Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


lederherstellung:geschichtliche_entwicklung_der_gerberei_und_lederherstellung

Geschichtliche Entwicklung der Gerberei und Lederherstellung

Kapitel 1

Das Gerben von Häuten und Fellen - also deren Umwandlung zu Leder - ist eine der ältesten Künste der Menschheit. Schon sehr früh in ihrer Geschichte haben die Menschen erkannt, dass die Häute und Felle der von ihnen erjagten und erlegten Tiere einen vorzüglichen Schutz des eigenen Körpers darstellten. Sie haben aber auch erkannt, dass diese Häute und Felle nicht im Rohzustand verwendet werden konnten; und so konnte es nicht lange dauern, bis die Menschen eben die Vorgänge entdeckt hatten, die aus der leicht verderblichen Haut das haltbarere und beständigere Leder werden ließen: Das Gerben.

Diese Kunst des Gerbens war fast allen Völkern in allen Erdteilen bekannt. Die Indigenen Volksgruppen der amerikanischen Prärien beherrschten sie ebenso wie die Chinesen und Inder, die Inuit im hohen Norden kannten sie wie die Völker um das Mittelmeer, die Afrikaner genauso wie die Bewohner um Nord- und Ostsee.

Die Grundzüge des einfachen Gerbens von Häuten und Fellen waren dabei im wesentlichen dieselben, ob es nun parallel verlaufende Zufallsentdeckungen waren oder von Generation zu Generation weitergegebene Erfahrungen: Zugeben und Einarbeiten von Fetten in die Haut, Kauen der Haut (wie heute noch bei den Eskimos) oder das Haltbarmachen durch Räuchern. Bei primitiven Völkern finden wir diese Urform der Gerberei heute noch. Irgendwann haben dann Menschen aus waldreichen Gebieten entdeckt, dass man mit Hilfe von Rinden verschiedener Bäume unter Zusatz von Wasser brauchbares Leder herstellen konnte. Und aus der frühen Antike des Mittelmeerraumes wissen wir, dass das dort in der Natur vorkommende Alaun bereits vor tausend Jahren zum Gerben verwendet worden ist.

Alaungerbung und Rindengerbung sind heute noch, wenn auch in etwas abgewandelter und verfeinerter Form (zum Teil auch fast ursprünglich) gebräuchlich.

Auch das Enthaaren der Häute wurde schon sehr früh gekonnt und geübt, insbesondere mit Hilfe von wässrigen Holzascheauslaugungen.

Aus vielseitigen und verschiedenen Inschriften auf Steinen und Tonscherben, Urkunden und Überlieferungen konnte man erkennen, welche Bedeutung, welche Fortschritte und welch hohen Stand sowohl die Lederherstellung als auch die Lederverarbeitung vieler Natur- und aller Kulturvölker in den vergangenen Jahrhunderten, ja Jahrtausenden bereits erreicht hatten. Die Herstellungsverfahren von Leder entwickelten sich im Laufe der Zeiten immer mehr. Die Wissenschaft hat sich allerdings sehr spät mit der Gerberei befasst Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts begann man, sich eingehender und wissenschaftlich mit dem Wesen der Gerbvorgänge zu beschäftigen. Seguin schuf die erste brauchbare Gerbtheorie, die dann die Grundlage für ein Schnellgerbverfahren bildete. Im Jahre 1858 gelang dann dem Braunschweiger Professor Knapp, der sich intensiv mit dem „künstlichen“ Gerben befasste, die Erfindung der Chromgerbung, die allerdings erst 1893 durch Amerikaner zur fabriktechnischen Reife entwickelt werden konnte.

Der Erfolg der Chromgerbung hat den Lederwirtschaftssektor so stark beeinflusst, dass dann in beschleunigtem Maße vom handwerklichen Gerberei-Betrieb übergegangen werden konnte zu leistungsfähigen Industriebetrieben. Gemessen an der Geschichte der Gerberei ist also die industrielle Gerbung erst sehr sehr jung.

Durch das neu aufgekommene Gerbverfahren trat dann eine Aufteilung in die sogenannte Vegetabilgerbung und in die Mineralgerbung auf. Wir verstehen darunter einmal die Gerbung der Unterleder als vegetabilische Gerbung und die Herstellung von Oberledern und anderen weichen Ledern als Mineralgerbung. Mit der Erfindung der Chromgerbung hat sich nun die Chemie intensiver mit dem gesamten Gerbprozess und der Fertigstellung von Ledern befasst Wichtige Hilfsprodukte wurden in die Lederindustrie und in die Gerbereitechnik eingeführt, so z. B. das Schwefelnatrium (1858) als Haarlockerungsmittel, fermentative Beizpräparate (1907) anstelle der unkontrollierbaren Kotbeizen und 1912 durch E. Stiasny der erste technisch verwertbare synthetische Gerbstoff. Ihm folgten in den nächsten Jahrzehnten eine große Anzahl weiterer synthetischer Hilfs- und Vollgerbstoffe, auch verschiedenartige Chromgerbextrakte sowie auch Farbstoffe und Zurichtmittel.



Kategorien:

Quellenangabe:

Zitierpflicht und Verwendung / kommerzielle Nutzung

Bei der Verwendung von Inhalten aus Lederpedia.de besteht eine Zitierpflicht gemäß Lizenz CC Attribution-Share Alike 4.0 International. Informationen dazu finden Sie hier Zitierpflicht bei Verwendung von Inhalten aus Lederpedia.de. Für die kommerzielle Nutzung von Inhalten aus Lederpedia.de muss zuvor eine schriftliche Zustimmung (Anfrage via Kontaktformular) zwingend erfolgen.


www.Lederpedia.de - Lederpedia - Lederwiki - Lederlexikon
Eine freie Enzyklopädie und Informationsseite über Leder, Ledertechnik, Lederbegriffe, Lederpflege, Lederreinigung, Lederverarbeitung, Lederherstellung und Ledertechnologie


Diese Website verwendet Cookies. Durch die Nutzung der Website stimmen Sie dem Speichern von Cookies auf Ihrem Computer zu. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzbestimmungen gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
lederherstellung/geschichtliche_entwicklung_der_gerberei_und_lederherstellung.txt · Zuletzt geändert: 2022/08/15 14:59 von stefan_banaszak