Eine Zusammenstellung dieser sehr verschiedenartigen Leder wurde vom Bundesministerium für Arbeits- und Sozialordnung im Dezember 1980 vorgenommen, um damit Güterichtlinien für die einzelnen Lederarten festzulegen. Es handelt sich um Leder der unterschiedlichsten Herstellungsverfahren, die zu vielseitigen Zwecken im Orthopädiebereich eingesetzt werden. Dem Lederhersteller ist es damit möglich, nach den vorliegenden Anforderungen zu arbeiten, da diese Werte zum einen dort, wo die Leder mit der menschlichen Haut direkt in Berührung kommen, besonders streng eingehalten werden müssen. Zum anderen ist auch von den äußerlich zur Herstellung von Kunstgliedern usw. Verwendeten Ledern äußerste Zuverlässigkeit zu erwarten, da die Leder oft mit dem gesamten Körpergewicht plötzlich belastet werden können. Eine große Rolle spielt dabei auch die Dauerhaltbarkeit, d. h. dass sich die Werte auch bei langem Gebrauch nicht verschlechtern. Besondere Bedeutung kommt damit auch der chemischen Prüfung der Leder zu, wobei neben der Untersuchung der Lederinhaltsstoffe vor allem der pH-Wert des Leders beachtet werden muss. Bei den körpernah verarbeiteten Ledern ist neben der Festigkeitsprüfung vor allem das Feuchtigkeitsaufnahmeverhalten und die Wassersaugfähigkeit zu prüfen, da es z. B. bei der Ausfütterung von Kunstbeinansätzen besonders wichtig ist. diese hochbelasteten Hautpartien so schonend wie irgend möglich einzubetten.
Bei den Beschreibungen der Orthopädieleder werden von den Rohhautprodukten Transparent- und Pergamentleder über pflanzlich und chromgegerbte Leder bis zur Trangerbung alle wesentlichen Verfahren erfasst. Es werden auch die Angaben des Beschaffungsamtes für Heil- und Hilfsmittel, Hannover, über die Leder und ihre Verwendung mit aufgeführt. Die Anforderungen an diese Leder sind in den Tabellen 30 bis 33 enthalten.
Diese Rohhautleder werden zur Umkleidung von Holzkunstgliedern eingesetzt. Dabei macht man sich die Eigenschaften einer ungegerbten Haut zunutze, d. h. das harte und hornartige Auftrocknen sowie die hohe Festigkeit und Zähigkeit dieses Werkstoffes. Das Pergamentleder wird im angefeuchteten und dadurch weichen Zustand über die Prothese gezogen. Beim Trocknen bindet das Pergamentleder durch das Zusammenziehen am Holzkörper so fest ab, dass das Holz ohne die Gefahr des Splitterns durch das Körpergewicht belastet werden kann. Es werden Rind- (aus Kuh- und Rindhäuten mittleren Gewichtsklassen) und Kalbpergament verwendet.
Transparentleder ist geäscherte, enthaarte, entkälkte und während des Auftrocknens in gespanntem Zustand mit Glycerin oder einem geeigneten Austauschstoff behandelte transparente Rohhaut von gewissem Stand und einer Stärke von 0,6 bis 1,0 mm.
Pergamentleder ist ein ähnliches Produkt, das jedoch infolge geringerer Entkälkung, stärkerer Spannung und durch Einreiben mit Kreide während des Trocknens nicht bzw. weniger durchscheinend ist.
Die Anforderungen an diese Lederarten sind in der Tabelle 30 enthalten.
Wesentliche Prüfungen | Transparentleder | Pergamentleder | Prüfverfahren |
Gesamtasche | Max. 1,5 % | Max. 10 % | DIN 53 305 |
pH-Wert des wässrigen Auszuges | 3,5 - 7,0 | 3,5 - 7,0 | DIN 53 312 |
Zugfestigkeit | 5000 N/cm² | Mind. 5000 N/cm² | DIN 53 328 |
Bruchdehnung | Max. 30 % | Max. 30 % | DIN 53 328 |
Weiterreißfestigkeit | Mind. 600 N/cm | Mind. 600 N/cm | DIN 53329 |
Biegewinkel bei Biegeprüfung um einen Dorn der doppelten Lederdicke | Mind. 180 Grad ohne Risse oder Sprünge an der Knickstelle | Mind. 180 Grad ohne Risse oder Sprünge an der Knickstelle | DIN 53 324 |
Sie stellen einen ausgesprochenen Orthopädiespeziallederartikel dar. Es handelt sich dabei um ein blanklederähnliches Produkt, das aber nicht vollständig durchgegerbt ist. Im Innern des Leders muss ein möglichst gleichmäßig dicker, ungegerbter Spießstreifen vorliegen. Diese Walkleder, auch als Formleder bezeichnet, werden mit Wasser durchfeuchtet, dabei gewalkt und dann auf Holz- oder Gipsformstücke aufgezogen und schonend getrocknet. Während die äußeren, gegerbten Schichten lederartig sind, trocknet innen der Rohhautstreifen hart und hornartig auf, so dass die Standfestigkeit und die Formstabilität auch für hohe Beanspruchungen gegeben sind. Zur Herstellung werden Rindhäute der Gewichtsklassen 30 bis 39 kg eingearbeitet, die nach der Enthaarung noch einen Weißkalkäscher bekommen, um eine Auflockerung zu erhalten, die für die am fertigen Leder nötige Elastizität wichtig ist. Die Gerbung wird im Farbengang in dünnen Brühen vorgenommen, wobei der Erhalt des Spießstreifens ständig überprüft werden muss.
Walkleder (Formleder) wird zum Bau von Kunstbeinen, Kunstarmen, Stützapparaten, Schutzkappen und Fußstützen verwendet. Die Standfestigkeit des Leders wird durch einen der Gesamtstärke entsprechenden ungegerbten Mittelstreifen (Spießstreifen) gewährleistet. Für den jeweiligen Verwendungszweck kommen verschiedene Lederstärken zur Verarbeitung (Tabelle 31).
Es werden Blankleder der üblichen Herstellungsverfahren eingesetzt, die die in den Güterichtlinien angegebenen äußeren Beschaffenheiten aufweisen und in den für die vorgesehenen Verwendungsarten richtigen Dicken vorliegen müssen (Tabelle 31).
Blankleder sind pflanzlich gegerbte Rindleder, die bei genügender Elastizität und Biegsamkeit doch einen guten Stand und gute Festigkeitseigenschaften besitzen sollen.
Dazu werden bevorzugt leichte Kalbinnen- und Kuhhäute eingearbeitet. Die pflanzlich gegerbten Leder müssen eine gute Weichheit und Griffigkeit besitzen. Beim doppelten Umbiegen darf kein Narbenbrechen auftreten und kein Fett aus dem Leder austreten. Das Fett sollte auch bei längerer Lagerung nicht ausharzen. Die Anforderungen an Fahlleder sind in Tabelle 31 enthalten.
Wesentliche Prüfungen | Walkleder | Blankleder | Fahlleder | Prüfverfahren |
Gesamtasche (sulfatiert) | Max. 2,5 % | Max. 2,5 % | Max. 1,5 % | DIN 53 305 |
pH-Wert des wässrigen Auszuges | Mind. 3,5 | Mind. 3,5 | Mind. 3,5 | DIN 53 312 |
Zugfestigkeit | Mind. 2000 N/cm² | Mind. 2250 N/cm² | Mind. 2500 N/cm² | DIN 53 328 |
Bruchdehnung | Max. 40 % | Max. 55 % | Max. 70 % | DIN 53 328 |
Weiterreißfestigkeit | — | Mind. 350 N/cm | Mind. 400 N/cm | DIN 53329 |
Biegeprüfung um einen Dorn der doppelten Lederdicke | — | Mind. 180 Grad ohne Risse oder Sprünge an der Knickstelle | — | DIN 53 324 |
Mit Dichlormethan extrahierbare Stoffe (Fett usw.) | Max. 2,5 % | 5 - 11 % | 18 - 26 % | DIN 53 306 |
Gesamtauswaschverlust | Max. 10 % | Max. 7 % | Max. 7 % | DIN 53 307 |
Gesundheitsschädigende Stoffe | Keine | Keine | Keine | — |
Rohdichte | Max. 1,15 g/cm³ | — | — | DIN 53 327 |
Stichausreißfestigkeit | — | Mind. 1000 N/cm | Mind. 1000 N/cm | DIN 53 331 |
Wasseraufnahme | Nach 2 Std. = max. 90 % nach 24 Std. = max. 100 % | — | Nach 2 Std. = max. 35 nach 40 Std. = max. 100 % | DIN 53 330 |
Wasserdampfdurchlässigkeitszahl (Herfeld Methode) | Mind. 250 | — | Mind. 180 | DIN 53 333 |
Dauerbiegefestigkeit | — | — | Mind. 20 000 Knickungen einwandfrei | DIN 53 340 |
Riemenleder | |||
Wesentliche Prüfungen | Pflanzlich gegerbt | Chromgegerbt | Prüfverfahren |
Gesamtasche (sulfatiert) | Max. 2,5 % | Max. 2,5 % höher als gerbende Oxide | DIN 53 305 |
pH-Wert des wässrigen Auszuges | Nicht unter 3,5 | Nicht unter 3,5 | DIN 53 312 |
Zugfestigkeit | Bis 2,5 mm Dicke = mind. 2000 N/cm² Über 2,5 mm Dicke = mind. 2500 N/cm² | Bis 2,5 mm Dicke = mind. 2750 N/cm² Über 2,5 mm Dicke = mind. 2750 N/cm² | DIN 53 328 |
Bruchdehnung | Nicht über 50 % | Nicht über 75 % | DIN 53 328 |
Weiterreißfestigkeit | Mind. 400 N/cm | Mind. 1100 N/cm | DIN 53329 |
Biegeprüfung um einen Dorn der doppelten Lederdicke | Bis zum Biegewinkel von 180 Grad ohne Risse an der Knickstelle | Bis zum Biegewinkel von 180 Grad ohne Risse an der Knickstelle | DIN 53 324 |
Mit Dichlormethan extrahierbare Stoffe (Fett usw.) | Max. 5 - 12 % | 5 - 12 % | DIN 53 306 |
Gesamtauswaschverlust | Max. 7 % | — | DIN 53 307 |
Schweißbeständigkeit | Ausreichend schweißbeständig | Ausreichend schweißbeständig | DIN 53 337 |
Chromverbindungen Cr2O3 | — | Mind. 2,5 % | DIN 53 309 |
Farbechtheit und gesundheitsschädliche Stoffe | Die Leder müssen ausreichend farbecht und frei von gesundheitsschädigenden Stoffen sein |
Diese Leder sollen besonders reißfest sein und vor allem eine gute Geschmeidigkeit haben. In der Hauptsache werden dazu Kernstücke und Hälse gearbeitet, in den Dicken zwischen 1,5 bis 4,5 mm.
Durch die Chromgerbung wird eine erhöhte Schweiß- und Feuchtigkeitsbeständigkeit erzielt. Die Anforderungen an Leder für Beriemungszwecke sind in Tabelle 32 enthalten.
Für Beriemungszwecke sollen erstklassig gegerbte und zugerichtete Rindleder (Zahmhäute) - Kuh, Kalb, Ochse - verarbeitet werden. Die Leder müssen zur Vermeidung von Abfärbungen infolge Schweiß- und Feuchtigkeitseinwirkungen durchgegerbt und gut ausgewaschen sein. Der Narben darf keine Beschädigungen aufweisen.
Tabelle 33: Beispiele von Güterichtlinien für Orthopädieleder (vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung)
Handschuhleder | |||
Wesentliche Prüfungen | Nappaleder (Schaf) | Ziegenleder | Prüfverfahren |
Gesamtasche (sulfatiert) | Max. 2,0 % höher als gerbende Oxide | Max. 2,0 % höher als gerbende Oxide | DIN 53 305 |
pH-Wert des wässrigen Auszuges | Mind. 3,5 | Mind. 3,5 | DIN 53 312 |
Zugfestigkeit | Mind. 1200 N/cm² | Mind. 2000 N/cm² | DIN 53 328 |
Bruchdehnung | Mind. 40 % | Mind. 50 % | DIN 53 328 |
Weiterreißfestigkeit | Mind. 200 N/cm | Mind. 250 N/cm | DIN 53329 |
Mit Dichlormethan extrahierbare Stoffe (Fett usw.) | Max. 5 - 15 % | 5 - 15 % | DIN 53 306 |
Schweißbeständigkeit | Ausreichend schweißbeständig | Ausreichend schweißbeständig | DIN 53 337 |
Stichausreißkraft | Mind. 500 N/cm | Mind. 600 N/cm | DIN 53 329 |
Chromverbindungen Cr2O3 | Mind. 2,5 % | Mind. 2,5 % | DIN 53 309 |
Farbechtheit und gesundheitsschädliche Stoffe | Die Leder müssen ausreichend farbecht und frei von gesundheitsschädigenden Stoffen sein |
Nappaleder (Schaf) und Ziegenleder; die Anforderungen sind in der Tabelle 33 angegeben.
Das Nappaleder soll eine gute, zügige Beschaffenheit haben, weich, geschmeidig und chromgegerbt sein. Die Färbung muss den Farbtönen RAL 8017 (dunkelbraun) bzw. RAL 7021 (schiefergrau) entsprechen. Das chromgegerbte Ziegenleder soll den Erfordernissen entsprechend geschmeidig und strapazierfähig sein.
Die Sämischleder für Orthopädiezwecke werden zu einem erheblichen Anteil in üblicher Weise aus Wildfellen mit abgestoßener Narbenschicht gearbeitet. Speziell auf diesem Sektor kommen aber auch Narbensämischleder zum Einsatz, die in der Substanz kräftiger und auch reißfester sind. Die wichtigste Eigenschaft für das Trageverhalten ist neben einer hohen Weichheit und Geschmeidigkeit die gute Saugfähigkeit. Die Gerbung erfolgt nach dem Altsämischverfahren sowie den Neusämischmethoden, wobei besonders darauf zu achten ist, dass kein freier Formaldehyd im Leder vorliegt. Es empfiehlt sich daher, die in der Kombination Formaldehyd/Tran gegerbten Leder zur Entfernung nicht fest gebundener Formaldehydanteile einer Säurewäsche mit anschließend entsprechend guter Neutralisation zu unterziehen. Da der Glutardialdehyd außerordentlich fest an die Lederfaser gebunden wird, kann dieser auch den Vorzug gegenüber einem Formaldehyd-Einsatz als Vorgerbung zur Tran-Hauptgerbung erhalten. Bei einem zur Tranmasse anteilmäßigen Einsatz von Sulfochloriden ist auf eine vollständige Neutralisation der bei der Gerbung frei werdenden Säure zu achten.
Sämischleder | ||
Wesentliche Prüfungen | Sämischleder | Prüfverfahren |
Gesamtasche (sulfatiert) | Max. 6,0 % | DIN 53 305 |
pH-Wert des wässrigen Auszuges | 4,0 - 8,0 | DIN 53 312 |
Zugfestigkeit | Mind. 0000 N/cm² | DIN 53 328 |
Bruchdehnung | Mind. 50 % | DIN 53 328 |
Weiterreißfestigkeit | Mind. 150 N/cm | DIN 53329 |
Mit Dichlormethan extrahierbare Stoffe (Fett usw.) | Max. 20 % | DIN 53 306 |
Wasseraufnahme | Nach 2 Minuten mind. 150 % Nach 1 Stunde mind. 175 % | DIN 53 337 |
Sämischleder sind mit gerbenden Tranen oder in Kombinationsgerbung mit Tranen und anderen gerbenden Substanzen (z. B. Formaldehyd) hergestellte weiche und geschmeidige Leder.
Fütterungen bei Kunstbeinen, Kunstarmen, Stützapparaten, Schutzkappen und Tragevorrichtungen. Die Anforderungen an Sämischleder sind in der Tabelle 34 enthalten.
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