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Inuitleder
eine geschichtliche Betrachtung:
Inuit haben für die Zubereitung der Seehund- und Rentierfelle für ihre Bekleidung, Zelte und Kajakboote ihre besonderen Methoden.
Die Bearbeitung obliegt häufig den Frauen; die Felle werden nur für den eigenen Gebrauch fertiggestellt und bilden sehr selten Handelsartikel. Das Fell wird gleich nach dem Abziehen so sauber wie möglich von Speck befreit, was mit dem ,,Olo„, dem Frauenmesser, geschieht und wozu es flach über ein Stück Holz gebreitet wird. Dann wird die Fleischseite wiederholt gründlich durchgekaut und ausgesaugt, um die kleinen, verbliebenen Speckteile zu entfernen, die das Messer zurückgelassen hat. Die Felle werden dabei auch im wahrsten Sinne des Wortes “durch die Zähne gezogen„, wobei neben die verdauende Wirkung des Speichels besonders die Stollwirkung (Weichmachung) hinzutritt. Man kann im Frühjahr viele Eskimofrauen Felle kauen sehen. Nebenbei sättigt natürlich die nahrhafte Arbeit und gilt als willkommen.
Das Fell wird dann mit dem Haar nach außen zusammengerollt, in ein anderes Fell, gleichfalls mit dem Haar nach außen, eingerollt und einige Zeit im Warmen gelagert, also geschwitzt, wie der Gerberausdruck (Fachbegriff für das Enthaaren durch kontrolliertes Faulen) dafür lautet. Sobald das Fell haarlässig ist, werden die Haare abgekratzt, was gewöhnlich mit den Fingernägeln oder stumpfen Hilfsmitteln (Messerrücken) geschieht. Dann werden die Felle zusammengerollt im Schnee vergraben und gefrieren gelassen. Zum Überziehen der Kajakboote werden sie im Frühjahr aufgetaut und im feuchten Zustand straff über die Gestelle gespannt. Durch das dann folgende Trocknen zieht sich die Haut zusammen, ist fast durchsichtig und von heller Farbe und stramm wie ein Trommelfell.
Einige Inuit verwenden Urin bei der Behandlung ihrer Felle, andere nicht. Das Kauen der Felle ist aber allgemein üblich: Gerbmittel werden keine angewandt. Der beim Kauen vorhandene Speichel wirkt verdauend auf die Eiweißkörper der tierischen Haut und verhilft dem auf den Fellen haftende Tran in Oxidation zu übergehen und dadurch Gerbwirkung zu erlangen. Beim Auslegen der Felle an der Luft und in der Sonne wird dieser Prozess der Oxidation durch Luftsauerstoff und UV - Licht entsprechend intensiviert, beschleunigt und nahezu vollständig ermöglicht.
Zur Verarbeitung als Wasserstiefel werden die Seehundfelle zunächst in schon beschriebener Weise abgespeckt und in der Wärme aufgetaut und geschwitzt. Die Haare werden dann mit einem Messer (Messerrücken) abgeschabt. Die Felle werden dann auf dem Schnee ausgebreitet und getrocknet. Durch die Einwirkung des Sauerstoffes auf den Tran der Felle, tritt eine Art Sämischgerbung ein, die durch das häufige Kauen in Ihrer Intensität unterstützt wird. Verbleibt eine leichte nicht durchgegerbte Innenzone, wird die Hautzone bei der Trocknung pergamentieren (einen Spieß bekommen) und hohe Wasserdichtigkeit aufweisen. Das Einbringen von Fett (Tran) macht spürbar weich ohne die Wasserdichtigkeit zu verlieren.
Als Zeltdecken werden teils abgeschabte, teils behaarte Seehundfelle verwendet, die in beschriebener Weise durchgekaut, im übrigen aber bloß aufgetrocknet werden. Auf den Renntierfellen bleiben in den meisten Fällen die Haare erhalten, um sie als Decken und ähnliches verwenden zu können. Bei jenen, welche wasserdicht und gegen den Schnee schützend sein sollen, wendet man bloß gewöhnliche Trocknung an, wobei die Haut allerdings hart wird. Die Felle, welche der Inuit für Unterkleider relativ weich und geschmeidig haben will, wickelt er sich, nachdem sie abgespeckt und durchgekaut sind, für eine Nacht um den bloßen Leib. Darüber deckt er sich dann mit seinen üblichen Bettdecken, Haare nach innen, zu und wiederholt dies eventuell mehrere Nächte. Dann lässt er das Fell zusammengerollt gefrieren. Das Fell wird durch das traditionelle Stollen mit dem Schulterknochen von Renntieren weich und geschmeidig gemacht. Die auf diese Weise durch den Wärme- und Gefrierprozess und dem Stollen während des Trocknens bearbeiteten Felle sind relativ weich, können aber leicht Feuchtigkeit aufnehmen und sind darum nur zur Unterkleidung geeignet.
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