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Gerbersprüche Gerberlieder Redensarten

Gerberlehrgang

Ein Gedicht von Oluf Castagne
(entstanden während eines Lederkundelehrgangs am
Lederinstitut Gerberschule Reutlingen)

Leder - weiß ein jedes Kind
kommt vom Tiere, kommt vom Rind
und der Mensch, er trägt es gerne
weil es schön und weg'n der Wärme.

Schlachtung, Abzug, Konservieren,
dabei keine Zeit verlieren.
Wasserwerkstatt, Weiche, Äscher
Vorsicht mit dem scharfen Messer.

Hautaufschluss und Quellen, Schwöden
ist je nach Lederart verschöden.
Danach wird entfleischt, gespalten
ganz nach dem - was willst erhalten.

So entsteht dann leicht und schnell
Blöße aus der Haut, dem Fell.
Doch Blöße soll noch Leder werden -
darum folgt sofort das Gerben.

Gerben ist 'ne Wissenschaft,
die den Schüler mächtig schafft:
Von der Pflanze ganz bestimmt
ist Quebracho, Mimosarind'
Valonea und das Trillo
Myrobalanen sowieso.

Einst galten pflanzliche Mittel allein
heut kann Gerben auch synthetisch sein.
Durch verschiedene Stoffe in großer Zahl
Fette, Aldehyde, Harz, Mineral.

Beim Verkochen von Blöße entsteht Gelatin',
dem gib aus der Pflanze die Lohe hin.
Beim Zusammengehen entsteht eine Fällung,
das ist der Vorgang„ der Vorgang der Gerbung.

Weil 's Leder dient verschiedenem Brauch
so gibt es heut Chrom-III-Gerbung auch.
Sie spielt inzwischen eine größere Roll'
ist schnell, leicht zu steuern und 's Leder wird toll.

Hier nun „lohgares Leder“ und dort „wet blue“
dem gib noch Fett und Nachgerbung hinzu.
Davor Egalisierung durch Spalten und Falzen
Abwelken mit Hilfe von Gummiwalzen.

Zurichtmethoden wie Waschen und Bleichen
sonst lässt sich das weitere Ziel nicht erreichen.
Hydrophobieren - dann kann's Wasser nicht greifen
Ausrecken, Trocknen, Stollen und Schleifen.

Das wirkt auf 's Aussehen, Griff, Gleichheit der Farb
Vertuschung der Schäden - z. B. der Narb.
Wurd im Vorgang der Gerbung alles bedacht
dann ist ein brauchbares Leder vollbracht.

Leder - weiß ein jedes Kind
kommt vom Tiere, kommt vom Rind.
Und der Mensch, er trägt es gerne
weil es schön und weg'n der Wärme.

Oluf Castagne

Der Grubengerber

wir können meistens nicht begreifen,
in Grubendunkel muss man reifen,
bis Fehler, Flausen, Irrtum sterben ………….
-P.G.-

Fettgerbung

Wie wenn ein Mann die Haut des gewaltigen Stiers von der Herde,
auszudehnen den Seinigen gab, mit Fette getraenket;
Sie nun nehmen die Haut, und ziehn, auseinander sich stellend,
Rings, dass bald die Naesse verschwand, und die Fertigkeit eindringt
-H.S.-

Spruch zum Schutze der Gerber

Und wer für den Gerber was Übles erdacht, den hole der Teufel bei Nebel und Nacht
-J.S.-

Alter Gerberspruch

In des Leders Werdegang
ist die Hauptsach der Gestank.
Kalk, Alaun, Mehl und Arsen
machen's gar, recht weiss und schoen.
Eigelb, Pinkel, Hundeschiete
geben ihm besondere Güte.
Drum bleibt stets ein Hochgenuss
auf dem Handschuh zart ein Kuss

Das Zunftlied der Gerber:

Bei den Haaren, bei den Pfaehlen
müssen wir uns oftmals quaelen,
wenn's nicht heisst sauft aus, schenkt ein !

Bei so schweren Ochsenhäuten
muessen wir uns warm arbeiten
ist der Winter noch so kalt !

Bei den Krispeln, Catechieren
darf fürwahr kein Gerber frieren
ist der Winter noch so kalt !

Gerberlied:

Wer kann schlichten, wer kann falzen
bei so Bockfleisch ungesalzen,
Bei so schlechtem Sauerkraut !

Meister, gib uns besser Essen,
wie's vorzeiten ist gewesen,
und sechs Taler Wochenlohn !

Der Lederer

Die Häut, die häng ich in den Bach,
Werf in den Äscher sie darnach,
dergleich die Kalbfell ebenso;
darnach werf ich sie in das Loh,
Wo sie ihr Ruh ein Zeit erlangen;
Darnach häng ich sie auf Stangen,
Wisch darnach ab mit ein’m Haarwisch
Und habs feil auf dem Leder - Tisch.
-Hans Sachs (1568)-

Spruch der Gerberschüler

Ein Gerbfass, das nicht läuft,
ein Gerber, der nicht säuft,
ein Maedchen, das nicht stille haelt,
das passt nicht in die Gerberwelt.

Der Gerber im Winter

Bei so kalten Wintertagen
gibt es doch recht harte Plagen.
Der Gerber darf den Mut nicht verlieren
muss oefter aus der Flasche schmieren.

Die Sohlhäute läßt man weichen,
dann werden sie gestreckt
hierauf gibt man den Pickel
und in die Schwitz gesteckt,
geböhlt, geschoren, geschwellt,
Drei Jahre dann im Loh,
ist die Zeit verflossen,
dann ist der Meister froh
-Nach Bergel-

Gerberspruch des harten Weges der Lederherstellung verglichen mit dem Leben:

Wir alle gleichen sehr dem Leder,
„Gesalzen“ wird vom Schicksal jeder.

Und wills uns manchmal auch nicht passen,
Wir müssen tüchtig Haare lassen.

Und daß der Mensch zum Leben tauge,
Kommt oftmals er in bittre Lauge.

Gar wenig wird des Lichts er frohe
Denn öfters kommt die scharfe Lohe.

Die ziemlich uns am Felle ätzt.
Man wird, und wills nicht, oft „versetzt“!

Wir können meistens nicht begreifen,
Im Grubendunkel muß man reifen,

Bis Fehler, Flausen, Irrtum sterben,
So lange heißt es: gerben, gerben !

Dann endlich für des Daseins Rest
ist unsre Faser hart und fest,

Voll Widerstand in den Geweben,
dank unserm Gerbermeister - Leben.

-mündliche Überlieferung-

Loblied der Gerber

Wie hatten’s doch in altvergangenen Zeiten
Die Gerber herrlich hier auf dieser Welt,
Es fehlte nicht an Lohe, nicht an Häuten
Und nicht an Kunden und auch nicht an Geld.
Das Gerben selbst betrieb man zum Vergnügen,
der Gerbprozess war auch dem Laien klar,
man liess die Haeute einfach ruhig liegen,
und legte selbst sich ruhig auf das Ohr.
Wie anders ist dies alles nun geworden.
Ach, mit dem Ruhn da ist es längst vorbei,
da ist ein Drängen, Hasten aller Orten,
als ob der Teufel aus dem Haeule sei.
Nach Haeuten und Fellen jagen alle,
als ob die Haut voll Dukaten waer,
„schnell vorwaerts kommen“ heisst die Parole,
dabei kommt keiner richtig vorwärts mehr.
Die Haeute teuer, billig nur das Leder,
kein Geld im Land - gar oft auch keins im Haus.
Ach unter diesem Drucke seufzt ein jeder
und fragt sich still: Wo will das noch hinaus ?
Viel Schaffen fuehrt nicht immerfort zum Heile,
D'rum hoert, was Euch ein alter Knab vertraut -
„Gerbt wieder langsam, lasst Euch Zeit und Weile,
sonst geht's am End Euch an die eigene Haut“

-Verfasser unbekannt (1891)-

Volkssprüche

  • die Häute soll man zur Lohe tragen und nicht umgekehrt.
  • Einem das Leder gerben. (Schlägerei)
  • Ihm juckt das Fell. (Will Aerger machen)
  • Fremdes Leder schneiden ist wohlfeil. (mit fremden Federn schmücken)
  • Aus fremden Fell kann man gut wohlfeile Sohlen schneiden. (mit fremden Federn schmücken)
  • Aus einem andern Leder ist gut Schuh machen. (mit fremden Federn schmücken)
  • Aus einem anderen Leder kann man breite Gürtel schneiden. (mit fremden Federn schmücken)
  • Nicht alles was nach Juchten riecht ist Leder (Imitation)
  • Aus kurzem Leder kann man keine langen Riemen schneiden. (Was nicht geht, geht nicht)
  • Wer bei einem Gerber gewesen riecht den ganzen Tag danach.
  • Mehr als ein Fell kann man nicht herunterziehen. (Mehr bleibt nicht )
  • Einem das Fell über die Ohren ziehen. (Ausgetrickst)
  • Ein dickes Fell haben. (Zaeh und strapazierfaehig, gute Nerven)
  • Der Gerber meint, die Eichbäume wüchsen nur der Rinde wegen.
  • Zeit und Loh ’ Machen den Gerber froh.
  • Zeit und loh macht Leder.
  • Ein Gerber, der lohe und Fett will sparen, kann nicht in der Kutsche fahren.
  • Das schwimmen einem die Felle weg.
  • Das geht auf keine Kuhhaut.

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Quellenangabe:

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