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Prüfung des Dauerfaltverhaltens Dauerbiegeverhalten Flexometer

Prüfung des Dauerfaltverhaltens wird auch als Dauerbiegeverhalten bezeichnet und stellt mit den in der normalen Lederuntersuchung üblichen Knickzahlen eine reine Gebrauchstauglichkeitsprüfung der Zurichtungen und Beschichtungen dar. Um die Lederfaser selbst zu beanspruchen und eventuell in ihrer Festigkeit zu ändern, müssten um ein Vielfaches höhere Anforderungen gestellt werden. Das immer stärkere Bestreben, vor allen Dingen auch Schuhoberleder zuzurichten, machte es nötig ein Gerät zu entwickeln, das Voraussagen über das Verhalten von auf dem Leder vorhandenen Deckfilmen ermöglicht. Nach dem Freiberger Dauerbiegefestigkeitsprüfgerät wurde von E. Baumann, Bally, das Flexometer entwickelt, das heute international als Dauerbiegeprüfgerät für leichtere Leder genormt ist. Dabei wird das Gerät in seiner Anwendbarkeit heute bereits über den Schuhsektor hinaus auch zur Prüfung von Möbelledern, Automobilledern, Bekleidungsledern usw. eingesetzt, wobei sich die Anforderungen in den Knickzahlen und auch in den Testbedingungen, d. h. ob nur trockene oder eventuell auch vorher angefeuchtete Leder geprüft werden, unterscheiden.

Prüfung des Dauerfaltverhaltens leichter Leder:

Diese Prüfung ist in DIN 53351 und IUP 20 beschrieben. In diesem Gerät werden nur Leder geprüft, die sich ohne Schwierigkeiten einspannen lassen und bei denen sich die Knickfalte nach dem Einschalten auf und ab bewegt. Es sind mindestens drei, bei größeren Probestücken fünf Probekörper der Größe 70 mm x 45 mm zu prüfen. Bei der normalen Untersuchung wird nach einer vorher festgelegten Anzahl von Knickungen das Leder ausgespannt und abschließend beurteilt. Soll die Faltzahl bestimmt werden, dann ist die Zahl von Faltungen bis zum Auftreten der ersten Beschädigung festzustellen.

Gerät (Abb. 92): Flexometer mit eingespannten Probekörper

Gerät (Abb. 93): Einspannklemmen des Flexometers mit Probekörpern

Die einzelnen Prüfeinrichtungen des Flexometers bestehen aus Klemmenpaaren, wobei die obere bewegliche Klemme und die untere feststehende Klemme in einer vertikalen Ebene angebracht sind. Die Klemmen, deren Maße in Abb. 93 angegeben sind, enthalten Vorrichtungen zum Befestigen des Probekörpers. Die obere Klemme muss um den Drehpunkt schwenkbar und durch einen Motor über eine Achse angetrieben (100 ± 5) Schwenkbewegungen x Minute -1 (= Faltungen eines Probekörpers) um 22,5 Grad gegen die Ruhelage nach unten ausführen können. Der Klemmenabstand in der Ruhelage beträgt 21 mm.

Durchführung der Prüfung:

Die aus den Probestücken entnommenen Probekörper werden klimatisiert. Die Prüfung findet ebenfalls unter den angegebenen Klimabedingungen statt. Der Probekörper wird parallel zur Längsseite in der Mitte gefaltet, so dass die zu prüfende Fläche innen liegt. Das Leder wird in die obere Klemme so eingespannt, daß es innen gegen die Spannschraube und unten gegen die Halteleiste anstößt. Das freie Ende des Probekörpers wird danach entgegengesetzt gefaltet und nach unten geknickt und so in die feststehende Klemme eingespannt, dass durch die abgerundeten Spitzen der beweglichen Klemme keine Zug- oder Stoßbeanspruchungen des Probekörpers während der Prüfung erfolgen können.

Nach dem Einschalten muss durch die Bewegung der oberen Klemme die Falte des Leders auf- und ablaufen. Zu weiche und vor allen Dingen zu dünne Leder müssen evtl. mit einer entsprechenden Lederunterlage versehen werden, die die Faltenbewegung auslöst (Hinweis im Prüfbericht). Ist die Faltzahl bis zum Auftreten der ersten sichtbaren Zerstörung festzustellen, dann muss der Probekörper in Abhängigkeit von der vorgesehenen Gesamtzahl der Faltungen nach 1000, 1600, 2500,4000,6300, 10 000, 16 500,25 000,40 000,63 000 usw. aus dem Gerät ausgespannt und jeweils bewertet werden. Dazu ist immer eine sechsfach vergrößernde Lupe zu verwenden und das Leder in der Mitte mit der Prüffläche nach außen zu falten. Wird eine Schädigung festgestellt, wird die jeweilige Faltzahl notiert und der Probekörper aus der Prüfung genommen. Die Gesamtprüfung ist zu beenden, wenn bei drei von fünf Proben die Faltzahl bestimmt ist. Sind die Probekörper unbeschädigt, dann ist jede Probe wieder, wie vorher (auf Druckstellen der Klemmen achten), einzuspannen. Bei der Prüfung nasser Probekörper ist das Leder von Zeit zu Zeit durch das Auftropfen von destilliertem Wasser auf die Lederrückseite zu befeuchten.

Im Prüfbericht ist unter Angabe der Soll-Faltungen festzuhalten, ob Schädigungen eingetreten sind oder nicht und gegebenenfalls die Art der Schäden. Bei der Bestimmung der Faltzahl ist die entsprechend festgestellte Anzahl der Knickungen bis zur jeweiligen ersten Zerstörung für jeden Probekörper gesondert anzugeben. Auch dabei ist die Art der Zerstörung zu beschreiben. Das Aussehen der entstehenden Zerstörungen der Zurichtungen lässt nur zum Teil Schlüsse auf die Fehlerursachen zu. Bei einer zu hart eingestellten Zurichtung kommt es zu einem Aufbrechen meist mit von der Knickstelle abstrahlenden, geraden Rissen. Diese Erscheinung tritt auch bei direkt auf das Leder aufgebrachten Zurichtungen mit äußerer Weichmachung auf, wenn Anteile der Weichmacher in das Leder abgewandert sind. Bei dem Fehlen des inneren Zusammenhalts einzelner Zurichtschichten ist ein Grauaufbruch zu erkennen, wobei die Zurichtungen oft eher schichtartig abplatzen, als dass Risse entstehen. Ist die Gesamthaftung nicht ausreichend, dann blättert die Zurichtung ab. Dies zeigt sich besonders bei der Prüfung nasser Leder, wenn die Grundierungen wasseranquellbar sind. Besonders Lackleder zeigen diese Erscheinungen, wenn die Nasshaftung des Lackfilmes nicht entsprechend gut war. Im Anschluss an eine Prüfung vorher angefeuchteter Leder empfiehlt es sich, die Zurichtung mit einem weichen Gummi etwas von Hand zu reiben, da die Zurichtungen oft nach der Flexometerprüfung nur noch lose auf dem Leder aufsitzen, ohne das dies bei einer reinen Oberflächenbetrachtung sofort feststellbar wäre.

Bestimmung des Dauerfaltverhaltens wenig flexibler Leder

Dickere oder wenig flexible Leder, die sich nicht in das Flexometer einspannen lassen, werden in das Dauerbiegeprüfgerät (Abb. 94) übernommen. Die Prüfung ist in DIN 53340 beschrieben. Es wird die Faltzahl nach dem ersten Auftreten von Beschädigungen angegeben oder der Zustand der Lederzurichtung bzw. Beschichtung nach einer vorgegebenen Anzahl von Knickungen.

Abb. 94: Dauerbiegeprüfgerät, Klemmbacken mit Probekörper

Gerät:

Auf einer beweglichen Hubstange sind die Spannelemente angebracht, wobei jeder beweglichen Flachklemme in der gleichen Ebene eine feste Klemme gegenübersteht. Die Klemmen bleiben auch während der Bewegung in der gleichen Ebene. Die Klemmbacken müssen so lang sein, dass sie über die gefalteten Probekörper hinausstehen. Der Antrieb erfolgt über einen Getriebemotor, der auf eine konstante Hubzahl von je (120 ± 25) min-1 eingestellt werden kann. Das Gerät ist mit einem sechsstelligen Einstellwerk zur beliebigen Hubzahlauswahl auszurüsten, das jederzeit eine Ablesung der erfolgten Knickzahlen ermöglicht.

Durchführung der Prüfung:

Aus den Probestücken sind mindestens drei Probekörper der Größe 20 mm x 40 mm auszustanzen, wobei zwei parallel zur Rückenlinie und ein weiterer senkrecht dazu anzuordnen sind. Die gesamte Prüfung findet im klimatisierten Raum (Klimaschrank) statt. Bei Ledern mit Beschichtungen über 200 µm sind zusätzlich zwei Probekörper zu entnehmen, deren Oberfläche mit einer Klinge nach vor dem Einspannen durchstochen wird. Der Einstich erfolgt in der Mitte der Probekörper (bei gleichem Seitenabstand) quer zur Längsrichtung. Die Dicke der Probekörper ist zu messen. Der Abstand der Prüfklemmen im Zustand größter Annäherung muss das vierfache der Lederdicke betragen. Das Einspannen erfolgt bei dem völlig geöffneten Gerät mit dem größten Backenabstand ohne jede Spannung des Probekörpers. Das Dauerfaltverhalten kann mit der Prüfoberfläche nach außen und nach innen bestimmt werden. Bei der Untersuchung von vorher eingestochenen Ledern muss die Oberfläche nach außen eingespannt sein und der Einstich in der Mitte der sich bildenden Knickfalte liegen. E s wird entweder nach einer vorgegebenen Knickzahl untersucht und der Zustand des Probekörpers beschrieben oder die Faltzahl, d. h. die Faltungen bis zur ersten Zerstörung bestimmt.

Die Probekörper werden zur Beurteilung ausgespannt, mit der sechsfach vergrößernden Lupe geprüft und in die gleiche Lage wieder eingespannt. Nasse Probekörper sind von Zeit zu Zeit von der Lederrückseite her wieder anzufeuchten. Die Knickzahlen zur Entnahme der Proben entsprechen der geometrischen Reihe wie zuvor beschrieben.

Im Prüfbericht ist die Vorbereitung der Probe anzugeben und das Schadensbild nach der Untersuchung zu beschreiben. Die eventuellen Risserweiterungen der eingestochenen Proben sind zu messen und die Strecken beider Seiten addiert, auf 0,5 mm gerundet, anzugeben. Da diese Prüfung bei dickeren und steiferen Ledern vorgenommen wird, ist die Anzahl der beschichteten Leder hier häufiger. Die Probekörper ohne und mit Einstich sollten, wenn eine genügende Anzahl zur Verfügung steht, nach innen und außen eingespannt und damit auf diese Weise geprüft werden, da die Beschichtungen unvorhersehbar auf Stauchungen (innen) und Dehnungen (außen) reagieren können.

Eine für viele Lederarten wichtige Zusatzprüfung ist die Untersuchung des Dauerfaltverhaltens bei niederen Temperaturen in den beiden hier aufgeführten Prüfgeräten. Die Anforderungen richten sich dabei nach den Vorstellungen des Verarbeiters. Die Untersuchungen sind besonders wichtig für Schuhoberleder, die zur Herstellung gefütterter Schuhe verwendet werden sowie für folienkaschierte Leder, aus denen Winterartikel gefertigt werden sollen. Die Folie sollte hier bei -10°C bis zu 30 000 Faltungen ohne Zerstörung aushalten und bei Oberledern für Skilanglaufschuhe bei - 20 °C ebenfalls 30 000 Faltungen.

Prüfung der Kältefestigkeit von Lederzurichtungen

In diesem Zusammenhang sei noch auf eine Prüfung hingewiesen, die vor allen Dingen Leder für Schuhe der Frühjahrskollektionen betrifft. Diese Schuhe werden in den Wintermonaten hergestellt, so dass mindestens die Leder, oft aber auch schon die daraus gefertigten Schuhe in der kalten Jahreszeit transportiert werden müssen. Dabei kann es zu schnell ablaufenden Knick- und Faltvorgängen der Leder im Ballen oder auch der Schuhe im Schuhkarton kommen, die bei einer in der Kälte gelagerten Ware ein Platzen der Zurichtung hervorrufen können.

Zur Prüfung wird ein Gerät verwendet, bei dem zwei Rollen, deren Achsen senkrecht auf einer Unterlage und parallel zueinander so angebracht worden sind, dass die eine Rolle gegen die andere und von dieser weg bewegt werden kann. Ein klimatisierter Lederprobekörper von 20 mm x 150 mm wird als Schlaufe, mit dem Narben nach außen, auf eine ebene Fläche so aufgelegt, dass seine beiden Enden zwischen den Rollen, die auf einen Abstand der dreifachen Lederdicke eingestellt worden sind, im Prüfgerät festgeklemmt werden (Abb. 95).

Abb. 95: Schemazeichnung des Prüfgeräts zur Bestimmung der Kältefestigkeit

Der Probekörper und das Gerät werden 60 Minuten lang der vorgesehenen Prüftemperatur angeglichen. Das Leder wird dann an den beiden Enden, die etwas zwischen den Rollen hervorstehen, gefasst und mit einem Ruck zwischen den Rollen hindurchgezogen. Es wird im Normalfall mit einer Temperatur von 5°C begonnen und für jede weitere Prüfung die Temperatur um 5 °C abgesenkt, bis nach dem Durchziehen des jeweils neuen Probekörpers ein Aufplatzen der Zurichtung festgestellt werden kann. Diese Temperatur wird angegeben. Tritt kein Aufplatzen der Zurichtung ein, dann ist die Prüfung nach dem Erreichen der Prüftemperatur von 20 °C beendet.

In einer vergleichenden Arbeit haben G. Reich und A. Meißner festgestellt, dass das Flexometer, Bally, und das Dauerbiegeprüfgerät für dickere Leder vergleichbare Beanspruchungen erbringen. Es muss daher in diesem Zusammenhang noch ein weiteres Biegefestigkeitsprüfgerät aufgeführt werden, das von der SATRA unter der Bezeichnung STM 101 entwickelt wurde. Neben der auch hier selbstverständlichen Prüfung der Zurichtungen der Leder wird durch eine stärkere Faltung das Lederfasergefüge selbst mit seiner Haltbarkeit in die Untersuchung einbezogen. Es wird darauf hingewiesen, dass Neigungen zur Losnarbigkeit, die sonst erst am fertigen Artikel (dem Schuh, der Tasche usw.) sichtbar werden, schon bei der Prüfung erkannt werden können. Besondere Bedeutung hat dieses Gerät auch bei der Spaltlederprüfung, da sich bei Ledern mit Mittelspaltcharakter die beim Gebrauch zur Auffassung führenden Ermüdungserscheinungen in der Faserverflechtung hier schon während der Prüfung erkennen lassen.

Eine direkte Übersetzung der Prüfung in die Anforderungen der Praxis bleibt auch beiden Dauerbiege- oder Faltgeräten schwierig. Hier wird z. B. für das Bally-Flexometer angenommen, dass jede Faltung eines Schuhoberleders drei bis vier Schritten am Schuh entsprechen, was ungefähr einer Strecke von 4 m gleichkommen durfte, d. h. also bei 10 000 Faltungen 30 bis 40 km Wegstrecke.

Die Prüfung des Dauerfaltverhaltens, so wichtig sie auch ist, lässt aber immer nur die Beurteilung einer Eigenschaft der Lederzurichtung zu. So haben auch A. Simoncini und G. De Simone bei der Prüfung von Lackledern darauf hingewiesen, dass Vorbehandlungen der Leder, die den Bearbeitungsprozessen in der Schuhherstellung gleichzusetzen sind, die Ergebnisse der danach vorgenommenen Flexometerprüfung beeinflussen können. Besonders wichtig erscheint hier die vorherige stärkere flächenhafte Verdehnung des Leders, ähnlich wie sie beim Zwicken des Schuhes eintritt. Die Leder können zur Prüfung im Tensometer oder auch im Plastometer vorgedehnt werden, wobei bei dem letztgenannten Gerät auch die im Heat-setting-Verfahren angewandten äußeren Bedingungen auf das Leder zur Einwirkung gebracht werden können. Die Dauerfaltbeanspruchung im Anschluss an diese Vorbehandlungen sollten weitere Einblicke in das wahre Trageverhalten der Leder geben.



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