauchen, um wirksam werden zu können.

Mineralische Nachgerbstoffe:

wie z.B. Chrom, Aluminium oder Zirkonium müssen im kationischen Bereich, also günstig direkt auf das saure Chromleder, eingesetzt werden. Wir finden sie in der Regel vor der Entsäuerung in einer Arbeitsweise.

Synthetische Nachgerbstoffe:

können sehr unterschiedliche Wirkung haben, werden aber meistens nach der Entsäuerung vor der Färbung oder nach der Fettung eingesetzt. Sie sind vorwiegend Anionen, wie auch die pflanzlichen Nachgerbstoffe. Auch diese dürfen nur auf entsäuertem Chromleder eingesetzt werden. Bei der Nachgerbung pflanzlich gegerbter Leder braucht man natürlich nicht zu entsäuern.

Fettungsmittelartige Nachgerbstoffe:

werden mit den Fetten meist nach der Färbung eingesetzt.

Aldehyde und Glutardialdehyd:

Aldehyde, besonders Glutardialdehyd, sollen bei niedrigem pH-Wert eingesetzt werden, also vor der Entsäuerung.

Harzgerbstoffe:

Harzgerbstoffe in der Nachgerbung werden gerne nach der Färbung eingesetzt. So sehen wir, dass sich recht unterschiedliche Reihenfolgen für die einzelnen Arbeiten ergeben und die Nachgerbung sich sinnvoll in das System der Entsäuerung, Färbung und Fettung einfügen muss, wenn die ausgewählten Aufgaben der Nachgerbung erfüllt werden sollen.

Weichheit des Leders:

Die Weichheit eines Leders wird durch die meisten Nachgerbungen verschlechtert, wenn es sich um wirkliche Nachgerbungen mit gerbenden Stoffen handelt. Jede Verdichtung der Faserstruktur versteift das Leder. Deshalb werden zur Verbesserung der Weichheit solche Nachgerbstoffe gewählt, die fettende Wirkung, keine oder kaum gerbende Wirkung oder verteilende, ausgleichende Wirkung haben. Als Beispiele seien Paraffinsulfochloride, Glutardialdehyd, maskierte Chromgerbstoffe und kleinteilige Synthane genannt.

Färbbarkeit des Leders:

Die Färbbarkeit wird verbessert durch Mineralgerbstoffe, ganz besonders durch Aluminium. Auch synthetische Gerbstoffe können die Färbbarkeit verbessern, die Färbung egalisieren oder aufhellen oder vertiefen. Pflanzliche Nachgerbstoffe verbessern die Färbbarkeit nicht. Wichtig ist die gleichmäßige Verteilung von Nachgerbstoffen zur Erzielung egaler Färbungen.

Fülle des Leders:

Die Fülle ist eine gefühlsmäßig beurteilte Ledereigenschaft und ist nicht gleichbedeutend mit der Dicke. Dennoch versucht man diese Eigenschaft durch die Einlagerung großteiliger Nachgerbstoffe zu verbessern. Hier eignen sich pflanzliche, synthetische und ganz besonders die Harzgerbstoffe.

Auswaschverlust:

Weil sich manchmal gar nicht alle füllenden Nachgerbstoffe richtig an das Hautmaterial binden können, ist der Auswaschverlust zu beachten. Er kann bei Sohlenleder und Oberleder für Verfärbungen, zum Beispiel der Strümpfe, verantwortlich sein.

Narbenfeinheit und Festnarbigkeit:

Die Narbenfeinheit und die Festnarbigkeit sind Merkmale der Eleganz des Leders. Sie werden in der Nachgerbung durch Chrom, Chrom-Synthane und synthetische Gerbstoffe verbessert. Die Handschuh - Nappaleder wurden wegen der Narbenfeinheit schon früher mit Gambir, dem kleinteiligen, wenig adstringenten pflanzlichen Gerbstoff nachgegerbt, dessen Eigenschaften uns in einigen synthetischen Nachgerbstoffen mit der Bezeichnung „GA“ erhalten sind.

Lichtechtheit:

Für Anilinleder mit guter Lichtechtheit dürfen nur solche Nachgerbstoffe gewählt werden, die auch lichtecht sind. Aluminium-, Chrom- und ausgewählte synthetische Gerbstoffe sind hier einzusetzen. Soll das fertige Leder heller sein als die Farbe der Hauptgerbung, so soll die Nachgerbung aufhellend und bleichend wirken. Chromleder können dabei zu weißen Ledern werden. Pflanzlich gegerbte Leder bleiben bräunlich, auch wenn sie mit synthetischen Weiß- oder Bleichgerbstoffen nachgegerbt wurden.

Zurichtbarkeit, Prägbarkeit, Schleifbarkeit:

Die Verbesserung der Zurichtbarkeit durch Nachgerbung ist ein weiter Begriff. Soll die Saugfähigkeit verbessert werden, eignen sich pflanzliche und synthetische Nachgerbstoffe. Soll die Schleifbarkeit verbessert werden, wird man Aluminium-, Zirkon - oder Harzgerbstoffe wählen. Die Prägbarkeit wird durch pflanzliche und synthetische Nachgerbungen verbessert, durch Chromnachgerbung verschlechtert. Das gilt auch für die Wasserabgabe bei der Trocknung. Die verarbeitungs- und gebrauchsbezogenen Eigenschaften können je nach Lederart eine mineralische-, eine pflanzlich-synthetische - oder eine Harznachgerbung erforderlich machen. Man versteht darunter das Formhaltevermögen von Schuhledern, die Verkleb- oder Vulkanisierbarkeit von Waterproof und technischen Ledern, das Gewicht von Bekleidungsledern sowie deren tragehygienische Eigenschaften.

Berücksichtigt man dies alles, so entsteht der Eindruck, nur durch komplizierten Arbeitsablauf zum Ziel kommen zu können. Wir wollen aber möglichst einfach und sicher arbeiten und darum ist es wichtig,die Nachgerbung richtig in die Arbeiten zwischen Gerbung und Trocknung einzuordnen. Nur wenn sie richtig eingeordnet und durchgeführt wurde, wird sie weder den reibungslosen Produktionsablauf stören, noch die Abwassersituation verschlechtern. Macht man aber in der Nachgerbung Fehler oder setzt man zu viel Gerbstoffe ein, so wird der Überschuss im Abwasser die Fülle von Schwierigkeiten bei der Lederherstellung sicher noch erhöhen.

Wir haben gesehen, dass die Nachgerbung ein ganz wichtiges Hilfsmittel ist, aus einer Grundgerbung einzelne Lederarten mit verschiedenen typischen Merkmalen herzustellen. Die Entwicklungen auf dem Ledermarkt erfordern jedoch manchmal regelrechte Umwege bei den chemischen Arbeiten. Ein solcher Umweg wird z.B. beschritten, wenn aus pflanzlich vorgegerbten Fellen, den Crust-Ledern, Bekleidungsvelour hergestellt werden soll. Dann wird der pflanzliche Gerbstoff der Hauptgerbung weitgehend entfernt - es wird entgerbt - da er die wesentlichen Merkmale dieser Lederart nicht vermittelt. Die Gerbung - jetzt eine echte Nachgerbung - wird dann mit den geeigneten Mineralgerbstoffen Chrom und Aluminium durchgeführt.



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lederherstellung/nachgerbung/nachgerbung.txt · Zuletzt geändert: 2019/04/28 19:33 von admin