veroeffentlichungen:nephrotoxizitaet_von_sechswertigen_chromverbindungen_aus_dem_jahre_1997

Nephrotoxizitaet von sechswertigen Chromverbindungen aus dem Jahre 1997

Nephrotoxizität von sechswertigen Chromverbindungen im Vergleich zu einem basischen Chrom(lll)-Gerbstoff: Untersuchungen an kultivierten Epithelzellen der Niere aus dem Jahre 1997.

Zusammenfassung

Nephrotoxizität von sechswertigen Chromverbindungen im Vergleich zu einem basischen Chrom(lll)-Gerbstoff: Untersuchungen an kultivierten Epithelzellen der Niere

In dieser Arbeit wird ein rasch durchführbares und aussagekräftiges in vitro-Testsystem an kultivierten Nierenepithelzellen vom Nagetier (= Opossum) vorgestellt, das es erlaubt, die Toxizität von arbeitsmedizinischen Gefahrstoffen anhand der Kriterien Zeil Vitalität, Zellwachstum, Zellvolumen und Zellwanderung zu bewerten. Untersucht wurde Kaliumchromat als sechswertige Chromverbindung im Vergleich zu einem, bei der Chromgerbung verwendeten basischen Chrom(lll)-Gerbstoff, dem Chromosal B.

Die an Nierenepithelzellen gewonnenen und hier dargestellten Ergebnisse zur Wirkung von Chromverbindungen unter Berücksichtigung eines basischen Chrom(lll)-Gerbstoffes stellen nicht nur eine schnell durchzuführende Ergänzung bisheriger Tierversuche dar, sondern erlauben auch die sinnvolle und selektive Bewertung von arbeitsmedizinischen Gefahrstoffen an der Zielzelle. Unter diesem Aspekt kann die bisher bekannte geringe Toxizität von Chrom(lll)-Verbindungen im Vergleich zu Chrom(VI^Verbindungen bestätigt werden. Gleichzeitig repräsentiert das Testsystem eine Ausgangsbasis für weiterführende. Untersuchungen zur Aufnahme des Chroms in die Zelle durch lonenkanäle bzw. lonentransporter oder Endozytose sowie zur Chromwirkung an spezifischen intrazellulären Strukturen wie Zellmembran, Zellkern, Mitochondrien, Zytoskelett etc.

Abstract

Nephrotoxicity of hexavalent chromium compounds in compari-son to basic chromium sulfate tanning agent: Investigations on kidney epithelial cell cultures

Chromium, especially the metal and its trivalent and hexavalent compounds, are of great industrial interest. As a matter of fact, chromium workers have an occupational risk. While trivalent chromium compounds are of Iow toxicity, the hexavalent compounds are strong oxi-dants which cause not only a direct tissue damage, but also possess a carcinogenic, mutagenic and teratogenic potential. Since the main target organ after oral and/or dermal uptake of hexavalent chromium is the kidney, tubular necrosis might be the result of an acute toxification.

This report presents an in vitro-assay with cultured renal epithelial cells of opossum kidney which allows the evaluation of the cytotoxic effects of trivalent and hexavalent chromium compounds. The criteria examined in this study were cell viability, cell proliferation, cell volume and cell migration after chromium exposure. Cells were treated with K2Cr04 at concentrations ranging from 0.1 umol/l to 100 umol/l. For comparison, cells were also exposed to 33 % basic chromium sulfate tanning agent (Chromosal B), which is widely used in chromium-de-pendent tannery processes at concentrations ranging from 0.1 umol/l to 1 mmol/l.

In all test assays and at all concentrations until 1 mmol/l, Chromosal B did not cause an acute toxic effect or morphological and morphome-tric alterations of the opossum kidney cells (fig. 3C). In contrast, K2Cr04 reduced cell viability after 24 h to 50 % at a concentration of 10 umol/l (fig 4A). The still viable cells were rounded (fig. 3B) and ex-hibited long cytoplasmic protrusions. Moreover, a dose-dependent cell swelling (fig. 2A) was observed after exposure to K2Cr04. This was caused by the uptake of water as an initial Step of cellular necrosis. In addition, cell proliferation (50 % inhibition at a concentration of 1 umol/l) as well as cell migration were inhibited in a dose-dependent manner by K2Cr04(fig. 4C.5).

The results presented here on kidney epithelial cells not only confirm the different effects of trivalent and hexavalent chromium compounds, but also deliver a basis for future experiments on the under-standing of chromium uptake by the cells via ion Channels, cell mem-brane-associated transport Systems or endocytosis. Moreover, the chromium effects on specific intracellular structures such as cell membrane, nucleus, mitochondria or cytoskeleton can be examined in detail.

Technische, arbeitsmedizinische und toxikologische Bedeutung von Chromverbindungen

Chrom ist in der gesamten Erdkruste praktisch nur in seiner dreiwertigen Form enthalten und wird seit seiner Entdeckung vor fast genau 200 Jahren in vielen industriellen Bereichen verwendet. Von den möglichen Wertigkeitsstufen des Chroms von 0 bis 6 sind das Metall (0) und die drei- und sechswertigen Verbindungen von großer technischer Bedeutung. Chromverbindungen werden u.a. bei der Galvanotechnik, bei der Herstellung von Färb- und Anstrichstoffen sowie von Lacken, in der Glas- und Plastikindustrie und der Film- und Fotoindustrie eingesetzt. Es ist weiterhin ein toxikologisch wichtiger Bestandteil des Zements. Schliesslich werden basische Chrom(lll)-Sulfate als Gerbstoffe in der Lederindustrie eingesetzt. Infolgedessen gehört der Gerber neben Chemie- und Bauarbeiter, Eloxierer, Galvaniseur, Graveur, Lithograph, Schweißer und Spritzlackierer zur Gruppe der Personen, die mit Chromverbindungen umgehen müssen.

durch diesen Kanal die Zellmembran passieren kann, möglicherweise aber sehr langsam durch Endozytose aufgenommen wird. Unter Endozytose versteht man folgenden Mechanismus der Aufnahme einer Substanz: Diese wird durch einen kleinen Teilbereich der Zellmembran umschlossen, der Membranbereich stülpt sich anschliessend nach innen, schnürt sich ab und bildet so ein den aufgenommenen Stoff enthaltendes intrazelluläres Partikelchen (Vesikel). Das in die Zelle gelangte sechswertige Chrom wird intrazellulär durch Enzyme oder Reduktionsmittel wie Askorbat (Vitamin C) zur dreiwertigen Form reduziert. Dadurch entstehen reaktive Zwischenprodukte, die bei hohen Konzentrationen eine akute toxische Wirkung durch nekrotischen Zelluntergang aufgrund der Inaktivierung zytoplasmatischer und gewebespezifischer Enzyme bewirken. Die reaktiven Zwischenprodukte können zudem in den Zellkern gelangen und eine Schädigung der DNA verursachen. Durch diese chronische Toxizität wird die kanzerogene, mutagene und teratogene Wirkung erklärbar. Resorbiertes Chrom(VI) kann aber auch z.T. durch Serumproteine etc. extrazellulär in die dreiwertige Form reduziert werden, wodurch seine Aufnahme in die Zelle signifikant vermindert wird (Detoxifikation). Dieses Modell ist in vereinfachter Form in Abb. 1 wiedergegeben.

Abbildung 1:

Zellkulturen als in vitro-Modell für die Untersuchung von arbeitsmedizinisch wichtigen Gefahrstoffen

Schon seit vielen Jahren werden Zellkulturen in der aktuellen naturwissenschaftlichen und medizinischen Forschung verwendet, da sie sich gegenüber anderen Testsystemen wie beispielsweise Tiermodellen, durch zahlreiche Vorteile - und leider auch einige Nachteile - auszeichnen. So können durch spezifische Isolierungs- und Kultivierungsverfahren organspezifische Zellstämme vieler verschiedener Spezies in Reinkulturen herangezüchtet werden, die mit den zu untersuchenden Testsubstanzen oder Gefahrstoffen innerhalb eines großen Konzentrationsbereiches inkubiert werden können. Je nach Testverfahren und Fragestellung lassen sich ganz unterschiedliche Parameter untersuchen. Das Spektrum reicht dabei von biochemischen bis hin zu zellbiologischen, elektrophysiologischen, molekularbiologischen und auch toxikologischen Untersuchungen. Eine Standardisierung der Testverfahren ist durch die Verwendung etablierter und definierter Zellinien möglich. Sicherlich als Nachteil der Zellkultur ist zu werten, dass in der Regel die Untersuchungen nur an Reinkulturen eines bestimmten Zelltyps vorgenommen werden und so die organspezifischen Wechselwirkungen der verschiedenen Zelltypen untereinander, so wie man sie in der Organkultur und auch im Tiermodell findet, entfallen. Der große Vorteil der Zellkultur ist jedoch neben der Abstimmbarkeit der Einzeltests im Rahmen eines größeren Screeningkonzeptes auch der hohe Probendurchsatz, der innerhalb eines kurzen Zeitraumes die Wirkungen einer zu bewertenden Substanz oder eines Gefahrstoffes näher charakterisiert.

Von den zellbiologisch-toxikologischen Untersuchungskriterien zur Bewertung eines arbeitsmedizinisch relevanten Gefahrstoffes hat sich die Durchführung der folgenden Einzeltests und ihre Zusammenfassung in einem Screeningkonzept bestens bewährt:

Bestimmung der Zellvitalität zur Untersuchung der akuten Toxizität

Es wird eine definierte Zellzahl (etwa 10 000 Zellen/cm2 Wachstumsfläche) in entsprechenden Kulturschalen vorgegeben. Nachdem sich die Zellen für 48 Stunden adaptieren konnten (Anheften und Ausbreiten der abhärenten Zellen sowie Aufnahme des Stoffwechsels), werden die Zellen mit unterschiedlichen Konzentrationen des zu testenden Gefahrstoffes für 24 Stunden inkubiert. Danach wird die Zahl der überlebenden Zellen entweder durch Vitalfärbung und Fluoreszenzmikroskopie8 oder mit Hilfe eines Zellzähl- und Analysiergerätes bestimmt. Aus der Dosis-Wirkungskurve lässt sich die effektive Konzentration des Gefahrstoffes bestimmen, bei der 50 % der Zellen abgetötet werden. Anhand dieser sog. ED.» lässt sich die akuttoxische Wirkung einer Substanz auf verschiedene Zelltypen (z.B. Leberzellen, Nierenzellen, Nervenzellen etc.) miteinander vergleichen.

Bestimmung der zellulären Wachstumsrate (Zellproliferation)

Formel 1:

Es wird eine definierte Zellzahl (etwa 2000 Zellen/cm2 Wachstumsfläche) in entsprechende Kulturschalen ausgesät. Nach 24 Stunden wird die Zahl der adhärenten Zellen (= No, siehe unten) mit Hilfe des Zellzähl- und Analysiergerätes bestimmt und die Zellen mit unterschiedlichen Konzentrationen des zu testenden Gefahrstoffes für weitere 3 Tage inkubiert. Danach wird die erreichte Zellzahl gemessen (= N1f siehe unten). Unter Verwendung der Formeln(1) und (2) kann man die Wachstumsrate der Zellen in Populationsverdopplungen pro Tag errechnen: Aus den erhaltenen Werten kann die Wachstumsbeeinflussung (Steigerung oder Hemmung) der Zellen durch die Testsubstanz sowie deren Langzeittoxizität durch das Absterben der Zellen innerhalb der dreitägigen Inkubation ermittelt werden. Diese Kriterien spielen ebenso wie die Zellmigration (siehe unten) eine wichtige Rolle bei der Bewertung von Wundheilungsprozessen.

Bestimmung der zellulären Wanderungsrate (Zellmigration)

Es wird eine definierte Zellzahl (etwa 50 000 Zellen/cm2 Wachstumsfläche) in entsprechenden Kulturschalen vorgegeben. Nach Erreichen der Konfluenz (die Zellen liegen dicht an dicht und besetzen jeden verfügbaren Raum der Kulturschale) wird unter standardisierten Bedingungen ein zellfreier Raum (Wunde) geschaffen, in den die Zellen einwandern können10.„11. Nach Zugabe unterschiedlicher Konzentrationen des zu testenden Gefahrstoffes werden die Zellen für 3 Tage inkubiert und danach fixiert und gefärbt. Am Lichtmikroskop wird nun mit Zeichentubus oder durch digitale Bildauswertung entweder die Zahl der in den zellfreien Raum eingewanderten Zellen oder die gesamte Migrationsstrecke bestimmt.

Experimentelles

Da nach einer dermalen oder oralen Aufnahme von Chrom(VI)-Verbindungen das primäre Zielorgan die Niere ist, wurden daher für die hier dargestellten Untersuchungen Opossum Kidney (= OK)-Zellen, eine etablierte Nierenepi-thelzellinie aus dem proximalen Tubulus, verwendet. Die Zellen wurden routinemäßig als sog. Massenkulturen in Kulturflaschen unter Verwendung eines speziellen Kulturmediums inkubiert. Dieses enthält durch Zusatz von 10 % fetalem Kälberserum neben anorganischen Salzen, Vitaminen, Aminosäuren und Zuckern auch die notwendigen Wachstumsfaktoren und Sekundärmetabolite. Um eventuelle bakterielle Kontaminationen zu verhindern, wurde den Medien grundsätzlich ein Antibiotikum zugesetzt. Die Zellkulturen wurden im Brutschrank bei 37 °C in einer wasserdampfgesättigten Atmosphäre inkubiert. Der Brutschrank wurde mit 5 % CO2 und 95 % Luft zur Konstanthaltung des pH-Wertes auf 7,2-7,4 durch das CCVBicarbonat-Puffersystem begast. Nach Erreichen der Konfluenz (etwa 100 000 Zellen/cm2) wurden die adhärenten Zellen durch Behandlung mit Trypsin/EDTA von der Unterlage abgelöst und in geringerer Zelldichte in neue Kulturgefäße ausgesät.

Die in vitro-Untersuchungen in Form von Einzeltests zur Bestimmung der akuten Toxizität sowie der Proliferations- und Migrationsbeeinflussung wurden durchgeführt wie im voranstehenden Kapitel beschrieben. Zur Bestimmung der vitalen Zellen nach Chromexposition im Rahmen der Zytotoxizitäts-und Proliferationstests wurden die noch adhärenten Zellen durch Behandlung mit Trypsin/EDTA abgelöst, mit isotonischer Messlösung (CASYton, Schärfe System, Reutlingen) eine homogene Suspension hergestellt und die Zahl und das Volumen der Zellen mit dem Zeilzähl- und Analysiergerät (CASY TTC, Schärfe System, Reutlingen) quantifiziert. Das Zellzählgerät arbeitet nach dem Widerstandsmessprinzip in Kombination mit der Pulsflächenanalyse. Beim Durchgang der Zellen durch die Messkapillare kann auf diese Art und Weise sowohl die Zahl als auch deren Volumen gemessen werden.

Als Beispiel für eine sechswertige Chromverbindung wurde Kaliumchromat, K2Cr04 (Merck, Darmstadt), im Konzentrationsbereich zwischen 0,1 pmol/l und 100 pmol/l verwendet. Als Beispiel für die bei der Chromgerbung verwendeten 33 % basischen Chrom(lll)-Gerbstoffe wurde Chromosal B (Bayer AG, Leverkusen) im Konzentrationsbereich zwischen 0,1 jjmol/l und 1 mmol/l verwendet. Dabei gilt: 1 mmol/l Chromosal B = 250 |jnnol/l Cr2O3 = 500 pmol/l Chrom = 26 mg/l Chrom. Zum Vergleich: Die Chromflotte zu Beginn der Gerbung besitzt z.B. als 2 %ige Lösung (bezogen auf Chromoxid) eine Chromkonzentration von über 250 mmol/l. Von beiden Substanzen wurden 50-fach konzentrierte Stammlösungen der späteren Testlösungen in Phosphatpuffer hergestellt.

Untersuchungsergebnisse

Wie in Abb. 2 repräsentativ für 10 (jmol/l Cr(VI) und 1 mmol/l Chromosal B anhand eines zweidimensionalen Overlays des Zellzähl- und Analysiergerätes dargestellt, bewirkt die 24-stündige Exposition von OK-Zellen mit Cr(VI) eine deutliche Reduktion der Zellvitalität, während Chromosal B selbst in der höchsten getesteten Konzentration von 1 mmol/l keinerlei akute toxische Effekte im Vergleich zu den entsprechenden Kontrollen zeigt. Gleichzeitig ist anhand dieser abgebildeten Originalmessungen eine Zunahme der Zellgröße resp. des Zellvolumens bei den noch überlebenden Zellen nach Cr(VI)-Exposition durch eine Rechtsverschiebung des Kurvenzugs sichtbar. Diese Volumenzunahme ist bedingt durch ein initiales Anschwellen der Zellen durch Wasseraufnahme als Zeichen eines nekrotischen Prozesses.

Die unterschiedliche akute Toxizität zwischen Cr (VI) und Chromosal B ist auch deutlich an der Veränderung der Zellmorphologie erkennbar (Abb. 3A-C). Während die Kontrollzellen und die Chromosal B-behandelten Kulturen die typische polygonale Zellgestalt mit ausgeprägten Interzellularräumen besitzen, sind diese plattenartigen Zellschichten in den Cr (Vl)-behandelten Kulturen durch das Abrunden und Ablösen der Zellen aus dem Zellverband aufgerissen. Die noch vitalen adhärenten Zellen zeigen kaum noch eine polygonale Zellgestalt; die meisten überlebenden Zellen sind elongiert, besitzen lange zytoplasmatische Ausläufer und sind durch die Wasseraufnahme deutlich vergrößert („aufgequollen“).

Die Quantifizierung dieser beschriebenen Effekte erlaubt eine Bewertung der akuten toxischen Wirkung der beiden getesteten Chromverbindungen (Abb. 4A, 4B). Während Cr(VI) eine dosisabhängige Reduktion der Zellvitalität bewirkt, hat Chromosal B im gesamten getesteten Konzentrationsbereich keinerlei Wirkung auf die Lebensfähigkeit der Zellen. Zur besseren Vergleichbarkeit mit der Wirkung anderer arbeitsmedizinisch wichtiger Gefahrstoffe ist die Angabe einer sog. ED50 sinnvoll. Darunter versteht man die effektive Dosis eines Gefahrstoffes, bei der unter definierten Bedingungen 50 % der Zellen einer vorgegebenen Zellpopulation absterben. Im Falle des Cr (VI) ergibt sich aus der Dosis-Wirkungskurve in Abb. 4A eine ED50 von IOpmol/1 als Maß für die akute toxische Wirkung unter den hier dargestellten experimentellen Bedingungen.

Da Chromosal B im Experiment keine akute Toxizität zeigt, kann infolgedessen hierfür keine ED50 angegeben werden. Das Anschwellen der OK-Zellen durch Cr(VI)-Behandlung um bis zu 35 % des ursprünglichen Zellvolumens wird in Abb. 4b quantitativ dargestellt und zeigt auch hier eine eindeutige Dosis-Wirkungs-Beziehung. Chromosal B führt dagegen nicht zu einer signifikanten Veränderung des Zellvolumens.

Untersucht man - vergleichend zu den Ergebnissen des Zy-totoxizitätstests - die Wirkung einer dreitägigen Chromexposition auf die Zellteilungs- resp. Wachstumsrate der OK-Zellen, so ist ebenfalls eine dosisabhängige Wirkung des Cr (VI) feststellbar (Abb. 4C, 4D). Eine 50 %ige Hemmung des Zellwachstums wird bereits bei einer Cr(VI)-Konzentration von 1 |jmol/l erreicht. Noch deutlicher ist die zelluläre Reaktion anhand der Zellvolumenzunahme; es erfolgt ein Anschwellen der Zellen bereits bei einer Konzentration, die mit 0,5 pmol/l um den Faktor 20 niedriger ist als im Falle des Zytotoxizitäts-tests mit 10 pmol/l. Auch im Proliferationstest zeigt Chromosal B keine Beeinflussung des Zellwachstums und des Zellvolumens.

Abbildung 3:

Nahtlos passen sich zu den bisher dargestellten Befunden die Ergebnisse des Migrationstests als Kriterium für den Wundheilungsprozess ein (Abb. 3D-F und Abb. 5). Während Cr (VI) wiederum zu einer dosisabhängigen Inhibierung der Zellwanderung führt, hat Chromosal B erneut keinerlei Wirkung. Dies ist aus den vorangegangenen Resultaten nicht automatisch zu erwarten, da Proliferation und Migration unterschiedliche und voneinander getrennt zu bewertende Zellvorgänge sind. Die Proliferation ist neben dem Eintritt in die verschiedenen Phasen des Zellzyklus auch von dem dynamischen Umbau der Mikrotubuli im Zellinnem zur Bildung einer Teilungsspindel abhängig, während die amöboide Fortbewegung der Zellen über ein anderes dynamisches Zellskelettsystem, die Aktinfilamente, abläuft. Sowohl den Mikrotubuli als auch den Aktinfilamenten ist jedoch gemeinsam, dass sie sehr rasch aus einem intrazellulären Pool von Untereinheiten polymerisieren, aber auch genauso schnell wieder depolymerisiert werden können. Noch unveröffentlichte eigene Untersuchungen haben gezeigt, dass Cr(VI) auf Mikrotubuli und Aktinfilamente ganz unterschiedlich wirkt.

Abbildung 4:

Schlussfolgerungen

Die an Nierenepithelzellen gewonnenen und hier dargestellten Ergebnisse zur Wirkung von Chromverbindungen unter Berücksichtigung eines basischen Chrom(lll)-Gerbstoffes stellen nicht nur eine schnell durchzuführende Ergänzung bisheriger Tierversuche dar, sondern erlauben auch die sinnvolle und selektive Bewertung von arbeitsmedizinischen Gefahrstoffen an der Zielzelle. Unter diesem Aspekt kann die bisher bekannte geringe Toxizität von Chrom(lll)-Verbindungen im Vergleich zu Chrom(VI)-Verbindungen bestätigt werden. Gleichzeitig repräsentiert das Testsystem eine Ausgangsbasis für weiterführende Untersuchungen zur Aufnahme des Chroms in die Zelle durch lonenkanäle bzw. lonentransporter oder Endozytose sowie zur Chromwirkung an spezifischen intrazellulären Strukturen wie Zellmembran, Zellkern, Mitochondrien, Zytoskelett etc.

Abbildung 5:

Literatur

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Veröffentlichung:

P.C. Dartsch, P. Laalla, H.-P. Germann, F.W. Schmahl, Nephrotoxizität von sechswertigen Chromverbindungen im Vergleich zu einem basischen Chrom(lll)-Gerbstoff: Untersuchungen an kultivierten Epithelzellen der Niere, Das Leder 48, 1/1997. S. 8-13



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