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Kombinationsgerbung
Die chemischen und physikalischen Eigenschaften eines fertigen Leders werden neben den Wasserwerkstattarbeiten, der Durchführung des Gerbprozesses und der Zurichtoperationen besonders durch die Art der Gerbung geprägt. In der Praxis erscheint es oft wünschenswert, günstige Eigenschaften einer Gerbart besonders hervorzuheben, unerwünschte Eigenschaften abzuschwächen. Dies kann mit Hilfe der sogenannten Kombinationsgerbung erreicht werden, und zwar derart, dass mehrere Gerbsysteme, d. h. wesensverschiedene Gerbstoffe in einer bestimmten Reihenfolge auf der gleichen Haut zur Einwirkung gebracht werden. Dabei ist es für den Erfolg solcher Kombinationsgerbungen besonders wichtig, die Geschwindigkeit und die Menge der Aufnahme der an zweiter Stelle eingesetzten Gerbstoffe durch die jeweilige Vorgerbung entsprechend zu steuern.
Die zweifellos am meisten angewandte Form der Kombinationsgerbung ist die Verbindung der Chromgerbung mit der pflanzlichen Gerbung, insbesondere bei der Herstellung von Schuhoberleder. Hierbei ist man bestrebt, die günstigen Eigenschaften des Chromleders, wie bessere Wärmebeständigkeit, Festigkeit und Färbbarkeit mit den Vorzügen der pflanzlichen Gerbung hinsichtlich Fülle, Prägbarkeit usw. zu verbinden. Zum Nachgerben von Chromleder eignen sich von den pflanzlichen Gerbstoffen besonders sulfitierte Quebrachoextrakte, Mimosaextrakte, versüßte Kastanienholzextrakte sowie bestimmte synthetische Spezialgerbstoffe. Zur Herstellung derartiger kombinierter Leder ist darauf zu achten, dass beim Einsatz von 0,5 – 1,0 % Chromoxid (auf Blößengewicht berechnet) das Leder in seiner ganzen Dicke und gleichmäßig durchgegerbt sein muss, da es sonst trotz nachfolgender pflanzlicher Gerbung hart und blechig ausfallen würde.
Um eine gleichmäßige Verteilung der pflanzlichen Nachgerbstoffe zu gewährleisten, müssen die Chromleder zuvor entsäuert werden. Auf nicht neutralisierten Ledern würde sich der pflanzliche Gerbstoff an den Außenschichten anlagern, was zu Narbenplatzern führte. Auch die Art des pflanzlichen Gerbmittels beeinflusst die Eigenschaften des fertigen Leders deutlich.
Nicht alle pflanzlichen Gerbmittel eignen sich zum Nachgerben von Leder. Hochsulfitierte Quebrachoextrakte, Sumachextrakte und Gambir geben ein besonders weiches, kombiniertes Leder. Je länger man die pflanzliche Gerbung ausdehnt, um so mehr durchdringt der pflanzliche Gerbstoff alle Schichten des Chromleders und um so mehr nimmt es die Eigenschaften des pflanzlichen Leders an. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass bei der pflanzlichen Nachgerbung von Chromledern häufig unerwünschte Wechselwirkungen zwischen Chrom- und Pflanzengerbstoff auftreten, die zur Bildung eines Chromnarbens sowie von freier Mineralsäure im Leder und damit zu Fettungs- und Zurichtschwierigkeiten und zur Verminderung der Zugfestigkeit im Leder führen. Häufig genügt im allgemeinen bei diesem Lederherstellungsverfahren einfaches Auswaschen oder Neutralisieren des Leders nicht, vielmehr werden zur Entsäuerung Salze stark komplexaffiner Säuren (z. B. Neutrigan) benützt; auch ein Einsatz von neutralen synthetischen Gerbstoffen hat sich hierbei bewährt.
Chromgerbung mit pflanzlicher Nachgerbung wird vor allem angewandt zur Herstellung von:
- Schuhoberleder; für einen besseren, volleren Griff, bessere Schleif- und Prägbarkeit, bessere tragehygienische Eigenschaften.
- Waterproofleder; zur Erreichung eines besseren Griffes, größerer Weichheit und größerer Hitzebeständigkeit sowie verkürzter Herstellungsdauer.
- Bekleidungsleder: wird synthetisch nachgegerbt zur Erhaltung eines vollen weichen Griffes.
- Chromsohlleder: zur Erhaltung eines guten Abnutzungswiderstandes
Pflanzliche Gerbung – Chromgerbung:
Eine weitere Möglichkeit der Nachgerbung, und zwar der Gerbung mit pflanzlichen Gerbstoffen und nachfolgender Chromnachgerbung wird fast ausschließlich auf solche Leder beschränkt, die halb oder voll vegetabilisch gegerbt zur Weiterverarbeitung aus dem Ausland eingeführt werden. So erhalten z. B. vorgegerbte ostindische Bastarde wie auch pflanzlich gegerbte ostindische Schaf- und Ziegenfelle durch ein Nachchromieren eine bessere Weichheit, bessere Farbechtheit und bessere Heißwasserbeständigkeit. Die typischen Ledereigenschaften werden hierbei nur unwesentlich verändert. Für die Nachchromierung solcher pflanzlich gegerbten Leder müssen zuerst die äußeren Schichten des Leders leicht vom pflanzlichen Gerbstoff befreit werden, unter Verwendung schwach alkalischer Waschlösungen also leicht angegerbt werden und erhalten dann die entsprechende Nachgerbung. Diese kann durch Verwendung von stark basischen Chrombrühen oder Chromgerbstoffen erfolgen, die in 2 - 3 Anteilen in Abständen von 1/2 Stunde ins Gerbfass eingebracht werden.
Nach einer Walkzeit bis zu 12 Stunden erreichen die Leder alsdann die entsprechende Kochgare. Nach dem Spülen werden die Leder neutralisiert und abschließend nochmals mit warmem Wasser nachgewaschen.
Eine Nachchromierung wird in großem Umfang außer bei halbgaren ostindischen Kipsen auch bei Schaf- und Ziegenfellen und bei Bekleidungsledern vorgenommen, bei denen man einen besonderen vollen, weichen Griff erzielen will.
Bei der Sohlenleder-Erzeugung führt eine Nachchromierung zu dem sogenannten Semichromleder, wodurch die Abriebfestigkeit gegenüber dem rein pflanzlich gegerbten Leder eine offensichtliche Verbesserung erfährt, die Lederfarbe jedoch ungleichmäßig dunkler wird.
Weitere wichtige Kombinationsgerbungen: Als die am längsten bekannte Kombinationsgerbung muss zweifellos die Kombination der beiden ältesten Gerbmethoden, der Alaun- und der pflanzlichen Gerbung genannt werden, die allerdings heutzutage weniger angewandt wird. Früher wurden auf diesem Wege Schaf- und Ziegenfelle, daneben auch Kalbfelle nach der sogenannten Dongola-Gerbung zu weichem, vollem, wasserbeständigem Oberleder gearbeitet. Diese Gerbart, bei der man alaungegerbte Häute oder Felle mit pflanzlichen Gerbbrühen nachgegerbt oder pflanzlich vorgegerbtes Material mit Alaunbrühen nachbehandelt hat, ist heute vollständig von der Chromgerbung verdrängt worden.
In einigen Betrieben ist hoch die Kombination in der Form üblich, dass Glacéleder, das ja auch ein Alaunleder ist, pflanzlich vorwiegend mit Gambir ausgegerbt wird. Es ist dies das echte Nappaleder, ein völlig wasserbeständiges, weiches Leder. Heute ist allerdings diese Nappaleder-Herstellung fast vollständig durch das beständigere Chromkombinations-Gerbverfahren verdrängt. Eine Kombinationsgerbung Alaun-Sumach findet Anwendung bei der Herstellung von Membranleder, ein weiches Leder aus Schafsnarbenspalten, das bei verschiedenen Musikinstrumenten verwendet wird.
Zur Fertigung von dem sogenannten Nubuk, einem Leder mit samtartig leicht geschliffenem Narben, arbeitet man vielfach nach einem Kombinationsverfahren aus Aluminium- und Chromsalzen, zusammen mit synthetischen Gerbstoffen und evtl. mit Formalin. In ähnlicher Art wird auch das Elkleder, ein weiches, griffiges Leder, hergestellt. Durch die Nachgerbung chromgegerbter Velourleder mit Aluminiumgerbstoffen wird zusätzlich das Bindevermögen für anionische Farbstoffe erfahrungsgemäß erhöht. Des weiteren sind auch Kombinationsgerbungen mit pflanzlichen und synthetischen Gerbmitteln möglich und viel im Gebrauch.
Durch eine Nachbehandlung von Chromleder mit synthetischen Gerbstoffen lassen sich Leder mit besonderen Eigenschaften erzielen. Auf diese Weise ist die Herstellung von speziell hellfarbigen und weißen Ledern möglich. In der Praxis haben sich auch Kombinationsgerbungen von Sulfitzelluloseextrakten mit pflanzlichen Gerbmitteln und Chromsalzen bewährt und zur Ausarbeitung von gebrauchsfähigen Ledern geführt.
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